Cicero beginnt das Proömium in seinem Werk de officiis mit einem Appell an seinen Sohn Marcus: […] Marce fili, […] idem tibi censeo faciendum […] (I,1). Obwohl dieser bereits seit einem Jahr bei dem griechischen Philosophen Kratippos unterrichtet werde (I,1), um Bildung in der Philosophie zu erfahren, könne er dennoch das oratoris proprium nur aus den Reden seines Vaters erlernen. Das Wissen um Philosophie sei daher nur ein unterstützendes Mittel, wenn man eine Rede abfassen wolle. Zudem fordert Cicero seinen Sohn auf, sich aus den Lerninhalten ein eigenes Urteil zu bilden (de rebus ipsis utere tuo iudicio, I,1) und nicht nur seine Bücher über die Reden, sondern auch seine philosophischen Schriften zu lesen (Quam ob rem magnopere te hortor, mi Cicero, ut non solum orationes meas, sed hos etiam de philosophia libros […] studiose legas, I,1). Für sein derzeitiges Lebensalter und sein eigenes Ansehen scheine es ihm jedoch am passendsten, über die Problematik des pflichtgemäßen Handelns, de officiis (I,4), zu schreiben ([…] ab eo ordiri volui, quod aetati tuae esset aptissimum et auctoritate meae, I,4). Er führt weiter aus, dass das officium, das pflichtgemäße Handeln, über das er in seinem Werk diskutieren wolle, gemäß der Meinung der Stoiker zu bestimmen sei. Er werde jedoch nach eigenem Ermessen diejenigen Punkte herausfiltern, die ihm selbst zweckmäßig erscheinen (I,6). Dabei werde er sich hauptsächlich auf den griechischen Philosophen Panaitios stützen, der bereits eine Schrift über die Pflicht verfasst habe. In seinem Werk de officiis verwendet der skeptische Akademiker Cicero also die Vorlage des Panaitios von Rhodos. Dennoch kritisiert er dessen Herangehensweise an die Thematik, korrigiert und widerlegt oftmals große Teilbereiche. Es erscheint daher sehr interessant, die beiden Werke miteinander zu vergleichen und zu untersuchen, auf welche Weise Cicero mit der griechischen Vorlage bei seiner Arbeit umgegangen ist. An einigen Textstellen schreibt Cicero selbst, dass er auf Panaitios Bezug nimmt. Es ist darüber hinaus jedoch notwendig, aus dem Text von Cicero herauszuarbeiten, wann er ggf. Punkte aus seiner Vorlage abgewandelt hat und ebenso, aus welchen Gründen. Diese Arbeit wird daher von den Annahmen Lefèvres, welche Textstellen von Cicero übernommen worden sind, und welche nicht, ausgehen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Ciceros Umgang mit der griechischen Vorlage des Panaitios in de officiis
- Panaitios von Rhodos
- Cicero im Allgemeinen über griechische Philosophie in de officiis
- Ciceros Verarbeitung der griechischen Vorlage des Panaitios
- Das Fehlen der Definition
- Drei Überlegungen bei einer Entscheidungsfindung
- Allgemeine Beobachtungen zur unterschiedlichen Behandlung der Tugenden
- Unterschiedliche Intentionen bei Cicero und Panaitios
- Unterschiede in der Methodik
- Der Vorzug der vita activa gegenüber der vita contemplativa bei Cicero
- Einführung griechischen Gedankenguts in das römische
- Schluss
- Literaturverzeichnis
- Obligatorische Erklärung über benutzte Hilfsmittel
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit Ciceros Umgang mit der griechischen Vorlage des Panaitios in seinem Werk „de officiis“. Ziel ist es, die Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Herangehensweise der beiden Philosophen zu untersuchen und zu analysieren, wie Cicero die griechische Vorlage verarbeitet und in seine eigene Argumentation integriert.
- Vergleich der Intentionen und Methoden von Cicero und Panaitios
- Analyse der Unterschiede in der Behandlung der Tugenden
- Untersuchung der Rolle der griechischen Philosophie in Ciceros Werk
- Bewertung des Einflusses von Panaitios auf Ciceros „de officiis“
- Rekonstruktion der verlorenen Schrift des Panaitios „Über die Pflicht“
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Ausgangssituation dar und führt in die Thematik des pflichtgemäßen Handelns ein. Sie beleuchtet Ciceros Appell an seinen Sohn Marcus, sich mit Philosophie auseinanderzusetzen und die Bedeutung des „officium“ im Kontext der stoischen Philosophie.
Das Kapitel „Panaitios von Rhodos“ bietet eine umfassende Biografie des griechischen Philosophen und beleuchtet seine Rolle als Vertreter der Stoa. Es werden seine wichtigsten Werke und seine philosophischen Ansichten, insbesondere seine Lehre von den Tugenden und dem „Schicklichen“, vorgestellt.
Im Kapitel „Cicero im Allgemeinen über griechische Philosophie in de officiis“ wird Ciceros allgemeine Haltung gegenüber der griechischen Philosophie im Kontext seines Werkes „de officiis“ untersucht. Es wird deutlich, dass Cicero die griechische Philosophie als wertvolles Werkzeug zur Gestaltung des menschlichen Lebens betrachtet, jedoch auch kritisch mit ihr umgeht.
Das Kapitel „Ciceros Verarbeitung der griechischen Vorlage des Panaitios“ analysiert die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Ciceros „de officiis“ und der verlorenen Schrift des Panaitios „Über die Pflicht“. Es werden die verschiedenen Aspekte der Verarbeitung der Vorlage, wie die Definition des „officium“, die drei Überlegungen bei einer Entscheidungsfindung und die unterschiedliche Behandlung der Tugenden, untersucht.
Das Kapitel „Unterschiedliche Intentionen bei Cicero und Panaitios“ vertieft die Analyse der Unterschiede in der Herangehensweise der beiden Philosophen. Es werden die Unterschiede in der Methodik, die unterschiedliche Gewichtung der „vita activa“ und der „vita contemplativa“ sowie die Einführung griechischen Gedankenguts in den römischen Kontext beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Cicero, Panaitios, de officiis, griechische Philosophie, stoische Philosophie, Tugenden, Pflicht, vita activa, vita contemplativa, römische Gesellschaft, Vergleich, Analyse, Verarbeitung, Einfluss, Rekonstruktion.
- Arbeit zitieren
- Anonym (Autor:in), 2010, Ciceros Umgang mit der griechischen Vorlage des Panaitios in 'de officiis', München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/184910