Will man ein Urteil über die Entwicklung eines Wirtschaftssektors fällen, so ist es notwendig, sich die Ausgangslage und das angestrebte Ziel zu vergegenwärti¬gen. Kennzeichnend für die Ausgangssituation der Transformationsländer ist, dass die Verteilung von Ressourcen in den ehemaligen sozialistischen Planwirt¬schaften auf den Güter- und Arbeitsmärkten nicht durch Preisbildungsmechanis¬men bestimmt, sondern nach Maßgabe eines zentralen Planes festgelegt wurde. Dementsprechend ging von den Banken keine aktive, sondern lediglich eine pas¬sive Funktion auf die Güterallokation aus. Banken waren wie untergeordnete Behörden organisiert, und Bankkredite dienten nur der Alimentierung und Kon¬trolle des zentralen Plans. Man kann das, was man als Bankensystem in der Planwirtschaft bezeichnet, auch als eine einzige große nationale Buchhaltung verstehen. In Anlehnung an diese Funktion war der Bankensektor als Monoban¬kensystem einstufig organisiert. Die Entwicklung des Bankensektors stellt einen maßgeblichen Engpassfaktor für den gesamten Reformprozess dar. Im Mono¬bankensystem waren Notenbank- und Geschäftsbankenfunktion integriert. Eine von der Regierung unabhängige Notenbank, welche die finanzielle Stabilität, d. h. die Wertstabilität des Geldes im Inland und die Stabilität des Außenwertes der Währung, sicher stellt, existierte nicht. Die finanzielle Stabilität spielte gegenüber den festgelegten Produktionsplänen eine sehr geringe Rolle. Da der Geschäfts¬bankensektor monetäre Impulse der Notenbank weiterleitet, ist der Grad der Entwicklung des Bankensektors auch für die Geldwertstabilisierung von elemen¬tarer Bedeutung. Mit der vorliegenden Arbeit soll der Vielschichtigkeit der Problematik dadurch Rechnung getragen werden, dass der Aufbau eines marktwirtschaftlichen Bankensektors in Tschechien und dessen Beurteilung interdisziplinär und auf ver¬schiedenen Betrachtungsebenen erfolgt. Die wissenschaftlichen Disziplinen, die in dieser Arbeit zur Anwendung kommen, sind die Volkswirtschaftslehre, die Bankbetriebswirtschaftslehre und die Statistik. Methodisch werden zur Be¬trachtung des Untersuchungsobjektes, des tschechischen Bankensektors, zwei verschiedene Zugänge gewählt. Es sind dies ein quantitativ orientierter (öko¬nometrischer) und ein qualitativ orientierter Zugang.
Inhaltsverzeichnis
- Charakteristika der Transformationsökonomien
- Einleitende Bemerkungen
- Problemstellung und methodische Vorgehensweise
- Aufbau der Arbeit
- Monobankensystem und Kapitalallokation in der Planwirtschaft
- Der zentrale Plan als Lenkungsinstrument
- Das Monobankensystem als ausführendes Organ der Planungsbehörde
- Die Unabhängigkeit der Geldwertstabilität von der Geldmenge
- Wesen und Elemente des Transformationsprozesses
- Makroökonomische Stabilisierung
- Mikroökonomische Reformen: Liberalisierung und Privatisierung
- Institutionelle Reformen
- Die Rolle des Bankensektors im Transformationsprozess
- Privates Eigentum
- Wettbewerb
- Stabilität des Geldes
- Die Rolle des Bankensektors in volkswirtschaftlichen Theorien
- Tätigkeitsbereiche der Banken
- Die Intermediationsfunktion
- Das Bankenrisiko
- Ursachen für Instabilitäten im Bankensektor
- Asymmetrische Informationen und ihre Konsequenzen
- Adverse Selektion
- Die Principal-Agent-Theorie
- Mitläufereffekt
- Externalitäten
- Natürliche Monopole
- Die bisherigen empirischen Erkenntnisse über Krisen und Restrukturierungen des Bankensektors
- Die Unvermeidbarkeit von Bankenkrisen während des Transformationsprozesses
- Der Zusammenhang zwischen dem Ergebnis einer einzelnen Bank und dem makroökonomischen Umfeld
- Bisherige empirische Erkenntnisse über Krisen und Restrukturierungen des Bankensektors
- Notwendigkeit der frühzeitigen Behebung von Problemen im Bankenbereich
- Das Bankensystem als öffentliches Gut
- Der Zusammenhang zwischen systemimmanenten Bankenproblemen und Bankenkrisen
- Analysemethoden der Stabilität des Bankensektors
- Destabilisierende Faktoren und Analysemethoden
- Economic or Incentive Structure Approach: Analyse der Instabilitäten im Bankensystem, die sich aufgrund der volkswirtschaftlichen Theorie ergeben
- Institutionelle Ausgestaltung des Bankensektors
- Konzentrationsgrad der Branche
- Bankenbefugnis
- Corporate Governance
- Eigentumsverhältnisse und Verbindlichkeitsstruktur
- Marktanreize zur Verhaltenskontrolle der Banken
- Aufsichtsrechtliche Anreize zur Kontrolle des Bankverhaltens
- Finanzmarktliberalisierung und Instabilität
- Explizite und implizite Garantien
- Begriffsbestimmung, Ziele und Restriktionen einer systematischen Bankenrestrukturierung
- Kernelemente der Restrukturierung
- Ursachen und Auswirkungen des Portfolioproblems
- Ursachen des Problems der schlechten Schulden
- Der Anstieg der schlechten Schulden zu Reformbeginn
- Zwischenbetriebliche Kredite und Steuerschulden als zusätzliche Kreditkanäle
- Auswirkungen der schlechten Schulden auf die Betriebe
- Auswirkungen auf den Bankensektor
- Makroökonomische Auswirkungen
- Theoretische Lösungsansätze des Portfolioproblems
- Interventionistische (aktive) Lösungsansätze
- Währungsreform
- Direkte Bereitstellung staatlicher Mittel
- Marktwirtschaftliche (passive) Lösungsansätze
- Auf der Passivseite der Bilanz ansetzende Lösungsansätze
- Privatisierung
- Gewinnthesaurierung
- Auf der Aktivseite der Bilanz ansetzende Lösungsansätze
- Umschuldung
- Debt-Equity-Swap
- Securisation und Kredit-Swaps
- Qualitativ orientierte Analyse des tschechischen Bankensektors
- Die Privatisierung des Unternehmenssektors als Voraussetzung für ein marktwirtschaftliches Wirtschaftssystem
- Die kleine Privatisierung
- Die große Privatisierung
- Privatisierungsfonds und Unternehmenskontrolle
- Die Entwicklung des tschechischen Bankensystems
- Das tschechische Bankensystem vor 1990
- Die Aufspaltung der Monobank und der Beginn der Vergabe von Lizenzen
- Das vererbte Portfolioproblem der neu gegründeten Geschäftsbanken
- Restrukturierungs- und Privatisierungsprogramme
- Die Transformationsinstitutionen als Mittler zwischen Bankensektor und Staat
- Erstes Konsolidierungsprogramm von 1991
- Zweites Konsolidierungsprogramm und Stabilisierungsprogramm von 1996
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Dissertation befasst sich mit dem Transformationsprozess des tschechischen Bankensektors. Sie analysiert die Herausforderungen und Chancen, die sich aus dem Übergang von einer Planwirtschaft zu einer Marktwirtschaft ergeben. Die Arbeit untersucht die Rolle des Bankensektors im Transformationsprozess und beleuchtet die Auswirkungen von Privatisierung, Restrukturierung und Wettbewerb auf die Stabilität des Bankensystems.
- Die Herausforderungen der Transformation des Bankensektors
- Die Rolle des Bankensektors im Transformationsprozess
- Die Auswirkungen von Privatisierung und Restrukturierung
- Die Bedeutung von Wettbewerb und Stabilität
- Die Analyse des Portfolioproblems und mögliche Lösungsansätze
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel der Dissertation beleuchtet die Charakteristika von Transformationsökonomien. Es werden die Besonderheiten des Monobankensystems und der Kapitalallokation in der Planwirtschaft sowie die Herausforderungen des Transformationsprozesses, wie Makroökonomische Stabilisierung, Mikroökonomische Reformen und Institutionelle Reformen, erläutert. Die Rolle des Bankensektors im Transformationsprozess wird ebenfalls beleuchtet, wobei die Bedeutung von privatem Eigentum, Wettbewerb und Stabilität des Geldes hervorgehoben wird.
Das zweite Kapitel widmet sich der Rolle des Bankensektors in volkswirtschaftlichen Theorien. Es werden die Tätigkeitsbereiche der Banken, die Intermediationsfunktion und das Bankenrisiko analysiert. Zudem werden die Ursachen für Instabilitäten im Bankensektor, wie asymmetrische Informationen, Externalitäten und natürliche Monopole, untersucht.
Das dritte Kapitel befasst sich mit den empirischen Erkenntnissen über Krisen und Restrukturierungen des Bankensektors. Es wird die Unvermeidbarkeit von Bankenkrisen während des Transformationsprozesses sowie der Zusammenhang zwischen dem Ergebnis einer einzelnen Bank und dem makroökonomischen Umfeld beleuchtet. Die Notwendigkeit der frühzeitigen Behebung von Problemen im Bankenbereich wird ebenfalls hervorgehoben.
Das vierte Kapitel analysiert die Methoden zur Beurteilung der Stabilität des Bankensektors. Es werden destabilisierende Faktoren und Analysemethoden, wie der Economic or Incentive Structure Approach, vorgestellt. Die Bedeutung von institutionellen Rahmenbedingungen, Konzentrationsgrad, Bankenbefugnis, Corporate Governance, Eigentumsverhältnissen, Marktanreizen und Aufsichtsrechtlichen Anreizen für die Stabilität des Bankensektors wird untersucht. Zudem werden die Ursachen und Auswirkungen des Portfolioproblems sowie theoretische Lösungsansätze, wie Interventionistische und Marktwirtschaftliche Ansätze, diskutiert.
Das fünfte Kapitel bietet eine qualitativ orientierte Analyse des tschechischen Bankensektors. Es werden die Privatisierung des Unternehmenssektors, die Entwicklung des tschechischen Bankensystems und die Restrukturierungs- und Privatisierungsprogramme beleuchtet. Die Arbeit untersucht die Rolle der Transformationsinstitutionen als Mittler zwischen Bankensektor und Staat sowie die Auswirkungen der Konsolidierungsprogramme auf die Stabilität des Bankensystems.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Transformationsprozess, den tschechischen Bankensektor, Privatisierung, Restrukturierung, Wettbewerb, Stabilität, Portfolioproblem, Bankenkrisen, Makroökonomische Stabilisierung, Mikroökonomische Reformen, Institutionelle Reformen, Asymmetrische Informationen, Externalitäten, Natürliche Monopole, Economic or Incentive Structure Approach, Transformationsinstitutionen und Konsolidierungsprogramme.
- Citar trabajo
- Dr. Gertrude Preslmair (Autor), 2001, Der Transformationsprozess des tschechischen Bankensektors, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185673