Probleme der Bewertung von Krankenhäusern


Diplomarbeit, 2002

121 Seiten, Note: 1.7


Leseprobe


Probleme der Bewertung von Krankenhäusern
Diplomarbeit
von
cand. rer. pol. Alexander Wenzel
Studienrichtung: Betriebswirtschaftslehre, 15. Fachsemester
Sportwissenschaften, 14. Fachsemester


I
NHALTSVERZEICHNIS
I
Abbildungsverzeichnis
II
Tabellenverzeichnis
III
Abkürzungsverzeichnis
1
EINLEITUNG...1
1.1 P
ROBLEMSTELLUNG
...3
1.2 G
ANG DER
U
NTERSUCHUNG
...4
2
DER DEUTSCHE KRANKENHAUSMARKT ­ GRUNDLAGEN,
RAHMENBEDINGUNGEN, ENTWICKLUNGEN...5
2.1 K
LASSIFIZIERUNG VON
K
RANKENHÄUSERN
...6
2.2 D
ER DEUTSCHE
K
RANKENHAUSMARKT ALS
T
EIL DES
G
ESUNDHEITSMARKTES
...10
2.3 S
TATUS UND
E
NTWICKLUNG DES
K
RANKENHAUSWESENS
...13
2.3.1
Aktueller Status des Krankenhauswesens ...13
2.3.2
Künftige Entwicklung ...16
2.4 I
NSTITUTIONELLE
R
AHMENBEDINGUNGEN IM
K
RANKENHAUS
...17
2.4.1
Versorgungsauftrag nach Sozialgesetzbuch V (SGB V) ...18
2.4.2
Entgeltstrukturen nach Krankenhausfinanzierungs-
gesetz (KHG) und Bundespflegesatzverordnung (BPflV) ...19
2.4.2.1 Strukturierung der Kostenerstattung im
Krankenhauswesen...22
2.4.2.2 Preismechanismen im Krankenhauswesen vs.
Preisbildung in Güter- und Leistungsmärkten...24
2.4.3
Diagnosis Related Groups (DRG's) ...25
2.5 Z
WISCHENFAZIT
...27
3
PROBLEME UND BESONDERHEITEN DER
KRANKENHAUSBEWERTUNG ...29
3.1 G
RUNDLAGEN DER
U
NTERNEHMENSBEWERTUNG
...30
3.1.1
Bewertungsanlässe und ­zwecke ...30
3.1.2
Methoden der Unternehmensbewertung ...33
3.1.2.1 Einzelbewertungsmethoden...33
3.1.2.2 Gesamtbewertungsverfahren ...35
3.1.2.3 Vergleichsmethoden...40

3.2 A
USWAHL GEEIGNETER
V
ERFAHREN FÜR DEN
E
INSATZ IM
K
RANKENHAUSSEKTOR
...42
3.2.1
Anforderungskriterien an Bewertungsmethoden für den
Krankenhaussektor ...43
3.2.2
Bewertung und Auswahl der Verfahren ...46
3.3 P
ROBLEME UND
B
ESONDERHEITEN IN DER
P
LANUNG DER
I
NPUTFAKTOREN
...48
3.3.1
Allgemeine Planungsgrundlagen...49
3.3.1.1 Datenlage in Krankenhäusern...49
3.3.1.2 Besonderheiten in Bilanz- und GuV-Struktur...51
3.3.1.3 Steuerliche
Behandlung von Krankenhäusern ...55
3.3.1.4 Einfluss
politischer Entscheidungen auf den Sektor ...57
3.3.2
Planung der operativen Cash-flows ...58
3.3.2.1 Planung künftiger Erlöse ...59
3.3.2.2 Auswirkungen der Einführung von DRG's auf die
Erlössituation ...61
3.3.2.2.1 Unsicherheiten über die Höhe der Gesamterlöse...62
3.3.2.2.2 Behandlung von Mehr- und Mindererlösen unter
Budgetrestriktionen ...62
3.3.2.2.3 Ausgleichsmechanismen im Gesamtmarkt ...64
3.3.2.3 Kostenentwicklung...65
3.3.2.3.1 Demographische Einflüsse ...66
3.3.2.3.2 Medizinisch-technische Einflüsse...67
3.3.3
Planung investiver Cash-flows ...67
3.3.3.1 Auflagen
für geförderte Investitionsmaßnahmen ...68
3.3.3.2 Förderung von Einzelmaßnahmen ...69
3.3.3.3 Übergang zur monistischen Finanzierung...70
3.4 B
ESTIMMUNG VON RISIKOADÄQUATEN
D
ISKONTIERUNGSSÄTZEN
...71
3.4.1
Bestimmung von Eigenkapitalkostensätzen...71
3.4.2
Berücksichtigung von Fördermitteln ...73
4
PRAKTISCHE UMSETZUNG VON UNTERNEHMENS-
BEWERTUNG IM KRANKENHAUSSEKTOR ­
INTERVIEWREIHE MIT UNTERNEHMENSVERTRETERN...75
4.1 M
ETHODIK DER
I
NTERVIEWREIHE
...75
4.2 E
RGEBNISSE DER
B
EFRAGUNG
...76
4.2.1
Allgemeine Marktentwicklung ...76
4.2.2
Anlässe, Funktionen und Ziele für Unternehmens-
bewertungen in der Praxis...78
4.2.3
Geeignete Verfahren der Bewertung für den
Krankenhaussektor ...80

4.2.4
Umsetzung der Bewertung mit Kapitalwertmethoden...81
4.2.4.1 Einteilung in Planungsphasen...81
4.2.4.2 Ansätze für die Planung operativer und investiver
Cash-flows ...82
4.2.4.2.1 Operative Cash-flows in der Detailplanungsphase...82
4.2.4.2.2 Cash-flows
aus
Investitionstätigkeit in der
Detailplanung...83
4.2.4.2.3 Cash-flow-Planung in der Fortführungsphase...84
4.2.4.3 Ableitung von Diskontierungssätzen ...86
4.2.5
Mittelbare Einflussfaktoren der Bewertung...87
4.2.6
Auswirkungen der Einführung von Fallpauschalen ...89
4.2.6.1 Einfluss auf die Erlössituation einzelner Krankenhäuser ...89
4.2.6.2 Auswirkungen auf den Gesamtmarkt...90
5
SCHLUSSBETRACHTUNG UND KRITISCHE WÜRDIGUNG ...92
IV
Anhang
V
Literaturverzeichnis

I
A
BBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Gesundheitsausgaben nach Ausgabenträgern 1998,
Quelle: StBA 2001, eigene Darstellung ...11
Abbildung 2: GKV-Ausgabenverteilung 2000 nach Leistungsart,
Quelle: HPS Research 2001, eigene Darstellung...12
Abbildung 3: PKV-Ausgabenverteilung 1999 nach Leistungsart,
Quelle: HPS Research 2001, eigene Darstellung...12
Abbildung 4: Marktanteile unterschiedlicher Träger nach Bettenkapazitäten,
Quelle: DKG, eigene Darstellung ...15
Abbildung 5: Struktur der Krankenhausfinanzierung, eigene Darstellung
in Anlehnung an Janssen 1999, S. 62 ...21

II
T
ABELLENVERZEICHNIS
Tabelle 1: Entwicklungsparameter im deutschen Krankenhausmarkt
aus Sicht der Praxis...78
Tabelle 2: Bewertungsanlässe, -funktionen und -ziele im deutschen
Krankenhausmarkt aus Sicht der Praxis ...79
Tabelle 3: Bewertungsverfahren in Abhängigkeit von Bewertungszielen
aus Sicht der Praxis...80
Tabelle 4: Planungsphasen für die Bewertung mit Kapitalwertmethoden
aus Sicht der Praxis...81
Tabelle 5: Planungsansätze für operative Cash-flows in der Detailplanungs-
phase aus Sicht der Praxis...83
Tabelle 6: Planungsansätze für investive Cash-flows in der Detailplanungs
phase aus Sicht der Praxis...84
Tabelle 7: Planung der Cash-flows in der Fortführungsphase
aus Sicht der Praxis...85
Tabelle 8: Ermittlung von Diskontierungssätzen aus Sicht der Praxis...86
Tabelle 9: Mittelbare Einflussfaktoren der Bewertung aus Sicht der Praxis ...88
Tabelle 10: Einfluss der DRG-Einführung auf die Erlössituation einzelner
Krankenhäuser aus Sicht der Praxis ...89
Tabelle 11: Auswirkungen der DRG-Einführung auf den Gesamtmarkt
aus Sicht der Praxis...90

III A
BKÜRZUNGSVERZEICHNIS
AO Abgabenordnung
APV
Adjusted Present Value
AR-DRG's
Australian Refined Diagnosis Related Groups
BIP Bruttoinlandsprodukt
BPflV Bundespflegesatzverordnung
bzw. beziehungsweise
DCF Discounted
Cash-flow
d.h. dass
heißt
DK
Das Krankenhaus (Zeitschrift)
DKG Deutsche Krankenhausgesellschaft
DRG's
Diagnosis Related Groups
EBIT
Earnings before Interest and Taxes
EBITDA
Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and
Amortization
FBE-Planung Finanz-,
Bilanz- und Erfolgsplanung
FCF Free
Cash-flow
f&w
Führen & Wirtschaften im Krankenhaus (Zeitschrift)
GSG Gesundheitsstrukturgesetz
Hrsg. Herausgeber
i.V.m.
in Verbindung mit
KHG Krankenhausfinanzierungsgesetz
KU
Krankenhaus Umschau (Zeitschrift)
Mio. Millionen
Mrd. Milliarden
NOPLAT Net
operating
profit less adjusted taxes
StBA Statistisches
Bundesamt
SGB V
Fünftes Buch Sozialgesetzbuch
vgl. vergleiche
Wacc
Weighted Average Cost of Capital
z.B. zum
Beispiel
ZögU
Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche
Unternehmen (Zeitschrift)

1
1
Einleitung
,,Das deutsche Gesundheitswesen befindet sich seit einigen Jahren in einer tief-
greifenden Umbruchphase."
1
Diese Aussage beschreibt die umfassenden Veränderungen, durch die der Ge-
sundheitsmarkt in Deutschland seit Anfang der neunziger Jahre gekennzeichnet
ist.
2
Als Ursache für die massiven Veränderungen im Gesundheitswesen werden vor
allem stetig steigende Kosten im Gesamtmarkt einerseits und stagnierende Ein-
nahmen bei den Kostenträgern andererseits angeführt. Diese Entwicklung be-
dingt, dass die laufenden Einnahmen im solidarisch finanzierten Gesundheitssys-
tem nicht länger ausreichen, um die anfallenden Kosten zu tragen. Eine Charak-
terisierung der Situation findet sich auch bei Haubrock/Peters/Schär 1997: ,,Das
Gesundheitswesen ist in einer Krise: Wenn die Kosten weiter im bisherigen
Tempo steigen, können wir uns die Gesundheit bald nicht mehr leisten."
3
Hieraus erwächst für alle Beteiligten ein zunehmender Druck, entweder die Kos-
ten der Leistungserbringung zu senken oder die Einnahmen der Kostenträger
mittels Beitragserhöhungen zu steigern. Letzteres hat der Gesetzgeber aus ge-
samtwirtschaftlichen Gründen ausgeschlossen,
4
so dass letztlich die Notwendig-
keit zur Kostensenkung in der Leistungserstellung bestehen bleibt.
5
Die aus diesem Sachverhalt erwachsenden Implikationen zur Veränderung der
Strukturen im Gesundheitswesen werden durch eine weitere Entwicklung noch
verstärkt. In den zurückliegenden zwei Jahrzehnten sind bedingt durch stagnie-
rende Abgaben und Beiträge abhängig Beschäftigter und deren Arbeitgeber die
zur Verfügung stehenden Mittel in öffentlichen Kassen knapp geworden.
6
Es
entstand somit eine Notwendigkeit zur Entlastung dieser Haushalte bei gleichzei-
tiger Gewährleistung der allgemeinen Versorgungsleistung.
1
Zitat: Schlüchtermann 1998, S. 432.
2
Vgl. Kerres/Lohmann 1999, S. 13; Rhön-Klinikum 1998, S. 16; Boehlke et al. 2001, S. 14f.
3
Zitat: Haubrock/Peters/Schär 1997, S. 1.
4
Siehe GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000: §6 ­ Grundsatz der Beitragssatzstabilität.
5
Vgl. Krämer 2001, S. 213; Kerres/Lohmann 1999, S. 15.
6
Vgl. zu den Ursachen für die Abgaben- und Beitragsentwicklung Kerres/Lohmann 1999, S. 15f.

2
In Folge dessen hat sich die öffentliche Hand zunehmend aus Versorgungsberei-
chen durch rechtliche Verselbständigung und Privatisierung der entsprechenden
Leistungen zurückgezogen. Diese Entwicklung konnte bereits in den Bereichen
Telekommunikation und öffentlicher Personen- und Güterverkehr sowie in jün-
gerer Vergangenheit im Energiesektor beobachtet werden.
Die trotz einer Vielzahl umgesetzter Maßnahmen mit dem Ziel umfassender
Kostendämpfung fortdauernde Kostensteigerung im Gesundheitssektor in Ver-
bindung mit der anhaltend prekären Haushaltsituation öffentlicher Gebietskör-
perschaften sowie die jüngsten Entscheidungen der Legislative machen deutlich,
dass der Prozess des strukturellen Wandels im Gesundheitswesen noch lange
nicht abgeschlossen ist.
7
Als der wirtschaftlich bedeutendste Einzelbereich innerhalb des Gesundheitswe-
sens ist der Krankenhaussektor
8
von diesem Prozess in besonderem Maße betrof-
fen.
9
Als Folge der Bemühungen um Kostensenkungen zeichnet sich in diesem
Bereich seit einigen Jahren neben internen Reorganisationsmaßnahmen auch ein
Trend zu Rechtsform- und Trägerschaftswechseln ab.
10
Im Rahmen dieser Vorhaben werden wirtschaftliche Bewertungen des jeweiligen
Unternehmens ,,Krankenhaus" durchgeführt, um für eine oder beide an der
Transaktion beteiligten Partner eine ihren Interessen genügende Einschätzung
der Werthaltigkeit des Objektes zu ermitteln.
Trotz der daraus resultierenden zunehmenden praktischen Bedeutung der Unter-
nehmensbewertung im Krankenhaussektor existieren in der deutschen Literatur
bislang keine Veröffentlichungen über diesen Anwendungsfall.
11
Unstrittig ist
aber gleichzeitig, dass im Krankenhausmarkt vor allem aufgrund der besonderen
institutionellen Rahmenbedingungen marktspezifische Besonderheiten für die
Bewertung vorliegen.
7
Gemäß Arnold 2000, S. 24f., steht der eigentliche Wandel des Krankenhauswesens noch bevor,
da erst die jüngsten politischen Entscheidungen die Voraussetzungen dafür geschaffen haben.
8
Zur Definition des Krankenhaussektors und dessen Bedeutung im gesamten Gesundheitswesen
siehe Kapitel 2.
9
Vgl. Haubrock/Peters/Schär 1997, S. 263.
10
Vgl. Müller von der Grün 2000, S. 481f.; Schlüchtermann 1998, S. 439.
11
Vgl. Saed-Hedayatiy 1996, S. 1f.

3
1.1 Problemstellung
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Besonderheiten und Probleme bei der
Unternehmensbewertung von Krankenhäusern in Deutschland zu analysieren
und Lösungsansätze aufzuzeigen.
Untersuchungsobjekt der Arbeit ist das ,,Unternehmen Krankenhaus", das ge-
genüber Industrieunternehmen im Allgemeinen und anderen Unternehmen des
Gesundheitssektors im Speziellen in einem besonderen Marktumfeld agiert. Die-
ses Marktumfeld wird durch historische, gesellschaftspolitische und legislative
Bedingungen gebildet. Es ist trotz der inhaltlichen Nähe zu den Märkten für
Rehabilitations- oder Pflegeeinrichtungen beispielsweise hinsichtlich des Grades
der Marktregulierung,
12
des öffentlichen Auftrages
13
und der Finanzierung
14
deutlich von diesen Bereichen abzugrenzen.
15
Im Rahmen der Arbeit wird mittels einer Analyse der Rahmenbedingungen und
Marktbesonderheiten, die für den deutschen Krankenhausmarkt existieren, eine
Identifikation von Faktoren angestrebt, die einen signifikanten Einfluss auf die
Bewertung haben. Im Vordergrund stehen dabei vor allem Aspekte, die bei der
Durchführung einer Bewertung Probleme aufwerfen oder besonderer Beachtung
bedürfen. Weniger von Interesse sind hingegen Faktoren, welche in technischer
Hinsicht für die Umsetzung der Unternehmensbewertung keine Besonderheiten
gegenüber Bewertungen von Industrieunternehmen aufweisen.
Konzeptionell gilt es daher zunächst, ein geeignetes Verfahren zur Bewertung
von Krankenhäusern zu identifizieren, das eine bestmögliche Berücksichtigung
der spezifischen Gegebenheiten des Marktes erlaubt. Auf Basis dieses Verfah-
rens sind sodann für die einzelnen Inputfaktoren des Modells Probleme und Be-
sonderheiten hinsichtlich ihrer Erhebung, Verlässlichkeit, Planbarkeit und Aus-
sagekraft aufzuzeigen sowie mögliche Lösungswege darzustellen.
Neben der theoretisch-konzeptionellen Untersuchung soll der Bezug zur prakti-
schen Umsetzung von Unternehmensbewertung im Krankenhaussektor herge-
12
Zur staatlichen Einflussnahme im Krankenhaussektor siehe Kapitel 2.4.
13
Die Einrichtung von Krankenhäusern basiert auf dem stationären Sicherstellungsauftrag des
Staates, siehe Kapitel 2.
14
So findet in den Bereichen Rehabilitation und Pflege das Krankenhausfinanzierungsgesetz
(KHG) keine Anwendung.
15
Vgl. Siebrecht 2001, S. 11ff.; Krämer/Mues 2001, S. 15f.; Ludwig 1995, S. 6.

4
stellt werden. Hierfür wurde eine Interviewreihe mit Praxisvertretern der Bran-
chen Bankwesen, Wirtschaftsprüfung und Klinikbetreibergesellschaften durch-
geführt. Die Ergebnisse der Gespräche sollen einen Vergleich zwischen Theorie
und Praxis ermöglichen.
1.2 Gang der Untersuchung
Im Kapitel 2 werden ­ aufbauend auf einer Einordnung des Krankenhausmarktes
im Gesamtmarkt Gesundheitswesen ­ der aktuelle Status und die jüngsten Ent-
wicklungen des Krankenhaussektors dargelegt. Diesen vorangestellt ist eine Ein-
teilung der Krankenhäuser nach den Merkmalen Trägerschaft, Rechtsform und
Versorgungsstatus. Abschließend folgt ein Überblick über die institutionellen
Rahmenbedingungen dieses Marktes.
Kapitel 3 beschäftigt sich mit den verschiedenen Aspekten der eigentlichen Be-
wertung von Krankenhäusern. Zunächst wird daher auf Basis von Bewertungsan-
lässen und ­zwecken sowie daraus resultierenden Anforderungskriterien für die
Bewertung ein geeignetes Bewertungsinstrumentarium ausgewählt. Entspre-
chend der Vorgehensweise des Verfahrens werden in den folgenden Abschnitten
Probleme bei der Durchführung einer Bewertung aufgezeigt. Es erfolgt eine Un-
terteilung in Planung der Cashflows, differenziert nach allgemeinen Planungs-
grundlagen, operativer Planung und investiver Planung, und Bestimmung von
geeigneten Diskontierungssätzen.
Im 4. Kapitel werden die Ergebnisse der empirischen Untersuchung dargestellt.
Es erfolgt ein Gliederung nach einzelnen Problembereichen. Hierbei wird eine
Differenzierung in branchentypische Sichtweisen vorgenommen.
Kapitel 5 stellt die Aussagen der vorangegangenen Abschnitte zusammen und
bietet einen Vergleich des theoretisch-konzeptionellen Teils mit dem empiri-
schen Teil. Schließlich werden die Ergebnisse einer kritischen Würdigung unter-
zogen.

5
2
Der deutsche Krankenhausmarkt ­ Grundlagen,
Rahmenbedingungen, Entwicklungen
Der Markt für stationäre Gesundheitsversorgung lässt sich in Deutschland in drei
wesentliche Bereiche unterteilen:
Krankenhäuser, die vornehmlich der Versorgung von Personen mit aku-
ten Erkrankungen, Verletzungen oder Beschwerden dienen,
Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, die vor allem den Erhalt/die
Wiederherstellung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit von Personen
vor/nach einer Verletzung oder Erkrankung sicherstellen sollen, und
Pflegeheime, die ihre Tätigkeit der Pflege und Unterbringung von meist
chronisch kranken und alten Menschen widmen.
16
Gemäß dem Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutsch-
land ist es Aufgabe des Staates, eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölke-
rung mit leistungsfähigen Krankenhäusern sicher zu stellen. Er hat daher für die
Einrichtung und den Betrieb von quantitativ und qualitativ ausreichend ausge-
statteten, stationären medizinischen Einrichtungen zur Versorgung aller Bürger
zu sorgen. Diese Verpflichtung wird als stationärer Sicherstellungsauftrag des
Staates bezeichnet.
17
Die stationären medizinischen Einrichtungen, deren Zweck es ist, die Anforde-
rungen des Sicherstellungsauftrages umzusetzen, stehen im Fokus dieser Arbeit.
Es sind dies Krankenhäuser, die im Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG)
definiert werden als ,,Einrichtungen, in denen durch ärztliche und pflegerische
Hilfeleistung Krankheiten, Leiden oder Körperschäden festgestellt, geheilt oder
gelindert werden sollen oder Geburtshilfe geleistet wird und in denen die zu ver-
sorgenden Personen untergebracht und verpflegt werden können."
18
Der Oberbegriff Krankenhaus umfasst als Institutionen
die allgemeinen Krankenhäuser, die medizinische Leistungen in verschiede-
nen Fachabteilungen erbringen und Patienten stationär aufnehmen,
16
Vgl. Haubrock/Peters/Schär 1997, S. 2; Krämer/Mues 2001, S. 16.
17
Vgl. Quaas 1993, S. 59.
18
Siehe KHG § 1 Satz 1; zu einer ausführlichen Abgrenzung siehe SGB V § 107 Absatz 1.

6
psychiatrische und/oder neurologische Kliniken, die ausschließlich psychiat-
rische und/oder neurologische Patienten behandeln, und
reine Tages- und Nachtkliniken, die Patienten ausschließlich teilstationär
behandeln und nur vorübergehend tagsüber oder nachts stationär aufneh-
men.
19
Krankenhäuser haben im Gesundheitswesen aufgrund der aus dem oben genann-
ten Sicherstellungsauftrag erwachsenden Verpflichtung zur flächendeckenden
Vorhaltung und zum Betrieb solcher Einrichtungen eine besondere Stellung. Der
Markt für diese Einrichtungen, der im weiteren Verlauf der Arbeit als Kranken-
hausmarkt oder ­sektor bezeichnet wird, ist wesentlich durch staatliches Handeln
und Planen reguliert und beeinflusst.
Trotz der Unterschiede der Tätigkeiten der verschiedenen Arten von Kranken-
häusern unterliegen diese den gleichen gesetzlichen Bestimmungen und haben
damit weitgehend identische Marktbedingungen.
20
Daher kann auf eine weitere
Differenzierung der Krankenhäuser sowohl in Hinblick auf die nachfolgenden
Darstellungen zu den Gegebenheiten des Krankenhausmarktes sowie bezüglich
der Untersuchung der Besonderheiten und Probleme bei der Bewertung verzich-
tet werden.
Die Bereiche der Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen sowie der Anstal-
ten der Pflege fallen nicht unter den Sicherstellungsauftrag des Staates und unter-
liegen daher grundsätzlich anderen Rahmenbedingungen als der Krankenhaus-
sektor. Diese Bereiche sind folglich hinsichtlich der wirtschaftlichen Bewertung
einer gesonderten Untersuchung zu unterziehen und werden in der vorliegenden
Arbeit aus den Betrachtungen ausgeklammert.
2.1 Klassifizierung von Krankenhäusern
Eine Einordnung von Krankenhäusern kann unabhängig vom Schwerpunkt ihrer
Tätigkeit nach drei verschiedenen Kriterien vorgenommen werden: Trägerschaft,
Rechtsform und Versorgungsstatus.
19
Differenzierung gemäß Statistisches Bundesamt, Fachserie 12: Gesundheit, Reihe 6.1; vgl.
auch Ludwig 1995, S. 6f.
20
Vgl. Eichhorn 2000, S. 125f.

7
In Hinblick auf die Trägerschaft eines Krankenhauses lassen sich folgende Kate-
gorien differenzieren:
Öffentliche Trägerschaft ­ hierbei handelt es sich um Krankenhäuser, die
im Eigentum einer Körperschaft des öffentlichen Rechts sind. Dies können
kommunale Gebietskörperschaften, Bundesländer, die Bundesrepublik
Deutschland oder andere öffentliche Körperschaften sowie deren Zusammen-
schlüsse sein.
Krankenhäuser, die von Kirchen und anderen Einrichtungen der sozialen
Wohlfahrtspflege betrieben werden, befinden sich in frei-gemeinnütziger
Trägerschaft. Ihre Zielsetzung folgt vornehmlich humanitären, sozialen oder
religiösen Motiven.
Krankenhäuser in privater Trägerschaft werden von Personen, privatrecht-
lichen Rechtsformen oder Vereinigungen des privaten Rechts geführt. Diese
Institutionen haben eine erwerbswirtschaftliche Ausrichtung und bedürfen
einer Konzession für den Betrieb eines Krankenhauses gemäß Gewerbeord-
nung § 30.
21
Krankenhäuser in öffentlicher und frei-gemeinnütziger Trägerschaft können hin-
sichtlich der Zielsetzung ihrer Tätigkeit zusammengefasst werden. In diesen Ein-
richtungen überwiegt durchweg eine Sachzielorientierung, d.h. ein Streben nach
bestmöglicher Erfüllung der Bedarfsdeckung im Bereich medizinischer Versor-
gung. Im Gegensatz dazu lässt sich für privat getragene Krankenhäuser eine
Ausrichtung an Formalzielen konstatieren, also eine Betonung der Gewinn- oder
Überschussorientierung, bei der die Qualität und der Umfang der Leistungs-
erbringung als weiteres Ziel bzw. Mittel zum Zweck der Zielerreichung verstan-
den wird.
22
In bedingter sachlicher Abhängigkeit vom Träger können Krankenhäuser in un-
terschiedlichen Rechtsformen betrieben werden. Die Rechtsform bestimmt als
21
Vgl. zur Differenzierung von Krankenhäusern nach Trägerschaften Ludwig 1995, S. 8; Saed-
Hedayatiy 1996, S. 4; Lang 1997, S. 23f.
22
Zur Auseinandersetzung mit der Einordnung von Sachzielen und Formalzielen in Betrieben
vgl. Eichhorn 2000, S. 163; zu deren Auswirkungen auf die Gewinnorientierung siehe S. 167.

8
Organisationsmodell im Wesentlichen die Regelung der Rechtsbeziehungen ei-
nes Krankenhauses in der Innen- und Außenwirkung.
23
Hierbei existiert eine Vielzahl von Möglichkeiten der Ausgestaltung.
24
An dieser
Stelle sollen lediglich die drei in der Praxis gängigsten Varianten vorgestellt wer-
den.
Regiebetriebe sind eine klassische Betriebsform der öffentlichen Kranken-
häuser, die unter bestimmten Umständen auch von frei-gemeinnützigen Or-
ganisationen eingesetzt werden kann. Sie werden als unselbständige Teile
des Trägers geführt und sind in dessen Organisation und Rechnungslegung
vollständig integriert. Ihr Status kann am besten mit dem einer größeren Ab-
teilung verglichen werden, die keine eigene Rechtsselbständigkeit besitzt und
auch ansonsten allen Regelungen und Bestimmungen ihres Trägers unter-
liegt.
25
Eigenbetriebe sind ebenfalls Organisationsformen innerhalb öffentlicher
Institutionen und dort mittlerweile die Gebräuchlichste. Sie stellen gegenüber
den Regiebetrieben eine wirtschaftlich und organisatorisch weitgehend selb-
ständige Einheit innerhalb der Struktur des Trägers dar, sind aber rechtlich
ebenso unselbständig in der Außenwirkung wie die Regiebetriebe.
26
Eigenbe-
triebe sind bilanziell aus Sicht des Trägers Sondervermögen, in das Aktiva
und Passiva eingebracht wurden und werden können.
27
Im Gegensatz dazu ist die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
von den drei genannten Ausprägungen die einzige Rechtsform, die von priva-
ten Krankenhausträgern betrieben werden kann. Sie zeichnet sich durch voll-
ständige rechtliche, organisatorische und wirtschaftliche Selbständigkeit aus.
In Hinblick auf die Möglichkeiten und Anforderungen des Leistungsangebots
eines Krankenhauses ist der Versorgungsstatus der jeweiligen Einrichtung ent-
23
Vgl. Hamann 2000, S. 27f.
24
Neben der aufgeführten Varianten werden in der Literatur häufig noch die Rechtsformen der
öffentlich-rechtlichen Anstalt, des eingetragenen Vereins, der Stiftung, der Personengesellschaft
und der AG genannt. Vgl. dazu auch Vest 1998, S. 189ff.; Hamann 2000, S. 28f.
25
Vgl. Haubrock/Peters/Schär 1997, S. 92.
26
Vgl. Hamann 2000, S. 29.
27
So können beispielsweise durch den Träger aufgenommene Kredite für das Krankenhaus in das
Sondervermögen eingebracht werden und sind damit bei Finanzplanung und Erfolgsermittlung
auch dort zu erfassen, siehe dazu auch Vest 1998, S. 196f.

9
scheidend. Die Einordnung eines Krankenhauses zu einer Versorgungsstufe im
Landeskrankenhausplan orientiert sich in den meisten Bundesländern daran,
welche Abteilungen mit welchen Spezialisierungen und welchen apparativen
Ausstattungen das Haus führt sowie welches Patientenaufkommen und Einzugs-
gebiet es hat.
28
Die Gliederung der Krankenhäuser nach ihrem Versorgungsstatus erfolgt hierar-
chisch in den vier Stufen Grundversorgung, Regelversorgung, Zentralversorgung
und Maximalversorgung.
Hierbei bilden Häuser der Grundversorgung die Basis für die Versorgung des
Nahbereichs mit zumindest den Fachabteilungen Allgemeine Chirurgie, Innere
Medizin und Gynäkologie/Geburtshilfe ohne Spezialisierungen aufzuweisen.
29
Krankenhäuser höherer Versorgungsstufen zeichnen sich durch weitere und grö-
ßere Fachabteilungen, bessere apparative und personelle Ausstattung sowie zu-
nehmende Spezialisierungen aus. In der höchsten Versorgungsstufe ­ den Häu-
sern der Maximalversorgung ­ kommt hinzu, dass sie wesentlich die Ausbildung
ärztlichen Personals tragen und die ultimative Instanz für die Behandlung selte-
ner, hochkomplizierter und multipler Erkrankungen darstellen.
30
Im Rahmen dieses Gliederungssystems decken Häuser einer höheren Versor-
gungsstufe jeweils auch die Aufgabenbereiche der niedrigeren Stufen mit ab.
31
Die Zugehörigkeit eines Krankenhauses zu den jeweiligen Kategorien der ver-
schiedenen Klassifizierungsschemata hat unmittelbare und mittelbare Auswir-
kungen auf die Möglichkeiten eines Krankenhauses, sich am Markt zu positio-
nieren. Wie bereits in den einzelnen Aufzählungen kurz angeführt wurde, bedin-
gen unterschiedliche Trägerschaften auch unterschiedliche Zielsysteme, haben
Rechtsformen Einfluss auf die Möglichkeiten der Organisationsgestaltung und
Finanzierung und resultieren aus der Versorgungsstufe eines Krankenhauses
28
Vgl. Hamann 2000, S. 29f.
29
Der Begriff der Spezialisierung bezieht sich auf die Möglichkeit eines Krankenhauses inner-
halb einer Fachrichtung einen besonderen Qualitätsstandard für bestimmte Teilgebiete zu erlan-
gen. Auf diese Weise kann ein Krankenhaus versuchen ,,sich einen guten Ruf" zu erarbeiten, der
aufgrund der begrenzten Möglichkeiten zur Werbung eine der wenigen Marketingmöglichkeiten
darstellt.
30
Vgl. zur Gliederung des Krankenhaussektors nach Versorgungsstufen Hamann 2000, S. 30f.
Eine leicht abweichende Gliederung findet sich bei Ludwig 1995, S. 10.
31
Vgl. Quaas 1993, S. 61.

10
Konsequenzen hinsichtlich der Patientenstruktur, der Marketingmöglichkeiten
und teilweise auch der zur Verfügung stehenden Fördergelder.
32
2.2 Der deutsche Krankenhausmarkt als Teil des Ge-
sundheitsmarktes
Gemäß Schätzungen wurden in Deutschland im Jahr 2001 rund 214 Mrd. Euro
33
(1998: 211,0 Mrd. Euro)
34
für Gesundheitsfürsorge aufgewendet. Damit hat der
Gesundheitssektor einen Anteil von 10,5%
35
(1998: 10,9%) am Bruttoinlands-
produkt (BIP) der Bundesrepublik Deutschland.
36
Aktuell zeigt sich damit ein geringes Wachstum dieses Sektors absolut und ein
abnehmender Anteil am BIP. Diese Entwicklung liegt vor allem darin begründet,
dass in den Jahren ab 1995 stufenweise die Einführung der Pflegeversicherung
stattfand, die einen Teil der Leistungen abdeckt, welche bis dato den Gesund-
heitsausgaben zugerechnet wurden. Längerfristige Betrachtungen zeigen entge-
gen dem kurzfristigen Trend stetige Wachstumsraten in diesem Sektor, die kon-
stant über der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts liegen. So stiegen die Ge-
sundheitsausgaben gesamt von 1992 bis 1998 um 28,7%, der Anteil der Gesund-
heitsausgaben am BIP von 10,4% im Jahr 1992 auf 10,9% in 1998.
37
Diese Zahlen veranschaulichen die hohe Bedeutung des Wirtschaftsguts ,,Ge-
sundheit" für die Volkswirtschaft.
38
Angesichts der Entwicklung in der Vergan-
genheit ist davon auszugehen, dass sich der Wachstumstrend weiter fortsetzen
wird. Die daraus abzuleitenden wirtschaftlichen Potentiale spiegeln sich auch in
der zunehmenden Zahl von wissenschaftlichen und vor allem finanzwirtschaftli-
32
Einige Bundesländer orientieren sich an der Versorgungsstufe zur Bemessung pauschaler För-
dergelder, vgl. Hamann 2000, S. 31.
33
Vgl. Siebrecht 2001, S. 11.
34
Quelle: StBA 2001, S. 2.
35
Quelle: BMG ­ Statistisches Taschenbuch Gesundheit 2001.
36
Im internationalen Vergleich liegt Deutschland sowohl gemessen an Ausgaben pro Kopf als
auch am Anteil am BIP gemeinsam mit der Schweiz an der Spitze der europäischen Nationen.
Lediglich in den USA liegen beide Kennzahlen deutlich über denen Deutschlands. Vgl. Ander-
son/Poullier 1999, S. 178ff.
37
Im Vergleich zu den Gesamtaufwendungen für Gesundheit stieg der allgemeine Lebenshal-
tungsindex gleichzeitig lediglich um 13,9%, das BIP um 22,9%, Quelle: StBA 2001, S. 2 und 6.
38
Die ökonomische und beschäftigungspolitische Bedeutung des Gesundheitswesens hat Folland
für die USA und im internationalen Vergleich untersucht, siehe Folland 2001, S. 2ff.

11
chen Veröffentlichungen wider, die sich mit dem Thema ,,Wirtschaftsgut: Ge-
sundheit" beschäftigen.
39
Größter Kostenträger im Gesundheitssystem sind die Gesetzlichen Krankenver-
sicherungen (GKV) mit einem Anteil von 118,5 Mrd. Euro in 1998 (2000: 125,9
Mrd. Euro) bzw. 56,1% der gesamten Gesundheitsaufwendungen.
40
Die Privaten
Krankenversicherungen (PKV) ­ als zweites Krankenversicherungssystem ­
tragen mit 16,2 Mrd. Euro weitere 7,7% zu den Gesundheitsausgaben bei.
41
private
Haushalte
11%
Rest
7%
PKV
8%
sonst. gesetzl.
Versicherung
10%
GKV
56%
öffentl.
Haushalte
8%
Abbildung 1: Gesundheitsausgaben nach Ausgabenträgern 1998, Quelle: StBA 2001, eigene
Darstellung
Hinsichtlich des Fokus dieser Arbeit, der die Strukturen des Krankenhausmark-
tes zum Inhalt hat, spielen innerhalb der Kostenträger in der obigen Grafik die
sonstigen gesetzlichen Versicherungen
42
keine, die privaten und öffentlichen
Haushalte eine untergeordnete Rolle.
43
Aufwendungen für den stationären Sektor
der Gesundheitsleistungen werden faktisch von den Krankenversicherungen ­
GKV und PKV ­ getragen, die zusammen annähernd zwei Drittel der Gesund-
39
Im Jahr 2001 haben erstmals fünf Finanzinstitute (Deutsche Bank, Sal. Oppenheim jr. & Cie.,
HPS Research, ABN Amro, GoldmanSachs) im deutschen Raum Analystenreports zum Thema
Krankenhausmarkt veröffentlicht, im Jahr 1998 gab es einen solchen Analystenreport.
40
Quelle: StBA 2001, S. 3. Zur Bedeutung der GKV vgl. Steiner 1997, S. 62.
41
Quelle: StBA 2001, S. 3.
42
Hierunter sind gesetzliche Renten-, Pflege- und Unfallversicherung zusammengefasst.
43
Die fehlende Komponente ,,Rest" beinhaltet Aufwendungen der Arbeitgeber sowie privater
Organisationen ohne Erwerbszweck.

12
heitsausgaben bestreiten. Die Ausgabenstrukturen dieser beiden Kostenträger
können daher als repräsentativ für den Gesamtmarkt angesehen werden.
Die Ausgaben der GKV und der PKV verteilen sich gemäß nachstehender Grafi-
ken auf die einzelnen Leistungsbereiche im Gesundheitswesen.
Apotheken
16%
Rehabilitation
2%
Krankenhaus
36%
Arzt
17%
Zahnarzt
9%
Heilmittel
7%
Rest
13%
Abbildung 2: GKV-Ausgabenverteilung 2000 nach Leistungsart, Quelle: HPS Research
2001, eigene Darstellung
Rest
14%
Krankenhaus
34%
Rehabilitation
0%
Arzt
23%
Zahnarzt
14%
Apotheken
9%
Heilmittel
6%
Abbildung 3: PKV-Ausgabenverteilung 1999 nach Leistungsart, Quelle: HPS Research
2001, eigene Darstellung
Mit einem Anteil von rund 44,5 Mrd. Euro bzw. 35,4% in 2000 (1998: 38,8%)
an den Ausgaben der GKV und 8,5 Mrd. Euro bzw. 34% (1998: 33,5%) an den

13
Ausgaben der PKV für das Jahr 1999
44
stellt der Sektor der vollstationären, teil-
stationären, vor- und nachstationären und ambulanten Behandlung in Kranken-
häusern wirtschaftlich den bedeutendsten Einzelbereich im Gesundheitswesen
dar.
45
Aufgrund der herausragenden Bedeutung innerhalb des Systems wird die-
ser Bereich stets in besonderem Maße von strukturellen Veränderungen im Ge-
sundheitswesen betroffen sein.
2.3 Status und Entwicklung des Krankenhauswesens
Die folgenden Abschnitte geben einen Überblick über die Strukturen und Eigen-
heiten des Krankenhauswesens in Deutschland. Es werden deren aktuelle Aus-
prägungen und die abzusehenden künftigen Entwicklungen dargestellt.
46
2.3.1 Aktueller Status des Krankenhauswesens
Im Gegensatz zur früheren Zielsetzung der Pflege
47
werden in heutigen Kran-
kenhäusern hochspezialisierte Leistungen der Diagnostik, Therapie und Pflege
direkt am Patienten erbracht,
48
der damit die Rolle eines Kunden im Gesund-
heitssystem einnimmt. Krankenhäuser sind damit im Gegensatz zu Sachleis-
tungsbetrieben aus betriebswirtschaftlicher Sicht Dienstleistungsbetriebe.
49
Die Dienstleistung eines Krankenhauses ist individuell an die Bedürfnisse des
einzelnen Kunden anzupassen, im Einzelfall nicht vorhersehbar und kann auf-
grund des notwendigen Zusammenwirkens mit dem Kunden selbst, an dem die
Leistung unmittelbar erbracht wird, nur auf direkten Abruf durch diesen ausge-
führt werden. Daraus folgt, dass dienstleistungsökonomisch die Gesundheitsleis-
tung im Krankenhaus nach dem uno actu-Prinzip produziert wird, d.h. sowohl in
zeitlich-räumlicher Dimension als auch in Hinblick auf die Präsenz der Human-
44
Vgl. StBA 2001, S. 9; Schmidt 2001, S. 159; Krämer/Mues 2001, S. 18.
45
Vgl. dazu Steiner 1997, S. 62f.; zur ökonomischen Bedeutung des Krankenhauswesens vgl.
auch Janssen 1999, S. 25.
46
Zu einer Beschreibung der historischen Entwicklungen der Institution ,,Krankenhaus", die
unter anderem zu den heutigen Strukturen im Krankenhauswesen geführt haben, siehe Getzen
1997, S 161f. und Müller von der Grün 2000, S. 481.
47
Vgl. Müller von der Grün 2000, S. 481.
48
Vgl. Haubrock/Peters/Schär 1997, S. 3.
49
Vgl. Hamann 1999, S. 22ff.; Eichhorn 2000, S. 78.

14
faktoren Produzent/Arzt und Konsument/Patient Simultanität für Produktion und
Absatz gegeben sein muss.
50
Die Arten der zu erbringenden Leistung im Krankenhaus umfassen im Wesentli-
chen ärztliche Behandlung, pflegerische Betreuung, Versorgung mit Arznei-,
Heil- und Hilfsmitteln sowie Unterkunft und Verpflegung. Zusätzlich werden in
aller Regel soziale Fürsorge und seelsorgerische Hilfe angeboten sowie teilweise
Leistungen der Forschung und Lehre erbracht.
51
Die Erbringung der ärztlichen und pflegerischen Leistungen in Krankenhäusern
erfolgt der Form nach bis heute vor allem in vollstationärer Weise. Aufgrund
legislativer und struktureller Änderungen, die den Krankenhäusern die Möglich-
keit zur Wandlung ihres Leistungsangebotes gaben bzw. sogar die Notwendig-
keit dazu auferlegten, werden seit Mitte der neunziger Jahre vermehrt Leistungen
auch teilstationär, vor- und nachstationär und ambulant erbracht.
52
Im Jahr 2000 wurden in Deutschland 2242 Krankenhäuser betrieben, die eine
Versorgungskapazität von rund 560 000 Betten vorhielten.
53
Deutschland weist
damit gemessen an der Bettenzahl pro Einwohner im internationalen Vergleich
eine sehr hohe Versorgungsdichte auf.
54, 55
Diese Kapazitäten verteilen sich gemäß folgender Grafik auf öffentlich-
rechtliche, frei-gemeinnützige und private Träger.
50
Vgl. zu einer ausführlichen Betrachtung der Produktions- und Absatzstruktur im Krankenhaus
Seelos 1998, S. 109ff.; Hamann 2000, S. 22ff.
51
Vgl. Seelos 1998, S. 107.
52
Siehe SBG V §§ 115 und 115a in der letzten Änderung vom 22.12.1999; zu einer kurzen Dar-
stellung der Entwicklung vgl. auch Eichhorn/Freymann 1989, S. 2.
53
Quelle: Statistisches Bundesamt Pressemitteilung vom 16.10.2001.
54
Vgl. DKG 2001, S. 73; HPS Research 2001, S. 28. Zur apparativen Ausstattung vgl. Ander-
son/Poullier 1999, S. 183.
55
Deutschland weist gleichzeitig geringere Überkapazitäten auf als andere europäische Länder
oder die USA. Daraus folgt, dass in Deutschland länger und öfter stationär behandelt wird. Vgl.
Huber/Köse/Schneider 1993, S. 94f.

15
* für reine psychiatrisch/neurologische Krankenhäuser und reine Tages- und
Nachtkliniken liegt keine Aufteilung nach Trägern vor.
öffentlich-
rechtlich
50%
Rest*
7%
privat
7%
frei-
gemeinnützig
36%
Abbildung 4: Marktanteile unterschiedlicher Träger nach Bettenkapazitäten, Quelle:
DKG, eigene Darstellung
Organisatorisch lässt sich seit den achtziger Jahren im Krankenhaussektor ein
Trend zu Rechtsformänderungen bei Trägern öffentlicher und frei-
gemeinnütziger Krankenhäuser erkennen.
56
Anfang der neunziger Jahre setzten
zudem Überlegungen zur materiellen Privatisierung von öffentlichen Kranken-
häusern ein.
57
Hier zeigten sich anfangs große Widerstände seitens der Politik
und der Gewerkschaften, die einen Ausverkauf der hochwertigen medizinischen
Versorgung für jedermann befürchteten und die sogenannte 2-Klassen-Medizin
auf Deutschland zukommen sahen. Die zwischenzeitlich gemachten Erfahrungen
sowie Studien zu diesem Thema aus anderen Ländern belegen, dass diese Be-
fürchtungen nicht haltbar sind.
58,
59
In den letzten zehn Jahren ist, bedingt durch eine stärkere Betonung von Wirt-
schaftlichkeitsaspekten, ein Verdrängungswettbewerb im Kampf um Marktantei-
56
Vgl. Müller von der Grün 2000, S. 482.
57
Materielle Privatisierung ist der Übergang der Aufgabe der Leistungserbringung auf einen
anderen Funktionsträger. Es wird unterschieden zwischen funktionaler und organisatorischer
materieller Privatisierung, wobei erstere eine vollständige Vermögens- und Leistungsprivatisie-
rung meint, während zweitere lediglich eine Übertragung der Leistungserstellung beinhaltet (z.B.
Managementverträge). Vgl. Saed-Hedayatiy 1996, S. 4ff.
58
In einem Qualitätsvergleich zwischen privaten for-profit und non-profit Organisationen sowie
öffentlichen Einrichtungen in den USA fand Sloan keine Unterschiede, vgl. Sloan 1998, S. 16ff.
Zum gleichen Ergebnis kommen Ho/Hamilton in einer Untersuchung der Krankenhäuser Kali-
forniens nach Übernahmen und Privatisierungen, siehe Ho/Hamilton 2000, S. 781ff.
59
Huang/Thiess stellen in ihrer Arbeit dar, dass eine Ausrichtung an einem Shareholder Value-
Konzept eine Entwicklung zugunsten aller Beteiligten (Träger, Arbeitnehmer und Patienten)
bewirkt, vgl. Huang/Thies 2001, S. 297ff.

16
le zu dieser Entwicklung hinzugetreten.
60
Ein Blick in andere Länder, in welchen
Privatisierungsprozesse bereits früher eingesetzt haben und pauschalierte Ab-
rechnungssysteme schon länger etabliert sind, lässt erwarten, dass diese Entwick-
lung in Zukunft an Schärfe noch zunehmen wird.
61
2.3.2 Künftige Entwicklung
Für die weitere Entwicklung des Krankenhauswesens werden sowohl strukturelle
Veränderungen als auch organisatorische Maßnahmen entscheidenden Einfluss
haben.
Im Bereich der strukturellen Veränderungen im Krankenhaus konnte man in den
letzten Jahren eine stetige Verkürzung der durchschnittlichen Verweildauern von
Patienten in der vollstationären Behandlung verbunden mit einer Reduktion an
Bettenkapazitäten beobachten.
62
Es besteht Einigkeit darüber, dass sich diese
Entwicklung künftig fortsetzen wird.
63
Dieser Effekt wird durch einen zuneh-
menden Ausbau von ambulanten Behandlungen verstärkt. Auch wird es weiter-
hin zu Schließungen ganzer Einrichtungen, vor allem in Ballungsgebieten kom-
men, wenn die Kapazitäten nicht mehr benötigt werden.
64
Prognosen besagen,
dass in den nächsten Jahren die Zahl der Planbetten um weitere 100.000 verrin-
gert werden könnten.
65
Weiterhin ist abzusehen, dass in der Gesamtbetrachtung die Kosten der Gesund-
heitsleistungen gemessen an den pro Kopf-Ausgaben der Versicherten stetig
steigen werden. Dies ist auf zwei wesentliche Ursachen zurückzuführen:
60
Vgl. Neubauer 2000, S. 382.
61
Vgl. Neubauer 2000, S. 383, sowie Julius 1997 und Hoppszallern 2001 am Beispiel USA.
62
Zur Reduktion von Verweildauern und Bettenkapazitäten zwischen 1990 und 1999 vgl. DKG
2001, S. 22; Specke 2000, S. 17; zu künftigem Kapazitätsabbau vgl. Krämer 2001, S. 192f.
63
Vergleiche mit anderen europäischen Ländern und den USA machen deutlich, dass die Ver-
weildauern von derzeit durchschnittlich 9,6 Tagen (2000) auf bis zu ca. 7 Tagen heruntergehen
könnten. Dies würde entsprechende Kapazitäten in den Bettenzahlen freisetzen. Vgl. dazu AOK
2001, S. 53; BMG: Pressemitteilung Nr. 25 vom 1.03.2002.
64
Vgl. zur Schließung von Krankenhäusern in den letzten zehn Jahren, StBA: 10 Jahre Kranken-
hausstatistik, Pressemitteilung vom 16.10.2001. Zur weiteren Entwicklung diesbezüglich vgl.
Krämer/Mues 2001, S. 21; Siebrecht 2001, S. 15ff.
65
Vgl. Krämer/Mues 2001, S. 21; Siebrecht 2001, S. 17.
Ende der Leseprobe aus 121 Seiten

Details

Titel
Probleme der Bewertung von Krankenhäusern
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Note
1.7
Autor
Jahr
2002
Seiten
121
Katalognummer
V185830
ISBN (eBook)
9783656982029
ISBN (Buch)
9783867467100
Dateigröße
1142 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
probleme, bewertung, krankenhäusern
Arbeit zitieren
Alexander Wenzel (Autor:in), 2002, Probleme der Bewertung von Krankenhäusern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185830

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