Corporate Social Responsibility als Kriterium bei der Kreditvergabe


Diplomarbeit, 2003

87 Seiten, Note: 2


Leseprobe


WIRTSCHAFTSUNIVERSITÄT WIEN
DIPLOMARBEIT
Titel der Diplomarbeit:
Corporate Social Responsibility als Kriterium bei der Kreditvergabe
Verfasserin/Verfasser:
Peter Weber
Studienrichtung:
J151

I. Inhaltsverzeichnis
I. Inhaltsverzeichnis... I
II. Abbildungsverzeichnis... III
III. Tabellenverzeichnis...IV
IV. Abkürzungsverzeichnis ...V
1 Einleitung ... 1
1.1
Problemstellung ...2
1.2
Zielsetzung...3
1.3
Methodik und Vorgehensweise ...4
2 Rating... 8
2.1
Allgemein ...8
2.2
Basel II...12
3 Corporate Social Responsibility (CSR) ... 14
3.1
Gliederung von CSR-Maßnahmen...17
3.2
Beispiele für CSR-Maßnahmen ...20
4 CSR als Werttreiber ... 22
4.1
Die Erschließung neuer Wettbewerbsfelder...23
4.2
Wettbewerbsstrategien der CSR...26
4.2.1
Marktabsicherungsstrategie... 27
4.2.2
Kostenstrategie ... 29
4.2.3
Differenzierungsstrategie ... 31
4.2.4
Marktentwicklungsstrategie... 33
4.3
Der Zusammenhang zwischen finanzieller und sozialer
Performance: einseitig oder wechselseitig... 34
4.4
CSR als wertreibende Externalität ...35
5 Die Bewertung von CSR-Maßnahmen in der Theorie... 37
5.1
Erhebung CSR-relevanter Informationen...38
5.1.1
Das Problem der asymmetrischen Informationsverteilung... 38
5.1.2
Methoden zur Reduktion der Informationsasymmetrie... 39
5.2
Sozialindikatoren...43
5.2.1
Entstehungsursache für die Sozialindikatorenforschung ... 43
I

5.2.2
Anforderungen an mikroökonomische Sozialindikatoren ... 46
6 Die Bewertung von CSR-Maßnahmen in der Praxis: Der Frankfurt-
Hohenheimer Leitfaden... 50
6.1
Einleitung ...50
6.2
Normativer Hintergrund und Konzeptionierung des Frankfurt-
Hohenheimer Leitfadens...52
6.2.1
Dimension Kulturverträglichkeit... 55
6.2.2
Dimension Sozialverträglichkeit ... 58
6.2.3
Dimension Naturverträglichkeit ... 64
6.3
Das Corporate Responsibility Rating ...68
6.4
Kritik...70
7 Zusammenfassung... 75
Literaturverzeichnis ... 78
II

II. Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Die 3 Säulen von Basel II... 12
Abb. 2: Die 3 Dimensionen der Nachhaltigkeit ... 16
Abb. 3: Logik der ökologischen Transformation ... 23
Abb. 4: Typologie von CSR-Wettbewerbsstrategien ... 26
Abb. 5: Struktur des CRR... 68
Abb. 6: Bewertungsschema des CRR ... 69
Abb. 7: Das ,,magische Dreieck" im Lean Management ... 73
III

III. Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Bilanzkennzahlen als quantitative Rating-Kriterien ... 10
Tab. 2: Qualitative Rating-Kriterien ... 11
Tab. 3: CSR-Maßnahmen gegliedert nach Stakeholdern... 21
Tab. 4: Anforderungen an mikroökonomische Sozialindikatoren... 47
IV

IV. Abkürzungsverzeichnis
AHK
Anschaffungs- und Herstellungskosten
bzgl.
bezüglich
bzw.
beziehungsweise
bspw.
beispielsweise
CSP
Corporate Social Performance
CSR
Corporate Social Responsibility
d. h.
das heißt
EMAS
Environmental Management and Eco-Audit-System
EÖR
Ethisch-ökologisches Rating
etc.
etcetera
e. V.
eingetragener Verein
FHL
Frankfurt-Hohenheimer
Leitfaden
i. d. R.
in der Regel
IRB
Internal Ratings-Based Approach
LDC
Less Developed Countries
m. a. W.
mit anderen Worten
NGO
Non Governmental Organisation
NNW
Net National Welfare
KMU
Klein- und mittelständische Unternehmen
o. V.
ohne Verfasser
S. Seite
SRI
Social Responsible Investing
u. a.
und andere / unter anderem
usw.
und so weiter
vgl.
vergleiche
VGR
Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung
z. B.
zum Beispiel
V

1 Einleitung
Sowohl in der ökonomischen Theorie als auch in der Wirtschaftspraxis zeigt
sich die Tendenz, Unternehmen nicht nur als primär ökonomische sondern
auch als in Wechselwirkung mit der Gesellschaft und der Umwelt stehende,
soziale Systeme aufzufassen, an die seitens der Gesellschaft die Forderung
herangetragen wird, sich gesamtwohlfahrtsmaximierend zu verhalten. Zu einem
solchen Verhalten zählen unternehmerische Handlungen, die den
Wertpräferenzen der Gesellschaft im Allgemeinen und der Stakeholder eines
Unternehmens im Besonderen entsprechen und durch die vermieden wird, dass
soziale Kosten auf die Allgemeinheit überwälzt anstatt vom Verursacher
getragen werden. Im Gegenzug gilt es, die Leistungen solcher, sich in diesem
Sinne verhaltender Unternehmen entsprechend zu würdigen und zu honorieren.
Banken kommt in ihrer Funktion als Finanzintermediäre diesbezüglich eine
wichtige Rolle zu. Spätestens seit Basel II sind sie dazu angehalten, Kredite
nach risikorelevanten Kriterien zu vergeben. Daher müssen sie sich dazu in die
Lage versetzen, die Eigenkapitalanforderungen von Basel II ebenso wie die
Anlagepräferenzen der Einleger zu erfüllen. Hinzukommt, dass Banken als
Dienstleistungsunternehmen ihrerseits den gesellschaftlichen Normen
entsprechen und Verantwortung für ihre Entscheidungen und Handlungen
übernehmen müssen, um durch die dadurch erzielbaren Verbesserungen ihrer
Reputation und ihres gesellschaftlichen Images konkurrenzfähig zu bleiben.
Jene Unternehmen, die soziale Verantwortung für ihr Handeln übernehmen und
dadurch ihren Unternehmenserfolg nachhaltig zu verbessern trachten, weisen
ein Merkmal auf, das Banken bei der Beurteilung der Kreditwürdigkeit ihrer
Firmenkunden zusätzlich zu den bereits verwendeten Beurteilungskriterien
einsetzen können. Damit haben sie die Möglichkeit, die Bonität ihrer
Firmenkunden vollständiger und wahrheitsgetreuer zu beurteilen, aktuelle und
potentielle Risiken konkreter zu identifizieren und sich gegen diese effizienter
abzusichern.
1

Corporate Social Responsibility (CSR) ist ein Konzept, das dem Merkmal der
gesellschaftlichen Verantwortungsübernahme durch Unternehmen einen
Namen gibt. Dieses Konzept soll in der vorliegenden Arbeit einerseits daraufhin
überprüft werden, inwiefern es zur Risikominimierung in den Kreditportfolios
einer Bank geeignet ist, und andererseits, ob seitens der Banken nicht nur eine
soziale Verpflichtung sondern auch eine ökonomische Notwendigkeit darin
besteht, ihre Rating-Verfahren um CSR-relevante Maßgrößen zu erweitern.
1.1 Problemstellung
Die Integration der Corporate Social Responsibility (CSR) in die internen
Rating-Verfahren von Banken als zu beurteilendes Unternehmensmerkmal
beeinflusst die Kreditkonditionierung und damit die Ansprüche des Kreditgebers
gegenüber dem Kreditnehmer, die im engsten Sinne in der termingerechten
Bezahlung der Kredittilgung und -zinsen bestehen. Da die Disziplin des
Kreditnehmers bzgl. der von ihm zu leistenden Rückzahlungen i. d. R. von
seiner Vermögenslage abhängt, die für den Kreditgeber exogen gegeben und
dementsprechend unbeeinflussbar ist, besteht für letzteren das Risiko, dass
seine Forderungen nicht zur Gänze befriedigt werden, wenn der Kreditnehmer
ausfällt. Um sich gegen das Kreditausfallsrisiko abzusichern, muss sich eine
Bank ein umfassendes Bild von den zukünftigen Vertragspartnern ihrer
Kreditgeschäfte machen. Wie bereits erwähnt, kann ein solches Bild durch die
Erhebung des Ausmaßes gesellschaftlicher Verantwortungsübernahme eines
Unternehmens ergänzt und abgerundet werden. Daraus leitet sich die erste
Problemstellung ab, die in dieser Arbeit behandelt werden soll. Sie besteht in
der Frage, inwiefern CSR als ein potentielles Merkmal eines Kreditnehmers zur
verbesserten Beurteilung seiner Kreditwürdigkeit beiträgt bzw. zur Reduktion
seines Kreditausfallsrisikos geeignet ist.
Obwohl das Konzept der CSR schon in den 1970er Jahren theoretisch
diskutiert und weiterentwickelt wurde, mangelte es in der Kreditwirtschaft bisher
an dessen praktischer Umsetzung. Diese scheiterte vor allem an der
Quantifizierung von Maßnahmen, die zur Förderung der gesellschaftlichen
2

Wohlfahrt unentgeltlich gesetzt werden und daher über keinen Preis bewertet
werden können. Darin besteht das zweite Problem, das in dieser Arbeit
behandelt und in die folgenden zwei Subprobleme unterteilt wird:
Zum einen wird die asymmetrische Informationsverteilung zwischen der
Bank und ihren Firmenkunden problematisiert, da die Aussagekraft der
Messergebnisse von CSR-Maßnahmen nicht nur in Abhängigkeit vom
zur Verfügung stehenden Rating-Instrumentarium sondern auch von der
jeweiligen Ausgestaltung der Geschäftsbeziehung zu sehen ist.
Zum anderen wird auf die konkrete Bewertung CSR-relevanter
Tätigkeiten und Eigenschaften eines kreditantragstellenden
Unternehmens eingegangen. Wie können der Erfolg und die Kosten von
CSR-Initiativen gemessen werden? Welche Indikatoren stehen zur
Messung zur Auswahl und wie (leicht) können diese in ein Rating-
Verfahren eingebunden werden? Wie sollen die Ausprägungen der
Indikatoren zu einem Gesamturteil aggregiert und zu diesem Zweck
gewichtet werden?
1.2 Zielsetzung
Das Ziel bezüglich der gestellten Aufgabe, den Einfluss der CSR auf die Bonität
des Kreditnehmers nachzuweisen, besteht darin, aufzuzeigen, wie der
finanzielle Erfolg eines Unternehmens mit Maßnahmen der CSR im Einzelnen
zusammenhängt und durch letztere erhöht werden kann. Nur wenn dieser
Nachweis gelingt, kann ökonomisch begründet werden, dass CSR das
Kreditausfallsrisiko reduziert und demzufolge Unternehmen in CSR investieren
und Banken ihr Rating-Instrumentarium um CSR-relevante Beurteilungsgrößen
erweitern sollen. Die vorliegende Arbeit beschränkt sich demnach auf die
Untersuchung der Auswirkungen von CSR auf den Unternehmenserfolg der
Kreditnehmer einer Bank. Ein erklärtes Nichtziel ist, die Auswirkungen von
CSR-Aktivitäten auf das Risikomanagement und den Unternehmenserfolg der
Bank selbst aufzuzeigen.
3

Die Lösung für das Problem der Integration der CSR in die internen Rating-
Verfahren der Banken ist die Identifizierung sowohl von quantitativen als auch
qualitativen Messindikatoren und Kennzahlen zur Bewertung der Auswirkungen
von CSR auf den Unternehmenserfolg. Diese sollten universal auf jeden
Prozess, auf jedes Unternehmen und auf jede Branche anwendbar sein.
Darüber hinaus sollten sie einen hohen Standardisierungsgrad und eine
dementsprechend einfache Vergleichbarkeit bieten. Des weiteren sollten sie
dazu beitragen, objektiv die Frage beantworten zu können, in welchem Ausmaß
Firmenkunden davon profitieren, dass sie das CSR-Konzept anwenden.
Zusammenfassend soll noch einmal ein Überblick über die verfolgten Ziele
gegeben werden. Die Ziele sind
1. die Darstellung der CSR als Werttreiber für den Unternehmenserfolg
eines Kreditnehmers hinsichtlich geeigneter Wettbewerbsstrategien;
2. die Integration der CSR in die internen Rating-Verfahren von Banken
hinsichtlich
2.a. der
asymmetrischen
Informationsverteilung zwischen Kreditgeber
und Kreditnehmer;
2.b. der zur Quantifizierung von CSR-Initiativen geeigneten Indikatoren
und deren Gewichtung.
1.3 Methodik und Vorgehensweise
Nach der nunmehr erfolgten Einführung in die Problemstellung und Zielsetzung
dieser Arbeit soll im zweiten Kapitel der Begriff des Ratings erläutert werden.
Dabei wird sowohl allgemein auf Ratings als auch auf den Unterschied
zwischen Ratings und Kreditwürdigkeitsprüfungen im herkömmlichen Sinne
eingegangen, der mit einer Gegenüberstellung entsprechender Kredit-
würdigkeitsprüfungs- bzw. Rating-Kriterien verdeutlicht wird. Danach werden
bankinterne Rating-Verfahren und ihre Bedeutung in Zusammenhang mit
Basel II behandelt.
4

Im darauffolgenden Kapitel (vgl. Kap. 3) wird auf das Konzept der Corporate
Social Responsibility näher eingegangen. Das Konzept wird aus den
wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahre und
Jahrzehnte hergeleitet und definiert. Daran anschließend werden verschiedene
Gliederungs- und Gewichtungskriterien für CSR-Aktivitäten diskutiert und wird
aufgezeigt, dass eine Gliederung von CSR-Maßnahmen für ihre Einbindung in
ein Rating sinnvoll und notwendig ist und zu diesem Zweck jene Gliederung am
geeignetsten erscheint, die sich an den Interessen der gesellschaftlich
relevanten - im Unterschied zu jenen der ökonomisch relevanten - Stakeholder
eines Unternehmens orientiert. Nach einer Begriffsabgrenzung von der
Corporate Governance werden am Ende des Kapitels CSR-Maßnahmen
anhand ausgewählter Beispiele nach den Stakeholderinteressen gegliedert
dargestellt.
Das vierte Kapitel behandelt das erste der beiden oben angeführten Probleme,
wie Unternehmen von der Übernahme sozialer Verantwortung profitieren
(können). Der Fokus dieser Arbeit ist dabei auf jene Firmenkunden von Banken
gerichtet, die
nicht ausschließlich auf Selbstfinanzierung beschränkt sind, aber auch
noch keinen Zugang zu Wertpapieren haben und dementsprechend auf
einen Fremdkapitalgeber angewiesen sind
1
,
sich gegenüber ihrer Hausbank ein Mindestmaß an Reputation
aufgebaut haben und
gemessen an der Anzahl der Beschäftigten, des Jahresumsatzes, der
Bilanzsumme und der Unabhängigkeit als Klein- bzw. Mittelunternehmen
eingestuft werden können
2
.
Für die Konzentration auf kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) gibt
es zwei Gründe: Zum einen wird durch Basel II eine Kreditverknappung
1
vgl. Süchting (1998), S. 24
2
vgl. o. V. (Amtsblatt der EG, 1996), S. 4ff.
5

zulasten von Unternehmen mit schlechteren Ratings befürchtet und des
weiteren, dass es sich bei diesen Unternehmen vorwiegend um KMU handelt
3
.
Folglich werden sich die Regeln im Firmenkunden-Kreditgeschäft der Banken
erheblich ändern. Zum anderen spielt gerade für eigenkapitalschwache KMU
die Intermediationsfunktion von Banken eine große Rolle, da Fremdkapital die
Passivseite ihrer Bilanzen dominiert
4
. Die geringe Finanzierungsautonomie des
Mittelstandes führt dazu, dass seine Entwicklung stark von der Dynamik des
Bankensektors abhängt.
CSR bietet sich für KMU als Basis für verschiedene Wettbewerbsstrategien und
damit als Quelle für eine nachhaltige Verbesserung des Unternehmenserfolges
und der Bonität an, wodurch das Risiko eines Ausschlusses aus dem
Kreditportfolio einer Bank vermindert werden kann. ,,[...] mit Hilfe eines
ethischen Ratings können gerade bei kleineren und mittleren Unternehmen
technische Innovationen angeregt und ihre Umsetzung gefördert werden, die
allein und primär unter kurzfristig angesetzten ökonomischen Kriterien gesehen
keine Chance hätten"
5
.
Im Anschluss daran widmet sich das nächste Kapitel (vgl. Kap. 5) den beiden
Subproblemen der zweiten Zielsetzung: der Integration von CSR in ein Rating-
Verfahren. Es wird aufgezeigt, welche Probleme in der Beziehung zwischen
einem kreditantragstellenden Unternehmen und seiner Bank eine Rolle spielen
und mit Hilfe welcher Maßgrößen CSR-Tätigkeiten bewertet werden können.
Das erste Teilproblem, das in der Informationsasymmetrie zwischen der Bank
und dem Kreditnehmer besteht, wird daraufhin untersucht, wodurch und in
welcher Form es zustande kommt und inwiefern die Methoden des Signaling
und des Screening zu dessen Lösung geeignet sind. CSR ist ein Konzept,
dessen Umsetzung auf Freiwilligkeit beruht und grundsätzlich keiner Kontrolle
unterliegt. Die wesentliche Erkenntnis dieses Kapitels beseht darin, dass
Banken durch Screening zu der bis dahin fehlenden Kontrollinstanz werden.
3
vgl. Paul, Stein, Kaltofen (2002), S. 533
4
vgl. Schmidtchen, Tiskens (2003), S. 30
5
o. V. (Projektgruppe Ethisch-ökologisches Rating, 2002), S. 20
6

Zur Lösung des zweiten Teilproblems wird auf das Konzept der
Sozialindikatoren zurückgegriffen. Das Charakteristikum dieses Konzeptes
besteht darin, dass die Wohlfahrtssteigerung nicht über das ökonomische
Wachstum sondern über die Steigerung der Lebensqualität gemessen wird.
Das ursprünglich auf makroökonomischer Ebene entwickelte Konzept der
Sozialindikatoren wird auf die mikroökonomische übertragen, um dahingehend
geprüft zu werden, welche Voraussetzungen Sozialindikatoren zur Einbindung
in bankinterne Ratings erfüllen müssen.
Im sechsten Kapitel wird als Fallbeispiel ein bestehendes Rating-Verfahren der
CSR vorgestellt: der Frankfurt-Hohenheimer Leitfaden und das darauf
aufbauende Corporate Responsibility Rating. Der Frankfurt-Hohenheimer
Leitfaden setzt sich aus den drei Ebenen der Kultur-, Sozial- und
Naturverträglichkeit unternehmerischen Handelns zusammen. Jede der drei
Ebenen unterteilt sich in verschiedene Handlungsbereiche, die ihrerseits auf
einzelne Bewertungsobjekte heruntergebrochen werden. Deren konkrete
Bewertung erfolgt über die im Kapitel zuvor diskutierten Sozialindikatoren,
deren praktische Verwendung und Integration in ein Rating-Konzept dargestellt
werden soll. Der dem Corporate Responsibility Rating gewidmete Abschnitt
veranschaulicht, wie die Ausprägungen verschiedener Sozialindikatoren
gewichtet werden können.
Im abschließenden Kapitel werden die wichtigsten Ergebnisse nochmals
zusammengefasst und mit einem Ausblick in die erwartete Zukunft abgerundet.
Es wird insbesondere darauf eingegangen, welche Probleme zufriedenstellend
gelöst werden konnten und welche noch weiterer Forschung bedürfen.
7

2 Rating
In diesem Kapitel werden zum einen Ratings beschrieben und den
Instrumenten der herkömmlichen Kreditwürdigkeitsprüfungen gegenübergestellt
(vgl. Kap. 2.1). Diese bestehen insbesondere darin, dass Ratings neben
quantitativen vermehrt auch auf qualitativen Faktoren aufbauen. Zum anderen
wird auf die Bedeutung von Ratings im Zusammenhang mit Basel II und dem
Risikomanagement von Kreditinstituten eingegangen (vgl. Kap. 2.2). Es wird
aufgezeigt, dass Ratings Banken die Möglichkeiten bieten, eine wesentliche
Aufgabe von Basel II erfüllen zu können: die differenzierte Erfassung von
Risiken in Abhängigkeit von der Bonität.
2.1 Allgemein
Bei einem Rating handelt es sich um ein standardisiertes Verfahren, mit dem
die momentane und zukünftige Fähigkeit eines Unternehmens bewertet wird,
seine finanziellen Verpflichtungen jederzeit erfüllen zu können
6
.
,,In ein Rating fließen sowohl quantitative als auch qualitative Faktoren
ein, die für die Bewertung gewichtet, verknüpft und zu einer
abschließenden Kennzahl verdichtet werden. Der Unterschied
gegenüber der traditionellen, meist bilanzorientierten Kreditwürdigkeits-
prüfung liegt in der stärkeren Gewichtung der qualitativen Aspekte sowie
der Zukunftsbezogenheit"
7
.
Das primäre Ziel des Einsatzes von Rating-Verfahren zur Beurteilung der
Kreditwürdigkeit besteht darin, mögliche Ausfälle vorhersehen, prognostizieren
und bewerten zu können, um sich im Vorhinein dagegen abzusichern. Die Ziele
von Ratings im Einzelnen umfassen
8
:
6
vgl. o. V. (Bank Austria Creditanstalt AG, 2003), S. 19
7
Winkeljohann, Hölscher (2001), S. 553
8
vgl. Grunwald (2001), S. 138
8

Genaue, klare und umfassende Klassifizierung des Risikogehaltes eines
Kreditengagements;
Rechtzeitige Signalisierung veränderter Risikostrukturen und damit
Verbesserung der Kreditüberwachung;
Verbindung der Risikoklassifikation mit tatsächlichen Ausfällen als
Grundlage für eine verbesserte Kunden- und Preiskalkulation;
Aufbau und wirtschaftliche Steuerung des Kreditportfolios;
Vereinheitlichung der Bonitätsaussagen (Etablierung einer einheitlichen
Sprache);
Objektivierung und Sicherstellung der Nachvollziehbarkeit von
Kreditentscheidungen, verbunden mit einem Rechtfertigungszwang bei
der Abgabe des Krediturteils.
Nun folgend werden zuerst quantitative Kennzahlen des Jahresabschlusses als
Kriterien zur Bonitätsbeurteilung vorgestellt. Es handelt sich dabei um
Kennzahlen, die aus der Bilanz, der Gewinn- und Verlustrechnung und dem
Anhang des Jahresabschlusses ermittelt werden können. Zu deren Schwächen
zählen, ,,dass Bilanzen einen starken Vergangenheitsbezug haben, der dadurch
verschärft wird, dass Bilanzen sehr spät eingereicht bzw. auch nicht früher
eingefordert werden"
9
. Die eingereichten Jahresabschlüsse insbesondere
schwacher Kunden sind darüber hinaus oftmals geschönt oder gar gefälscht.
Ein weiterer Kritikpunkt traditioneller Kreditwürdigkeitsprüfungen besteht darin,
dass die Kennzahlen häufig nicht systematisch analysiert bzw. einem
historischen Vergleich unterzogen werden. Die Absicherung gegen das aus den
Kennzahlen begrenzt ablesbare Risiko erfolgt über die Hereinnahme von
Sicherheiten. Damit verbunden ist das Problem, dass die Sicherheiten bzw. das
abgesicherte Risiko immer nur bei der Kreditvergabe bestimmt, danach aber
auf etwaige Veränderungen nicht mehr überprüft werden. Tabelle 1 bietet eine
Übersicht, welche Faktoren in jahresabschlussorientierten Kreditwürdigkeits-
prüfungen vorwiegend verwendet werden.
9
Grunwald (2001), S. 6
9

Bewertungsgegenstand
Bewertungskriterium / Kennzahl
Vermögen
Liquidierbarkeit von Vermögen
Kapitalbindung
Kapitalumschlag
Zahlungseingänge / -dauer
Alter der Anlagen
Investitionsneigung
Eigenfinanzierung
Finanzierung
Verschuldungsgrad
Selbstfinanzierungsgrad
Verhältnis Anlage- zu Umlaufvermögen
Sachanlagen zu Umsatz
Vorräte zu Umsatz
Kurzfristige Forderungen zu Umsatz
Kumulierte Abschreibungen zu AHK Sachanlagen
Jahres-Abschreibungen zu Netto-Investitionen
Eigenkapitalquote
Rückstellungen zu Gesamtkapital
Fremdkapital zu Gesamtkapital
Gewinnrücklagen zu Eigenkapital
Ertragslage
Sachzielbezug
Ertragskraft
Wertschöpfung
Ergiebigkeit
Außerbetriebliche zu betrieblichen Erträgen
Eigenkapitalrendite
Gesamtkapitalrendite
Umsatzrendite
Finanzlage
Fristenkongruenz
Zahlungsfähigkeit
Zahlungsstrom
Kapitaldienstfähigkeit
Zinserwirtschaftung
Schuldenfristigkeit
Cash-Flow-Verfügbarkeit
Zu- / Abnahme des
Kassenbestandes
Anlagendeckungsgrad A und B
Liquidität des ersten, zweiten und dritten Grades
Forderungen zu kurzfristigen Schulden
Dynamischer Verschuldungsgrad
EBIT-Zinsdeckung
Kurzfristige Verschuldungsintensität
Tilgungsbereitschaft
Cash-Flow
Tab. 1: Bilanzkennzahlen als quantitative Rating-Kriterien
Quelle: Schneck (2003), S. 15
Wie bereits erwähnt fließen in ein Rating nicht nur quantitative sondern auch die
in Tabelle 2 exemplarisch aufgezählten qualitativen Beurteilungskriterien ein.
Diese Daten werden i. d. R. vor Ort anhand standardisierter Checklisten
erhoben und zur Ermittlung der Stärken und Schwächen eines Unternehmens
verwendet. Über die Stärken und Schwächen eines Unternehmens wird auf
dessen individuelles Risikoprofil geschlossen. Das beurteilte Unternehmen
kann dann das Rating akzeptieren, ablehnen oder Widerspruch einlegen. Damit
wird ihm die Möglichkeit geboten, aufgrund von Informationsdefiziten
10

unzutreffende Beurteilungen durch die Herausgabe bislang nicht
berücksichtigter Unterlagen richtig zu stellen. Sobald Einigkeit über das Rating-
Urteil erzielt wurde, wird es i. d. R. in der Wirtschaftspresse veröffentlicht
10
.
Bewertungsgegenstand Bewertungskriterium / Kennzahl
Planung und Strategie
Welche Ziele und Ideen verfolgt das Unternehmen?
Existiert eine Jahresplanung, wie Investitions- und
Absatzplanung, Plan-Bilanz usw.?
Wer generiert strategische Ziele?
Rechnungswesen und
Controlling
Welche Instrumente der Kostenrechnung nutzen Sie?
Wie werden Investitionsentscheidungen getroffen?
Welche Aufgaben übernimmt das Controlling in ihrem
Unternehmen?
Risikomanagement
Welches sind die Risikobereiche des Unternehmens?
Besteht ein Risikokonzept?
Inhaber, Management,
Mitarbeiter
Welche Qualifikationen haben die Mitarbeiter/Geschäftsführer?
Besteht eine erhöhte Fluktuation?
Wie erfolgt die Personalbeschaffung?
Kunden und Lieferanten
Wie ist die Auftragslage, die Absatzsituation?
Wie hoch sind die Kapazitäten?
Wie ist die Vertriebsstruktur organisiert?
Liegen Abhängigkeiten vor?
Produkt- und
Marktperspektiven
Besteht eine Abhängigkeit von bestimmten Produkten?
Wie sieht das Produktprogramm aus?
Wie schätzen Sie ihr Marktverhalten ein?
Finanzrisiken und
Finanzstatus
Wer sind die wesentlichen Kreditgeber?
Werden die Kreditlinien gepflegt?
Gibt es Leasing/Factoring?
Organisation und Standort
Beurteilung des Standortes?
Wie ist die Logistik organisiert?
Wie ist die technische Ausstattung des Betriebes?
Tab. 2: Qualitative Rating-Kriterien
Quelle: Hückmann (2002), S. 86
10
vgl. Hückmann (2002), S. 84ff.
11

2.2 Basel II
Die Konsultationspapiere des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht sehen
eine grundlegende Änderung der Eigenkapitalunterlegung für Kreditrisiken bei
Banken vor. Seit Basel I bzw. dem Akkord 1988 sind an Unternehmen
vergebene Kredite von den Banken pauschal mit acht Prozent ihrer
risikogewichteten Aktiva durch Eigenkapital zu unterlegen. Demgegenüber
strebt Basel
II eine risikogerechtere Formulierung der Eigenkapital-
anforderungen an, die anhand externer oder bankinterner Ratings (Internal
Ratings-Based Approach, IRB) ermittelt werden können. Beim Standardansatz
werden den Krediten Risikogewichte zugeordnet, die auf der Einschätzung
externer Rating-Agenturen beruhen, während beim IRB-Ansatz die Anwendung
bankinterner Rating-Systeme zur Berechnung der Eigenkapitalunterlegung
vorgesehen ist
11
.
Basel II
Säule I
Säule II
Säule III
Mindest-
kapital-
anforderungen
Aufsichtliches
Überprüfungs-
verfahren
Markt-
disziplin
(Publizität)
Basel II
Säule I
Säule II
Säule III
Mindest-
kapital-
anforderungen
Aufsichtliches
Überprüfungs-
verfahren
Markt-
disziplin
(Publizität)
Abb. 1: Die 3 Säulen von Basel II
Quelle: Schwaiger (2002), S. 3
Basel II ist auf den drei, in Abbildung 1 dargestellten Säulen aufgebaut: die
Mindesteigenkapitalanforderungen, ein Überprüfungsverfahren der bank-
internen Risikorechnung und Offenlegungsvorschriften. Die beiden letzten
Säulen sollen Banken anregen, ihr Risikomanagement laufend weiter-
11
vgl. Paul, Stein, Kaltofen (2002), S. 533
12
Ende der Leseprobe aus 87 Seiten

Details

Titel
Corporate Social Responsibility als Kriterium bei der Kreditvergabe
Hochschule
Wirtschaftsuniversität Wien
Note
2
Autor
Jahr
2003
Seiten
87
Katalognummer
V185861
ISBN (eBook)
9783656990574
ISBN (Buch)
9783867467353
Dateigröße
941 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
corporate, social, responsibility, kriterium, kreditvergabe
Arbeit zitieren
Mag. Peter Weber (Autor:in), 2003, Corporate Social Responsibility als Kriterium bei der Kreditvergabe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185861

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