Das Geschäftsmodell von Gratiszeitungen – d.h. kostenlos verteilten Printmedien mit redaktionellen Inhalten, die sich ausschließlich aus Inseratenerlösen finanzieren – ist nicht mehr ganz so neu, doch die Entwicklung, insbesondere der letzten zehn Jahre, in Österreich ist bemerkenswert und hat gravierende Umwälzungen vor allem auf den lokalen und regionalen Pressemärkten mit sich gebracht.
„Die Struktur der Anbieter im Bereich der regionalen Wochenzeitungen war vor 20 Jahren noch relativ leicht erklärt“, resümiert Rudolf Chmelir, Herausgeber der ‚Oberösterreichischen Rundschau’: „Zum einen prägten entgeltliche Lokalzeitungen das Bild, zum anderen Gratisanzeiger; beide mit einem relativ kleinen, auf Bezirksgröße beschränkten Verbreitungsgebiet. [...] Anfang der Achtzigerjahre zeichnete sich eine deutliche Trendwende ab: Regionale Wochenzeitungen [gemeint sind Kauf-Wochenzeitungen wie die Oberösterreichische Rundschau bzw. Niederösterreichischen Nachrichten, Anm. td] begannen, ihre Präsenz auf dem regionalen Markt zu verdichten und verstärkt in das überregionale Anzeigengeschäft einzusteigen.“
Der Grund für diese Entwicklung lag in der zunehmenden Konkurrenz durch immer stärker professionalisierte Gratiszeitungen, die einen offensiven und erfolgreichen Expansionskurs eingeschlagen hatten. Durch Zusammenschlüsse, Übernahmen und Neugründungen sowie durch ein verstärktes Engagement von Tageszeitungs- bzw. Kauf-Wochenzeitungsverlagen im Segment der Gratiszeitungen entstanden Gratiszeitungsringe, die nicht mehr nur auf den lokalen Raum beschränkt agierten, sondern ins überregionale Anzeigengeschäft bundeslandweit und mittlerweile auch bundeslandübergreifend einstiegen. „Manche kleine, in der Verbreitung auf Bezirke beschränkte Wochenzeitungen sind in dieser Auseinandersetzung aber aufgerieben worden. Sie haben heute kaum Überlebenschancen“2, meint Chmelir weiter, der im Hereindrängen von kostenlosen Printprodukten auf den Markt folgende Konsequenzen sieht: „Nun, zweifellos wird die Bereitschaft beim Leser, für eine Zeitung etwas zu bezahlen, sinken. Hinzu kommt, dass Gratiszeitungen mit einer flächendeckenden Verteilung für die Werbewirtschaft interessant sind und mit Verkaufszeitungen mit hohen Reichweiten künftig im Wettbewerb mithalten werden können.
Inhaltsverzeichnis
- Problemstellung und Vorgangsweise
- Die Datenlage in Österreich und die Problematik der statistischen Erfassung von Gratiszeitungen
- Die amtliche Österreichische Pressestatistik
- Informationsquellen und Vorgangsweise bei der Erhebung von Gratiszeitungen in Österreich
- Das Pressehandbuch des VÖZ
- Das Pressehandbuch des VRM
- Medienverzeichnisse der Landesregierungen
- Die Auswertung der Rohdaten und systematische Erfassung von Gratiszeitungen
- Zusammenfassung der dieser Arbeit zugrunde liegenden Definitionen der relevanten,Gratiszeitungseinheiten'
- Begriffsbestimmung
- Der Streit um die Zeitungseigenschaft von kostenlos verbreiteten Printmedien
- Der Begriff,Gratiszeitung' aus ökonomischer Sicht
- Begriffsbestimmung durch Subsumtion unter Produkteigenschaften
- Abgrenzung
- Entstehung und Entwicklung von Gratiszeitungen
- Ursprünge und Vorläufer von Gratiszeitungen heutiger Prägung
- Die Entwicklung von Gratiszeitungen moderner Prägung – ein internationaler Überblick
- Die Entwicklung in Großbritannien
- Die Entwicklung in Deutschland
- Die Entwicklung in Österreich seit den 60er Jahren
- Die Gründerphase
- Der Einstieg der Tageszeitungen – die Phase der,Flurbereinigung'
- Die Phase der Professionalisierung und der Kampf um Marktanteile
- Ein neuer Trend: Gratistageszeitungen
- Strategien der etablierten Zeitungsverlage gegen den Markteintritt von Gratiszeitungen
- Fallbeispiel: Der, Kölner Zeitungskrieg'
- Fallbeispiel:,U-Express'
- Ökonomische Motive für die Herausgabe von Gratiszeitungen
- Die Leser als Inputfaktor
- Gratiszeitungen als, Auflagenfixierer' und Nichtgültigkeit der These von der,Anzeigen-Auflagen-Spirale'
- Skaleneffekte und Verbundvorteile
- Der relevante Markt im Wettbewerb um Leser und Anzeigen
- Der Wettbewerb um die Leser
- Der Wettbewerb um Anzeigen
- Der Werbemarkt in Deutschland und Österreich – Volumina und Marktanteile der Werbeträger
- Produktabgrenzung
- Die Nachfrage nach Anzeigen
- Art und Ausmaß der Wettbewerbsbeziehungen
- Gratiszeitungen und das, umbrella competition'-Konzept
- Zusammenfassung
- Die Struktur des Gratiszeitungsmarktes in Österreich
- Bestand an Gratiszeitungen in Österreich 2003 – Erscheinungsweise und Auflagegrößenklassen
- Regionale Verteilung und Gratiszeitungsdichte
- Wem gehören die Gratiszeitungen in Österreich?
- Das Engagement der Kauf-Zeitungsverlage am Gratiszeitungsmarkt
- Konzentrationsraten am Gratiszeitungsmarkt in Österreich
- Markteintrittsbarrieren
- Zum Marktverhalten: Die Strategien der Gratiszeitungsanbieter
- Aktionsparameter Produktdifferenzierung
- Erscheinungshäufigkeit und -tage
- Erscheinungsgebiet und Auflage
- Redaktionelle Ausrichtung und Inhalt
- Format und Aufmachung
- Zur Frage der Vergleichbarkeit von Anzeigenpreisen bei unterschiedlichen Formaten
- Aktionsparameter Anzeigenpreise
- Aktionsparameter Reichweite
- Strategische Markteintrittsbarrieren
- Kurze Anmerkungen zum Image und zur Qualität von Gratiszeitungen
- Zusammenfassende Schlussbemerkungen
- Literaturverzeichnis
- Anhangverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit dem Markt für Gratiszeitungen in Österreich. Ziel der Arbeit ist es, die Entstehung, Entwicklung und Struktur dieses Marktes zu analysieren und die ökonomischen Motive für die Herausgabe von Gratiszeitungen zu beleuchten. Dabei werden insbesondere die Strategien der Gratiszeitungsanbieter sowie die Wettbewerbsbeziehungen zwischen Gratiszeitungen und etablierten Kaufzeitungen untersucht.
- Entstehung und Entwicklung des Gratiszeitungsmarktes in Österreich
- Ökonomische Motive für die Herausgabe von Gratiszeitungen
- Wettbewerbsbeziehungen zwischen Gratiszeitungen und Kaufzeitungen
- Strategien der Gratiszeitungsanbieter
- Struktur des Gratiszeitungsmarktes in Österreich
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel der Arbeit stellt die Problemstellung und die Vorgangsweise dar. Es wird die Relevanz des Themas im Kontext der Medienlandschaft in Österreich erläutert und die Forschungsfrage formuliert. Das zweite Kapitel befasst sich mit der Datenlage in Österreich und den Herausforderungen bei der statistischen Erfassung von Gratiszeitungen. Es werden die verschiedenen Informationsquellen und die Methodik der Datenerhebung vorgestellt. Das dritte Kapitel widmet sich der Begriffsbestimmung von Gratiszeitungen. Es werden verschiedene Definitionen und Abgrenzungen diskutiert, um den Gegenstand der Untersuchung präzise zu definieren. Das vierte Kapitel beleuchtet die Entstehung und Entwicklung von Gratiszeitungen, sowohl auf internationaler Ebene als auch im österreichischen Kontext. Es werden die wichtigsten Meilensteine und Trends der Entwicklung dargestellt. Das fünfte Kapitel analysiert die Strategien der etablierten Zeitungsverlage gegen den Markteintritt von Gratiszeitungen. Es werden zwei Fallbeispiele aus Deutschland vorgestellt, die die Reaktionen der etablierten Zeitungen auf den Wettbewerb durch Gratiszeitungen veranschaulichen. Das sechste Kapitel untersucht die ökonomischen Motive für die Herausgabe von Gratiszeitungen. Es werden die wichtigsten Anreize für die Anbieter von Gratiszeitungen beleuchtet, wie z.B. die Gewinnung von Lesern als Inputfaktor und die Nutzung von Skaleneffekten. Das siebte Kapitel widmet sich dem relevanten Markt im Wettbewerb um Leser und Anzeigen. Es werden die Wettbewerbsbeziehungen zwischen Gratiszeitungen und anderen Werbeträgern analysiert und das Konzept der,umbrella competition' vorgestellt. Das achte Kapitel beschreibt die Struktur des Gratiszeitungsmarktes in Österreich. Es werden die wichtigsten Kennzahlen und Merkmale des Marktes dargestellt, wie z.B. die Anzahl der Gratiszeitungen, die Auflagegrößenklassen und die regionale Verteilung. Das neunte Kapitel untersucht das Marktverhalten der Gratiszeitungsanbieter. Es werden die wichtigsten Aktionsparameter der Anbieter analysiert, wie z.B. die Produktdifferenzierung, die Anzeigenpreise und die Reichweite. Das zehnte Kapitel enthält kurze Anmerkungen zum Image und zur Qualität von Gratiszeitungen. Es werden die Vor- und Nachteile von Gratiszeitungen aus der Sicht der Leser und der Werbetreibenden diskutiert. Das elfte Kapitel fasst die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit zusammen und zieht Schlussfolgerungen für die Zukunft des Gratiszeitungsmarktes in Österreich.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Markt für Gratiszeitungen in Österreich, die Entstehung und Entwicklung von Gratiszeitungen, die ökonomischen Motive für die Herausgabe von Gratiszeitungen, die Strategien der Gratiszeitungsanbieter, die Wettbewerbsbeziehungen zwischen Gratiszeitungen und Kaufzeitungen sowie die Struktur des Gratiszeitungsmarktes in Österreich. Weitere wichtige Themen sind die Datenlage in Österreich, die Begriffsbestimmung von Gratiszeitungen, die Entwicklung des Werbemarktes in Deutschland und Österreich, das Konzept der,umbrella competition' und die Analyse von Fallbeispielen aus Deutschland.
- Arbeit zitieren
- Thomas Driendl (Autor:in), 2005, Der Markt für Gratiszeitungen in Österreich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185994