Der Mensch im Globalisierungskäfig - Gefahren zunehmender Internationalisierung aus europäischer Perspektive


Seminararbeit, 2001

23 Seiten, Note: 1


Leseprobe


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Universität Potsdam

3. Bauman - Erhellender Analytiker der Globalisierung? ................... 7 Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät

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6. Literatur .............................................................................................. 22

Seminar: Europa der Bürger

Dozent: Dr. Pawel Karolewski

Datum: 31. März 2001

Referent: Denis Drechsler

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Thema:

Inhaltsverzeichnis and the local, with global freedom of movement signaling social promotion, advancement and success and immobility exuding the repug-

1.Einleitung .............................................................................................. 1 nant odor of defeat, failed life and being left behind” (Bauman: 1998,

2. Der Mensch im Globalisierungskäfig ................................................. 3 S. 121).

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2.1.

2.2.

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Es ist diese Dichotomie, die Baumans Betrachtung der Globalisierung durch den Grad an Mobilität das unterschiedliche Ausmaß an Privilebzw. der globalisierten Gesellschaft während des gesamten Buchs gien und Möglichkeiten, in der heutigen globalen Welt Erfolg zu hadurchzieht und folglich den Mittelpunkt seiner Einschätzung ihrer ben (Bauman: 1998, S. 86).

human consequences 1 bildet. Globalisierung sei ein Prozess, mit dem Baumans Betrachtung der Globalisierung soll im folgenden genauer sich alle Menschen gleichermaßen konfrontiert sehen und dem keiner spezifiziert und untersucht werden. Im Mittelpunkt der Analyse steht entfliehen kann. Lediglich in den Auswirkungen, die sich daraus auf dabei insbesondere die von ihm vertretene Zweiteilung der Gesellunterschiedliche gesellschaftliche Gruppen ableiten lassen, zeige sich schaft durch einen Prozess, der sich durch eine scheinbare Zwangsläueine große Diskrepanz zwischen den wenigen Gewinnern auf der ei-figkeit kennzeichnet und demzufolge ein passives Ausgeliefertsein der nen und der Vielzahl der Verlierer dieser Entwicklung auf der anderen Menschen induziert.

Seite. „The riches are global, the misery is local [...]!“ (Bauman: Nachdem die von Bauman gemachten grundlegenden Annahmen und 1998, S. 74) ihre erwarteten Konsequenzen einer kritischen Diskussion unterwor-In einer durch zunehmende „time/space compression“ (Bauman: fen wurden, betrachtet der sich anschließende Abschnitt die Anwend-1998, S. 2) gekennzeichneten Welt, in der Distanzen bedeutungslos barkeit seiner Theorie auf tatsächliche Befunde. Dabei zeigt sich am geworden sind und Austauschprozesse nahezu simultan - „instantane-Beispiel der Geschichte des europäischen Einigungsprozesses, dass ous“ (Bauman: 1998, S. 15) - verlaufen, sei Mobilität die wichtigste der Autor mit der von ihm gewählten eingeschränkten Betrachtungs-Fähigkeit, um den gegebenen sozioökonomischen Herausforderungen weise allein auf die Folgen der Globalisierung zu kurz greift. Ein gewachsen zu sein. Diese Mobilität stehe jedoch nicht allen Men-abschließender Abschnitt fasst die wesentlichen Ergebnisse der erarschen gleichermaßen zur Verfügung - im Gegenteil bestimme sich beiteten Analyse zusammen und unterzieht Baumans Konzept einer kritischen Würdigung.

1 Bauman, Zygmunt: Globalization. The Human Consequences. New York: Co-

lumbia, 1998.

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ließen sich jetzt per Mausklick in Sekundenschnelle bewegen. Unter- 2. Der Mensch im Globalisierungskäfig

nehmen könnten dadurch unverzüglich ihren Standort wechseln, wann

2.1. Zuhause - ein Fremdwort in der Globalisierung und wohin sie wollten. Die neue Schicht der globalen Eliten - „global Zeit und Raum sind in der globalen Welt bedeutungslos geworden. business, global culture managers, global academics“ (Bauman: 1998,

Von jeher ein relatives Maß zur Beurteilung von Entfernungen 2 S. 89) - operierten in diesem neuen Rahmen bequem und zu ihren (Bauman: 1998, S. 12), kennzeichneten die Begriffe jetzt, im Zeitalter Nutzen, da sie, im Unterschied zur kollabierenden Welt der territorial der „web world of interconnected computer terminals“ (Bauman: gebundenen Locals, über die entscheidende Befähigung für die Globa-1998, S. 18), keine wirklichen Behinderungsgrößen mehr. Bezeichlisierung verfügten: Mobilität!

nungen wie hier und dort, drinnen und draußen, nah und fern haben Die Globalisierung habe, so der Autor weiter, verheerende Folgen für

durch die Globalisierung ihre Relevanz verloren (Bauman: 1998, S. die herkömmliche lokale Welt, die durch einen Mangel an Flexibilität

12). und Mobilität von der globalen Sphäre ausgesondert bleibe. Deren

Bauman proklamiert das Ende der Geographie 3 (Bauman: 1998, S. Angehörige müssten den „heavy cultural, psychological and political

12), das er als kennzeichnendes Merkmal der neuen Weltordnung anprice of isolation“ (Bauman: 1998, S. 22) zahlen, den ihnen die Glo-

sieht. Die technologischen Fortschritte des vergangenen Vierteljahrbalisierung aufbürden würde. Anders als in früheren Epochen könn-

hunderts hätten Wissen, Information und vor allem Kapital von den ten die heutigen Eliten nicht mehr zur sozialen Verantwortung gezo-

ehemals bestehenden physischen Zwängen des Raums befreit und gen werden, sondern “vanish as soon as they appeared [...] leaving the refuse and waste spattered around […] for the left-behind locals to

2 clean up” (Bauman: 1998, S. 105). Entfernungen seien von jeher abhängig von der Perspektive des Betrachters

gewesen und bestimmten sich durch die spezifischen Möglichkeiten, Distanzen Für Mobilität gibt es in der globalisierten Gesellschaft keine Alterna- zuüberbrücken (vgl. Bauman: 1998, S. 29f).

3 Der Autor übernimmt diesen Ausdruck von Richard O’Brien (Vgl. O’Brien: tive. „We are all on the move“ (Bauman: 1998, S. 77). Dieser Zu- 1992).

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stand wird nicht durch Zwangsmaßnahmen sichergestellt, sondern tausch stattfinden konnte und in dem sich Werte und Normen durch läuft über eine scheinbar freiwillige Entscheidung aller Mitglieder der den gegenseitigen Informationsaustausch bildeten und verstärkten, heutigen von Bauman als consumer society bezeichneten Gesellschaft schrumpfen auf ein Minimum zurück. Die Welt wird durch die vo(Bauman: 1998, S. 82). Jeder Mensch strebe demnach danach, Teil ranschreitende Vernetzung kleiner - ein bezeichnender Satz der Glodes durch die Öffentlichkeit propagierten Idealbilds der globalisierten balisierungspropaganda mit erschreckender Konnotation für die ent-Gesellschaft zu sein und verlange geradezu, zur ständigen Mobilität schwindenden sozialen Freiräume.

verführt zu werden (Bauman: 1998, S. 83). Diese Verführung wird dabei jedoch gar nicht als solche wahrgenommen, da sich Konsumen- 2.2.Globalisierung - ein ungleicher Wettbewerb ten durch ihren in Kaufentscheidungen ausgeübten Akt des Auswäh-In der Globalisierung durchziehe die Menschheit nach Ansicht des

lens in einer einflussreichen Position wähnen. Allein, „there is no Autors eine tiefe Kluft. Sie trennt die Gesellschaft in Globals, die

choice of choosing“ (Bauman: 1998, S. 84). aufgrund ihrer Ressourcen und Begabungen an der globalen Vernet-

In der Globalisierung existiert kein Ort, an dem man sich länger aufzung teilnehmen können und daraus ihre (ökonomischen) Vorteile

hält als ein Durchreisender - „to stay put equals to lose“ (Bauman: ziehen, sowie den Locals, die hilf- und orientierungslos in der neuen

1998, S. 78). Diese Rastlosigkeit zerstöre jegliche Form des sozialen globalen Sphäre umherirren bzw. diese nur als passive Zuschauer be-Zusammenhalts, gemeinsam geteiltes Wissen und gesellschaftlichen trachten können.

Konsens. Alles soll in Bewegung bleiben, nirgends zu lange ver-Globalisierung müsse daher klar von älteren Universalisierungsbemü-schnauft werden 4 . Öffentlich Räume, in denen vormals sozialer Aushungen abgegrenzt werden, deren erklärtes Ziel noch war „to make similar the life-conditions of everyone and everywhere, and so every-

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4 Bauman verweist in diesem Zusammenhang auf die Bauweise moderner Ein- body’slive-chances; perhaps even make them equal“ (Bauman, 1998: kaufszentren, in denen Menschen bewusst dazu veranlasst werden, kurz, aber

nicht zu lange, vor den Schaufenstern stehen zu bleiben (Bauman: 1998, S. 25).

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S. 59). Globalisierung sei hingegen ein ungleicher Wettbewerb mit sigkeit gezwungenen bzw. verführten Locals ein erhöhtes Maß an klaren Gewinnern und einer Vielzahl bemitleidenswerter Verlierer -Selbstbestimmung. Die extraterritorialen Eliten „have chosen isola„rather than homogenizing the human conditions, the technological tion and pay for it lavishly and willingly“ (Bauman: 1998, S. 21). annulment of temporal-spatial distances tends to polarize it“ (Bau-Im virtuellen Zeitalter könnte sich allein die „New Supra Local Elite“ man: 1998, S. 18). (Bauman: 1998, S. 20) adäquat Gehör verschaffen und somit ihre In-Extraterritoriale Eliten, sogenannte „absentee landlords“ (Bauman: teressen durchsetzen. In Anlehnung an Hirschmann verfügten folg-1998, S. 9), verfügten in der globalisierten Welt über eine bisher un-lich nur die Globals in der heutigen globalisierten Gesellschaft über

die politischen Grundoptionen Exit und Voice 7 (Vgl. Bauman: 1998, bekannte Unkonditionalität - eine „new weightlessness“ (Bauman: S. 9). 1998, S. 19) - ihrer Macht, die sie von jeglichen Auflagen in der loka-

len Welt entbinde 5 . Vergleichbar mit Touristen vermag diese gesell-Ungleich stellt sich die Situation für die Locals dar, deren drohende schaftliche Gruppe jederzeit und zu jedem Ort zu entfliehen “if things gesellschaftliche Ächtung, den ein Mangel an Mobilität bedeuten locally get too hot for comfort” (Bauman: 1998, S. 125). Sie kennt würde, sie zum „Vagabundieren“ zwingt (Vgl. Bauman: 1998, S. kein Zuhause - ihre jeweiligen Aufenthaltsorte sind weder „foreign 77ff). Locals litten dabei unter der fehlenden sozialen Sicherheit eiplaces, nor are they homes“ (Bauman: 1998, S. 91). Auch wenn es nes Zuhauses, obgleich auch sie sich nichts sehnlicher wünschten, als für die neue Elite ebenfalls keine Alternative zur Mobilität gibt (Vgl. mit der Exterritorialität der Globals mithalten zu können. In einer

Bauman: 1998, S. 96) 6 , unterscheidet sie dennoch von den zur Rastlo-

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Beispielsweise entbinde dieser Prozess Arbeitgeber von gewissen Pflichten gegenüber ihren Angestellten, die auf Kosten von shareholder value vernachläs- 7 sigt werden.

6 Bauman bemerkt, dass Globals an die Ideologie der Globalisierung glauben

„simply by not questioning it“ - dies, obwohl die harte Realität, mit der sie tag-

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Welt, die keine Alternative zur Mobilität zulässt, sei „tourism [...] the In der globalisierten Welt könnte nun der vorläufige Höhepunkt dieser only acceptable human form of restlessness“ (Bauman: 1998, S. 94). Entwicklung beobachtet werden, da im neuen, künstlich konstruierten In dieser Betrachtung spiegelt sich eine von Bauman ausgemachte Cyberspace eine totale Kontrolle der Bürger möglich sei. „Territory Asymmetrie der Machtverteilung innerhalb der globalisierten Gesell-[is] becoming a reflection of the map“ (Bauman: 1998, S.36). Die schaft wider. Macht bedeute in der heutigen Zeit die „isolation of dadurch erschaffene, hochgradig transparente und standardisierte Gelocality“, die (wie oben beschrieben) einhergeht mit der Entbindung sellschaft hat zur Konsequenz, dass Bürger nun kaum mehr als ein jeglicher gesellschaftlicher Pflichten (Vgl. Bauman: 1998, S. 20). Spielball der administrativen Aufsicht seien. Darüber hinaus berge Gemäß der Definition von Macht als einer auf Unsicherheit basieren-der durch die Globalisierung geschaffene hohe Uniformitätsgrad e-

den Disparität von Information 8 verfolgt Bauman in einem historibenfalls eine Tendenz zur Konformität, „and conformity’s other face schen Überblick die kontinuierliche Verschiebung des Machtzentrums is intolerance“ (Bauman: 1998, S. 47). vom Bürger hin zu den Eliten. Besaß die Bevölkerung durch einen Die Aufrechterhaltung der neuen asymmetrischen Machtkonstellation Informationsmangel auf Seiten der politischen Administration in vorwird u.a. durch gezielten Ausschluss der breiten Massen am globalen

modernen Zeiten noch vergleichsweise viel Macht 9 , so nahm diese Austausch erreicht. Im Sinne Steven Flustys (vgl. Flusty: 1997) ver-Einflussnahme im Zuge steigender gesellschaftlicher Transparenz weist Bauman in diesem Zusammenhang auf glitschige, stachelige kontinuierlich ab (z.B. durch kartographische Vermessungen, die Ein- unddurchgedrehte („slippery, prickly, jittery“) Verbotsbereiche, die führung der Meldepflicht, moderne Bürokratie etc. (Vgl. Bauman: potenzielle Benutzer von einer (zu großen und freien) Teilnahme an 1998, S. 40ff)). der Globalisierung ausschlössen. Gleichsam untermauerten diese

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Der Mensch im Globalisierungskäfig - Gefahren zunehmender Internationalisierung aus europäischer Perspektive
Hochschule
Universität Potsdam
Note
1
Autor
Jahr
2001
Seiten
23
Katalognummer
V186065
ISBN (eBook)
9783869439433
ISBN (Buch)
9783656992226
Dateigröße
683 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Arbeit im Querformat
Schlagworte
mensch, globalisierungskäfig, gefahren, internationalisierung, perspektive
Arbeit zitieren
Denis Drechsler (Autor:in), 2001, Der Mensch im Globalisierungskäfig - Gefahren zunehmender Internationalisierung aus europäischer Perspektive, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/186065

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