Public Private Partnership im Bereich der deutschen Entwicklungszusammenarbeit


Bachelorarbeit, 2006

79 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


- 1 -
Universität Osnabrück
Studiengang
Europäische Studien
Bachelorarbeit
,,Public Private Partnership im Bereich der deutschen
Entwicklungszusammenarbeit"
Verfasser
Klaus Dellmann
Betreuer
Prof. Dr. György Széll, Prof. Dr. Roland Czada
Osnabrück, den 02.06.2006

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Meinen Eltern

- 3 -
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
5
1. Public Private Partnership (PPP): Theoretische Grundlage
9
1.1
Hintergründe
zur
Einführung
von
PPP
9
1.2
Begriff
PPP
10
1.3 Organisationsform von PPP
11
1.4 Kategorien von PPP
12
1.5 Risiken und Probleme
13
2. Internationale Bedeutung der Entwicklungszusammenarbeit (EZ)
15
Exkurs: Fall China
18
3. Ausgangspositionen für die PPP-Partner
20
3.1 Ausgangsposition der deutschen EZ
20
3.1.1 Zielsetzung der deutschen Entwicklungspolitik
20
3.1.2 Umsetzung der deutschen Entwicklungspolitik
21
3.1.3 Grenzen der EZ bei rein staatlichem Engagement
25
Exkurs: Geschichte der deutschen Entwicklungspolitik
26
3.2 Ausgangsposition der deutschen Privatwirtschaft
28
3.2.1 Gründe und Formen des Engagements im Ausland
28
3.2.2 Herausforderungen für das Engagement in Entwicklungsländern
31
4. PPP als neues Instrument der deutschen EZ
36
4.1 Definition des BMZ
36
4.2 Erwartungen an PPP
36
4.3
PPP-Kriterien
38
4.4 PPP im Rahmen der Fazilität
40
4.5 PPP im Rahmen der bilateralen staatlichen EZ
43
4.6 Quantitative Betrachtung
46
Exkurs: Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH
48

- 4 -
5. Fallbeispiel: Common Code for the Coffee Community
51
5.1
Ausgangslage
52
5.2
PPP-Maßnahme
54
5.3
Analyse
57
5.4
Auswertung
58
Zusammenfassung, Schlussfolgerung und Fazit
60
Abkürzungsverzeichnis
63
Abbildungsverzeichnis
65
Quellenverzeichnis
66
Erklärung
70
Anhang
71

- 5 -
Einleitung
Hintergrund und Ausgangslage
Der Begriff Globalisierung hat wie kein anderer unser Leben in den vergangenen ein bis zwei
Jahrzehnten in weltweiter Sicht geprägt. Er hat zum Wandel und im Besonderen zur Internatio-
nalisierung der Politik, der Wirtschaft, der Gesellschaft und Kultur weltweit geführt.
Häufig thematisiert wurden und werden dabei die Beziehungen zwischen Staaten im Hinblick auf
die Verteilung des volkswirtschaftlichen Wohlstandes. Dabei ist festzustellen, dass Staaten von
der Internationalisierung unterschiedlich stark profitiert haben, was volkswirtschaftliche Wachs-
tum und den Zugewinn an Wohlstand anbelangen. Fakt ist, dass nach wie vor ein Gutteil der
heutigen Weltbevölkerung in Armut lebt. Die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung Wieczorek-Zeul weist in nahezu jeder Ansprache darauf hin:
,,Extreme Armut trifft immer noch jeden fünften Menschen auf diesem Globus. Armut hält jährlich
100 Millionen Kinder vom Besuch einer Schule ab, und sie kostet über 30.000 Kindern am Tag
das Leben." (BMZ, 2005, Vorwort). Fakt ist aber auch, dass in den vergangenen zwei Jahrzehnten
auf internationaler Ebene die Budgets für Entwicklungshilfe stagnierten bzw. abgesenkt wurden
und dies mit einer Reihe von Gründen zusammenhing, die politischer und wirtschaftlicher Natur
waren.
Im Jahre 2000 haben sich dem entgegengesetzt die Staaten der Vereinten Nationen in der
Milleniumskonferenz dazu bereit erklärt, die Armut mit großen Anstrengungen zielgerichtet zu
bekämpfen. Ergebnis dieser Bemühungen soll die Umsetzung der Millennium Development Goals
(MDG) bis 2015 sein. Es gilt u.a. die Bildung, das Gesundheitswesen und den Umweltschutz zu
fördern sowie den Anteil der Weltbevölkerung, die in extremer Armut lebt, zu halbieren.
Auch die Bundesregierung hat sich zur Verwirklichung dieser Ziele verpflichtet. Eine tragende
Rolle spielt dabei das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(BMZ), in dem es die Leitlinien und Strategien der deutschen Entwicklungszusammenarbeit
festlegt. Aus heutiger Sicht erscheint die Erreichung der Ziele in der bisherigen Konstellation von
Akteuren unmöglich. 1970 vereinbarten die Staaten der OECD 0,7% ihres BIP als öffentliche
Entwicklungshilfe bereitzustellen. Bisher hat die Bundesrepublik erst 0,35% erreicht.
In Zeiten wirtschaftlicher Probleme steht der Staat finanzpolitisch vor großen Herausforderungen.
Wie soll der Staat seine Aufgaben ohne Unterstützung erfüllen? Es erscheint aus dieser Sicht
sinnvoll, dass der Staat sich auf die Suche nach Partnern macht, die ihn bei der Erfüllung seiner
Aufgaben und Ziele tatkräftig unterstützen. Es geht bei einer solchen Partnerschaft allerdings
nicht nur um finanzielle Aspekte, sondern auch um die Zusammenführung von Fähigkeiten, um
die ausstehenden Aufgaben besser zu erfüllen.
Die Privatwirtschaft sieht sich im Zuge der Globalisierung ebenfalls Herausforderungen, aber
auch Möglichkeiten gegenübergestellt. Einerseits geraten Positionen auf dem Heimatmarkt durch
die ausländische Konkurrenz unter Druck, andererseits sind bisherige Marktpotenziale erschöpft

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und ein weiteres Wachstum ist nur durch Expansion möglich. Kleine und mittelständische Un-
ternehmen (KMU) sehen sich dabei besonderen Schwierigkeiten ausgesetzt. Ihre Ressourcen
sind begrenzt und reichen häufig für ein eigenständiges Engagement auf Auslandsmärkten nicht
aus.
Mit Public Private Partnership (PPP) hat sich ein Konzept etabliert, das öffentliche und private
Akteure in einer Partnerschaft zusammenbringt, um gemeinsam zu kooperieren. Was auf natio-
naler Ebene begann, findet seit einigen Jahren auch Anwendung in der Entwicklungszusam-
menarbeit (EZ). Die Partnerschaft soll die Zusammenarbeit von privatwirtschaftlichen Unter-
nehmen und Institutionen der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit in betriebswirtschaftlich
rentablen wie entwicklungspolitisch sinnvollen Projekten unterstützen und fördern.
1999 entstand im BMZ die PPP-Fazilität als Pilotvorhaben für die Zusammenarbeit mit der Wirt-
schaft. Über die Fazilität sollte die Kooperationsfähigkeit von Staat und Privatwirtschaft in der EZ
erprobt werden. Die Fazilität
1
existiert noch heute als Sonderfond im Haushalt des BMZ, doch
strebt die staatliche EZ vermehrt die Integration von PPP in die bilaterale staatliche EZ ein, um
fokusierter entwicklungspolitische Zielsetzungen mit strukturbildendem Charakter zu erreichen.
Fragestellung und Zielsetzung
In meiner Arbeit möchte ich folgender Frage nachgehen:
Welche Form von PPP unter dem Dach des BMZ hat das Potenzial einen hohen strukturbildenden
Beitrag zur entwicklungspolitischen Zielsetzung zu leisten und gleichzeitig hohe Attraktivität für
die Wirtschaft aufzuweisen? Zur entwicklungspolitischen Zielsetzung gehört neben den pro-
grammatischen Inhalten auch das Ziel, den Anteil der Entwicklungshilfe am BIP auf 0,7% bis 2015
anzuheben. Daran schließt sich die Frage an, ob PPP unter dem Dach des BMZ einen nen-
nenswerten Beitrag zur Zielerreichung leisten kann. Von staatlicher Seite wird dem Beitrag der
Wirtschaft eine wichtige Rolle zugeschrieben. Dabei wird deutlich gemacht, dass Entwicklung
mehr braucht als finanzielle, technische und personelle Hilfe aus staatlicher Hand.
Zielsetzung der Arbeit ist es, Antworten auf diese Fragen zu finden, in dem Bewusstsein, dass
diese Arbeit begrenzt ist und sich vor diesem Hintergrund nicht alle Aspekte in der vielleicht
letztendlich notwendigen Tiefe ergründen lassen.
Neben diesen Aspekten sollen begleitend die Problematiken in der Entwicklungszusammenarbeit
und das Engagement von Unternehmen im Ausland aufgegriffen werden, um aufzuzeigen, auf
welchen Motiven und Hintergründen die Zusammenarbeit der öffentlichen und privatwirtschaftli-
chen Seite basiert.
1
Der Duden gibt dem Begriff Fazilität drei Bedeutungen: 1. (veraltet) Leichtigkeit, Gewandtheit. 2. Kreditmöglichkeit die
bei Bedarf in Anspruch genommen werden kann; Erleichterung von Zahlungsbedingungen. 3. Möglichkeiten, Einrich-
tungen, Ausstattungen (Duden, 1990, S248).

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Vorgehensweise
Der Hauptteil der Arbeit ist in fünf Kapitel gegliedert. Beginnen möchte ich mit der Einführung in
die Begrifflichkeit von PPP im ersten Kapitel. Dort soll zunächst ein grundlegendes Verständnis
von PPP vermittelt werden, bevor im weiteren Verlauf der Arbeit PPP im Kontext der EZ behandelt
wird. Im zweiten Kapitel werden die internationalen Tendenzen zur Bedeutung der EZ behandelt,
die die Arbeit in den internationalen Kontext einbetten. Darauf folgt im dritten Kapitel die Dar-
stellung der Ausgangspositionen der beiden Partner für die PPP. Unter Punkt 3.1 wird die Ziel-
setzung der deutschen EZ und deren Umsetzung behandelt. Darüber hinaus werden ebenfalls die
Schwierigkeiten aufgezeigt, die mit der rein staatlich betriebenen EZ verbunden sind. Abge-
schlossen wird Abschnitt 3.1 mit einem Exkurs zur Geschichte der deutschen Entwicklungspolitik,
in dem der Einfluss der Wirtschaft auf die deutsche EZ historisch beleuchtet wird. Im Punkt 3.2
wird die Ausgangsposition der Wirtschaft für das Auslandsengagement umrissen, indem Motive,
Formen und Schwierigkeiten, die mit Auslandsplänen verbunden sind, beleuchtet werden. Auf
den Grundlagen der Kapitel eins bis drei wird im vierten und fünften Kapitel PPP in der Entwick-
lungszusammenarbeit aus qualitativer und quantitativer Sicht untersucht. Den Anfang von Kapitel
vier bildet die Definition von PPP durch das BMZ. Darauf aufbauend werden die Erwartungen
beider Seiten für die Partnerschaft formuliert. Sie resultieren aus den Ausgangspositionen des
öffentlichen und privaten Partners. Im weiteren Verlauf wird PPP unter dem Dach des BMZ be-
trachtet, das als zentrales Organ der deutschen EZ gilt. An dieser Stelle wird der Rahmen abge-
steckt, innerhalb dessen PPP aus unternehmerischer Sicht in Zusammenarbeit mit den staatli-
chen Institutionen erfolgen kann. Genauer gesagt werden die Kriterien für PPP, die Durchfüh-
rungsmodalitäten und die Anwendungsgebiete in Form der PPP-Fazilität und der bilateral staat-
lichen EZ untersucht. Abgeschlossen wird Kapitel vier mit der quantitativen Betrachtung von PPP
innerhalb der deutschen EZ. Es wird aufgezeigt, welchen quantitativen Beitrag die Partner im
Rahmen des PPP-Programms des BMZ erbracht haben, und in welchen Schwerpunktbereichen
dieser erfolgte. Der Hauptteil dieser Arbeit wird mit Kapitel fünf beendet. Im fünften Kapitel wird
anhand eines Fallbeispiels die bisher erfolgte Kooperation zwischen Privatwirtschaft und staat-
lichen Institutionen auf ihren qualitativ entwicklungspolitischen Beitrag hin analysiert. Die Analyse
beginnt mit der Beschreibung der Ausgangslange und der Problemstellung. Darauf aufbauend
wird die konkrete PPP-Maßnahme erläutert, die dann auf ihre Entwicklungswirkung und ihren
konkreten MDG-Bezug hin analysiert wird. Im Anschluss an die Einzelfallanalyse erfolgt eine
Auswertung des Fallbeispiels, bevor mit einer Zusammenfassung, einer kapitelübergreifenden
Schlussfolgerung und einem Fazit diese Arbeit beendet wird.
Begriffsdefinition
In der entwicklungspolitischen Diskussion existiert keine einheitliche Länderklassifizierung, die
Entwicklungs- und Transformations-/Schwellenländer klar definiert, vielmehr herrscht Uneinigkeit.

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In dieser Arbeit gelten als Entwicklungsländer diejenigen Länder, die in der Liste
2
der Empfän-
gerländer des Entwicklungshilfeausschuss (DAC) der OECD aufgeführt sind. Sie sind Empfänger
der öffentlichen Entwicklungshilfe (ODA). Transformationsländer sind hingegen diejenigen Län-
der, die öffentliche Hilfe (OA) erhalten. Als Industrieländer gelten die 22 Mitglieder des DAC.
2
Eine BMZ-Version der Liste befindet sich im Anhang dieser Arbeit.

- 9 -
1. Public Private Partnership (PPP): Theoretische Grundlage
Im Zuge der Reform des öffentlichen Sektors hat sich der Begriff Public Private Partnership zu
einem Modewort entwickelt. Dabei wird PPP oftmals und beliebig als Bezeichnung für jedwede Art
der Kooperation zwischen öffentlicher Hand und privaten Akteuren verwendet. Öffentliche Ver-
treter gingen in Zeiten ordnungspolitischer Debatten soweit, dass sie das Reizwort Privatisierung
durch PPP ersetzen, um dem Gegenstand an Schärfe zu nehmen
3
(Wel, 2004, S.2). Aus diesem
Grunde erscheint eine Auseinandersetzung zur Strukturierung und Einordnung dieses Begriffes
sinnvoll.
,,Nach gängigen Definitionen wird darunter eine innovative, meist vertraglich geregelte längerfris-
tig angelegte Zusammenarbeit von Akteuren des privaten und öffentlichen Sektors verstanden,
die dem Erreichen komplementärer Ziele dient." (Manning, 2004, S.1)
In Deutschland hat sich im vergangenen Jahrzehnt Prof. Dr. Budäus der Universität Hamburg im
besonderen Maße in der PPP-Debatte hervorgetan und diese mit seinen Beiträgen gestaltet. In
der deutschen Literatur hat er sich als richtungweisender PPP-Wissenschaftler etabliert, so dass
der folgende theoretische Teil den Schwerpunkt auf seine Ausführungen legen wird.
1.1 Hintergründe zur Einführung von PPP
Der Handlungsdruck zur Zusammenarbeit von öffentlicher Seite mit einem privaten Partner ist in
erster Linie auf die haushaltspolitische Zwangslage des Staates zurückzuführen (Edelenbos/
Teisman, 2005, S.6). Der Staat hat Mühe, die von ihm erbrachten öffentlichen Aufgaben zu fi-
nanzieren, besonders deutlich wird dies im Infrastrukturbereich. Die öffentliche Seite erhofft sich
daher, gerade für jenen Sektor, einen potenziellen Investitionspartner in der Privatwirtschaft zu
finden. Nach innen gesehen steht gleichzeitig die Effizienz des Verwaltungsapparates zur Dis-
kussion. Auf der Suche nach Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung erhofft sich dabei der Staat mit
der Einführung von privatwirtschaftlichen Managementfähigkeiten Abhilfe zu verschaffen. Nicht zu
unterschätzen ist eine weitere Einflussgröße, nämlich die Wettbewerbskonzeption der EU. Sie
berührt die öffentlichen Aufgabenfelder und macht eine neue wettbewerbsbezogenere Ausrich-
tung des staatlichen Sektors teilweise erforderlich. Letztlich ist ein weiteres Motiv anzuführen, das
öffentliche Akteure vermehrt dazu bewegt PPPs mit privatwirtschaftlichen Akteuren einzugehen:
Das öffentliche Beschaffungswesen. Hierbei findet eine vergleichende Analyse der Investition
bezogen auf ihren Lebenszyklus statt. Den Zuschlag erhält die günstigste Variante (Budäus,
2004, S.312 f).
Interesse an einer PPP besteht auf privatwirtschaftlicher Seite aus mehrerlei Hinsicht. Es besteht
3
Nach der Regierungsübernahme der Labour-Regierung von Tony Blair wurde die Private Finance Initiative, eingeführt
unter der konservativen Regierung von John Major, aufgrund der politisch kontroversen Debatte um Privatisierung in
PPP umbenannt.

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dann, wenn einerseits Aussicht auf eine Steigerung des Gewinns besteht und andererseits die
Möglichkeit existiert Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten bzw. zu steigern. Beides kann erfolgen,
wenn die PPP beispielsweise den Marktzugang für das Unternehmen erleichtert und Verfü-
gungsrechte gesichert werden können. Eine Partnerschaft ist auch dann für einen privaten Akteur
attraktiv, wenn für ihn damit eine Risikostreuung und ­minderung verbunden ist. Darüber hinaus
kann eine Partnerschaft wichtige Kontakte zur Entscheiderebene in die Verwaltung aufbauen
bzw. stärken. Mehr und mehr rücken ebenfalls Imagegründe für eine Partnerschaft in den Vor-
dergrund. In ihr können Firmen ihr Profil als gesellschaftlich verantwortungsbewusstes Unter-
nehmen zusätzlich schärfen (ebd.).
Grundsätzlich ist die Situation nicht neu, dass staatliche Institutionen und privatwirtschaftliche
Organisationen zusammenarbeiten, neu ist aber der Umfang der Handlungsfelder, in denen sie es
tun.
1.2 Begriff PPP
Um PPP in seiner Begrifflichkeit zu definieren, muss es als Teilmenge der Kooperationsmög-
lichkeiten zwischen öffentlicher und privater Seite gesehen werden (Budäus, 2004, S.313). Erster
Ansatzpunkt für eine Definition ist die Annahme, dass eine Kooperation nach ihrem Grad der
Formalisierung und Institutionalisierung eingestuft werden kann. Formel oder informell bedeutet,
ob beide Seiten vertragliche Verpflichtungen eingegangen sind oder nicht. Kouwenhoven, zitiert
bei Budäus, bezeichnet formelle PPPs als ,,PPP im engeren Sinn" und informelle PPPs als ,,PPP
im weiteren Sinn". Charakterisierend für PPP
4
ist die Komplexität ihrer individuellen Inhalte. Sie
führt dazu das PPP-Verträge im Allgemeinen hoch formalisiert sind, in denen die Vertragspartner
versuchen jegliche Risiken und Unsicherheiten auszuschließen (Manning, 2004, S.5). Eine voll-
ständige Klärung aller vertraglichen Rechte und Pflichten in einer PPP ist jedoch nicht möglich.
Die Komplexität kann durch die Dynamik oder schlechte Vorhersagbarkeit von Umwelt- bzw.
anderen Rahmenbedingungen verursacht werden, die einen Teil der Partnerschaft ausmachen.
Grundsätzlich ergibt sich die schlechte Prognostizierbarkeit bei PPP aus der Langfristigkeit der
Vorhaben, die teilweise auf eine Länge von 30 Jahren bzw. dauerhaft angelegt worden ist. Ein
weiteres Merkmal von PPP ist die Entstehung von Synergieeffekten, die bei der gemeinsamen
Zusammenarbeit erwartet werden (Edelenbos, /Teisman, 2005, S.4), da ohne sie eine staatliche
Beteiligung einer Subvention gleich käme bzw. in einer kartellartigen Kooperation münden würde.
Formen eines solchen Bündnisses würden kaum öffentliche Akzeptanz erlangen (Gleich/Holthus,
2002, S.18 f).
4
Für ,,PPP in engeren Sinn" steht weiterhin nur PPP.

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Diese Erwartung von Synergien stützt sich auf Vertrauen, was einen wesentlichen Bestandteil von
PPP ausmacht.
Abbildung 1: Strukturmodell von Public Private Partnership
Quelle: Budäus, 1998, S.55
Es liegt dort dauerhaft keine PPP vor, wo die Ziele beider Partner nicht kompatibel sind. Bei
diesem Punkt handelt es sich um ein klassisches Unterscheidungsmerkmal gegenüber der her-
kömmlichen Auftragsvergabe (contracting out), da dort der Auftragnehmer nicht selbst an der
Erbringung der Leistung interessiert ist, sondern lediglich an den Einnahmen derselben (Budäus,
1997, S.52). Formen der herkömmlichen Auftragsvergabe sind beispielsweise: Finanzierungs-
modelle für kommunale Projekte, Leasing, Kredite und Betreibermodelle für öffentliche Anlagen.
1.3 Organisationsform von PPP
Wie bereits unter Punkt 1.2 erwähnt handelt es sich bei der PPP um eine Teilmenge der Ko-
operationsbeziehungen von öffentlicher und privater Hand, die aus Interessen und Ressourcen
bestehen. Diese Beziehungen können nach Budäus auf drei Arten der koordiniert werden (Bu-
däus, 1998, S.53).

- 12 -
·
Austauschbeziehungen liegen dann vor, wenn ein klassischer Tausch von Leistungen
und/oder Ressourcen auf Vertragsbasis am Markt erfolgt (z.B. bezieht die öffentliche Hand
Leistungen vom Markt),
·
hierarchische Beziehungen liegen dann vor, wenn die Partner eine gemeinsame Unter-
nehmung gründen und dafür Interessen sowie Ressourcen einbringen (z.B. gemischt-
wirtschaftliche Gesellschaft) und
·
Netzwerkbeziehungen liegen dann vor, wenn die Partner außerhalb jeder Gesellschafts-
form ihre Ressourcen koordinieren, ohne dass ein Tausch stattfindet oder eine hierar-
chische Beziehung in Form von Weisungsbefugnissen besteht (z.B. duales Ausbil-
dungssystem).
1.4 Kategorien von PPP
Mit Hilfe der drei Koordinationsarten ergibt sich ein Dreieck, innerhalb dessen die PPP seine
Teilrolle einnimmt.
Abbildung 2: Einordnung der PPP als Pool- und Taustauschmodell
in die Koordinationstriade Markt, Hierarchie und Netzwerk
Quelle: Budäus, 2004, S.315
Man unterscheidet zwischen zwei Grundkategorien, die innerhalb des Dreiecks entstehen kön-
nen, einerseits dem Tauschmodell und andererseits dem Poolmodell.
Bei dem Tauschmodell werden Leistungen und Gegenleistungen zwischen den Akteuren auf

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vertraglicher Basis ausgetauscht. Dabei können unterschiedliche Leistungsarten vorliegen. Es
kann sich um die Erstellung eines spezifischen Projektes, beispielsweise den Bau und die In-
standsetzung eines öffentlichen Gebäudes handeln, aber auch um den Betrieb und die Unter-
haltung des Objektes. Es kann sich allerdings ebenfalls um eine Kombination von den genannten
Sach- und Dienstleistungen handeln. Ein Kooperationsbedarf kommt aufgrund der Unsicherheiten
in den Planungsannahmen, den mit der Planung verbundenen Risiken, der Komplexität der Ver-
tragsstrukturen und der Anzahl der Akteure zustande. Diese Form der Kooperation wird auch als
Projekt-PPP bezeichnet, da es sich um eine zeitlich begrenzte PPP handelt.
Beim Pool-Modell liegt eine andere Ausgangsposition vor. Dort werden Ressourcen zu Beginn
eines Vorhabens zusammengelegt, um eine spezifische Aufgabe zu erfüllen. Der Kooperati-
onsbedarf resultiert aus anderen Gründen als bei der Projekt-PPP. Es besteht hierbei in erster
Linie der Bedarf, die Zielsetzung, die organisatorische und personelle Zuordnung des Manage-
ments und die Verteilung der erzielten Ergebnisse des Ressourcenpools von den Partnern fest-
zulegen. Das Pool-Modell ist im Allgemeinen in einer gemischtwirtschaftlichen Unternehmung
aufgestellt. Es unterscheidet sich durch seine unbefristete Institutionalisierung, die Tatsache der
Festlegung einer gemeinsamen Zielsetzung, der Bündelung des Managements sowie der Ver-
teilung der Ergebnisse vom Projekt-Modell.
Die PPP findet sich als Teil im Koordinationsdreieck von Markt, Hierarchie und Netzwerk an der
Stelle wieder, an der Projekt-PPP, gesteuert durch den Markt und Organisations-PPP, gesteuert
durch die Hierarchie vom Faktor Vertrauen komplementär ergänzt werden. Es erweist sich, dass
für PPPs rein vertragliche Regelungen nicht ausreichen. Vielmehr muss die Zusammenarbeit von
öffentlichem und privatem Akteur durch Vertrauen ergänzt werden (Budäus, 2004, S.314-315).
Abhängig von der Zielsetzung der Zusammenarbeit ergeben sich unterschiedliche Funktionen der
PPP. Sie sind finanzorientiert, wenn der private Partner einen Teil der Finanzierung übernimmt,
oder sie sind managementorientiert, wenn der private Partner Steuerungsaufgaben im Rahmen
der Partnerschaft übernimmt.
1.5 Risiken und Probleme
PPPs kommen wie bereits erwähnt nicht ohne vertragliche Regelungen aus. Die komplexen
Ausgangsbedingungen führen oftmals zu stark formalisierten Verträgen, die versuchen einen
Großteil der Unsicherheiten und Risiken zu reduzieren und den Ressourceneinsatz der Partner im
Vorfeld zu regeln. Der Regelungsaufwand hängt dabei davon ab, in welchem Gebiet PPPs zur
Anwendung kommen. PPPs organisieren sich oftmals in Betriebsgesellschaften, Planungs- und
Leistungsverbünden oder gemischtwirtschaftlichen Verbünden, die durch partizipative Gremien
und Projektlenkungsgruppen flankiert sind (Manning, 2004, S.7).

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Die Folge ist, dass komplizierte Vertragswerke entstehen, die eine starke Bürokratisierung der
Zusammenarbeit bedeuten. Diese Tatsache schreckt nicht selten private Partner von einer Ko-
operation ab. Darüber hinaus scheuen Unternehmen die politische Rücksichtnahme, die oftmals
mit der Kooperation mit der öffentlichen Hand verbunden ist. Sie stellt ein weiteres Hindernis für
die Bildung von PPPs dar (ebd.).
Umgekehrt bestehen Befürchtungen auf der Seite des öffentlichen Partners. Dieser fürchtet die
unberechtigte Bereicherung von Unternehmen durch die bestehende Informations- und Kompe-
tenzasymmetrie, die durch bessere Kenntnis des privaten Partners über den Markt und die In-
vestitionsmöglichkeiten verursacht werden. Eine kritische Einschätzung der tatsächlichen Fä-
higkeiten und Ressourcen des privaten Partners fällt daher für die öffentliche Hand sehr schwer.
Bedenken aus politischer Sicht bestehen bei der Legitimation der Entscheidungen, die innerhalb
der PPP getroffen werden. Es wird befürchtet, dass wichtige Entscheidungen aus der Verwaltung
in informelle Netzwerke und privatrechtliche Gesellschaften übertragen werden und sich so der
demokratischen Legitimation entziehen und letztendlich die Gefahr besteht, dass wirtschaftliche
Akteure die Entscheidungen entgegen des öffentlichen Interesses beeinflussen (Budäus, 1997,
S.62). Dieser letzte Punkt zeigt die Schwierigkeit der Partnerschaft, denn einerseits soll der Staat
öffentliche Interessen vertreten, andererseits kann er aber in einer Partnerschaft nicht die Regeln
einseitig diktieren (Edelenbos, /Teisman, 2005, S.4).
Hiermit findet die Einführung in die Theorie der PPP ihren Abschluss. Nachdem die beiden
partnerschaftlichen Seiten von PPP einzeln behandelt wurden, um die Partnerschaft bausteinartig
zusammenzusetzen, wird auf die PPP wieder in Kapitel 4 und 5 intensiv eingegangen. Im direkten
Anschluss folgt nun die Reflexion der EZ im internationalen Kontext, durch die die grundsätzliche
Notwendigkeit von PPPs deutlich wird.

- 15 -
2. Internationale Bedeutung der Entwicklungszusammenarbeit
In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich das Umfeld, in dem Entwicklungszusammenarbeit
stattfindet, stark verändert. Deutlich werden Veränderungen z.B. anhand der Entwicklung zweier
Größen, der öffentlichen Entwicklungshilfe (ODA) und den ausländischen Direktinvestitionen
(FDI)
5
. Ob diese Veränderungen mit der wirtschaftlichen Globalisierung, die in den 1980er Jahren
begann, bzw. mit der politischen, die in den 1990er Jahren zeitverzögert folgte, wirkungstechnisch
zusammenhängen, kann an dieser Stelle nicht geklärt werden. Fakt ist allerdings, dass diese
Veränderungen parallel zur Globalisierung stattfanden.
In diesem Abschnitt soll anhand des Verlaufes dieser beiden Größen das Ausmaß der Verän-
derung aufgezeigt und ein Einblick in die Hintergründe ihrer Entwicklung gegeben werden. Diese
Betrachtung zeigt die Bedeutung, die die öffentliche EZ heute international einnimmt.
Unter ODA
6
versteht man die Aufwendungen für öffentliche Entwicklungshilfe, die durch die
Staaten der OECD geleistet werden. Bei FDI
7
handelt es sich um die finanzielle Beteiligung an
einem Unternehmen im Ausland.
Abbildung 3: Öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) der
DAC-Länder und Deutschlands 1970-2000 in Mrd. USD
Quelle: OECD, 2003, bei Bormann/Grossmann/Michaelowa, 2003, S. 4
Während in den 1970er und 1980er Jahren die ODA die FDIs deutlich übertrafen, änderte sich
das Verhältnis zu Beginn der 1990er Jahre drastisch. Die ODA entwickelte sich rückläufig und die
FDIs verfünffachten sich im gleichen Zeitraum. Im Jahr 2000 belief sich der absolute FDI-Wert auf
5
Für ausländische Direktinvestitionen ist englische Abkürzung in der Literatur geläufig. FDI = Foreign Direct Investment
6
Eine genauere Definition findet sich im Anhang.
7
Eine genauere Definition findet sich im Anhang.

- 16 -
225 Mrd. USD im Vergleich zu 54 Mrd. USD an ODA. Es ist dabei festzuhalten, dass sich die
deutsche ODA parallel zur internationalen EZ entwickelte. 1996 erreichte die deutsche ODA mit
7,6 Mrd. ihren bisherigen Höchststand, bevor sie bis 2000 auf 5 Mrd. USD fiel. Auch relativ
Abbildung 4: Ausländische Direktinvestitionen in Entwicklungsländer
8
nach dem
Entwicklungsstand der Empfängerländer, 1970 ­ 2000 in Mrd. USD
Quelle: Weltbank, 2002, bei Bormann/Grossmann/Michaelowa, 2003, S. 7
Abbildung 5: Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe (ODA) am BIP,
Durchschnitt DAC-Länder und Deutschland, 1972 ­ 2000, in %
Quelle: Weltbank, 2002, bei Bormann/Grossmann/Michaelowa, 2003, S. 4
8
Definition der Weltbank: UMIC = Gruppe der fortgeschritteneren EWL mit relativ hohem Einkommensniveau (EN),
LMIC = Gruppe der EWL mit realtiv mittlerem EN, LIC = Gruppe der EWL mit relativ niedrigem EN
Ende der Leseprobe aus 79 Seiten

Details

Titel
Public Private Partnership im Bereich der deutschen Entwicklungszusammenarbeit
Hochschule
Universität Osnabrück
Note
1.3
Autor
Jahr
2006
Seiten
79
Katalognummer
V186231
ISBN (eBook)
9783869438368
ISBN (Buch)
9783867469449
Dateigröße
915 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
public, private, partnership, bereich, entwicklungszusammenarbeit
Arbeit zitieren
Klaus Dellmann (Autor:in), 2006, Public Private Partnership im Bereich der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/186231

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