Der Wandervogel als soziale Bewegung im Kaiserreich


Seminararbeit, 2005

19 Seiten, Note: 2

Anton Reumann co. Roos (Autor:in)


Leseprobe


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0. Einleitung

Die Zeit des Kaiserreichs (1871 - 1918) ist durch gravierende Veränderungen in der deutschen Gesellschaft gekennzeichnet. Es transformieren sich nahezu alle Bereiche des wirtschaftlichen, politischen, kulturellen und sozialen Lebens. Ziel der vorliegenden Arbeit soll es sein, am Beispiel der Wandervogelbewegung, die Veränderungen im Bereich des Alltagslebens der Jugend zu beleuchten, um diese anschließend im System der gesamten Gesellschaft des betrachteten Zeitraums zu lokalisieren. Hiezu sollen im ersten Teil die ausschlaggebenden Veränderungsprozesse (Industrialisierung, Bevölkerung, Sektoren der Arbeit) beleuchtet werden, um einen Überblick über den Zustand der Gesellschaft im Kaiserreich zu bekommen. Anschließend soll der Blick auf die sozialen Bewegungen gelenkt werden, angefangen bei den kleinsten sozialen Einheiten (Familie, Gemeinde, Schule) und endend mit den organisierten Jugendbewegungen.

Der Hauptteil der Analyse fällt der ausführlichen Untersuchung des „Wandervogels“ zu, wobei die ausschlaggebenden Fragewörter WER, WAS, WO, WARUM und WIE sein werden. Hier sollen auch die anderen Jugendorganisationen der betrachteten Zeitperiode in die Analyse miteinbezogen werden.

Letztendlich soll auf die Bedeutung und die Auswirkungen des „Wandervogels“ eingegangen werden, wobei die Begriffe „Jugend“, „Organisation“ und „Politik“ eine Rolle spielen werden.

1. Vorbetrachtungen

Die Gesellschaft des deutschen Kaiserreichs erfährt im Zeitraum zwischen der Mitte des 19. und dem Anfang des 20. Jahrhunderts einige gravierende Veränderungen. Um diese zu verstehen, muss man mit den bedeutendsten anfangen - der Agrarrevolution und der Industrialisierung.

1. 1. Agrarreformen

Die Agrarevolution setzt am Ende des 18. Jahrhunderts ein und wird auch als „Bauernbefreiung“ bezeichnet. Sie ist gekennzeichnet durch einen strukturellen

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Umbau der gesamten Agrarwirtschaft: die Bauern werden von an den Landherren gebundenen „Fronarbeitern“ zu freien Bauern, die für Belohnung arbeiten und Land besitzen dürfen; die Bodenbearbeitung wird durch effizientere Kultivierungsmethoden modernisiert; zum Zwecke der Profitmaximierung wird die Landwirtschaft in eine Konkurrenzwirtschaft umorganisiert.

Zusammenfassend kann man folgendermaßen die wichtigsten Punkte der Agrarevolution aufzählen:

1. Rechtsreformen: Bodenrechte (Besitz für alle möglich), Personenrechte (Abschaffung der Leibeigenschaft), Gerichtsbarkeit;

2. Konkurrenzwirtschaft und Gewinnmaximierung im landwirtschaftlichen Sektor mittels Lohnarbeit;

3. Modernisierung der Bodenkultivierung;

4. Expansion der Landwirtschaft (der Anteil des Ackerlandes am Gesamtgebiet stieg von 26,5 % 1816 auf 51,4 % 1866 !);

5. Gewinne aus Exporten (durch Aufhebung der Kornzölle 1846). Auf weitere Einzelheiten soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden, es soll nur so viel gesagt werden: Die Agrarrevolution führt zu einem Konjunkturanstieg, welcher wiederum zur Grundlage für die einsetzende Industrialisierung wird 1 .

1. 2. Industrialisierung

Selbstverständlich setzt der Prozess der industriellen Expansion schon früher ein, denn die produktionsfördernden Verfahren und Methoden, die Transportwege und die Verarbeitungsverfahren werden schon zu Anfang des 19. Jahrhunderts eingesetzt, jedoch wird der Beginn der sprunghaft beschleunigten Industrialisierung in der geschichtlichen Fachliteratur auf 1871, das Gründungsjahr des Deutschen Reichs, datiert 2 .

Die beschleunigte Entwicklung des industriellen Sektors erfasst vor allem die Schwerindustrie und den Bergbau, jedoch der gesamte industrielle Sektor wird „mitgezogen“. Zwischen 1870 und 1874 werden allein in Preußen 857 selbständige Gesellschaften gegründet (in den 80 Jahren zuvor waren es gerade

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1 Leuschner, J. (Hrsg.), Deutsche Geschichte: Band 9: Wehler, H. - U., Das Deutsche Kaiserreich

1871 - 1918, 6. bibliographisch erneuerte Auflage, Göttingen 1988, S. 20 ff

2 Wurm, F. F., Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland 1848 - 1948, Opladen 1969, S. 85

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ersten wissenschaftlichen Beraterposten schafft, was wiederum als Folge hat, dass dafür Nachwuchs rekrutiert und herangezogen wird. Es entstehen die ersten technisch-wissenschaftlichen Lehranstalten, polytechnische Schulen und Gewerbeschulen 8 .

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Der Wandervogel als soziale Bewegung im Kaiserreich
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Note
2
Autor
Jahr
2005
Seiten
19
Katalognummer
V186275
ISBN (eBook)
9783869438092
ISBN (Buch)
9783656992509
Dateigröße
722 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
wandervogel, bewegung, kaiserreich
Arbeit zitieren
Anton Reumann co. Roos (Autor:in), 2005, Der Wandervogel als soziale Bewegung im Kaiserreich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/186275

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