Die Debatte über die Neugestaltung der Gedenkstätte Buchenwald


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2004

23 Pages, Note: 2.7


Extrait


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1. Einleitung

Das Gelände Buchenwald war durch zwei aufeinanderfolgende Diktaturen geprägt, ehe es durch die Wiedervereinigung mit einer Demokratie in Berührung kam. Das bedeutete zum ersten Mal nicht die Anpassung an eine herrschende Ideologie durch welche die Geschichte Buchenwalds mehrmals über- und verformt wurde. Ganz ohne Veränderung konnte sich Buchenwald dennoch in die Gedenkstätten der Bundesrepublik Deutschlang einfügen. Um gleich zwei Diktaturen zu bewältigen war eine Neukonzeption nach demokratischen Verständnis nötig. Wie tief Veränderungen in die Traditionen Buchenwalds eingreifen können oder sogar müssen, lotete die öffentliche Debatte um die Neukonzeption, welche in dieser Arbeit mit ihren wichtigsten Themen und Positionen skizziert werden. Den Abschnitten zur Neukonzeption ist ein historischer Teil, in dem Informationen zur Nutzung des Gelände Buchenwald als Konzentrationslager, Speziallager und National Mahn- und Gedenkstätte gegeben werden sollen. Es schließen sich Kapitel jeweils zur Situation während der politischen Wende und der Historikerkommission an. Ausgehend von den zentralen Empfehlungen der Kommission werden dann die Diskussionen zum Speziallager, der überarbeiteten Dauerausstellung und der Bewertung des Antifaschismus behandelt.

Durch die Debatte zur Neukonzeption wurde die Arbeit der Gedenkstätte öffentlich sehr deutlich wahrgenommen, so dass besonders zu beachten, dass die Diskussionen wissenschaftlichen und nicht politischen Kriterien folgten. Den Missbrauch der Gedenkstätte für politische Interessen sah ihr Direktor Volkhard Knigge als größte Gefahr für Buchenwald. Denn die Debatte zur Neukonzeption war auch Teil der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, die nach der Wiedervereinigung in eine neue Phase trat. Die zeitlich nähere SED-Diktatur trat nun zum Nationalsozialismus und schien dessen Stellenwert in der deutschen Geschichte zu verändern. Die Frage nach der Vergleichbarkeit der Diktaturen blieb nicht aus, um sich diesem Thema zu nähern scheint Buchenwald geeignet, weil sich auf dem Gelände ein nationalsozialistisches und sowjetisches Lager existierte, anhand denen sich ein Vergleich auch eingrenzen ließe.

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2. Die Nutzung des Gelände Buchenwald

2.1. Konzentrationslager (1937 - 1945)

In der Nähe von Weimar wurde während des Nationalsozialismus das KZ Buchenwald auf dem Ettersberg errichtet. Es gehörte zu den neuen, großen

Konzentrationslagern im Reich, das ab Juli 1937 von 300 Häftlingen aufgebaut wurde. Bis zum Kriegsende erweiterte man das KZ Buchenwald um 136 Außerlager und Außenkommandos.

Relativ zeitig wurden im KZ Buchenwald Juden konzentriert, zunächst 1938 im Rahmen der Aktion „Arbeitsscheu Reich“, später durch die Verlegung von 2000 jüdischen Häftlingen aus Dachau und schließlich nach der Reichpogromnacht als rund 10000 jüdische Männer eingewiesen wurden. Für die Juden errichtete man ein Sonderlager, das keine sanitären oder medizinischen Einrichtungen aufwies und nicht mehr als einen Quadratmeter Fläche für jeden Häftling bot. Wegen einer Typhusepidemie löste man das Sonderlager im Frühjahr 1939 wieder auf. Die meisten Juden hatten in dieser Zeit das KZ Buchenwald verlassen, um ins Ausland zu gehen.

Nach Kriegsbeginn erreichten vor allem „Zigeuner“ und Homosexuelle gekennzeichnet als „Asoziale“ und 5000 Häftlinge aus Polen 1 das KZ Buchenwald, die im sogenannten „Kleinen Polenlager“ eingepfercht wurden. Durch Massentransporte mit Juden und Mitgliedern von Widerstandsgruppen aus den besetzten europäischen Ländern sowie tausenden sowjetischen Kriegsgefangenen füllte sich das KZ Buchenwald ständig. Die Kriegsgefangenen wurden systematisch mit einer Genickschussanlage ermordet, während man die jüdischen Häftlinge ab Herbst 1942 in die Ghettos und Vernichtungslager im Osten transportierte. Im KZ Buchenwald geschah die Vernichtung der Menschen durch Arbeit in Rüstungsbetrieben, Hunger, sich ausbreitenden Krankheiten, medizinische Experimente und tödliche Injektionen sowie im Rahmen des Euthanasieprogramms 2 . Von insgesamt 250000 Häftlingen im KZ Buchenwald, sind etwa 56000 umgekommen.

Im KZ Buchenwald bildete sich eine illegale internationale Widerstandsorganisation, die vom internationalen Lagerkomitee (ILK) mit Häftlingen aus elf Ländern geführt

1 Es handelte sich hauptsächlich um Juden.

2 Das gilt für die Sonderbehandlung 14 f 13.

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Gedenkstätte der DDR zum unantastbaren Nationaldenkmal erstarrte, anstatt Gedenkort zu sein.

3. Die Gedenkstätte Buchenwald nach der Wende

Die Diskussionen um die Gedenkstätte Buchenwald wurden ausgelöst durch den Zerfall der DDR, deren offizielles Geschichtsbild mit verschwindet. Die Instrumentalisierung der Gedenkstätte zwingt nach der politischen Wende zu einer Neukonzeption, für die es schon vor 1990 verhaltene Ansätze gab 10 . Buchenwald konnte sich nicht einfach an die Gedenkstätten in der Bundesrepublik orientieren, weil mit der Wiedervereinigung viele neue Probleme auf die Gedenkstätte zu kamen. Zunächst war die Gedenkstätte durch zwei unterschiedliche Diktaturen belastet, so dass nun die Opfer der SED-Diktatur hinzutraten und gleichzeitig eine neue Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus stattfand. Denn die unterschiedliche Bewertung des Nationalsozialismus diente nicht mehr zur Abgrenzung der Systeme 11 , so dass besonders der Antifaschismus zu hinterfragen war, welcher eng mit den politischen Interessen und der

Fin de l'extrait de 23 pages

Résumé des informations

Titre
Die Debatte über die Neugestaltung der Gedenkstätte Buchenwald
Université
Ruhr-University of Bochum
Note
2.7
Auteur
Année
2004
Pages
23
N° de catalogue
V186341
ISBN (ebook)
9783656995555
ISBN (Livre)
9783656995531
Taille d'un fichier
659 KB
Langue
allemand
Mots clés
debatte, neugestaltung, gedenkstätte, buchenwald
Citation du texte
Christina Quast (Auteur), 2004, Die Debatte über die Neugestaltung der Gedenkstätte Buchenwald, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/186341

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