Gleich die erste Rezension1, die der ′Altonaer Reichs-Postreuter′ am 8. Februar 1776 nach der Uraufführung im Hamburger Nationaltheater über Goethes Stella veröffentlicht, ist ein Verriß des „[...] schwächste[n] Produkt[es] der Göthischen Muse, [...] [das] bisher das Licht der Welt erblickt [hat]“2: [...] Von der Moral des Stücks wollen wir nichts sagen. Es ist bekannt genug, daß Herr Dr. Göthe sich über diese Kleinigkeit fast immer hin- wegsetzt. [...] seine Stella ist eine Schule der Entführungen und Viel- weiberey. Treffliche Tugendschule!3 Das unkonventionelle Lösungsmodell der Ehe zu dritt, frei nach dem Motto „[...] eine Wohnung, ein Bett und ein Grab“(51)4, mit dem Goethe den Beziehungskonflikt zwischen Fernando, dem männlichen Helden, seiner Ehefrau Cäcilie und seiner Geliebten Stella zu einem unerwarteten Happy End führt, erregt die Gemüter der Zeitgenossen; es wird als „[...] gegen alle Grundsätze der christlichen Religion, der biblischen und philosophischen Moral, der bürgerlichen Verfassungen, ja des gesunden Menschenverstandes [...]“5 bewertet. Nicht, daß es in der Gesellschaft des 18. Jahrhunderts keine Mätressen gegeben hätte, nein, - nicht umsonst gehören die Protagonisten des Stückes dem Adel an, bei dem ein freizügigeres sexuelles Verhalten keine Seltenheit darstellte – das Anstößige liegt in der völligen Gleichberechtigung, die hier der Geliebten neben der Ehefrau zugestanden wird. Stella wird teilweise sogar mit Aufführungsverboten belegt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Stella, Ein Schauspiel für Liebende
- Stella, Cäcilie und Fernando, die Hauptfiguren des Stückes
- Stella und Cäcilie, Rivalinnen oder Schicksalsgenossinnen?
- Fernando, ein 'typisierter' Mann?
- Das Lösungsmodell der Ehe zu dritt
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert Goethes „Stella“ und beleuchtet insbesondere die Liebeskonzeption des Dreiecks zwischen Stella, Cäcilie und Fernando. Sie untersucht die Charaktere und ihre Beziehungen zueinander, um die Motivationen und Hintergründe der ungewöhnlichen Dreiecksbeziehung zu verstehen.
- Analyse der Charaktere von Stella, Cäcilie und Fernando
- Untersuchung des Verhältnisses zwischen den Frauen als Rivalinnen oder Schicksalsgenossinnen
- Interpretation des von Goethe vorgeschlagenen Lösungsmodells der Ehe zu dritt
- Einordnung der Thematik in den historischen Kontext des 18. Jahrhunderts
- Bedeutung der Rezeption des Stückes und die verschiedenen Umarbeitungen
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung
Die Einleitung präsentiert die Rezeption des Stückes im 18. Jahrhundert und zeigt die kontroversen Reaktionen auf Goethes Lösungsmodell der Ehe zu dritt. Es wird deutlich, dass die Gesellschaft der Zeit die ungewöhnliche Dreiecksbeziehung als Verstoß gegen moralische und gesellschaftliche Normen empfand. Auch die verschiedenen Umarbeitungen, die das Stück erfuhr, spiegeln den Versuch wider, das „Versehen“ Goethes zu korrigieren und die konventionelle Ordnung wiederherzustellen.
2. Stella, Cäcilie und Fernando, die Hauptfiguren des Stückes
2.1 Stella und Cäcilie, Rivalinnen oder Schicksalsgenossinnen?
Dieses Kapitel befasst sich mit der Darstellung der beiden weiblichen Figuren und stellt die Frage, ob sie als Rivalinnen um Fernando betrachtet werden sollten oder ob sie durch ihre gemeinsame Situation zu Schicksalsgenossinnen werden.
2.2 Fernando, ein 'typisierter' Mann?
Dieser Teil analysiert die Figur Fernandos und untersucht, inwieweit er den gängigen männlichen Stereotypen des 18. Jahrhunderts entspricht.
Schlüsselwörter
Goethes „Stella“, Dreiecksbeziehung, Liebeskonzeption, Ehe zu dritt, Rezeption, Moral, Gesellschaft, Geschlechterrollen, Historischer Kontext, Literaturanalyse, Figurenanalyse, Charakterisierung, Umarbeitungen
- Citation du texte
- Andreas Weidmann (Auteur), 1999, Stella, Cäcilie und Fernando - Die Liebeskonzeption des Dreiecks in J. W. Goethes 'Stella', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18683