Häufig ist die Schieflage eines Landes hinsichtlich der Währung oder politischer Umwälzungen Auslöser für Wirtschaftskrisen, die sich innerhalb kurzer Zeit auf Nachbarregionen ausdehen. Das Handelsvolumen des internationalen Kapitalmarkts nimmt fortlaufend zu, sodass die Weltkonjunktur, und im Besonderen die Heimatmärkte der Großinvestoren, im großen Maße reibungslose und gesicherte Transaktionen benötigen, um die erhofften Wechselwirkungen zwischen grenzüberschreitendem Kapitalverkehr, Renditenerzielung und Wohlstandsgewinne nicht zu gefährden. Mit der Internationalisierung von Produktion und Kapital steigt jedoch auch das Ausfallrisiko. Während ein Investor bei einer Investition auf seinem Heimatmarkt die Umweltbedingungen kennt und auch mit der Rechtslage i.w.S. vertraut ist, birgt die Unkenntnis, bei einer Überlegung in einen ausländischen Markt zu investieren, Risiken. Auch wenn das Investitionsobjekt einwandfreie Kennzahlen vorweisen kann und von Analysten als aussichtsreich und sicher beurteilt wird, kann der Eintritt eines Länderrisikos innerhalb kurzer Zeit zu einer grundlegend anderen Beurteilung des Investitionsobjektes führen, obwohl die betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen unverändert sind. Neben dieser Problematik für die Investoren überlagert das Länderrisiko zudem die individuellen Risiken und wirkt sich auf alle dort beheimateten Markteilnehmer hinsichtlich ihrer Bonität aus. Für die Marktakteure als auch für die weltweite wirtschaftliche Stabilität ist daher die richtige Einschätzung des Länderrisikos von überragender Bedeutung.
Da es für die Marktteilnehmer aufgrund der Komplexität und des Zeitaufwands nicht möglich ist, das Länderrisiko selbst einzuschätzen, bedarf es Spezialisten, die diese Aufgabe unabhängig und mit großer Sorgfalt erfüllen. Im Wesentlichen übernehmen diese Aufgabe drei Ratingagenturen. Von ihrer Expertise hängt es maßgeblich ab, ob latente Gefahren aufgedeckt und infolgedessen eventuelle Wirtschaftskrisen verhindert und Investitionsentscheidungen anhand risikoadäquater Einschätzungen hinsichtlich des Länderrisikos getroffen werden können. Die richtige und rechtzeitige Beurteilung von Länderrisiken durch die Ratingagenturen drückt sich in der Prognosequalität aus. Häufig wird den Ratingagenturen vorgeworfen, dass sie eine Teilschuld an den Ausbrüchen vergangener Wirtschaftskrisen zu verantworten hätten und zu einer Verschärfung des Krisenverlaufs beitrugen, dies gilt auch für die aktuelle Eurokrise.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1. Problemstellung
- 1.2. Gang der Untersuchung
- 2. Begriffsbestimmung
- 2.1. Länderrisiko
- 2.2. Direktinvestitionen
- 3. Direktinvestitionen in der globalisierten Welt
- 3.1. Historische und aktuelle Entwicklung
- 3.2. Bedeutung von Direktinvestitionen für die Empfängerländer
- 4. Klassifikation von Länderrisiken
- 4.1. Wirtschaftliches Risiko
- 4.1.1. Binnenwirtschaftliche Risikoindikatoren
- 4.1.2. Außenwirtschaftliche Risikoindikatoren
- 4.2. Politische Risiken
- 4.2.1. Innenpolitische Risikoindikatoren
- 4.2.2. Außenpolitische Risikoindikatoren
- 4.3. Ländergruppenrisiken
- 4.4. Sonstige Länderrisiken
- 4.5. Gesamtbetrachtung
- 5. Systematisierung der Analyseverfahren
- 5.1. Vorbemerkung zu den Analyseverfahren
- 5.2. Qualitative Verfahren
- 5.3. Quantitative Verfahren
- 5.4. Makroökonomische Verfahren
- 6. Ratingagenturen
- 6.1. Betrachtung von Markt und Wettbewerb
- 6.2. Ratingagenturen als Akteure auf dem Kapitalmarkt
- 6.2.1. Existenzbegründung angesichts friktionsfreier Märkte
- 6.2.2. Funktionen und Nutzen für Marktteilnehmer
- 6.3. Kommerzielle Anbieter
- 6.3.1. Internationale Ratingagenturen
- 6.2.2. Euromoney
- 6.2.3. BERI-Institute
- 6.2.4. Institutional Investor Magazin
- 6.2.5. Weitere Anbieter
- 6.4. Kritik an den Informationsintermediären
- 7. Prognosequalität von Länderratings
- 7.1. Am Beispiel der Asienkrise
- 7.1.1. Kurzdarstellung des Verlaufs
- 7.1.2. Ratings in der Asienkrise
- 7.2. Am Beispiel der Eurokrise
- 7.2.1. Kurzdarstellung des Verlaufs
- 7.2.2. Ratings in der Eurokrise
- 7.3. Historische Rating-Fehler
- 7.4. Ursachen für Fehleinschätzungen
- 7.4.1. Inkonstante Informationsbasis
- 7.4.2. Geschäftsmodellproblematik
- 7.4.3. Prognoseproblematik
- 7.4.4. Moral Hazard
- 7.4. Neue Verfahrensansätze
- 8. Schutzmaßnahmen gegen das Ausfallrisiko
- 8.1. Allgemeine Schutzmaßnahmen
- 8.2. Investitionsschutzabkommen
- 8.3. Credit Default Swaps
- 9. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert kritisch die Prognosequalität von Länderrisikomodellen, insbesondere im Hinblick auf die Rolle der Ratingagenturen. Es wird untersucht, ob die Kritik an den Ratingagenturen bezüglich ihrer Prognosequalität berechtigt ist und ob sie eine Mitschuld an vergangenen Wirtschaftskrisen tragen.
- Definition und Klassifizierung von Länderrisiken
- Analyse der historischen Entwicklung und der aktuellen Bedeutung von Direktinvestitionen
- Untersuchung verschiedener Analyseverfahren zur Einschätzung von Länderrisiken (qualitativ, quantitativ, makroökonomisch)
- Bewertung der Rolle und des Einflusses von Ratingagenturen auf die Finanzmärkte
- Analyse der Prognosequalität von Länderratings anhand von Fallbeispielen (Asienkrise, Eurokrise)
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung stellt die Problemstellung dar: die kritische Analyse der Prognosequalität von Länderrisikomodellen und die Rolle der Ratingagenturen bei Wirtschaftskrisen. Der weitere Aufbau der Arbeit wird skizziert, mit einer Definition der zentralen Begriffe und einer systematischen Untersuchung der verschiedenen Risikofaktoren und Analyseverfahren.
2. Begriffsbestimmung: Dieses Kapitel definiert die zentralen Begriffe "Länderrisiko" und "Direktinvestitionen". Länderrisiko wird als die Unsicherheit bezüglich zukünftiger Entwicklungen entscheidungsrelevanter Größen in einem Land definiert und umfasst sowohl Transferrisiken als auch hoheitliche Risiken (Sovereign Risk). Direktinvestitionen werden als grenzüberschreitende Kapitalanlagen definiert, die auf Kontrolle oder erheblichen Einfluss auf das investierte Unternehmen abzielen, im Gegensatz zu Portfolioinvestitionen.
3. Direktinvestitionen in der globalisierten Welt: Dieses Kapitel beschreibt die historische und aktuelle Entwicklung der Direktinvestitionen, die in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen haben, unterbrochen von Rückgängen aufgrund von Krisen wie der Dotcom-Blase und der Finanzkrise 2008. Es diskutiert die wissenschaftlichen Meinungen zur Korrelation zwischen Direktinvestitionen und Wirtschaftswachstum, wobei die meisten Studien einen positiven Zusammenhang, aber auch die Notwendigkeit von Voraussetzungen wie Humankapital und wirtschaftlicher Stabilität, aufzeigen.
4. Klassifikation von Länderrisiken: Kapitel 4 kategorisiert Länderrisiken in wirtschaftliche, politische und Ländergruppenrisiken sowie sonstige Risiken. Wirtschaftliche Risiken werden weiter unterteilt in binnenwirtschaftliche (BSP, Inflation, Investitionsquote) und außenwirtschaftliche Faktoren (Zahlungsbilanz, Auslandsverschuldung, Liquiditätsreserven). Politische Risiken umfassen innenpolitische (Regierungsstabilität, soziale Verhältnisse) und außenpolitische Aspekte (internationale Beziehungen, geopolitische Lage). Ländergruppenrisiken beschreiben die Gefahr koordinierter Zahlungsunfähigkeit mehrerer Länder. Sonstige Risiken umfassen klimatische Faktoren und Infrastrukturaspekte.
5. Systematisierung der Analyseverfahren: Dieses Kapitel beschreibt verschiedene Methoden zur Analyse von Länderrisiken, darunter qualitative (Länderberichte, Checklisten, Szenarioanalysen) und quantitative Verfahren (Scoring-Modelle, ökonometrische Modelle). Es diskutiert die Stärken und Schwächen der jeweiligen Verfahren und ihren unterschiedlichen Grad an Objektivität und Prognosequalität.
6. Ratingagenturen: Kapitel 6 beleuchtet den Markt der Ratingagenturen, ihre Dominanz durch wenige große Akteure und ihre Rolle als Informationsintermediäre. Es diskutiert ihre Existenzbegründung angesichts der neoklassischen Theorie vollkommener Märkte und analysiert ihre Funktionen und den Nutzen für Marktteilnehmer (Investoren, Emittenten, Banken).
7. Prognosequalität von Länderratings: Dieses Kapitel evaluiert die Prognosequalität von Länderratings anhand der Asienkrise und der Eurokrise. Es zeigt auf, dass die Ratingagenturen in beiden Fällen erhebliche Fehler begangen haben, sowohl durch zu optimistische Bewertungen vor den Krisen als auch durch zu späte und zu drastische Herabstufungen während der Krisen. Die Kapitel analysiert auch die Ursachen für diese Fehleinschätzungen (inkonstante Informationsbasis, Geschäftsmodellproblematik, Prognoseproblematik, Moral Hazard).
8. Schutzmaßnahmen gegen das Ausfallrisiko: Dieses Kapitel stellt verschiedene Maßnahmen zum Schutz vor Länderrisiken vor, darunter allgemeine Maßnahmen (Diversifizierung, unabhängige Informationsquellen), Investitionsschutzabkommen (BITs) und Credit Default Swaps (CDS).
Schlüsselwörter
Länderrisiko, Direktinvestitionen, Ratingagenturen, Prognosequalität, Wirtschaftskrisen, Asienkrise, Eurokrise, Qualitative Verfahren, Quantitative Verfahren, Makroökonomische Verfahren, Scoring-Modelle, Sovereign Risk, Transferrisiko, Investitionsschutzabkommen (BITs), Credit Default Swaps (CDS), Informationsasymmetrie, Moral Hazard.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Analyse der Prognosequalität von Länderrisikomodellen
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert kritisch die Prognosequalität von Länderrisikomodellen, insbesondere die Rolle der Ratingagenturen bei Wirtschaftskrisen. Es wird untersucht, ob die Kritik an den Ratingagenturen berechtigt ist und ob sie eine Mitschuld an vergangenen Wirtschaftskrisen tragen.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit umfasst die Definition und Klassifizierung von Länderrisiken, die Analyse der historischen Entwicklung und der aktuellen Bedeutung von Direktinvestitionen, die Untersuchung verschiedener Analyseverfahren zur Einschätzung von Länderrisiken (qualitativ, quantitativ, makroökonomisch), die Bewertung der Rolle und des Einflusses von Ratingagenturen auf die Finanzmärkte und die Analyse der Prognosequalität von Länderratings anhand von Fallbeispielen (Asienkrise, Eurokrise).
Wie werden Länderrisiken klassifiziert?
Länderrisiken werden in wirtschaftliche (innen- und außenwirtschaftliche Faktoren), politische (innen- und außenpolitische Faktoren), Ländergruppenrisiken und sonstige Risiken (klimatische Faktoren, Infrastruktur) kategorisiert. Wirtschaftliche Risiken umfassen z.B. BIP, Inflation, Investitionsquote, Zahlungsbilanz und Auslandsverschuldung. Politische Risiken beinhalten Regierungsstabilität, soziale Verhältnisse und internationale Beziehungen.
Welche Analyseverfahren werden untersucht?
Die Arbeit beschreibt qualitative Verfahren (Länderberichte, Checklisten, Szenarioanalysen) und quantitative Verfahren (Scoring-Modelle, ökonometrische Modelle) zur Analyse von Länderrisiken. Die Stärken und Schwächen der jeweiligen Verfahren und ihr Grad an Objektivität und Prognosequalität werden diskutiert.
Welche Rolle spielen Ratingagenturen?
Die Arbeit beleuchtet den Markt der Ratingagenturen, ihre Dominanz durch wenige große Akteure und ihre Rolle als Informationsintermediäre. Es wird ihre Existenzbegründung angesichts der neoklassischen Theorie vollkommener Märkte diskutiert, sowie ihre Funktionen und der Nutzen für Marktteilnehmer (Investoren, Emittenten, Banken) analysiert. Die Kritik an den Informationsintermediären wird ebenfalls thematisiert.
Wie wird die Prognosequalität von Länderratings bewertet?
Die Prognosequalität wird anhand der Asienkrise und der Eurokrise evaluiert. Es wird gezeigt, dass Ratingagenturen in beiden Fällen erhebliche Fehler begangen haben (zu optimistische Bewertungen vor den Krisen, zu späte und zu drastische Herabstufungen während der Krisen). Die Ursachen dieser Fehleinschätzungen (inkonstante Informationsbasis, Geschäftsmodellproblematik, Prognoseproblematik, Moral Hazard) werden analysiert.
Welche Schutzmaßnahmen gegen das Ausfallrisiko gibt es?
Die Arbeit stellt verschiedene Schutzmaßnahmen vor, darunter allgemeine Maßnahmen (Diversifizierung, unabhängige Informationsquellen), Investitionsschutzabkommen (BITs) und Credit Default Swaps (CDS).
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Länderrisiko, Direktinvestitionen, Ratingagenturen, Prognosequalität, Wirtschaftskrisen, Asienkrise, Eurokrise, Qualitative Verfahren, Quantitative Verfahren, Makroökonomische Verfahren, Scoring-Modelle, Sovereign Risk, Transferrisiko, Investitionsschutzabkommen (BITs), Credit Default Swaps (CDS), Informationsasymmetrie, Moral Hazard.
Wie ist die Arbeit aufgebaut?
Die Arbeit ist strukturiert in Kapitel, beginnend mit einer Einleitung und einer Begriffsbestimmung. Es folgen Kapitel zu Direktinvestitionen, der Klassifizierung von Länderrisiken, Analyseverfahren, Ratingagenturen, der Prognosequalität von Länderratings, Schutzmaßnahmen und einem Fazit. Jedes Kapitel fasst seine Kernaussagen zusammen.
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- Stefano Biondi (Author), 2012, Länderrisikomodelle - Eine kritische Analyse der Prognosequalität, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/186860