Die unter dem Namen Theognidea zusammengefaßten elegischen Gedichte aus archaisch-griechischer Zeit werden auch heute noch als Zeugnisse über die Lebenswirklichkeit damaliger Menschen im griechischen Raum herangezogen. Gerade aufgrund ihres weit aufgespannten thematischen Horizonts lassen sich – je nach Herangehensweise und quellenkritischer Befähigung des Lesers – aus ihnen viele Aussagen über politische, soziale und kulturelle Umstände des, wenngleich schwierig einzugrenzenden, Abfassungszeitraums herauslesen.
Die mutmaßliche Abfassung des Großteils des Textcorpus fällt in die Zeit großer gesellschaftlicher Umwälzungen in den griechischen Poleis. Angesichts einer aufstrebenden bürgerlichen Schicht und der Zunahme sozialen Aufstiegs durch geschäftlichen Erfolg sah sich die bestehende Nobilität mit einer fortschreitenden Gefährdung ihrer oligarchischen Vormachtstellung konfrontiert. Insbesondere über das Selbstverständnis des zeitgenössischen Adels sowie seine Reaktion auf das Auftreten erster homines novi scheint die Textsammlung Erkenntnisse bereitzuhalten.
In der vorliegenden Arbeit sollen quellenkritische Ansätze nur eingangs und oberflächlich behandelt werden, um den Hauptteil für die Analyse des Theognideischen Corpus aufwenden zu können. Im Fokus der Exegese steht dabei die Suche nach Zeugnissen über Zustand, Selbstverständnis, Wirkabsicht und Ideologie des archaischen griechischen Adels. Naturgemäß wird sich die Arbeit zu diesem Zweck vorwiegend auf die Gedichte des »Ersten Buchs« der Theognidea konzentrieren und die Distichen vorwiegend päderastischen Inhalts aus dem »Zweiten Buch« aus der Betrachtung weitestgehend aussparen, obgleich es sich bei der paiderastia um ein wichtiges Element der antiken griechischen Ausbildung junger Adliger handelte.
Zusammenfassend sollen also die Theognidea hinsichtlich ihrer Aussagekraft über die Lebensumstände und qualitativen Selbstzuschreibungen des griechischen Adels in einer politischen Transformationsphase der archaischen Zeit untersucht werden.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Quellenproblematik
- 2.1. Person des Verfassers
- 2.2. Mögliche nachträgliche Verfälschung
- 3. Das Adelsbild der Theognidea
- 3.1. Die soziale Scheidung
- 3.2. Tugendhaftigkeit versus Materialismus
- 3.3. Politische Implikationen
- 3.4. Erotischer Inhalt
- 4. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Theognidea als Quelle für das Verständnis des griechischen Adels in der archaischen Zeit. Sie analysiert das Selbstverständnis, die Ideologie und die Lebensumstände dieser Schicht vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Umbrüche. Dabei werden die Schwierigkeiten der Quellenkritik und die Problematik der Autorschaft der einzelnen Gedichte berücksichtigt.
- Das Selbstverständnis des archaischen griechischen Adels
- Die soziale Scheidung zwischen Adel und Nicht-Adel
- Die politische Rolle des Adels in Zeiten des Wandels
- Der Einfluss pädagogischer Aspekte auf die Theognidea
- Quellenkritische Auseinandersetzung mit den Theognidea
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1: Einleitung führt in die Thematik ein und beschreibt die Theognidea als Quelle für die Lebenswirklichkeit des archaischen Griechenlands. Es wird auf die gesellschaftlichen Umwälzungen der Zeit und die damit verbundenen Herausforderungen für den Adel hingewiesen.
Kapitel 2: Quellenproblematik behandelt die Schwierigkeiten bei der Interpretation der Theognidea. Es werden die Unsicherheiten bezüglich der Autorschaft und möglicher nachträglicher Veränderungen des Textes thematisiert. Die Problematik der Interpretation lyrischer Texte wird ebenfalls angesprochen.
Kapitel 3: Das Adelsbild der Theognidea analysiert die Darstellung des Adels in den Gedichten. Es werden Aspekte wie soziale Abgrenzung, Tugendhaftigkeit im Vergleich zum Materialismus, politische Implikationen und erotische Inhalte beleuchtet.
Schlüsselwörter
Theognidea, archaisches Griechenland, Adel, Oligarchie, Quellenkritik, soziale Scheidung, Tugend, Materialismus, Politik, Päderastie, Kyrnos, homines novi, gesellschaftlicher Wandel.
- Citation du texte
- Nils Wegner (Auteur), 2011, Vom Symposion in die Geschichtswissenschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/186874