Orthografie und Schriftspracherwerb

Orthographie und Schriftspracherwerb durch nichtdeutsche LernerInnen


Term Paper, 2011

14 Pages, Grade: 1,9


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theorie des Schrifterwerbs
2.1 Stufenmodell des Schriftspracherwerbs

3. Empirischer Teil
3.1 Die Hamburger Schreibprobe
3.2 Durchführung der Hamburger Schreibprobe
3.3 Auswertung der Hamburger Schreibprobe
3.4 Fördermöglichkeiten

4. Einsatz der Fördermöglichkeiten

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Rechtschreibung gilt im Deutschunterricht als sehr ungeliebt. Zumindest für die Schüler. Den Lehrern macht es Spaß, denn es sind die wirklich entspannenden Stunden, in denen man nichts diskutieren muss, sondern einfach nur Fakten rüberbringen und anwenden lassen muss. Die Schüler hingegen, gerade auch die, die mit Rechtschreibung schlechte Erfahrungen haben oder nicht mit Deutsch als Muttersprache aufgewachsen sind, sehen das Thema Rechtschreibung im Unterricht als einen Graus an.

In der Öffentlichkeit jedoch wird Rechtschreibung hoch geschätzt. Wer gut schreiben kann, ist automatisch gebildeter und hat bessere Zukunftsaussichten im Berufsleben. Nicht umsonst werden in fast jedem Einstellungstest Diktate geschrieben. So scheint es auch, als sei die Leistung des Schreibens sehr einfach zu bewerten. Man muss einfach nur die Fehler zählen und kann sich ein Bild davon machen, wie gut gebildet derjenige ist, der getestet worden ist.

Zieht man aber weiterreichende Dinge in Betracht, wie zum Beispiel die verschiedenen Erwerbsprozesse der Schriftsprache, merkt man schnell, dass allein das Fehlerzählen keine gute objektive Möglichkeit allein bildet. Der erste Blick kann also täuschen und es wäre ungenügend nur die Fehler zu zählen.

Für den Aufbau eines guten Deutschunterrichts ist es ein Muss, zu wissen, welche Rechtschreibkompetenzen eine Klasse hat und welche nicht. Die Kinder sollen schon in der Grundschule dazu befähigt werden, orthografische Regeln anzuwenden und ein Verständnis für das System der Orthografie entwickeln. Folgende Auffassung sollte man dabei berücksichtigen: ,, Beim Rechtschreiberwerb handelt es sich um eine eigenaktive, tentative Konstruktion eines Wissenssystems durch die einzelnen Schülerinnen und Schüler. Der Rechtschreibunterricht kann dieses Wissenssystem nicht in die Köpfe der Schüler implantieren, er kann nur möglichst günstige Bedingungen dafür schaffen, dass sie es sich aneignen können – und sich auch aneignen wollen.“[1]

Durch das Seminar „Orthografie und Schriftspracherwerb durch LernerInnen anderer Erstsprachen“ entwickelte sich die Idee für diese Hausarbeit. Die Idee, die Hamburger Schreibprobe als Studie für diese Hausarbeit zu nutzen, wurde durch eine Sozialarbeiterin an einer Schule geprägt, die Schüler der fünften Klasse in den Unterricht begleitet und sich mit Fördermöglichkeiten auskennt.

Es wurde also dann im Lehrerkollegium geklärt, in wie fern es möglich ist, einer Praktikantin eine fünfte Klasse während des fünfwöchigen Praktikums anzuvertrauen um die Studie durchzuführen. Es wurde genehmigt, mit Hinblick darauf, dass die Sozialarbeiterin in jeder Deutschstunde mit anwesend sein muss.

Ziel der Hausarbeit ist es, folgende drei Fragen zu klären:

1. Ist die Hamburger Schreibprobe (HSP) als Diagnoseverfahren geeignet?
2. Können mit dem Fördermaterial Fortschritte erzielt werden?
3. Wie kann der Unterricht mit dem Fördermaterial gestaltet werden?

Die Ausarbeitung beginnt mit einem Teil Theorie, zur Klärung des Stufenmodells des Schriftspracherwerbs um zu erkennen, worauf die Hamburger Schreibprobe aufbaut. Folgend daran schließt sich eine kurze Darstellung des Konzeptes Hamburger Schreibprobe und des Auswertungsverfahrens, sowie des Fördermaterials. Im nächsten Teil wird dann die Durchführung der Hamburger Schreibprobe erklärt, sowie eine genaue Betrachtung der Arbeiten der Schüler und Schülerinnen. Eine kurze Einsicht in die Sichtweise der Kinder zum Fördermaterial wird geschildert, bevor sich das Fazit anschließt.

2. Theorie des Schrifterwerbs

2.1. Stufenmodell des Schriftspracherwerbs

„Wie Sprachenlernen überhaupt, so ist auch der Erwerb der Orthografie über weite Strecken ein intuitiver, d.h. Nicht von außen gesteuerter Lernprozess. Kinder lernen, indem sie handeln und sich an Rückmeldungen orientieren.“[2]

Kinder verwenden eine bestimmte und immer gleiche Abfolge von Strategien beim lernen der Rechtschreibung. Zunächst dominiert die alphabetische Strategie. Diese erweitert sich zum orthografischen Schreiben, welches dann schlussendlich im morphematischen Schreiben aufgeht. Voraussetzung für all diese Strategien ist jedoch die phonologische Bewusstheit. Das ist auch gleich bei Kindern, deren Erstsprache nicht Deutsch ist. Dies ist in jeder Sprache gleich. Die phonologische Bewusstheit ist unterschiedlich von Kind zu Kind ausgeprägt. Da gibt es zum Beispiel die Lauttreue, das heißt, die Strategie ist vollkommen entwickelt, jedoch wird falsch geschrieben. So schreibt ein Schüler der fünften Klasse zum Beispiel SCHTATT für Stadt. Eine weitere Phase kann die Lautentsprechung sein, das heißt, fast alle Phoneme werden verschriftet. So kommt es dazu, dass ein Kind türkischer Abstammung MUTA für

Mutter schrieb. Die Skelettschreibung ist die unterentwickelteste Form der phonologischen Bewusstheit. In der Skelettschreibung werden, wie der Name bereits sagt, nur Skelette von Wörtern geschrieben. So also zum Beispiel nur MT für Mutter. Dies kam allerdings in der fünften Klassenstufe nicht mehr vor und ist nur ein Erfahrungswert der Sozialarbeiterin aus jüngeren Klassen. Dem folgt die orthografische Strategie, bei der die Kinder Einsicht in die Regelungen der Rechtschreibung bekommen und orthografisch geregelte Muster übernehmen. Die heißt allerdings nicht, dass diese auch direkt übernommen werden. Zu diesen orthografischen Merkmalen gehören diese, die sich die Kinder merken müssen und Regelungen, deren Verwendung abgeleitet werden kann. Oftmals mischen sich die orthografische und die alphabetische Strategie oft bei den Kindern. Schlimmer noch ist es bei jenen Kindern mit Migrationshintergrund, bei denen sich nicht nur die Strategien, sondern auch die Sprachen vermischen. Dies ist dann die schwierigste Phase im Rechtschreiblernen bei den Kindern. Sie müssen sich bewusst darüber werden, welche regeln zur deutschen Sprache und welche zu ihrer eigentlichen Muttersprache gehören, sie dürfen keine anderen Schriftzeichen anwenden und müssen strikt trennen. Gerade in der Anfangsphase des Rechtschreiblernens ist es somit am Schwersten für diejenigen Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Diese Kinder müssen dann umso mehr gefördert werden. Darauf wird aber später bei den Fördermöglichkeiten der Hamburger Schreibprobe noch näher eingegangen.

Bei der morphematischen Strategie sollen die Kinder die Strukturen der Rechtschreibung kennenlernen. So sollen dann die Fähigkeit errungen werden, anhand von Herleitungen der Schreibung die morphematische Struktur zu erkennen. Als Grundlage dazu muss zuerst der Wortstamm erkannt werden, wie bei dem Wort Räuber, dies nennt man dann morphosematisches Bedeutungswissen und auch ein morphologisches Strukturwissen vorhanden sein. Dies bedeutet, dass komplexe Wörter in einzelne Wortteile zerlegt werden können. Andere sprachliche Aspekte, wie die Herleitung der Groß- und Kleinschreibung, Zusammen- und Getrenntschreibung oder auch die Kommasetzung müssen beherrscht werden.[3]

Bei jedem Kind prägen sich diese Strategien allerdings anderweitig und anders schnell aus. Es kommt zu Überschneidungen, es werden Hypothesen aufgestellt, wieder verworfen oder teilweise übergeneralisiert. Das Gespür für die Rechtschreibung ist damit ein immer fortwährender Prozess der Entwicklung. Zur Messung und Definition der orthografischen Kompetenz, bezieht man sich auf standardisierte Rechtschreibtests. Ein solcher Test muss den Gütekriterien Objektivität, Validität und Reliabilität unterliegen. Durch solch einen Test können kundige Schüler von nicht kundigen Schülern unterschieden und entlarvt werden. An jede der Diagnosen müssen sich zwangsläufig Fördermöglichkeiten anschließen. Die meisten solcher Rechtschreibtests lassen gut analysieren, wie viele Fehler gemacht werden. Wichtig ist allerdings zu wissen, welcher Natur der Fehler entspringt. Kompetent ist nicht gleich jeder, der fehlerhaft schreibt, sondern derjenige, der das fehlerhafte Schreiben auch durch fachliches und metakognitives Wissen verbindet. Damit können Kinder im Unterricht Schritt für Schritt ihren Weg zur Schrift finden. Am Beispiel der fünften Klasse gesehen legt sich dies beispielsweise so dar. Die lehrende Person ging gerade mit den Schülern die Regelungen der Groß- und Kleinschreibung durch. Als dann Übungen dazu erarbeitet wurden, fragte sie einen türkischstämmigen Jungen nach der Lösung. Diese war richtig, jedoch konnte er nicht erklären, anhand welcher Regeln er das Wort so geschrieben hatte. Dieser Schüler hat zwar die Kompetenz des richtigen Schreibens erlangt, jedoch nicht die volle Kompetenz des metakognitiven Denkens.

[...]


[1] Steinig,Wolfgang/ Huneke, Hans-Werner (2004): Sprachdidaktik Deutsch. Eine Einführung. 2. Auflage. Berlin: Erich Schmidt Verlag, S. 131

[2] May, Peter (2000): Diagnose orthographischer Kompetenz. Zur Erfassung der grundlegenden Rechtschreibstrategien mit der Hamburger Schreibprobe. Hamburg: Verlag für pädagogische Medien, S. 18

[3] vgl. Bartnitzky, Horst (2007): Sprachunterricht heute. 5. Auflage. Berlin: Cornelson Scriptor, S. 109Ff

Excerpt out of 14 pages

Details

Title
Orthografie und Schriftspracherwerb
Subtitle
Orthographie und Schriftspracherwerb durch nichtdeutsche LernerInnen
College
Justus-Liebig-University Giessen
Grade
1,9
Author
Year
2011
Pages
14
Catalog Number
V186949
ISBN (eBook)
9783656103516
File size
377 KB
Language
German
Keywords
orthografie, schriftspracherwerb, orthographie, lernerinnen
Quote paper
Linda Dittrich (Author), 2011, Orthografie und Schriftspracherwerb , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/186949

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