Leseprobe
INHALT
1.) Vorbemerkung
2.) Entscheidung des österreichischen Verfassungsgerichtshofes
3.) Gesetzgeberische Konsequenzen aus der Entscheidung des österreichischen Verfassungsgerichtshofes
4.) Ausdehnung der Grunderwerbsteuerpflicht
5.) Einführung einer Meldeverpflichtung von Schenkungen
6.) Auswirkung auf internationale Fälle der Erbschaft bzw. Schenkung
1.) Vorbemerkung
Österreich hatte lange Jahre ein dem deutschen angelehntes Erbschaftssteuerrecht. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass der österreichische Verfassungsgerichtshof zeitnah zum deutschen Bundesverfassungsgericht eine diese Steuer betreffende Entscheidung gefällt hat.
Sowohl in Österreich als auch in Deutschland war und ist die Erbschaftssteuer eine Steuer mit einem relativ geringen Aufkommen. In Österreich betrug das Aufkommen zuletzt rund EUR 150 Mio. jährlich. In Deutschland im Vergleichsjahr 2007 rund EUR 4 Mrd. Gleichwohl sind die Gesetzgeber der beiden Staaten nach den Verfassungsgerichtsentscheidungen unterschiedliche Wege gegangen. Den österreichischen Weg darzustellen ist der Zweck des vorliegenden Beitrags.
2.) Entscheidungen des österreichischen Verfassungsgerichtshofes
Mit Entscheidungen vom 07.03.2007 und 15.06.2007 wurde vom österreichischen Verfassungsgerichtshof die Erbschafts- und Schenkungssteuer für verfassungswidrig erklärt. Dem Gesetzgeber wurde eine sogenannte „Reparaturfrist“ bis zum 31.07.2008 gegeben, um ein verfassungsgemäßes Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz herzustellen. Der Anlass für die österreichische Verfassungsgerichthofsentscheidung ist ähnlich dem Anlass der deutschen Bundesverfassungsgerichtshofentscheidung. Nach österreichischem Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht war Bemessungsgrundlage für den Grundbesitz der dreifache Wert der zum 01.01.1973 festgestellten Einheitswerte. Der österreichische Verfassungsgerichtshof war der Ansicht, dass diese pauschale Vervielfältigung von Einheitswerten keine verfassungsgemäße Bewertung von Grundstücken darstellen kann. Hauptkritikpunkt ist gewesen, dass es für die Bewertung nicht darauf ankam, was jemand konkret zum aktuellen Erbschafts- oder Schenkungsfall erhält, sondern welchen Wert dieser Grundbesitz vor Jahrzehnten hatte.
Der österreichische Verfassungsgerichtshof hat deswegen die österreichische Erbschaftsteuer und Schenkungssteuer insgesamt als verfassungswidrig aufgehoben und dem Gesetzgeber eine Reparaturfrist bis zum 31.07.2008 gegeben.
3.) Gesetzgeberische Konsequenzen aus der Entscheidung des österreichischen Verfassungsgerichtshofes
Wie oben bereits dargestellt, hatte der Gesetzgeber die Möglichkeit bis 31.07.2008 das für verfassungswidrig erklärte Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz in Österreich zu reparieren. In Österreich fand daraufhin eine politische Diskussion statt, ob von dieser Reparaturmöglichkeit gebrauch gemacht werden soll oder ob die Erbschafts-, Schenkungssteuer, wie vom österreichischen Verfassungsgerichtshof angeordnet, zum 31.07.2008 auslaufen soll.
In dieser Diskussion hat sich jedoch recht bald herausgestellt, dass sich politisch eine überwältigende Mehrheit für die Abschaffung der Erbschafts-, Schenkungssteuer ausspricht. Das Hauptargument der Befürworter für die Abschaffung dieser Steuer ist zum einen das relativ geringe Aufkommen zwischen jährlich EUR 110 Mio. und EUR 150 Mio. und zum anderen der hohe Verwaltungsaufwand. Es wird ausgeführt, dass ca. 130 Finanzbeamte in Österreich 25 % ihrer Arbeitszeit mit der Erhebung und Verwaltung der Erbschafts- und Schenkungssteuer verbracht haben.
Dieses Argument wurde nicht von allen politischen Parteien geteilt. Teile der SPÖ und der Grünen kritisierten, dass mit der Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer eine Besteuerung des Vermögens praktisch nicht mehr stattfindet und somit eine Benachteiligung von Arbeitseinkommen gegeben sei. Weiterhin wird durch die Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer eine Privilegierung der Vermögenden und besser Verdienenden durch diese Parteien gesehen.
Letztlich konnten sich diese Stimmen gegen die Befürworter der Abschaffung der Erbschaftsteuer und Schenkungssteuer nicht durchsetzen, sodass zum 31.07.2008 die Erbschafts-, Schenkungssteuer in Österreich abgeschafft wurde, mit der Folge, dass für Erbschafts- und Schenkungssteuerfälle ab dem 01.08.2008 keine Erbschafts-, Schenkungsteuer mehr erhoben wird.
4.) Ausdehnung der Grunderwerbsteuerpflicht
Mit dem Auslaufen der Erbschafts-, Schenkungssteuer in Österreich hat sich der Gesetzgeber jedoch dazu entschlossen, die bereits bestehende Grunderwerbsteuerpflicht auszudehnen und Meldepflichten für unentgeltliche Vermögensübertragungen einzuführen. Weiterhin wurden Neuregelungen bei der Fortführung von Abschreibungen bei unentgeltlichen Übertragungen getroffen. Schließlich wurde noch der Eingangssteuersatz für Stiftungen geändert. Diese Änderungen wurden in einem Schenkungsmeldegesetz 2008 (SchenkMG 2008) zusammengefasst. Die einzelnen Punkte dieses Gesetzes werden nachfolgend erläutert.
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