Zur Einhaltung der Defizitgrenze des Europäischen Stabilitäts- und
Wachstumspakets als auch zur Einhaltung der neuen Schuldenregel des Art. 15
GG hat die Bundesregierung auf der Kabinettsklausur am 06. und 07. Juni 2010
ein Konsolidierungspaket, auch sog. „Zukunftspaket“ genannt, im Umfang von
rund 80 Mrd. Euro für den Finanzplanzeitraum 2011 bis 2014 beschlossen. Im
Rahmen dessen hat die Bundesregierung zur Umsetzung derjenigen
Bestandteile des Zukunftspakets, die einer fachgesetzlichen Regelung bedürfen,
das Haushaltsbegleitgesetz 2011 auf den Weg gebracht. Die darin enthaltenen
Maßnahmen sollen in den nächsten vier Jahren eine Entlastung des
Bundeshaushalts von rund 20 Mrd. Euro erzielen.
Einzelne Gesetzesänderungen bzw. –ergänzungen finden sich seit dem
01.01.2011 im Luftverkehrssteuergesetz, im Energie- und Stromsteuergesetz,
im Sozialgesetz, im Wohngeldgesetz und auch in der Insolvenzordnung (Art. 3
HBeglG 2011) wieder. Gerade die Änderungen in der Insolvenzordnung haben
für viel Unruhe gesorgt, weil sie mit den insolvenzrechtlichen Zielen,
Gleichbehandlung aller Gläubiger und einem sanierungsfreundlichen
Verfahrensablauf, nicht vereinbar sein sollen.
Gegenstand der vorliegenden Masterarbeit ist die umfassende
rechtswissenschaftliche Darstellung der Gesetzesänderungen bzw. –
ergänzungen in der Insolvenzordnung, hier im Besonderen auf die Einführung
bestimmter Sonderrechte für einzelne Gläubigergruppen und deren
Auswirkungen auf den Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz.
Im zweiten Abschnitt dieser Masterarbeit wird ein allgemeiner Überblick über die
Entwicklungsgeschichte nebst der inhaltlichen Ziele des Haushaltsbegleitgesetz
2011 gegeben. Vertieft werden daneben auch die einzelnen Stellungnahmen von
Verbänden zu dem Regierungsentwurf bzw. der Regierungsbegründung.[...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung und Problemstellung
- 2. Überblick Haushaltsbegleitgesetz 2011
- 2.1. Vorgeschichte
- 2.1.1. Ziele und Entwürfe
- Stellungnahmen und Empfehlungen zum Gesetzesentwurf
- 2.2. Änderungen des § 14 Abs. 1 und Abs. 3 InsO
- Exkurs Insolvenzantragsverfahren
- 2.1. Vorgeschichte
- 3. § 14 InsO neue Fassung
- 3.1. Historie zur Änderung des § 14 InsO
- 3.2. § 14 InsO alte Fassung
- 3.3. Erster Änderungsentwurf im Rahmen des Gesetzes zum Pfändungsschutz der Altersvorsoge und zur Anpassung des Rechts der Insolvenzanfechtung
- 3.4. Zweiter Änderungsentwurf im Rahmen des Gesetzes zur Entschuldung mitteloser Personen, zur Stärkung der Gläubigerrechte sowie zur Regelung der Insolvenzfestigkeit von Lizenzen
- 3.5. Regierungsentwurf zum HBegIG 2011 i.d.F. vom 27.09.2010
- 3.6. Gesetzesbeschluss des Bundestages vom 28.10.2010
- 3.7. Auslegung der Novellierung für das Insolvenzantragsverfahren
- 3.5.1. Ausgangslage
- 3.5.2. Die Novellierung im Einzelnen
- 3.5.2.1. Zwei-Jahreszeitraum
- 3.5.2.2. Glaubhaftmachung des Erstantrags
- 3.5.2.3. Rechtsschutzbedürfnis
- 3.5.2.4. Kostenentscheidung
- 3.8. Auswirkungen für die Praxis – kritische Standpunkte
- 3.6.1. Kritik 1: Keine Frühzeitige Feststellung eines Insolvenzeröffnungsgrundes
- 3.6.2. Kritik 2: Kostenregelung zu Lasten solventer Schuldner
- 4. Erweiterung des § 55 InsO um Abs. 4
- 4.1. Gläubigerbefriedigung nach der Konkursordnung
- 4.2. Gläubigerbefriedigung nach der Gesamtvollstreckungsordnung
- 4.3. Einführung - Befriedigung der Insolvenzgläubiger im Sinne des „par condicio creditorum“
- 4.3.1. Massegläubiger nach §§ 53, 54 InsO
- 4.3.2. Sonstige Masseverbindlichkeiten nach § 55 InsO
- 4.3.3. Insolvenzgläubiger nach § 38 InsO
- 4.3.4. Nachrangige Insolvenzgläubiger nach § 39 InsO
- 4.3.5. Verteilungsrangordnung der Masse- und Insolvenzgläubiger
- 4.4. Vorgeschichte zu § 55 InsO
- 4.4.1. Erste Versuche zur Umsetzung eines Fiskusvorrechts
- 4.4.2. Regierungsentwurf zu § 55 Abs. 4 InsO neue Fassung
- 4.5. § 55 Abs. 4 InsO neue Fassung
- 4.6. Auslegung des § 55 Abs. 4 InsO neue Fassung
- 4.6.1. Benachteiligung des Fiskus gegenüber gesicherten Gläubigern
- 4.6.2. Missbrauch der Rechtsstellung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters
- 4.7. Steuerrechtliche Behandlung
- 4.7.1. Vorsteuerabzug zugunsten der Masse
- 4.7.2. Umsatzsteuer
- 4.7.3. Körperschaftsteuer
- 4.7.4. Gewerbesteuer
- 4.7.5. Einkommensteuer
- 4.7.6. Lohnsteuer
- 4.8. Auswirkungen auf Betriebsfortführung
- 5. „Für einen zu viel, für alle zu wenig“ – Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz versus Insolvenzvorrechte
- 5.1. Insolvenzvorrechte
- 5.1.1. Bankenprivileg
- 5.1.2. Lieferantenprivileg
- 5.1.3. Arbeitnehmerprivileg
- 5.1. Insolvenzvorrechte
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Auswirkungen des Haushaltsbegleitgesetzes 2011 auf die Insolvenzordnung, insbesondere im Hinblick auf den Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz. Sie analysiert die Änderungen des Gesetzes und deren praktische Relevanz.
- Änderungen des § 14 InsO bezüglich des Insolvenzantragsverfahrens
- Auswirkungen der Novellierung auf die Gläubigerbefriedigung
- Neuordnung des § 55 InsO und die Behandlung des Fiskus
- Konflikt zwischen Gläubigergleichbehandlung und Insolvenzvorrechten
- Steuerrechtliche Implikationen der Insolvenzordnung
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 führt in die Thematik ein und beschreibt die Problemstellung. Kapitel 2 bietet einen Überblick über das Haushaltsbegleitgesetz 2011 und seine Vorgeschichte. Kapitel 3 analysiert detailliert die Änderungen des § 14 InsO, inklusive seiner Historie und verschiedener Gesetzesentwürfe. Kapitel 4 befasst sich mit der Erweiterung des § 55 InsO um Absatz 4 und den damit verbundenen Auswirkungen auf die Gläubigerbefriedigung, insbesondere die Behandlung des Fiskus. Kapitel 5 diskutiert den Konflikt zwischen dem Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz und bestehenden Insolvenzvorrechten.
Schlüsselwörter
Haushaltsbegleitgesetz 2011, Insolvenzordnung, Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz, § 14 InsO, § 55 InsO, Insolvenzantragsverfahren, Gläubigerbefriedigung, Fiskus, Insolvenzvorrechte, Steuerrecht.
- Quote paper
- Jennifer von Gemünden (Author), 2011, „Ade, Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz?“, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/187454