Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Die Voraussetzungen und Grundannahmen einer humanistischen Beratung
1.2 Vorbedingungen für eine erfolgreiche Beratung
1.3 Rahmenbedingungen fürdieses Beratungsgespräch
2 Das Beratungsgespräch
2.1 Das Setting
2.2 Der Verlauf des Gespräches
2.3 Das Aufzeigen und finden des richtigen Weges, die suche 8 nach möglichen Handlungsoptionen
3 Das reflektieren des Beratungsgespräches
4 Schlussbemerkungen
5 Literaturangaben
Das ethische Beratungsgespräch in der Tagesgruppe
1 Einleitende Gedanken zu einem Beratungsgespräch
In der Lehrveranstaltung Ethik, Psychologie und Gesprächsführung wurden uns theoretische Beratungsmodelle vorgestellt, aber es wurden auch Beratungssituationen in Einzel-Gruppenberatungen durchgeführt. Es fanden viele Beratungsgespräche statt, doch reichte der zeitliche Umfang nicht, dass alle von uns vor Ort in der Lehrveranstaltung eine Beratung durchspielen konnten. So führte ich am 29.04.2011 in der Tagesgruppe in I.…, ein Beratungsgespräch durch.Ich kannte Frau O, aus der Beschäftigungstherapie und der Biografiearbeit.
1.1 Die Voraussetzungen und Grundannahmen einer humanistischen Beratung
Unbewusstes steuert unsere Wahrnehmung und unser Verhalten. Es ist maßgeblich durch unsere Erfahrungen aus Beziehungen und deren Verarbeitung im Leben geprägt. Durch Reinszenierung kann es in Beratungen zum Vorschein gebracht werden. Beratungen sind immer Beziehungsarbeit zwischen einem Sender und Empfänger und finden freiwillig statt. Sie sind nicht wertend, eher in der Form eines narrativen Interviews, den Beratenden erzählen lassen. Nicht nur auf das Was, sondern auf das Wie hören. Das Beratungsgespräch ist im wesentlichen eine Lösung suchende, klärende und unterstützende Interventionsform. Wir haben verschieden Beratungsformen während unseres Ethik Studiums kennen gelernt. Wie die systemische Beratung, die Einzel- Gruppenberatung oder auch das sokratische Gespräch. In der humanistischen Beratung steht der Mensch als Ganzheit im Vordergrund. Es geht darum ihn als Mensch mit einem eigenen Willen, Vorstellungen über sich selbst zu respektieren, sowie seine Individualität, seine Freiheit und Verantwortung für sich und seine Ziele zu respektieren.
1.2 Vorbedingungen für eine erfolgreiche Beratung
Der Berater sollte die entsprechenden Rahmenbedingungen hierfür schaffen, ein fester Ort, eine feste Zeit. Er sollte neutral und nicht wertend sein. Ziel der Beratung ist die Verbesserung der Lebensqualität.
Jemanden beraten heißt, meinen Gesprächspartner zuzuhören, eventuell steuernd nachfragen und Wege entwickeln, welcher Weg für ihn persönlich der Beste sein würde. Jemanden beraten heißt nicht sich über ihn zu stellen und ihm zu sagen, was er tun sollte. Daraus ergibt sich, dass für ein professionelles Beratungsgespräch drei Kompetenzen benötigt werden:
- Fachkompetenz
- Soziale Kompetenz
- Kommunikative Kompetenz.
Gesprächsfördernd können sein:
- Aktives zuhören und mein Gegenüber mit Namen ansprechen,
- Zeit zum Reden geben und abwarten können,
- Klären, was unklar ist - z. B. warum jemand schweigt oder nachdenkt, bzw. was gerade in seinem Kopf vorgeht,
- Wiederholen/Umschreiben des Gehörten im gleichen Sprachcode wie mein Gegenüber sprechen,
- Nachfragen, wenn ich noch Informationsbedarf habe, um das Anliegen richtig zu erfassen,
- Offen Vor- und Nachteile diskutieren.
- Weiterführen, Denkanstoß geben: Dabei helfen oftmals „offene Fragen“ stellen,
- Gefühle spiegeln/ansprechen und dabei vorsichtig formulieren (z. B. „Ich habe den Eindruck, dass ..."),
- in-Beziehung-setzen, also aufzeigen, in welchen Zusammenhängen das Problem auch noch gesehen werden kann.
1.3 Rahmenbedingungen fürdieses Beratungsgespräch
Für unser Beratungsgespräch hatten wir folgende Vorgaben in unserer Präsenzphase erhalten. Ein Freiwilliger Gesprächspartner. Also ein Berater und eine/er zu Beratende/r, ein 15 Minuten Gespräch, die zu Beratende/r trägt ein Problem/Dilemma vor. Der Berater kann sich Gesprächsnotizen machen, sollte dies aber vorher den zu Beratenden mitteilen. Der Berater soll empathisch und mit Verantwortung in das Gespräch gehen. Der Berater, die zu Beratende/r einigen sich auf einen gemeinsamen Sprchcode, wir sprechen uns mir dem Nachnamen an. Ich höre ihr/ihm aktiv zu und versuche zu fühlen wo ihr/sein Problem liegt.Aus Datenschutzgründen verwende ich zur Anonymisierung nur Großbuchstaben O für die/den Befragte/en und J für die Beraterin. Als Beraterin kenne ich das Problem nicht, aber die Person ist mir bekannt.
2. Das Beratungsgespräch
2.1 Das Setting
J und O treffen sich in der Tagesgruppe für an Demenz Erkrankte. Ich schaffe eine angenehme Atmosphäre, geschlossener Raum, kein Telefon, Blumen auf dem Tisch, nehme mir Zeit und strahle Ruhe aus. Wir begrüßen uns und setzen uns hin. Wir haben im Schachzimmer Platz genommen, einem kleinen Raum, der zum Plaudern unter vier Augen einlädt. Dabei trinken wir eine Tasse Kaffee.
2.2 Der Verlauf des Gespräches
Die Gesprächseröffnung: Ich stelle mich mit vollem Namen und meiner Funktion vor und gebe Sicherheit durch die Angabe des Zeitrahmens. Ich teile O mit, das ich mir einige Stichpunkte zum Gespräch mache, diese aber bei mir bleiben und vertraulich sind. Der Zeitrahmen des Gespräches wird 15 Minuten betragen. Ich gebe der zu beratenden Person O Gelegenheit mir zu schildern, an welchem Punkt ihres Weges sie nicht weiter weiß, wie ihr Weg bisher verlaufen ist und welche Wünsche sie für die Zukunft hat. Ich achte auf sozialethische Probleme. Auf Werte, das Autonomieprinzip, gutes Tun, Nichtschadensprinzip, Fürsorgeprinzip und Gerechtigkeit. Ich wähle offene Fragen, da sie leichter zu beantworten sind.
O erzählt, dass sie eine falsche Entscheidung getroffen hat, sozusagen aus einer Freude und des nicht Überblickens der Folgen daraus. O sagt, ich weiß nicht, wie ich da raus kommen soll, ohne andere zu verletzen oder vor den Kopf zu stoßen.
J ich ermuntert O die Sachlage zu schildern.
O erzählt mir, dass ihre Tochter (T) am Freitagabend bei ihr anrief und sagte, Mutti ich habe eine Wohnung für dich und Opa (OP). Sie ist genau bei mir gegenüber. Ich kann praktisch Winken und du siehst mich. Die Wohnung hat
56 m, ein großes Zimmer, das man abteilen kann, eine Kochnische, Terrasse ohne Stufen. Sodass ihr ohne Treppen aus dem Haus gehen könnt. Gegenüber ist der Park, Lisa mit Urenkel habt ihr auch hier und die Miete ist auch nicht viel teurer. Du wolltest doch eh hierher kommen, wenn OP mal nicht mehr da ist. So können wir eure jetzige Wohnung noch gemeinsam auflösen und Du kannst dann aussuchen, was Du mitnehmen willst. T weiter, ich habe mir den Schlüssel geholt und wir können sie uns anschauen, am besten Morgen früh. Der Vermieter sagt, wir müssen und aber schnell entscheiden diese Wohnungen sind begehrt.
O weiter T kam am Samstag früh aus Hannover-U. und holte mich und OP ab und wir fuhren nach Hannover-U. Sie zeigte uns die wirklich schöne Wohnung, die Sonne schien. Sogar OP konnte aus Freude ohne Rollator gehen. OP kann sonst nur geringfügig gehen, leidet aber auch unter Atemmangel, sodass er manchmal tags- aber immer nachts Sauerstoff braucht. (Dadurch kann ich O schlecht schlafen), das Atemgerät ist sehr laut. Zurzeit schläft OP in unserer Wohnung die zwei Zimmer hat, im Wohnzimmer und ich im Schlafzimmer. OP ist zurzeit oft krank, hat auch schon eine Bypass Operation gehabt er ist unter ständiger medizinischer Kontrolle. Ach wissen Sie und mir geht es auch nicht immer gut, ich hatte gerade eine starke Grippe. Wir wohnen seit 40 Jahren jetzt in dieser Wohnung und sind auch hier in dieser Stadt geboren. Leider sind alle Kinder fortgezogen. Aber wir haben ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis, da schaut der Eine nach dem Anderen, wo gibt es das noch?
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