Herkunftsangaben im Spannungsfeld von Wettbewerbs- und Markenrecht


Thèse de Bachelor, 2011

61 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsübersicht

LITERATURVERZEICHNIS

A. EINLEITUNG ZUM THEMA
I. BEDEUTUNG
II. RECHTLICHE EINORDNUNG
III. ZIELSETZUNG UND VORGEHEN

B. TERMINOLOGIE
I. ABGRENZUNG WETTBEWERBSRECHT UND MARKENRECHT
1. Das Wettbewerbsrecht im engeren Sinn
2. Das Marken- bzw. Kennzeichenrecht
II. GEOGRAPHISCHE HERKUNFTSANGABEN
1. Einfache Herkunftsangaben
2. Ursprungsbezeichnungen und qualifizierte Herkunftsangaben
3. Mittelbare und unmittelbare Herkunftsangaben
4. Gattungsbezeichnungen
5. Sonstige Bezeichnungen
6. Betriebliche Herkunftsangaben

C. MULTILATERALE EBENE
I. ENTSTEHUNGSGESCHICHTE
II. SCHUTZRICHTUNG UND -UMFANG MULTILATERALER VERTRÄGE
1. Pariser Verbandsübereinkunft
2. Madrider Herkunftsabkommen
3. Lissaboner Ursprungsabkommen
4. TRIPS-Abkommen
III. VERGLEICH UND BEWERTUNG

D. GEOGRAPHISCHE HERKUNFTSANGABEN IM EUROPARECHT
I. ÜBERSICHT
II. VO (EG) NR. 510/2006
III. BESTIMMUNGEN NEBEN DER VO (EG) NR. 510/2006
1. MRRL und GMV
2. Sonstige
IV. KOLLISION UND KOHÄSION - RECHTSPRECHUNG DES EUGH
V. ZUSAMMENFASSUNG

E. UWG UND MARKENG
I. ENTWICKLUNG ZUM MARKENG
II. STATUS GEOGRAPHISCHER HERKUNFTSANGABEN NACH DEM MARKENG
IV. UWG IM VERHÄLTNIS ZUM MARKENRECHT
1. Ausgangssituation
2. Vorrangthese - Spezialität
3. Normenkonkurrenz - Subsidiarität
4. Bewertung - Stellungnahme
V. VERKEHRSAUFFASSUNG UND IRREFÜHRUNGSQUOTE
VI. ANWENDUNGSBEREICHE DES § 5 I 2 NR. 1 UWG
1. Nicht mehr existierende Ortsangaben
2. Scheingeographische Ortsangaben
3. Noch nicht in Benutzung genommene Ortsangabe
4. Teil einer Unternehmenskennzeichnung

F. PERSPEKTIVEN
I. INTERNATIONAL
1. TRIPS-Abkommen
2. PVÜ, MHA und LUA
II. SUPRANATIONAL
III. NATIONAL

G. ZUSAMMENFASSUNG
I. THESEN
II. SCHLUSSFOLGERUNG

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A. Einleitung zum Thema

I. Bedeutung

Champagner, Gorgonzola, Kölnisch Wasser und die Havanna Zigarre haben eines gemeinsam. Bei diesen Produkten erweckt bereits der Name eine gewisse Erwartungshaltung bei dem potentiellen Erwerberkreis und wirtschaftliche Begehrlichkeiten bei den Mitbewerbern.1

Aufgrund der, mit der zunehmenden Digitalsierung und Vernetzung ein- hergehenden steigenden Transparenz von Wettbewerbsinformationen2 und der, ebenfalls dadurch verstärkten, Nivellierung kultureller und regionaler Differenzen3, können Unterscheidbarkeit und regionale Identität die ent- scheidenden Wettbewerbsvorteile für Unternehmen und ihre Leistungen sein.4

Diesen Vorteil können sich Unternehmen mit den, eng mit Marken- und Firmennamen bzw. betrieblichen Herkunftsangaben verwobenen5, geogra- phischen Herkunftsangaben dauerhaft sichern. Der Schutz solcher Angaben ist in Anbetracht der, durch die Globalisierung hervorgerufene, Qualitätsun- sicherheit des Verbrauchers von zunehmender wirtschaftlicher6, politischer und juristischer Bedeutung7. Für Unternehmen besteht daher ein grundle- gendes Bedürfnis im Wettbewerb mit derartigen Merkmalen zu werben und sich die Nutzung gegenüber den Mitbewerbern schützen zu lassen. So gibt es auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene aktuell über 1.000 registrierte Ur- sprungsbezeichnungen und geographische Angaben für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel.8

Auf der anderen Seite wiederum ist es auch notwendig, den Verbrau- cher davor zu schützen, dass Unternehmen im Wettbewerb durch Werbung mit Herkunftsangaben ihre jeweilige Leistung mit unwahren Qualitäts- und Herkunftsattributen versehen, und darüber den Kunden in die Irre führen.

Die Bedeutung und Komplexität des Themenfeldes erschließt sich auch bei einer juristischen Betrachtungsweise anhand der umfangreichen Jurisdiktion des EuGH, der in der Vergangenheit sehr häufig die Aufgabe hatte im Spannungsfeld zwischen Wettbewerbs- und Markenrecht Recht zu sprechen. Exemplarisch seien hier die Urteile „Chiemsee“9, „Bayerisches Bier“10 oder „Budweiser“11 erwähnt.

Wenngleich in Literatur und Rechtsprechung auf nationaler und interna- tionaler Ebene bereits ein beachtlicher Bestand an Befassungen mit dem Thema festzustellen ist, so ist auch ersichtlich, dass das Spannungsfeld zwi- schen Marken- und Wettbewerbsrecht nicht abschließend aufgelöst werden kann.

II. Rechtliche Einordnung

So wichtig geographische Herkunftsangaben im wirtschaftlichen Verkehr sind, so umstritten ist auch deren rechtsdogmatische Verortung als entweder kennzeichenrechtlich oder eben lauterkeitsrechtlich zu schützendes Kenn- zeichen.12

Der kennzeichenrechtliche Schutz der in § 126 I MarkenG legaldefinierten geographische Herkunftsangaben wird national durch § 1 Nr. 3 MarkenG bestimmt.

Einer zusätzlichen Anwendung des allgemeineren lauterkeitsrechtlichen Schutzes nach dem UWG ist wegen der Vorrangtheorie des BGH13 und der zum Teil heftigen Kritik der Literatur14 hoch umstritten.15

Von herausragender Bedeutung auch für die nationale Rechtsanwendung und -auslegung, sind die gemeinschaftsrechtlichen Normen, hierbei insbe- sondere die EG-Verordnung Nr. 510/200616 aber auch die Richtlinie RL 2005/29/EG17 („UGP-Richtlinie“) und die Frage des Anwendungsbereichs der Art. 34 und 36 AEUV.18

Ergänzt wird dieses System durch bilaterale Abkommen wie z.B. das Deutsch-Französisches Abkommen vom 8.3.196019 oder das DeutschItalienische Abkommen vom 23.7.196320 wobei, ähnlich den nationalen Regelungen, das Verhältnis der bilateralen Verträge zu den gemeinschaftsrechtlichen Normen noch nicht abschließend geklärt ist.21 Solche Abkommen bilden jedoch keinen Schwerpunkt dieser Arbeit.

Auch international hat sich der Schutz geographischer Herkunftsangaben in Form von lauterkeitsrechtlichen oder kennzeichenrechtlichen Systemen herausgebildet.22 Auf multilateraler Ebene ist in diesem Zusammenhang zunächst das 1995 in Kraft getretene TRIPS Abkommen23 zu nennen. Zuvor existierten zwar bereits das PVÜ24, das MHA25 und das LUA26, die jedoch wegen ihres kleineren Regelungsgehaltes bzw. wegen ihrer geringen Anzahl von Mitgliedsstaaten weniger effektiv waren.27

III. Zielsetzung und Vorgehen

Herkunftsangaben hatten und haben das Potential einen bedeutenden wirtschaftlichen Effekt zu generieren. Wenn dies der Fall ist, muss jedoch sichergestellt sein, dass derjenige der eine Herkunftsangabe berechtigt nutzt, diese vor missbräuchlicher Verwendung durch andere schützt.

Ein solcher Schutz ist recht unterschiedlich auf nationaler, supranationa- ler und internationaler Ebene normiert. Innerhalb dieser Rechtssysteme ha- ben sich hierzu zwei unterschiedliche dogmatische Ansätze mit divergieren- der Zielsetzung herausgebildet, und zwar entweder als kennzeichenrechtli- che oder als lauterkeitsrechtlicher Rechtsschutz. Zwischen den beiden An- sätzen gibt es jedoch bereits seit ihren Anfängen einen juristischen Mei- nungsstreit über den jeweiligen Normzweck und Ihren Schutzumfang.

Ziel dieser Arbeit ist es das bestehende Spannungsfeld zwischen den unterschiedlichen Auffassungen darzustellen und herauszuarbeiten, welche Entwicklungen diesbezüglich als wahrscheinlich anzusehen sind.

Die vorliegende Arbeit wird auf die Darstellung geographischer Herkunftsangaben konzentriert. Hierzu werden zuerst die wichtigsten Begriffe zu dem Themenfeld dargestellt.

Darauf aufbauend wird getrennt nach multilateralen, europarechtlichen und nationalen Rechtsräumen untersucht, welcher rechtsdogmatischen Natur solche Normen sind, die den Schutz geographischer Herkunftsangaben zum Ziel haben. Es wird jeweils eine historische Betrachtung vorangestellt und anschließend die aktuelle Rechtslage erörtert.

Ein Schwerpunkt wird bei der Betrachtung des deutschen Rechtssystems auf die Fragestellung gelegt, ob das UWG einen über den des MarkenG hinausgehenden Schutz bietet. Diese Frage ist hochumstritten und es bedarf einer genaueren Betrachtung der unterschiedlichen Sichtweisen.

Auf dieser Grundlage wird sich ein Abschnitt der zu erwartenden weiteren Entwicklung widmen, wobei jedoch inhärente Prognoseunsicherheiten nicht ausgeschlossen werden können.

Das letzte Kapitel wiederum fasst alle Feststellungen noch einmal chro- nologisch in Form von zehn Thesen zusammen. Durch die Konzentration auf Kernaussagen wird es dem Leser ermöglicht, bei einer wiederholten Lektüre zunächst auf das letzte Kapitel zu fokussieren und anhand dessen selber zu beurteilen, inwieweit die Vertiefung einer These in ihrem Kontext notwendig ist.

Insgesamt erhebt diese Arbeit den Anspruch praxisnah ausgerichtet zu sein, so dass in erheblichem Umfang theoretische Ausführungen durch Beispiele veranschaulicht werden. Diese werden durch Einrückung und Kursivschreibung hervorgehoben.

Im Aufbau wurde bewusst eine zu starke Verschachtelung durch zu tiefe- re Gliederungsebenen vermieden und nur dort eingeführt, wo es für die in- haltliche Abgrenzung zwingend notwendig war. Im Ergebnis konnte daher zu Gunsten einer besseren und durchgängigeren Lesbarkeit auf überwiegend zwei bzw. maximal drei Gliederungsebenen reduziert werden.

B. Terminologie

Bevor im Weiteren Aspekte zu Herkunftsangaben dargestellt werden, wird zunächst die relevante Terminologie erörtert.

I. Abgrenzung Wettbewerbsrecht und Markenrecht

1. Das Wettbewerbsrecht im engeren Sinn

Die juristische Disziplin Wettbewerbsrecht scheint auf den ersten Blick intuitiv zugänglich. Es handelt sich offensichtlich um jenes Rechtsgebiet, dass Regeln für den Wettbewerb festlegt. Mit genau dieser Feststellung ist jedoch bereits das erste Problem verbunden.

Wettbewerbsrecht in über 120 Staaten, wird aufgrund seines jeweiligen regionalen und kulturellen Hintergrunds zum Teil sehr unterschiedlich ver- standen. Diese Unterschiede betreffen zunächst die Interpretation des Be- griffs Wettbewerb aber auch die Art der Rechtsdurchsetzung und Systema- tik des Schutzes28. Dennoch ist nicht zuletzt wegen der Dominanz industria- lisierter Staaten und der zunehmenden Bedeutung von internationalen Orga- nisationen wie der WTO29, unabhängig vom konkreten Wettbewerbsbegriff ein globales Grundverständnis zu Sinn und Zweck von Wettbewerbsrecht festzustellen.30

Selbst in China, dessen marktwirtschaftliche Entwicklung sich erheb- lich von der Westlichen unterscheidet, ist ein wettbewerbsrechtlicher Schutz von Herkunftsangaben seit 1985 durch den Beitritt zur PV Ü und nach dem Beitritt zur WTO im Jahre 2001 auch durch das TRIPS Abkommen vorhanden31. Seit 1993 gibt es diesen daneben auch in § 5 Nr. 4 und § 9 des chinesischen Gesetzes gegen den unlauteren Wett- bewerb (chUWG).32

[...]


1 Beier, GRUR Int 1969, 69.

2 BT-Drucks. 14/9200, S. 462.

3 Zoll, Stabile Gemeinschaften, S. 56 ff. 4 Bickmann, Chance: Identität, S. 126 f.

5 Burmann/Blinda, in: Göttgens/Wirtz, Integriertes Marken- und Kundenwertmanagement, S. 217.

6 Büscher, GRUR Int 2008, 977 (979).

7 Herrmann/Marauhn/Teuber, GJAE 7/2008, 321.

8 Europäische Kommission, http://ec.europa.eu/agriculture/quality/door/list.html - 13.12.2011.

9 EuGH, GRUR 1999, 723, 728 - Chiemsee.

10 EuGH, GRUR 2009, 961, 969 - Bayerisches Bier.

11 EuGH, GRUR Int 2004, 131, 138 - American Bud; EuGH, GRUR 2010, 143, 151- American Bud II.

12 Holzer, MarkenR 2008, 53.

13 Rohnke/Thiering, GRUR 2011, 8 (9).

14 Bornkamm, GRUR 2011, 1 (8); Fezer, Markenrecht, § 2 MarkenG, Rn. 16, 46 ff.,56 ff.

15 Siehe Gliederungspunkt D für eine ausführliche Darstellung des Meinungsstreits.

16 Verordnung (EG) Nr. 510/2006 des Rates vom 20. März 2006 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel - ABl. 2006 Nr. L 93, S. 12 ff.

17 Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt. Siehe insbesondere Art. 6 I lit. b.

18 Omsels, GRUR Int 2009, 971 (973 ff).

19 BGBl. Teil II/1961, S. 22, Gesetz zum Abkommen vom 8.3.1960 über den Schutz von Herkunftsangaben, Ursprungsbezeichnungen und anderen geographischen Bezeichnungen.

20 BGBl. Teil II/1967, S. 1815, Bekanntmachung über das Inkrafttreten des Abkommens vom 23.7.1963 über den Schutz von Herkunftsangaben, Ursprungsbezeichnungen und anderen geographischen Bezeichnungen.

21 Fezer, Markenrecht, MarkenG, Vorbemerkung zu den §§ 130 bis 136, Rn. 48ff.

22 Rauffus, Der internationale Schutz geografischer Herkunftsangaben, S. 110.

23 WTO Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights).

24 Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums.

25 Madrider Abkommen über die Unterdrückung falscher oder irreführender Herkunftsangaben auf Waren.

26 Lissaboner Abkommen über den Schutz der Ursprungsbezeichnungen und ihre internationale Registrierung.

27 Rauffus, Der internationale Schutz geografischer Herkunftsangaben, S. 183.

28 Schulte-Beckhausen/Maa ß en, in: Gloy/Loschelder/Erdmann, Wettbewerbsrecht, § 12, Rn. 4 ff.

29 World Trade Organisation: Welthandelsorganisation.

30 Dabbah, International and Comparative Competition Law, S. 3 ff.; Rauffus, Der internationale Schutz geografischer Herkunftsangaben, S. 113; Schulte-Beckhausen/Maa ß en, in: Gloy/Loschelder/Erdmann, Wettbewerbsrecht, § 12, Rn. 4.

31 Jian, GRUR Int 2011, 11 f.

32 o.V., Gesetz der VR China gegen den unlauteren Wettbewerb, GRUR Int 1994, 1001 ff. 6

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Résumé des informations

Titre
Herkunftsangaben im Spannungsfeld von Wettbewerbs- und Markenrecht
Université
University of Hagen
Cours
Bachelor of Laws
Note
1,7
Auteur
Année
2011
Pages
61
N° de catalogue
V187895
ISBN (ebook)
9783656115250
Taille d'un fichier
621 KB
Langue
allemand
Mots clés
Wettbewerbsrecht, TRIPS, Rechtswissenschaft, Herkunftsanagben, Europarecht, Markenrecht, UWG
Citation du texte
Pierre Lukas (Auteur), 2011, Herkunftsangaben im Spannungsfeld von Wettbewerbs- und Markenrecht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/187895

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