De diversis quaestionibus ad Simplicianum I 2 - Logik des Schreckens oder die Gnadenlehre des Augustinus von Hippo


Hausarbeit (Hauptseminar), 2009

12 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Gliederung

Zum Text

I Gott

II DerMensch

III Die Erbsünde

IV Gnade

V Schluß

Literatur

Zum Text

Der Text von dem ich hier eine Interpretation vorlegen möchte, stammt aus den Jahren 396/397 und wurde von Augustinus von Hippo als Antwortschreiben auf einige Fragen Simplicians verfaßt. Genau ist es die Beantwortung der zweiten von insgesamt acht Fragen, die Augustinus vorgelegt wurden. Dabei sind uns die Fragen von Simplician, der 397 Ambrosius auf den Bischofsstuhl von Mailand folgte, nicht erhalten. Augustinus selbst war zu dieser Zeit bereits Bischoff von Hippo - wir sehen also, daß beide hochgebildete Männer waren, was sich in einem gewissen intellektuellen Niveau des Textes niederschlägt. „De diversis quaestionibus ad Simplicianum“ 12 markiert eine Wende im augustinisehen Denken und trägt hier den aufmunternden Titel: „Logik des Schreckens“[1]. Augustinus legt dabei den Brief des Paulus an die Römer zugrunde, welcher sich wiederum auf eine Geschichte aus der Genesis, nämlich die von Esau und Jakob bezieht:

Esau und Jakob waren Zwillinge, der erste war rötlich, ganz rau wie ein Fell, liebte die Jagd und brachte dem Vater oft Wildbret von seinen Streifzügen mit. Der zweite war ein gesitteter Mann und blieb bei den Zelten. Der Vater bevorzugte Esau, die Mutter Jakob. Eines Tages verkaufte Esau sein Erstgeburtsrecht an seinen Bruder für einen Teller Linsen und einen Kanten Brot. Als der erblindete Vater den Tod nahen fühlte, rief er Esau zu sich, damit er ihm noch einmal sein geschätztes Wildbret bringe. Während dieser unterwegs war, ging Jakob mit Ziegenfell umwickelt und von der Mutter angeleitet, zum Vater und erschlich sich den Segen, der bei ihm und seinen Nachkommen verbleiben sollte, indem er vorgab Esau zu sein.[2]

Die Gnadenlehre Augustinus kreist um die Frage, wie gesagt werden kann, daß Gott Esau gehaßt, Jakob aber geliebt habe; warum er den einen verdammt und den anderen errettet, und dies noch bevor beide überhaupt geboren waren und wie man ihm dann noch gerecht zu sein zuschreiben kann.[3]

Damit komme ich nun zur eigentlichen Darstellung der Gnadenlehre bei Augustinus. Ich werde die Spannung nicht zerstören, indem ich einfach erläutere, was Gnade hier heißt - vielmehr werde ich, um die Konzeption soweit ich dessen fähig bin, transparent zu machen und so zum Verstehen zu gelangen, dort beginnen, wo man immer beginnen sollte, nämlich am Anfang: und das ist Gott.

I Gott

Dieser wird als das Eine, das Unwandelbare, damit das Ewige und Gute vorgestellt[4]. Durch seine Unwandelbarkeit unterliegt er auch keinerlei Wechselwirkungen, indem er zum Beispiel auf Taten und Glauben, beziehungsweise Untaten und Unglauben der Menschen reagiert.

Ebenso sagt Augustinus mit dem Apostel ganz klar, daß Gott gerecht sei[5]. Der Höchste ist aber auch Urheber aller Geschöpfe, somit sind auch alle Geschöpfe gut und werden von Gott geliebt. Er hat also auch, wie ich hier noch einmal hervorheben möchte, den Leib und die Seele des Menschen geschaffen, die somit beide gut sind und von ihm geliebt werden.

Ich halte fest: Alle Geschöpfe in ihrem jeweiligen Sein sind gut, Gott hat sie lediglich in bestimmter Weise angeordnet. In Hinsicht auf den Menschen bedeutet dies, daß die Seele höher steht als der Leib und Gott als beider Urheber selbst die höchste Stelle einnimmt.[6] An einer Stelle erwähnt Augustinus unter Berufung auf die Bibel auch, daß es Gott ist, „der in uns ebenso das Wüllen wie das Vollbringen schafft nach seinem Wohlgefallen.“[7]

II Der Mensch

Dies alles sollte man im Hinterkopf behalten, wenn man sich nun den menschlichen Belangen widmet. Der Mensch besitzt einen freien Willen[8] und soll, wie Augustinus anmahnt, sittlich gut leben[9]. Darüber hinaus ist die Menschheit ein einziger Sündenklumpen, eine „massapeccati“[10], die samt und sonders die Todesstrafe verdient hat, der sie auch anheim gegeben wird.

Bereits hier fällt eine hauchzarte Differgenz zwischen dem was Gott ist und was Gott tut, auf.

Es fragt sich nämlich auf den ersten Blick, wie ein guter Gott, all seine menschlichen Kinder, die er doch in ihrer Gesamtheit und ihren Teilen liebt, in Bausch und Bogen hinrichten und der Verdammnis anheim geben kann, noch dazu, als er selbst ihren Willen und ihr Vollbringen bestimmt und bei all dem auch noch gerecht heißen soll - und gerecht ist er, daran besteht für Augustinus kein Zweifel. Um dies zu verstehen, muß man tatsächlich bis zu Adam und Eva zurückgehen.

III Die Erbsünde

Die Geschichte dürfte hinlänglich bekannt sein, sie findet sich in Genesis, Abschnitt drei: Adam, ausgestattet mit einem originär freien Willen, entscheidet sich, eine Frucht vom Baum der Erkenntnis aus Evas Hand zu essen, obwohl Gott dies untersagt hat.

Man bedenke jetzt, was dies heißt: Adam, der aus Erde und göttlichem Geist entstanden ist, wählt statt der Seele das Fleisch, die niederen Begierden, denn nichts anderes ist Eva: Fleisch von seinem Fleisch.

Die alte Geschichte so zu deuten, wird durch eine Stelle im vorliegenden Text nahegelegt. Augustinus schreibt dort, daß die fleischliche Begierde im Sündenfall die Herrschaft gewann und so das ganze Menschengeschlecht zu einem einzigen Lehmklumpen zusammenfügte, womit die ursprüngliche SChuld (reatus!) in jedem einzelnen bleibt.1

Ich erinnere an dieser Stelle noch einmal, daß ja auch der Leib von Gott geschaffen und gut ist, ebenso wie die Seele. Jedoch sind beide in einer bestimmten Art und Weise angeordnet, die Seele steht höher als der Leib.

Das bestehende Problem ergibt sich aus der eigentümlichen Bestimmung, daß Gott auch den Willen und das Wirken des Menschen bestimme. Gott müßte Adam deshalb bestrafen, weil er sein Verbot mißachtet hat. Adam aber hatte einen freien Willen. Was dies hier heißt, lasse ich vorerst offen, komme aber bald darauf zurück. Dieser Wille war von Gott so bestimmt und bewegt und auch Adams Vollbringen war von Gott in dieser Weise bestimmt. Gott müßte also eine Tat bestrafen, für deren Hervorbringung er selbst direkt gesorgt hat, sowohl im Wollen als auch im tatsächlichen Handeln. Wenn das so ist, wie kann man dann Gott noch gerecht nennen?

Da ich diese Stelle für zentral in der Konzeption der Gnadenlehre halte, denn ohne den Sündenfall und die drastische, folgende Strafe, müßte sich kein Mensch um Gnade Gedanken machen; wer sollte errettet werden, wenn niemand verdammt ist; möchte ich hier noch ein wenig verweilen. An dieser Stelle zitiere ich Kurt Flasch, der sich ausgiebig auch mit dem vorliegenden Text befaßt hat. Er bringt das Problem etwas flapsig aber treffend auf den Punkt:

„ Gott erreicht sein Ziel immer, sonst unterläge er Wechselwirkungen.

Unterdrücken wir hier die Frage, warum das nicht auch für die ersten Entsche'dungen Adams gelten soll; damals ist Gottes gute Abächt, Adam einen freien Willen zu geben, der frei willig sich Gott zuwenden sollte, offenbar vereitelt worden, ohne daß Gott dadurch seiner Gottheit verlustigging.“[11]

[...]


[1] Logik des Schreckens, De diversis queastionibus ad Simplicianum I 2, Augustinus von Hippo, herausgegeben und erklärt von Kurt Flasch, in: excerpta classica Bd. VIII, Dieterich'sche Verlagsbuchhandlung Mainz 1995, im folgenden zitiert als QAS I 2, die folgenden Ziffern bezeichnen die Stelle im lateinischen Text

[2] vgl. Genesis 25,19-34 und 27, 1-35, hier angelehnt an die Lutherübersetzung

[3] vgl. QAS I 2 / 50-85

[4] vgl. Genesis und u.a.: Phaidros, 245c ff. , Nomoi, 891b ff. oder Timaios 28 ff.

[5],,..,,quod nulla est iniquitas apud deum.“ [QAS 12/ 445]

[6] vgl. QAS I 2/ 230/235 und 540 - 550

[7] deus enim est qui operator in nobis et velie et operaia pro bona volúntate.“ [QAS 12/ 335]

[8]„Liberum voluntatis arbitrium plurimum valet, immo vero est quidem,...“[QAS 12/ 740]

[9] QAS I 2/ 740

[10] QAS I 2/ 465/470

[11] originali reatu in omnia permanente confuderat.“ [QAS 12/ 705] QAS, S.45

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
De diversis quaestionibus ad Simplicianum I 2 - Logik des Schreckens oder die Gnadenlehre des Augustinus von Hippo
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Philosophie)
Note
1,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
12
Katalognummer
V187993
ISBN (eBook)
9783656118039
Dateigröße
517 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Umfang für eine Hauptseminar-Arbeit relativ gering, dennoch mit 1,0 bewertet, da das Thema erschöpfend behandelt wurde. Zitate wie Orginaltext in Latein. Formulierungen teilweise etwas frei, da die Arbeit aus einem Vortrag vor einem interdisziplinären Seminar hervorgegangen ist, dessen Teilnehmer nicht ausschließlich aus der Philosopie stammten.
Schlagworte
Gnade, Augustinus, Esau, Jakob, Quaestionibus, Hippo, Flasch, Simplicianum
Arbeit zitieren
Stud. phil. Eva Kober (Autor:in), 2009, De diversis quaestionibus ad Simplicianum I 2 - Logik des Schreckens oder die Gnadenlehre des Augustinus von Hippo, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/187993

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