Mit der Wahl Rudolfs von Habsburg zum deutschen König ging eine krisenhafte
Phase des deutschen Königtums zu Ende. Nachdem das sogenannte Interregnum durch
Rudolfs Proklamation ein Ende gefunden hatte, war es seine vordringlichste Aufgabe,
das Reich zu befrieden und zu reorganisieren. Die Wirren des Interregnums hatten ihre
Spuren hinterlassen: Die Institution des Königtums hatte an Macht eingebüßt,
Reichsland war „abhanden gekommen“ und in Folge dessen konnten regionale
Fürstenfamilien einen erheblichen Machtzuwachs verzeichnen.
Rudolf fand bei seinem Amtsantritt folglich das Reich in einem schlechten Zustand
vor. Seine Ziele mußten sich demnach zuvorderst auf die Stärkung der Institution des
Königtums und dem damit verbundenen Rückgewinn „abhanden gekommener“ Reichsgüter
belaufen. Er mußte, um seine Position gegenüber seinen Feinden – vor allem
Ottokar von Böhmen – zu stärken, danach trachten, die Auswirkungen des Interregnums
weitestgehend rückgängig zu machen.
Die Revindikationspolitik, also die Rückgewinnung von abhanden gekommenem
Reichsgut, war dabei eines seiner wesentlichen Ziele. Zu diesem Zweck richtete er
sogenannte Reichslandvogteien ein; diese waren Verwaltungsbezirke im weitesten
Sinne und wurden von Landvögten verwaltet. Innerhalb dieser Vogteien vertraten die
Landvögte den König. Die primäre Aufgabe dieser Landvögte belief sich auf die
Durchsetzung der Revindikationspolitik in ihren jeweiligen Vogteien.
In Schwaben entstanden zwei äußerst bedeutende Reichslandvogteien: Die
Reichslandvogtei Oberschwaben und die Reichslandvogtei Niederschwaben. Von
besonderem Interesse sind diese beiden Vogteien deshalb, weil sie das frühere
Machtzentrum der Staufer abdeckten und damit Rudolf einerseits anzeigte, dass diese
Region ihm äußerst wichtig war, andererseits wollte er damit wohl auch an die
staufische Tradition anknüpfen, da das Haus Habsburg bis dato noch keine
erwähnenswerte Tradition aufzuweisen hatte.
Als Landvogt von Niederschwaben setzte er seinen Schwager Albrecht II. von
Hohenberg ein. Dies war aus Sicht Rudolfs von Habsburg in zweifacher Hinsicht von
Vorteil: Zum einen war Albrecht mit ihm durch seine Schwester Gertrud verbunden,
und somit lag es auch im Interesse der Dynastie Hohenberg, wenn Rudolf an der Macht
blieb und diese ausbauen konnte. Zum andern war Albrecht II. von Hohenberg ein
angesehener und äußerst fähiger Vertreter der süddeutschen Grafen und damit der
Ausübung des Landvogtamtes durchaus gewachsen.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Die Herkunft der Familie Hohenberg
1.1 Die Entstehung der Dynastie Hohenberg
1.2 Das Konnubium der Hohenberger
2. Die Person Albrecht II. von Hohenberg
2.1 Albrecht, der Graf von Hohenberg
2.2 Albrecht, der Minnesänger
3. Der Verbündete Rudolf von Habsburgs:
3.1 Albrecht als Landvogt Rudolf von Habsburgs
Schluss
Bibliographie
Einleitung
Mit der Wahl Rudolfs von Habsburg zum deutschen König ging eine krisenhafte Phase des deutschen Königtums zu Ende. Nachdem das sogenannte Interregnum durch Rudolfs Proklamation ein Ende gefunden hatte, war es seine vordringlichste Aufgabe, das Reich zu befrieden und zu reorganisieren. Die Wirren des Interregnums hatten ihre Spuren hinterlassen: Die Institution des Königtums hatte an Macht eingebüßt, Reichsland war „abhanden gekommen“ und in Folge dessen konnten regionale Fürstenfamilien einen erheblichen Machtzuwachs verzeichnen.
Rudolf fand bei seinem Amtsantritt folglich das Reich in einem schlechten Zustand vor. Seine Ziele mußten sich demnach zuvorderst auf die Stärkung der Institution des Königtums und dem damit verbundenen Rückgewinn „abhanden gekommener“ Reichs-güter belaufen. Er mußte, um seine Position gegenüber seinen Feinden – vor allem Ottokar von Böhmen – zu stärken, danach trachten, die Auswirkungen des Interregnums weitestgehend rückgängig zu machen.
Die Revindikationspolitik, also die Rückgewinnung von abhanden gekommenem Reichsgut, war dabei eines seiner wesentlichen Ziele. Zu diesem Zweck richtete er sogenannte Reichslandvogteien ein; diese waren Verwaltungsbezirke im weitesten Sinne und wurden von Landvögten verwaltet. Innerhalb dieser Vogteien vertraten die Landvögte den König. Die primäre Aufgabe dieser Landvögte belief sich auf die Durchsetzung der Revindikationspolitik in ihren jeweiligen Vogteien.
In Schwaben entstanden zwei äußerst bedeutende Reichslandvogteien: Die Reichslandvogtei Oberschwaben und die Reichslandvogtei Niederschwaben. Von besonderem Interesse sind diese beiden Vogteien deshalb, weil sie das frühere Machtzentrum der Staufer abdeckten und damit Rudolf einerseits anzeigte, dass diese Region ihm äußerst wichtig war, andererseits wollte er damit wohl auch an die staufische Tradition anknüpfen, da das Haus Habsburg bis dato noch keine erwähnenswerte Tradition aufzuweisen hatte.
Als Landvogt von Niederschwaben setzte er seinen Schwager Albrecht II. von Hohenberg ein. Dies war aus Sicht Rudolfs von Habsburg in zweifacher Hinsicht von Vorteil: Zum einen war Albrecht mit ihm durch seine Schwester Gertrud verbunden, und somit lag es auch im Interesse der Dynastie Hohenberg, wenn Rudolf an der Macht blieb und diese ausbauen konnte. Zum andern war Albrecht II. von Hohenberg ein angesehener und äußerst fähiger Vertreter der süddeutschen Grafen und damit der Ausübung des Landvogtamtes durchaus gewachsen.
Jener Graf soll Gegenstand dieser Arbeit sein. Es soll im Folgenden versucht werden, Graf Albrecht II. von Hohenberg in seiner Funktion als Landvogt und Vertrauten König Rudolfs von Habsburg zu sehen, seine Handlungen darzustellen und zu analysieren. Es soll geklärt werden, wo letztlich die eigentlichen Beweggründe lagen, die diesen Grafen dazu verleiteten, sich mit Leib und Leben dem Dienste am Hause Habsburg zu verschreiben. War es lediglich die Heirat Gertruds von Hohenberg mit einem Grafen aus dem Haus Habsburg, der zufällig König wurde, die Albrecht veranlasste, Rudolf und der Dynastie Habsburg beizustehen, oder sind hinter seinen Handlungen weitere Beweggründe zu vermuten? Dieser Frage wollen wir uns auf den folgenden Seiten widmen.
Die Literaturlage, speziell zu Albrecht II. von Hohenberg, könnte weitaus besser sein. Es gibt nicht sehr viele Wissenschaftler, die sich explizit mit der Dynastie der Grafen von Hohenberg befasst haben. Vor allem in den letzten Dezennien ist nicht gerade viel zu diesem Thema veröffentlicht worden. Nichtsdestotrotz haben wir dank Ludwig Schmid in der Monumenta Hohenbergica eine hervorragende Quellensammlung, die die Grundlage dieser Arbeit bilden wird.
Die Arbeit wird drei größere Bereiche umfassen: Es wird unerlässlich sein, auf die Familie der Hohenberger und ihre Beziehungen zu den anderen Dynastien im süddeutschen Raum einzugehen. Ferner muß die Person Albrecht von Hohenberg betrachtet werden, bevor man dann abschließend auf die Beziehungen zu Rudolf von Habsburg und seiner Familie eingehen kann.
1. Die Herkunft der Familie Hohenberg
1.1 Die Entstehung der Dynastie Hohenberg
Über die Entstehung der Dynastie Hohenberg ist von jeher viel spekuliert worden. Eugen Stemmler beschreibt in seinem Aufsatz „Zollern und Hohenberg vom 12. bis 16. Jahrhundert“ die beiden wahrscheinlichsten Theorien über die Genese des Hauses Hohenberg: So gibt es die Auffassung, dass die Grafen von Hohenberg ein älteres, selbständiges Geschlecht sind, das im 12. Jahrhundert in verwandtschaftliche Beziehungen zu den Zollern getreten ist. Eine andere, vor allem von Ludwig Schmid vertretene Theorie besagt, dass die Grafen von Hohenberg aus dem Geschlecht der Zollern hervorgegangen sind und sich im 12. Jahrhundert von diesem abgespaltet haben.1 Momentan neigt die Mehrzahl der Wissenschaftler2 dazu, den Ausführungen Ludwig Schmids zu folgen, der seine Theorie vor allem auf der Genealogie beider Häuser aufbaut.
So wäre demnach der erste fassbare Hohenberger Burkhard I. von Zollern-Hohenberg. Dieser Burkhard soll sich nach Hohenberg genannt haben, hat aber noch um 1190 ein Siegel benutzt mit der Umschrift: Burcardus comes de Zolre Grain. Ein zweiter indirekter Beleg für die Titulatur von Burkhard I. ist eine Urkunde für das Kloster Kreuzlingen von 1225. Darin siegelt Albert I. als Sohn des verstorbenen Grafen Burkhard von Zollern mit dem Siegel seines Bruders Burkhard. Dieses Siegel trägt die Umschrift: Burcardus comes de Hohenberc, während Albert I. sich selbst Albertus dominus de Rotinburc nennt.3
Aufgrund der Siegel lassen sich auch die Herrschaftsschwerpunkte der abgespaltenen Dynastie Hohenberg ermitteln. Burkhard II. siegelt als Graf von Hohenberg, währenddessen sein Bruder Albert (oder Albrecht) I. dies als Herr von Rottenburg tat. Somit ergeben sich nominell zwei Herrschaftsschwerpunkte für die Grafschaft Hohenberg, die auf zwei Brüder verteilt sind. Zu den bereits benannten Besitzungen kommen u.a. die Güter Graf Wezels II. von Haigerloch hinzu, der letztmals 1162 genannt wird. Burkhard I. war es bereits, der hier wohl durch seine Gattin das Erbe der Grafen von Haigerloch antrat.4
Hinzu kamen Erwerbungen von Gütern und Rechten der Edelfreien von Bühl, von Hurningen / Hirrlingen und von Rotenburg. Ihre letzten großen Erweiterungen erfuhr die Grafschaft Hohenberg durch die Heirat Burkhards III. mit der Pfalzgräfin Mechthild von Tübingen, in deren Folge die Stadt Horb, die Burgen und Herrschaften Nagold, Wildberg, Altensteig und Bulach an Hohenberg übergegangen sein sollen.5
Auf diesem Wege bildete sich eine eigene Herrschaft Hohenberg, die nun unabhängig von der Herrschaft Zollern existierte. Vielmehr schien es, als ob die Trennung der beiden Linien mit dieser Heirat als vollzogen zu betrachten sei. Aus einer Familie, wenn dies denn so war, wurden zwei. „Mit dem neuen Namen und dem neuen Herrschafts-schwerpunkt bildete sich ein neues Familienbewußtsein […]“6, stellt Franz Quarthal nüchtern fest und erklärt damit die Herauslösung der Grafen von Hohenberg aus der zollerischen Linie für beendet. Eugen Stemmler sieht es ähnlich und beschreibt diese Trennung oder Herauslösung anhand der Herrschaftsgebiete:
„Zu Anfang des 13. Jahrhunderts liegt der zollerische und hohenbergische Besitz im wesentlichen in einem Dreieck […] Nach dem Auftreten der Hohenberger kann man nun klar erkennen, daß den Hohenbergern, grob gesagt, etwa der Westen und Nordwesten, den Zollern dagegen der Osten und Südosten gehört.“7
Somit war zu Anfang des 13. Jahrhunderts eine Grafschaft Hohenberg und eine Dynastie Hohenberg entstanden. Um aber den Einfluß dieser relativ jungen Familie im süddeutschen Raum zu erklären, müssen wir uns im Folgenden das Konnubium der Hohenberger ansehen, das wichtige Informationen über die gesellschaftliche Akzeptanz eines Geschlechts liefern kann.
1.2 Das Konnubium der Hohenberger
Der Begriff Konnubium beschreibt die Heiratsverbindungen eines Geschlechts in einer Periode des Mittelalters. Dabei legt der Betrachter eines solchen Konnubiums größten Wert darauf, mit wem jemand verheiratet wird; d.h. aus welchen Geschlecht die Person stammt, welche Reichtümer sie eventuell mit in die Ehe bringt (in Form von Besitzungen oder Geld) und welche Vorteile sich durch eine Ehe möglicherweise ergeben können, auch wenn es sich am Ende nur auf die Steigerung des gesellschaftlichen Ansehens belaufen sollte.
Burkhard III. heiratete, wie bereits erwähnt, die Pfalzgräfin Mechthild von Tübingen und sicherte seinem Hause dadurch nicht nur die Horber -Besitzungen der Grafen von Tübingen, sondern steigerte damit auch unzweifelhaft das Ansehen der Familie im süddeutschen Raum. Graf Albrecht II. war indes dreimal verheiratet: Über seine erste Frau ist nichts bekannt, seine zweite Frau war Margarete von Fürstenberg, seine dritte Frau Ursula von Öttingen. Durch die Heirat mit Margarete von Fürstenberg kam Albrecht erneut in verwandtschaftliche Beziehungen mit König Rudolf von Habsburg, der mit Heinrich von Fürstenberg (dem Vater Margaretes) einen gemeinsamen Urgroßvater hatte.8
[...]
1 Stemmler, Eugen: Zollern und Hohenberg vom 12. bis 16. Jahrhundert, in: Hohenzollerische Jahreshefte 21 (1961), S. 29-42, hier: S. 30.
2 Die aktuelle Forschung glaubt an einen einzigen Personenkreis von Zollern und Hohenberg mit einem vornehmen Konnubium. Siehe: Quarthal, Franz: Graf Albrecht II. von Hohenberg – Territorial- und Reichspolitik im ausgehenden 13. Jahrhundert, in: Rüth, Bernhard; Zekorn, Andreas (Hrsg.), Graf Albrecht II. und die Grafschaft Hohenberg, Tübingen 2001, S. 11-55, hier: S. 15.
3 Stemmler, Zollern und Hohenberg, S. 30f.
4 Quarthal, Graf Albrecht, S. 16. Siehe auch die Erläuterungen bei: Bumiller, Casimir: Die Hohenberger in der Tradition der Grafen von Haigerloch-Wiesneck, in: Rüth; Zekorn, Graf Albrecht II. und die Grafschaft Hohenberg, S. 83-105, hier: S. 84.
5 Quarthal, Graf Albrecht, S. 16.
6 Ebd. S. 16.
7 Stemmler, Zollern und Hohenberg, S. 31.
8 Schmid, Ludwig: Geschichte der Grafen von Zollern-Hohenberg und ihrer Grafschaft nach meist ungedruckten Quellen, nebst Urkundenbuch, Bd. 1, Stuttgart 1862, S. 111f.
9 Zu den Heiratsverbindungen: Quarthal, Graf Albrecht, S. 19.
-
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X.