Ludwig Wittgenstein veröffentlichte viele Werke, die zu Grundsteinen der Philosophie und der Sprachwissenschaft wurden. In den Philosophischen Untersuchungen und in Über Gewißheit, zwei seiner Hauptwerke, stellt er Thesen zu Sprache, Weltbild und Lebensform auf. Mit diesen soll sich diese Arbeit beschäftigen. Die Sprache ist ein zentraler Ausgangspunkt für L. Wittgensteins Weltbild. Sie ist Mittel und sozialer Aspekt in der Lebensform und notwendig, um in einer Gemeinschaft leben zu können. In der vorliegenden Arbeit werden zunächst die beiden wichtigsten Werke im Bezug auf L. Wittgensteins Thesen zu Sprache und Sprachspielen vorgestellt und danach die zentralen Begriffe erläutern. Im Anschluss sollen die Thesen L. Wittgensteins mit denen Charles Taylors verglichen werden.
Inhalt
1. Einleitung: Ludwig Wittgenstein
2. Philosophische Untersuchungen und Über Gewißheit
2.1. Die Werke
2.2. Zentrale Begriffe
2.2.1. Sprachspiel und Lebensform
2.2.2. Weltbild und Mythologie
2.2.3. Familienähnlichkeit und Privatsprache
3. Vergleich mit Taylors Thesen
4. Fazit
5. Bibliographie
1. Einleitung: Ludwig Wittgenstein
Ludwig Wittgenstein veröffentlichte viele Werke, die zu Grundsteinen der Philosophie und der Sprachwissenschaft wurden. Mit zwei seiner Hauptwerke und deren Thesen zu Sprache, Weltbild und Lebensform möchte ich mich in dieser Arbeit beschäftigen. Um sich seiner Einstellung zum Leben bewusster zu werden, dient ein kurzer Blick auf seine Biographie1 und wichtigsten Werke als Einstieg.
Ludwig Wittgenstein wird 1889 in eine reiche Familie geboren. Sein Vater ist Ingenieur, seine Mutter eine gute Klavierspielerin, somit wird ihm die Hinwendung zu den Künsten sowohl finanziell als auch geistig ermöglicht. Nach dem Besuch der Linzer Oberschule beginnt L. Wittgenstein 1906 ein Studium an der Technischen Hochschule in Berlin-Charlottenburg, wechselt jedoch 1908 bereits an das College of Technology in Manchester, wo er 1911 sein Ingenieursstudium beendet. Darauf besucht er das Trinity College in Cambridge, wo er unter dem Einfluss von Friedrich Ludwig Gottlob Frege und Bertrand Russell von der Mathematik zur Philosophie wechselt. 1913 beschließt L. Wittgenstein sich nach Norwegen zurück zu ziehen und ein Haus zu bauen, welches ihm als Rückzugsort dient. Von 1914 bis 1916 entstehen dort Ludwig Wittgensteins Tage- und Notizbücher, in denen er einzelne, wichtige Gedanken festhält.
L. Wittgenstein nimmt am Krieg teil und verarbeitet seine Erfahrungen mit dem Tod und den Schrecken des Krieges in seinen Werken. 1918 gelangt er in Gefangenschaft, aus der er 1919 zurückkehrt. Zu diesem Zeitpunkt hat er die Erstfassung eines seiner wichtigsten Werke, dem Tractatus logico-philosophicus bereits abgeschlossen. Es ist die einzige Schrift, die noch zu seinen Lebzeiten veröffentlicht wurde. In diesem Werk entwickelt L. Wittgenstein die Idee von einer künstlichen und logisch vollkommenen Sprache, da die natürliche Sprache unzulänglich ist. Solche Unzulänglichkeiten zeigen sich zum Beispiel in den Mehrfachbedeutung mancher Wörter. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Tractatus hat sich L. Wittgenstein bereits von der Philosophie zurückgezogen, da er glaubt, mit diesem Werk alle philosophischen Fragen beantwortet zu haben.
Er arbeitet eine Zeit lang unter anderem als Volksschullehrer, bis er sich schließlich 1929 wieder auf die Philosophie einlässt und als Forschungsstudent am Trinity College studiert. Dort erwirbt er mit dem Tractatus logico-philosophicus auch seinen Doktorgrad. Mit den Philosophischen Untersuchungen2 und Über Gewißheit,3 zwei weitere seiner wichtigsten Werke, löst er sich schließlich von seiner frühen Philosophie und beschreitet einen neuen Weg. Die Arbeit an dem ersten Teil der PU findet in seinem Haus in Norwegen statt, den zweiten Teil beendet er erst 1947. 1939 während des Kriegsausbruchs verrichtet er Arbeiten in einem Krankenhaus, kehrt aber später als Dozent nach Cambridge zurück. Seine Vorlesungen haben einen sehr dialogischen Stil, so wie er sich auch in den PU zeigt. L. Wittgenstein legt 1947 seine Professur nieder. Über Gewißheit entstand aufgrund eines Besuches in Ithaca, die Arbeit daran dauerte bis zu kurz vor seinen Tod 1951. Die Veröffentlichung der PU und ÜG finden posthum statt, wie fast alle seine Werke. Weitere wichtige Werke sind die 1931 erschienene Philosophische Grammatik, das Big Typescript, Das Blaue Buch und Das Braune Buch, Bemerkungen über die Grundlagen der Mathematik, Bemerkungen über die Philosophie der Psychologie und Bemerkungen über die Farben.
In einigen seiner Werke spricht er über Sprache und Sprachspiele und wie diese in die Lebensform eingebettet sind. Um diese Themen soll es in dieser Arbeit gehen. Ich werde zunächst die beiden wichtigsten Werke im Bezug auf L. Wittgensteins Thesen zu Sprache und Sprachspielen vorstellen, danach werde ich die zentralen Begriffe erläutern. Im Anschluss sollen die Thesen L. Wittgensteins mit denen Charles Taylors verglichen werden. Schließlich werde ich ein Fazit ziehen.
2. Philosophische Untersuchungen und Über Gewißheit
Die Sprache ist ein zentraler Ausgangspunkt für L. Wittgensteins Weltbild. Sie ist Mittel und sozialer Aspekt in der Lebensform und notwendig, um in einer Gemeinschaft leben zu können. Die PU und ÜG sind die zwei Hauptwerke L. Wittgensteins, in denendiese Aspekte seine Hauptthesen sind. Trotz der geringen Erwähnungen sind sie dank ihrer starken Behauptungen als Hauptargumente anzusehen.
2.1. Die Werke
Der frühe L. Wittgenstein versuchte den Zusammenhang zwischen Sprache und Welt mit einer zeichentheoretischen Lösung zu erklären. Die Unterscheidung zwischen Namen, Elementarsätzen und (komplexen) Sätzen fand auf der Ebene der Zeichen statt. Der späte L. Wittgestein setzte Wörter dagegen mit Werkzeugen gleich. Die Sprache sieht er nun eher als Ballspiel, nicht mehr als Kalkül; Regeln sind nicht notwendig für dieses Spiel. Stattdessen führt er den Begriff der Familienähnlichkeit ein. Die Lebensform wird von Sprachspielen bestimmt.
In den PU fragt L. Wittgenstein danach, wie man philosophische Probleme angehen und lösen kann. Demnach kann man nur Klarheit gewinnen, indem die Frage gestellt wird, wie Wörter und Sätze der Problemstellung in der Sprache tatsächlich verwendet werden. Die Methode der Philosophie muss hier sein, die Zusammenhänge, in denen die Sprache beim Handeln gebraucht wird, zu beschreiben, also das Sprachspiel als das Primäre zu sehen.4
Das Werk PU ist kein zusammenhängender, strukturierter Text, es besteht vielmehr aus Fragmenten, zusammengewürfelten Gedanken L. Wittgensteins, nämlich 693 durchgehend nummerierte Bemerkungen. Es hat einen Anfang mit Vorwort, jedoch kein markantes Ende. Dennoch wird die philosophische Methode vollständig vorgestellt. Durch diese offene Struktur hat das Werk einen dialogischen
Charakter, so wie es L. Wittgenstein auch als Dozent in seinen Vorlesungen praktizierte.
Das Werk ÜG bildet den Abschluss von Wittgensteins Spätphilosophie. Das Manuskript war eigentlich nicht zur Veröffentlichung vorgesehen, wird aber als eigenständiges Werk betrachtet. Es wurde von Wittgensteins Nachlassverwaltern G.E.M. Anscombe und G.H. von Wright herausgegeben und ist nach Paragraphen nummeriert. ÜG basiert auf G.E. Moores Aufsatz „A defence of common sense“, der 1952 erschien. Moore äußert hier, dass es bestimmte Sätze gibt, die er als unbedingt wahr wisse, z.B. „Ich habe zwei Hände.“ Das darauf aufgebaute Gewissheitskonzept L. Wittgensteins besagt, dass Zweifel im Sprachspiel sinnlos sind.
2.2. Zentrale Begriffe
Die Sprache ermöglicht eine Sichtweise der Welt und das Zusammenleben in einer Gemeinschaft durch eine gemeinsame Lebensform. Was dazu nötig ist und wie sich dies auswirkt, soll mit den folgenden zentralen Begriffen L. Wittgensteins aus den beiden oben vorgestellten Werken erläutert werden.
2.2.1. Sprachspiel und Lebensform
Zwei der zentralsten Begriffe in Wittgensteins Werken sind die des Sprachspiels und der Lebensform. L. Wittgenstein definiert Wörter als Werkzeuge: so wie in einem Werkzeugkasten verschiedene Materialien zu finden sind, die sich in gewisser Weise ähneln, sind auch in der Sprache verschiedene Worte zu finden, die alle einem Zweck dienen.5 Die Namensgebung der verschiedenen Dinge findet durch Bezeichnung und Benennung statt. Die Sprache selbst besteht nur aus Befehlen und man kann sie als Stadt ansehen.6 „Sie ist ein Gewinkel von Gäßchen und Plätzen, alten und neuen Häusern, und Häusern mit Zubauten aus verschiedenen Zeiten; und dies umgeben von einer Menge neuer Vororte mit geraden und regelmäßigen Straßen und mit einförmigen Häusern.“7
Der Begriff Sprachspiel beschreibt die vielen, verschiedenen Arten des Zeichen-, Wort- und Satzgebrauchs. L. Wittgenstein „will diese Spiele Sprachspiele nennen, und von einer primitiven Sprache manchmal als einem Sprachspiel reden.“8 Sprachliche Äußerungen können von kleinen Lauten wie „Aua“ oder „Platte!“ bis zu komplexen Sätzen oder gar kompletten sprachlichen Systemen reichen. Dabei ist jede sprachliche Äußerung in die Praxis, also das Handeln eingebettet. Die Bedeutung der Sprache ist also abhängig davon, welche Handlung man mit Wörtern, Begriffen oder Sätzen ausführt und in welcher Situation man sich äußert. „Das Wort Sprachspiel soll hier hervorheben, daß das Sprechen der Sprache ein Teil ist einer Tätigkeit, oder einer Lebensform.“9 Sprache und Tätigkeit sind für Wittgenstein also nicht separat denkbar.
Stimmen die Menschen in einer Sprache überein, dann stimmen sie auch in einer Lebensform überein, denn „[…] eine Sprache vorstellen heißt, sich eine Lebensform vorstellen.“10 Sprachspiel und Lebensform unterstreichen beide die Bedeutung des Aktiven und der Praxis. Sprachliches und Nicht-sprachliches bedingen einander und sind Elemente von Handlungsweisen. Das Sprachspiel dient dazu, allem Erklärungssuchen ein Ende zu setzen und den Blick in eine andere Richtung zu bewegen. Der Fragende wird somit beruhigt, er fühlt sich sicher. L. Wittgenstein sagt, „Das Hinzunehmende, Gegebene - könnte man sagen - seien Lebensformen“11 und meint damit, dass das alltägliche, primitive Sprachspiel nicht angezweifelt werden darf und kann. Man muss es als gegeben hinnehmen, um schließlich zu philosophischen Einsichten zu gelangen und seine Seele nicht länger mit Fragen zu quälen.
[...]
1 Vrgl. Raatzsch (2008, S.23-37 und 105-118)
2 Im Folgenden PU
3 Im Folgenden ÜG
4 Vrgl. Kienzler (2007, S.9f)
5 Wittgenstein (1975, §11)
6 Wittgenstein (1975, §18)
7 Wittgenstein (1975, §18)
8 Wittgenstein (1975, §7)
9 Wittgenstein (1975, §23)
10 Wittgenstein (1975, §19)
11 Wittgenstein (1975,S. 363)
- Arbeit zitieren
- Katrin Dietrich (Autor:in), 2009, Weltbild und Lebensform bei Ludwig Wittgenstein unter dem Aspekt der Sprache, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/188154
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