Weltbilder verkörpern in sich einen gesellschaftlichen Konsens und bilden dadurch bewusste, aber
auch unbewusste Maximen aus, von denen dann die gesellschaftliche Kommunikation (des Einzelnen)
ihren Ausgang nimmt. Weltbilder prägen eben die Vorstellung von Welt und die Art und Weise, wie
sich das jeweilige Bild von Welt im einzelnen Individuum aber auch in der „sozialen Masse“
konkretisiert. Die Frage danach, welches Weltbild die Nachrichtenmagazine im heutigen Fernsehen
vermitteln ist damit gleichzeitig die Frage danach, welchen Status man den neuen Medien insgesamt,
als „Anbieter ästhetischen Materials“, bei der Bildung von Weltbildern und
Wirklichkeitskonstruktionen zuschreiben kann.
In der medienwissenschaftlichen und kommunikationswissenschaftlichen Theorie ist es
vorherrschende Meinung, dass die Aneignung von Realität in höchstem Maß durch Mediengebrauch
charakterisiert werden kann. Massenmedien wie Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Hörfunk, Film und
Fernsehen vermitteln nicht nur einfach Informationen, sie produzieren auch Meinungen, können
Stimmungen erzeugen und damit Werte und Normen beeinflussen. Das scheint als Ergebnis
wissenschaftlicher Forschung banal zu sein, gewinnt aber an theoretischer Tragkraft, wenn man
weiter fragt, inwieweit die Logik der Medien unsere Erfahrungswelt und Realitätswahrnehmung
bestimmt, bzw. welche Rolle die Medien bei den kommunikativ vermittelten Mustern der
Wahrnehmung, des Denkens und Fühlens für individuelle wie für soziale Wirklichkeitskonstruktionen
spielen.
Dabei wird seit längerer Zeit aus den verschiedensten Ansätzen von Kommunikations- und
Medientheorie die Diagnose gestellt, dass die Lebenswelt der Gegenwart in ausschlaggebender
Weise eine ästhetisch verfasste oder ästhetisch erfasste Lebenswelt sei. Ästhetisch meint dabei aber
nicht Kunst oder Theorie der Kunst, sondern im ursprünglich klassischen Gebrauch des Wortes
„Wahrnehmung“, also den Bedeutungszuwachs und die lebensweltliche Thematisierung von
Wahrnehmung(en) aller Art. Und eben dabei, als Folge des Sachverhalts, dass es sich bei medial
vermittelter oder durch Medien geprägter Wahrnehmung meist um visuelle Wahrnehmung(en)
handelt, ist eigentlich bei den verschiedensten Ansätzen die argumentative Basis immer die gleiche,
nämlich dass die (audio-)visuellen Medien eine neue Dimension der visuellen Sinnstiftung von sozialen
Erlebnis- und Erkenntnisformen von Wirklichkeit zur Folge hat. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Fotografisches/Filmisches Bild und Digitalität. Eine Neue Ontologie des Bildes?
- ,,Fakt wird zur Fiktion und Fiktion wird zu Fakt“
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht, welches Weltbild die Nachrichtenmagazine im heutigen Fernsehen vermitteln und wie sich die Rolle der neuen Medien bei der Konstruktion von Weltbildern und Wirklichkeitsvorstellungen entwickelt. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob die digitale Revolution die Authentizität des fotografischen und filmischen Bildes als Wahrheitszeugnis infrage stellt und welche Auswirkungen dies auf die Gestaltung und Wahrnehmung von Weltbildern im Fernsehen hat.
- Die Rolle von Medien bei der Konstruktion von Weltbildern und Wirklichkeitsvorstellungen
- Die Dominanz des medial vermittelten Bildes im Vergleich zu diskursiven Realitätsdeutungen
- Der Status des fotografischen und filmischen Bildes im Zeitalter der Digitalisierung
- Die Bedeutung von Authentizität und die Wahrnehmung von Fernsehbildern als Abbilder der Wirklichkeit
- Die Frage nach neuen Bildkategorien und einer veränderten Sichtweise auf Weltbilder in den Medien
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Weltbilder im Fernsehen ein und stellt die These auf, dass die neuen Medien, insbesondere das Fernsehen, eine maßgebliche Rolle bei der Formung von Weltbildern spielen. Die Frage nach dem Status des fotografischen und filmischen Bildes im Zeitalter der Digitalisierung wird aufgeworfen. Es wird darauf hingewiesen, dass die Dominanz des Bildes im Fernsehen eine neue Dimension der visuellen Sinnstiftung von Wirklichkeit zur Folge hat.
Schlüsselwörter
Weltbilder, Nachrichtenmagazine, Fernsehen, Digitalisierung, fotografisches Bild, filmisches Bild, virtuelle Realität, Authentizität, Wahrnehmung, Wirklichkeitskonstruktion, Medien, Kommunikation, Ästhetik, visuelle Sinnstiftung.
- Quote paper
- Gernot Leinert (Author), 1999, Virtuelle und fotografische Realität im heutigen Fernsehen. Das Weltbild der Nachrichtenmagazine, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18826