Geschichte der mesopotamischen, ägyptischen und der frühgriechischen Mathematik


Bachelor Thesis, 2010

53 Pages, Grade: 1,3


Excerpt


I N H A L T S V E R Z E I C H N I S

1. Einleitung

2. Anfange der Mathematik

3. Mathematik der Ägypter
i) Das Rechnen der alten Ägypter
a) Die ägyptischen Zahlzeichen
ii) Die vier Grundrechenarten
a) Addition
b) Multiplikation
c) Die Division
iii) Die Stammbruche und deren Berechnung
iv) Die Geometrie der Ägypter

4. Mathematik der Mesopotamier (Babylonier)
i) Das Rechnen der Mesopotamier
a) Das mosopotamische Zahlzeichen
b) Das mesopotamische Sexagesimasystem
c) Die vier Grundrechenarten
- Die Addition und Subtraktion
- Die Multiplikation
- Die Division
ii) Die mesopotamische Zahlentheorie
a) Eine Berechnungsformel für die Kehrwerte
b) Irrational Quadratwurzel
c) Pythagoräische Zahlentripel
iii) Mesopotamische Algebra
a) Lineare Gleichung
- Eine Unbekannte
- Zwei Unbekannten
- Quadratische Gleichung

5. Mathematik der Griechen
i) Das griechische Zahlensystem
ii) Ionische Periode
a)Thales von Milet
b) Pythagoras von Samos und die Pythagoräer
c) Demokrit von Abdera
d) Hippokrates von Chios
iii) Athenische Periode
iv) Alexandrische Periode

6. Schluss

7. Quellenverzeichnis

Einleitung

Die Geburtsstätte der Mathematik, die die gegenwärtige Zivilisation beherrscht, wird in das Zweistromgebiet zwischen Euphrat und Tigris und das Stromland des Nils zurückgeführt. Die Entstehung der Mathematik verdanken wir den alten Ägyptern und Masopotamiern, da sie relativ früh mit (modernen) Schriften vertraut waren. Denn die Entstehung der Mathematik hängt eng mit der Verwendung einer Schrift zusammen. Die Schriftsymbole wiederum geben menschliche Gedanken wieder. In der Entstehungsgeschichte der Mathematik dauerte es allerdings sehr lange, bis der abstrakte Zahlenbegriff seinen Lauf nahm. Archäologische Funde zeigen, dass bereits in der Steinzeit gezählt wurde. Doch erst die Hochkulturen wie Ägypten, Mesopotamien und die frühen Griechen fassten arithmetische, geometrische und astronomische Ausdrücke in einer Schriftform zusammen. Die gegenwärtige Mathematik, wie wir sie heute mit entsprechenden Axiomen und Beweisen als Logik kennen, fand ihre Entstehung erst in den Hochkulturen der Griechen, angefangen mit Thales von Milet, Pythagoras usw. Denn die Ägypter und die Mesopotamier, die sich früh mit der Mathematik beschäftigten, nutzten die Mathematik, um die Probleme des Alltags zu reduzieren. Daher waren die mathematischen Formeln meist problemorientiert.

In der vorliegenden Arbeit, die ich im Rahmen einer Master-Thesis schreibe, werde ich versuchen, die Entstehung der Mathematik, angefangen in Ägypten über Mesopotamien bis hin zu Griechenland, anhand von wissenschaftlichen Arbeiten zusammenzufassen. Den Schwerpunkt meiner Arbeit allerdings lege ich in die frühgriechische Mathematik, die sogenannte „ionische Periode“. Dabei werden hauptsächlich die Errungenschaften der berühmten „Mathematiker“ im Vordergrund gestellt und (relativ) ausführlich behandelt.

Zunächst folgt ein Kapitel über die Anfänge der Mathematik, anschließend folgt eine kurze Zusammenfassung der ägyptischen und der mesopotamischen Mathematik. Beenden werde ich meine Arbeit mit einem persönlichen Fazit.

Anfänge der Mathematik

Mathematik bedeutet, Ordnung in Probleme des Denkens und Lebens bringen. Der Begriff „Mathematik“ stammt ursprünglich aus dem Griechischen und im Lexikon wird die Mathematik als „Wissenschaft, Lehre von den Zahlen, Figuren, Mengen, ihren Abstraktionen, den zwischen ihnen möglichen Relationen, Verknüpfungen“ definiert.[1]

Doch bevor die Menschheit sich mit der Lehre der Mathematik befasste, in Form von Wissenschaft, wurde sie in einer naturgegebenen Weise genutzt und angewandt. Die Archäologen fanden 1937 in Vestonice in Tschechien einen Wolfsknochen aus einer älteren Steinzeit, auf dem die ältesten Hinweise des Zählens zu erkennen sind. Der Knochen wurde in 55 Kerben zerlegt, von denen die ersten 25 in fünf Fünferbündelungen zu erkennen sind. Eine Abbildung des genannten Fundes befindet sich in Die Universalgeschichte der Zahlen von Georges Ifrah auf Seite 111.[2] Auch weitere Funde aus allen Kontinenten der Erde, z. B. von Keramiken mit geometrischen Mustern in der jüngeren Steinzeit, weisen auf mathematische Kenntnisse der antiken Menschen hin. Die ersten gefundenen mathematische Dokumente sind die Papyrusrollen der alten Ägypter. Die vor ca. 4 Tausend Jahren entdeckten Rollen Papyrus Rhind ( wurde nach A. H. Rhind benannt, ein Archäologe aus dem 19. Jahrhundert) und Papyrus Moskau (genannt nach dem jetzigen Aufbewahrungsort) beinhalten zahlreiche mathematische Alltagsaufgaben. Die Mesopotamier hinterließen eine ganze Bibliotheken aus Tontafeln, die genaue Auskünfte über die Entstehung und Entwicklung der mesopotamischen Mathematik geben. Auch die griechischen Philosophen und Mathematiker wie Aristoteles und Herodot werden als Quellen der Entstehung der Mathematik angegeben. Aus Indien und China sind Schriften auf Palmblättern bekannt. Die ältesten Palmblätter stammen aufgrund der geringen Haltbarkeit erst ab dem 6. Jahrhundert n.Chr. Das bedeutet aber nicht, dass die Mathematik der Inder und vor allem der Chinesen nicht älter ist. Leider sind die Ursprünge der chinesischen Mathematik historisch nicht weiter zurückzuverfolgen.[3]

Mathematik der Ägypter

Mathematik, die heute ihren Namen im Bereich der Wissenschaft findet, war für die alten Ägypter „noch“ keine Wissenschaft. Sie war lediglich ein „Hilfsmittel“, das z. B. für das Problem der Nilüberschwemmungen, die ich in den nächsten Zeilen näher beschreiben werde, genutzt wurde. Dafür war es notwendig, ständig Landmessungen durchzuführen.

Die Historiker teilen die Ansicht, dass die Mathematik, wie wir sie heute verstehen und anwenden, ihren Ursprung bei den Griechen hat. Die antiken Griechen allerdings führten den Ursprung der Mathematik auf die Ägypter zurück. Der Geschichtsschreiber Herodot bezeichnete Ägypten als „ein Geschenk des Nils“. Er sieht auch die wichtigste Veranlassung zur Beschäftigung der alten Ägypter mit der Mathematik, vor allem mit Geometrie, in der Notwendigkeit, um Streitigkeiten um Grund und Boden zu vermeiden, weil infolge der regelmäßig wiederkehrenden Nilüberschwemmungen der Verlauf der Grenzen verloren gegangen ist.[4]

Es wird angenommen, dass die Zahlzeichen der Ägypter aus dem dritten Jahrtausend vor Christus stammen, die überlieferten Urkunden hingegen sind aus der Zeit ~2000 bis ~1700 v.Chr. Zu den wichtigsten Urkunden der alten Ägypter gehören der Papyrus Moskau, die Lederrolle (London) und nicht zu vergessen der um 1850 aufgefundene Papyrus Rhind (Fig.1), der jetzt im britischen Museum in London aufbewahrt und nach seinem ursprünglichen Besitzer Mr. Ahmes H. Rhind genannt wird. Der zuletzt genannte Papyrus aus London, der eine Länge von 5 1/2 m und eine Breite von 32 cm aufweist, beinhaltet zugleich den umfangreichsten Text mit über 80 Beispielen. Er beginnt mit den Worten:

„Genaues Rechnen. Einführung in die Kenntnis aller existierenden Gegenstände und aller dunklen Geheimnisse. Dieses Buch wurde geschrieben im Jahre 33, im vierten Monat der Überschwemmungsjahreszeit unter der Herrschaft des Königs von Ober- und Unterägypten A- user-Re, mit Leben versehen, in Anlehnung an eine alte Schrift aus der Zeit des Königs von Ober- und Unterägypten Ne-ma’et-Re (Amenemhet III). Der Schreiber A`h-mose hat die Abschrift angefertigt.“

Neueste Erkenntnisse besagen, dass diese Texte von Verwaltungsbeamten, wie z. B. Ahmes, für den Rechnungsbedarf des Verwaltungsdienstes verschriftlicht worden sind. Der Inhalt dieser Urkunden ist also nicht anderes als die Zusammenstellung von Musterbeispielen, die elementare arithmetische und geometrische Aussagen enthalten.[5]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Fig. 1

Das Rechnen der alten Ägypter

Die ägyptischen Zahlzeichen

Das ägyptische Zahlensystem ist einfach, primitiv und so ähnlich aufgebaut wie das Zahlensystem der Römer. Es ist wie dieses rein dezimal, jedoch ohne Stellenwert erschaffen, wobei für jeden einzelnen Zehnerpotenz ein eigenes Symbol verwendet wird. Dabei schrieben die Ägypter die Zahlen in der Bilderschrift in Form von Hieroglyphen. (Fig.2).[6]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Fig.2

Die Darstellung einer großen Zahl erfolgte additiv. Beispiel:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wie das Beispiel oben deutlich zeigt, gehen die größeren Zahlen den kleineren voran und dabei entstehen oft lange aneinandergereihte Zahlenbilder.

Die vier Grundrechenarten

Die überlieferten Quellen verdeutlichen, dass die vier Grundrechenarten mit natürlichen Zahlen und die Operationszeichen den Ägyptern vertraut waren. Die Rechentechniken der Addition und Subtraktion waren in der ägyptischen Mathematik einfach durch bloßes Abzählen zu bewältigen. Interessanter sind die Rechenoperationen von Multiplikation und Division.
Um das Erlernen des großen und kleinen 1x1 zu umgehen, lernten die Schüler nur das Verdoppeln und Verzehnfachen der Zahlen. Die Division erfolgte durch Umkehrung des Multiplizierens.[7]

Die Addition

Die Rechentechnik des Additionsverfahrens sah wie folgt aus:

Die Symbole und Hieroglyphen beider Summanden wurden zu neuen Symbolen zusammengetragen. Falls zehn gleiche Symbole zusammenkamen, bildeten diese die nächst höheren Potenzen von 10. Wir definieren diese Vorgehensweise als „Rechnen mit Übertrag“. Allerdings hatte dieses altägyptische Verfahren einen Nachteil: die Darstellung der Zahlen dauerte, verglichen mit unserem System, eine Ewigkeit. Allein bei der Darstellung der Zahl 988 bedarf es mehr als 25 Stellen.[8]

Die Multiplikation

Die schriftliche Multiplikation, wie bereits oben beschrieben, beruht hauptsächlich auf fortgesetztem Verdoppeln und Verzehnfachen des Multiplikators. Das folgende Beispiel soll die Technik verdeutlichen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Im ersten Schritt werden zunächst zwei Spalten angelegt, die linke Seite beginnt mit der 1 und die gegenüberliegende Seite mit einer der beiden Multiplikanden. Als Nächstes werden in beiden Spalten die Zahlen mehrmals verdoppelt. Hier ist beim Verdoppeln zu beachten, dass in der ersten Spalte fast der zweite nicht verdoppelte Multiplikand erreicht ist. Im nächsten Schritt werden die Zahlen beispielsweise mit z. B. einem Stern markiert, deren Summe dem zweiten Multiplikanden entspricht. Die Lösung der Multiikation ergibt sich aus der Summe der entsprechenden Zahlen in der zweiten Spalte.[9]

Die Division

Die Division beruht auf dem gleichen Verfahren wie die Multiplikation. Auch hier werden zwei Spalten angelegt, die erste beginnt mit einer 1 und die zweite Spalte mit dem jeweiligen Divisor. Als Nächstes werden die Zahlen der ersten Zeile so lange verdoppelt, bis in der rechten Spalte der Dividend fast erreicht ist. Anschließend werden die Zahlen der ersten Zeile so lange halbiert, bis auf der rechten Seite die 1 erreicht ist. In der rechten Spalte werden nun Zahlen markiert, deren Summe den Dividenden ergeben. Die Lösung der Division ergibt sich aus der Summe der entsprechenden Zahlen in der ersten Spalte.

[10] Das folgende Beispiel soll das Verfahren veranschaulichen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Berechnung der Division funktioniert nicht immer so einfach und problemlos. Wie eingeschränkt die Division der alten Ägypter abläuft, veranschaulicht das Beispiel 3. Die Division kann nicht durchgeführt werden, wenn es sich bei dem Divisor nicht um eine Potenz von 2 handelt. Denn um bei der stetigen Halbierung der Zahlen auf der rechten Spalte die Zahl 1 zu erhalten, ist es notwendig, eine Potenz von 2 als Divisor zu wählen. Die alten Ägypter fanden keine Lösung für dieses Problem. Daher wird vermutet, dass sie bei einem ähnlichen Problem wie in Beispiel 3 die Kenntnisse der Multiplikation genutzt haben könnten. Die Lösung könnte ermittelt werden, in dem durch einfaches Probieren nachgezählt wird wie beim Beispiel 3: wie oft die Zahl 7 in die 81 hineinpasst, nämlich elfmal mit einem Rest von 4. Die moderne Mathematik würde die Lösung mit 11 4/7 definieren.[11] Den alten Ägyptern waren Brüche, so genannte Stammbrüche, mit nur einer 1 im Zähler bekannt.[12]

Beispiel 3: 81:7

Die Stammbrüche und deren Berechnung

Die Stammbrüche bildeten die Grundlage des Bruchrechnens der alten Ägypter und konnten auch symbolisch dargestellt werden. Diese wurden üblicherweise mit 1/n abgebildet. Dabei ist die 1 im Zähler das Hauptmerkmal der Stammbrüche, womit die Ägypter hauptsächlich rechneten. Lediglich die Brüche ½, 2/3 und ¼ ( Fig. 3) bildeten Ausnahmen, wofür ein besonderes Symbol verwendet wurde.[13]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Fig. 3

Beispiel 4: 2/7 = ¼ + 1/28 Beispiel 5: 2/97 = 1/56 + 1/679 + 1/776

Diese Schreibform erwies sich als vorteilhaft, da sie keine neuen Symbole erforderte. Ein Oval (ro= Mund, Teil) über den Symbolzahlen deutet auf die Bruchrechnung hin. Es war üblich, einem Zahlenwert als Summe von Stammbrüchen anzugeben. Als Beispiel: 3/5 schrieb man als die Summe aus den Stammbrüchen von 1/3, 1/5 und 1/15. Dieses Darstellungsform hat auch einen Nachteil, sie ist nicht eindeutig. Es ist möglich, einen Bruch auf verschiedene Weisen darzustellen. Dies erschwert die Relation bei einer Gegenüberstellung zweier verschiedener Brüche zu erkennen.[14]

Die Beschränktheit der ägyptischen Bruchrechnung führt allerdings zu der Annahme, dass sie mit dieser Art der Mathematik ausreichend bedient waren, da die fortführende Literatur zunächst auf keine Änderung hinweist.

Die Geometrie der Ägypter

Die Geometrie der Ägypter, wie die ägyptische Arithmetik auch, ist noch keine Wissenschaft, wie wir sie aus der gegenwärtigen Sicht definieren würden. Sie ist lediglich eine Form des angewandten Rechnens. Geometrie wurde hauptsächlich bei der Berechnung von Flächen- und Rauminhalten genutzt. Als Beispiel habe ich oben die Nilüberschwemmung erwähnt. Doch zunächst bedurfte es, die entsprechenden Regeln zu definieren. Die Ausgangsfigur, aus der das recht- und gleichschenklige Dreieck sowie das gleichschenklige Trapez entwickelt wurde, war das Rechteck (Fig.4).[15]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Fig. 4: Kropp, Gerhard, S. 12 Fig. 4

Die folgenden Formeln entsprechen der Flächeninhaltsberechnung des Dreiecks und des Trapezes aus Fig. 4:

F (Dreieck) = Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, F (Trapez) = Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten(a+c), (für a, c Grundseiten und h Höhe)

Anhand der Dokumente, Papyrus Rhind und Papyrus Moskau, ist ersichtlich, dass die Ägypter ebenfalls Berechnungen für die Kreisfläche vorgenommen haben. In den angegebenen Beispielen wurde von dem Durchmesser der 9te Teil abgezogen und der daraus resultierende Ausdruck zum Quadrat genommen. Die Formel lautete anschließend:

F (Kreis) = Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten² = 3.1605...

Es ist bemerkenswert, wie die ägyptische „ π“ der modernen π (3,1415...9) nahe liegt, mit der der Flächeninhalt und der Umfang eines Kreises berechnet werden. Wie die Ägypter zu der obigen Formel gelangt sind, verraten die Dokumenten nicht.[16] Es lässt sich nur darüber spekulieren. Die Berechnung der Fläche eines Kreises könnte in etwa folgendermaßen durchgeführt worden sein:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In ein Quadrat mit der Seitenlänge d wird ein Achteck eingefügt (Fig. 5). Das oben abgebildete Achteck hat einen Näherungswert wie etwa der des Kreises mit dem Durchmesser d = 9. Daraus folgt für die Berechnung der Fläche des Achtecks: 81 - 2 x 3² = 63. Die Fläche des Quadrats mit der Seitenlänge 8 ist in etwas gleich groß wie die Fläche des obigen Achtecks. Ein Kreis mit Durchmesser d hat also in etwa die Fläche eines Quadrats des entsprechenden Achtecks, also Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten². Für π hätte man mit d=2 den Wert 3.1604. Eine genaue Zeichnung des oben dargestellten Quadrat-Achtecks ist im Papyrus Rhind zu finden, auch die Zahl 9 ist in dem Achteck abgebildet.[17]

Neben den Feldmessungen errichteten die alten Ägypter auch große Steinbauten wie Paläste Tempel, Pyramiden usw. In den antiken Dokumenten ist zu lesen, dass die Ägypter fähig waren, das Volumen eines Pyramidenstumpfes mit quadratischer Grundfläche mit exakter Genauigkeit mit der folgenden Formel zu berechnen: V (Volumen) = (a² + ab + b²)Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, mit h = Höhe, a = Seite der Grundfläche und b = die Seite der Deckfläche. Die symmetrische Gestalt und die mathematische Korrektheit der Formel fällt besonders auf. Diese Formel gilt als das Glanzstück der ägyptischen Mathematik überhaupt.[18]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Für die Errichtung der Tempel oder Pyramiden war es notwendig, die Konstruktion des rechten Winkels zu beherrschen. Die ägyptischen Seilspanner wandten die im folgenden beschriebene elementare Konstruktion des rechten Winkels an (Fig. 7): Auf einer Geraden wird ein Punkt A angegeben. Die Punkte B und C auf derselben Gerade werden so bestimmt, dass AB = AC ist. Um eine Senkrechte zu der Geraden zu bilden, bestimmt man einen Punkt M, sodass BM = CM > BA ist.[19]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Fig. 7,Hauser,G. S. 24 Fig.3

Es ist bemerkenswert, mit welcher Genauigkeit die ägyptischen Baumeister die Steinbauten errichteten. Eine Reihe neuerer Untersuchungen bei der Cheopspyramide haben gezeigt, „dass auf einem Weg von 900 m um die Pyramide herum der Fehler des Nivellments nur 15mm beträgt, und dass sich die größte Abweichung vom rechten Winkel im Grundriss auf 3,3, die kleinste auf 2 beläuft“.[20]

Am Ende der ägyptischen Mathematik angekommen, ist noch abschließend zu sagen, dass die alten Ägypter zweifelsohne eine hochentwickelte Rechentechnik besaßen, die das Alltagsproblem der antiken Bevölkerung recht gut bewältigen konnte. Die Nilüberschwemmungen waren sicherlich ein entscheidender gewesen, die Bevölkerung zum Suchen nach einer Lösung zu bewegen. Daher ist zu behaupten, ohne Widerspruch zu ernten, dass die Nilüberschwemmungen nicht nur Schaden anrichteten, sondern auch bei der (Weiter)-entwicklung der antiken Mathematik eine große Rolle spielten.

Es ist ebenfalls zu erwähnen, dass in keinem der Papyridokumente die Beweisführung einer Formel oder Behauptung zu finden ist. Die Griechen allerdings, die viele ihrer Rechenregeln aus der ägyptischen Arithmetik und Geometrie übernommen haben, profitierten wesentlich mehr von der mesopotamischen Mathematik und entwickelten diese im Sinne der modernen Mathematik weiter.

_________________________________________________________________________

Mathematik der Mesopotamier

Das Reich des damaligen Mesopotamiens, genannt auch Babylon, befand sich zwischen Euphrat und Tigris, dem sogenannten „Zwischenstromland“. Das Gebiet erstreckte sich von der Türkei über Syrien, Irak bis hin zum persischen Golf. Die Hauptstadt der Babylonier „Babylon“ lag südlich des heutigen Bagdads.[21] Die Mesopotamier errichteten ebenfalls große Tempelanlagen und Städte, die bis zu 3 Jahrtausende vor Beginn der westlichen Zeitrechnung zurückreichen. Auch die Bevölkerung Mesopotamiens musste Naturgewalten wie Überschwemmungen trotzen. Daher waren Auffangkanäle notwendig, die zugleich als Bewässerungsanlagen dienten. Der Bau derartiger Anlagen war ohne Kenntnisse der Mathematik unmöglich.[22]

Mitte des 4. Jahrtausends wanderten die Sumerer, die wahrscheinlich aus Indien stammen, in das damalige Reich der Mesopotamier ein und brachten das eigene Ziffernsystem mit 60 als Basis mit. Die Zeichen wurden zunächst in Bilderschrift, dann in Keilschrift dargestellt, weil sie sich in Tontafeln (Fig. 8) besser eindrücken lassen. Nach dem Eindrücken der Zeichen wurde die Tontafel anschließend für eine längere Haltbarkeit gebrannt. Daher weisen sich die gefundenen Tontafeln einen besseren Zustand auf als z. B. eine Papyrusrolle der Ägypter. Bis zur Einwanderung der nordbabylonischen semitischen Völker, auch Akkader genannt, um die Mitte des 3. Jahrtausends, benutzten die frühen Mesopotamier noch eigene Zeichen für ½, 1/3, 2/3, 10, 60, 60², 60³. Die Akkader übernahmen die Kultur sowie Schriften, Rechentechniken und astronomische Kenntnisse der Sumerer und entwickelten diese weiter. Die Entwicklung führte das Reich der Mesopotamier zu einer Hochkultur. Deren Kenntnisse über künstliche Bewässerungsanlagen, Wirtschaft und Handel erreichten im Laufe der Zeit höchstes Niveau. Gegen Ende des 2. Jahrtausends verlor der mesopotamische Einfluss zunehmend an Stärke. Der politische und wissenschaftliche Schwerpunkt verlagerte sich zunehmend in Richtung Vorderasien und Ägäis. Um ca. 600 v.Chr. wurde das ursprüngliche Reich der Mesopotamier von den Persern übernommen.[23]

[...]


[1] http://www.duden.de/rechtschreibung/Mathematik

[2] Ifrah, Georges- Universalgeschichte der Zahlen, Frankfurt am Main 1986, S. 111

[3] Struik, Dirk J.- Abriß der Geschichte der Mathematik, Berlin 1980, S. 25-30

Courant,Richard und Robbins,Herbert-Was ist Mathematik, Berlin 2000, S. XIX-XXII

[4] Hauser, G, Geometrie der Griechen von Thales bis Euklid, Schüpfheim 1955, S. 21

Günther,Siegmund-Geschichte der Mathematik; Von den ältesten Zeiten bis Cartesius,Leipzig 1908,S.23-24.

[5] Kropp, Gerhard. Geschichte der Mathematik-Probleme und Gestalten, Heidelberg 1969, S. 9-10

Hauser, G, Geometrie der Griechen von Thales bis Euklid, Schüpfheim 1955, S. 19

Wußing, H-Vorlesung zur Geschichte der Mathematik, Berlin 1979, S. 34-35

[6] Tropfke,Johannes-Geschichte der Elementarmathematik Band 1, Berlin, New York 1980, S. 24

Kropp, Gerhard- Geschichte der Mathematik-Probleme und Gestalten, Heidelberg 1969, S. 10-11

[7] Cantor, Moritz- Vorlesungen über Geschichte der Mathematik,Band 1,Stuttgart 1965, S. 61-82

Kropp, Gerhard- Geschichte der Mathematik-Probleme und Gestalten, Heidelberg 1969, S. 12-13

Wußing, H-Vorlesung zur Geschichte der Mathematik, Berlin 1979, S. 35-37

[8] Kropp, Gerhard- Geschichte der Mathematik-Probleme und Gestalten, Heidelberg 1969, S. 12

Wußing, H-Vorlesung zur Geschichte der Mathematik, Berlin 1979, S. 35-37

[9] Wußing, H-Vorlesung zur Geschichte der Mathematik, Berlin 1979, S. 36 Bsp. 1

Kropp, Gerhard- Geschichte der Mathematik-Probleme und Gestalten, Heidelberg 1969, S. 11-12

Struik, Dirk J- Abriss der Geschichte der Mathematik,1967 Leipzig, S. 15-16

[10] Wußing, H-Vorlesung zur Geschichte der Mathematik, Berlin 1979, S. 36 Bsp. 2

Kropp, Gerhard- Geschichte der Mathematik-Probleme und Gestalten, Heidelberg 1969, S.11-12

Struik, Dirk J- Abriss der Geschichte der Mathematik,1967 Leipzig, S. 15-16

[11] Meschkowski, Herbert- Problemgeschichte der Mathematik 1, Zürich 1979, S. 35-38

[12] Cantor, Moritz- Vorlesungen über Geschichte der Mathematik,Band 1,Stuttgart 1965, S. 61- 65

Tropfke,Johannes-Geschichte der Elementarmathematik Band 1, Berlin, New York 1980, S. 93-94

[13] Tropfke,Johannes-Geschichte der Elementarmathematik Band 1, Berlin, New York 1980, S.95 Abb.17

Cantor, Moritz- Vorlesungen über Geschichte der Mathematik,Band 1,Stuttgart 1965, S.83-84

Meschkowski, Herbert- Problemgeschichte der Mathematik 1, Mannheim1979, S. 35-36

[14] Struik, Dirk J- Abriss der Geschichte der Mathematik,1967 Leipzig, S. 37

Tropfke,Johannes-Geschichte der Elementarmathematik Band 1, Berlin, New York 1980, S.94-97

Cantor, Moritz- Vorlesungen über Geschichte der Mathematik,Band 1,Stuttgart 1965, S.84-86

[15] Kropp, Gerhard. Geschichte der Mathematik-Probleme und Gestalten, Heidelberg 1969, S. 12-13

Hauser, G, Geometrie der Griechen von Thales bis Euklid, Schüpfheim 1955, S. 20-21

[16] Hauser, G, Geometrie der Griechen von Thales bis Euklid, Schüpfheim 1955, S.22-23

[17] Pfeiffer, Janne & Amy Dahan-Dalmedico: Wege und Irrwege - Eine Geschichte der Mathematik, Berlin, 1994. S.122

[18] Kropp, Gerhard. Geschichte der Mathematik-Probleme und Gestalten, Heidelberg 1969, S.13

[19] Hauser, G, Geometrie der Griechen von Thales bis Euklid, Schüpfheim 1955, S23-24

[20] Hauser, G, Geometrie der Griechen von Thales bis Euklid, Schüpfheim 1955, S. 24

[21] Kropp, Gerhard- Geschichte der Mathematik-Probleme und Gestalten, Heidelberg 1969, S.14

Cantor, Moritz- Vorlesungen über Geschichte der Mathematik,Band 1,Stuttgart 1965, S. 2-3

[22] Wußing, H-Vorlesung zur Geschichte der Mathematik, Berlin 1979, S. 38-39

[23] Meschkowski, Herbert- Problemgeschichte der Mathematik 1, Zürich 1979, S. 35-38

Kropp, Gerhard- Geschichte der Mathematik-Probleme und Gestalten, Heidelberg 1969, S.14

Wußing, H-Vorlesung zur Geschichte der Mathematik, Berlin 1979, S. 38

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Details

Title
Geschichte der mesopotamischen, ägyptischen und der frühgriechischen Mathematik
College
University of Wuppertal
Grade
1,3
Author
Year
2010
Pages
53
Catalog Number
V188704
ISBN (eBook)
9783656125242
ISBN (Book)
9783656127031
File size
1187 KB
Language
German
Keywords
vorgriechische Mathematik, mesopotamische, babylonische, ägyptische, entwicklung der mathematik, ionische, mathematik, sexagesimalsystem
Quote paper
Ilyas Tirman (Author), 2010, Geschichte der mesopotamischen, ägyptischen und der frühgriechischen Mathematik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/188704

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