Königinnen des Theaters

Biografien berühmter Schauspielerinnen


Textbook, 2012

114 Pages


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Sarah Bernhardt (1844-1923)

Sarah Bernhardt

Die umjubelte „Kameliendame“

Frankreichs gefeiertste Schauspielerin um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert war Sarah Bernhardt (1844-1923), eigentlich Henriette-Rosine Bernard. Die „göttliche Sarah“ brillierte in klassischen, modernen und sogar männlichen Rollen wie Hamlet. Besonders gelobt wurde ihre Rolle als „Kameliendame“ von Alexandre Dumas dem Jüngeren (1824-1895). Aus ihrer Feder stammen Lustspiele, Romane und Erinnerungen.

Henriette-Rosine Bernard kam vermutlich am 22. Oktober 1844 in Paris zur Welt. Als Geburtsdatum wird manchmal auch der 25. September 1844 genannt. Ihr Geburtsort ist ebenfalls nicht gesichert. Vier Städte - darunter sogar Frankfurt an der Oder - stritten sich schon um die Ehre, ihr Heimatort zu sein.

Erzogen wurde Henriette-Rosine Bernard im Kloster Grand-Champs in Versailles. Ab 1858 ließ sie sich am Pariser Konservatorium ausbilden. 1862 feierte sie als Iphigenie ihr Debüt an der „Comédie Française“, was jedoch vom Publikum kaum beachtet wurde. Auch ihre Auftritte am „Porte-Saint-Martin Theater“ und am „Theater du Gymnase“ fanden noch wenig Echo.

Ab 1866 trat Sarah Bernhardt im „Odeon-Theater“ auf. Dort schaffte sie 1867 als spanische Königin in „Ruy Blas“ des Dichters Victor Hugo (1802-1885) und 1869 in „Le Passant“ („Der Wanderer“) des Dichters François Coppée (1842-1908) den künstlerischen Durchbruch. Während des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/1871 diente sie als Pflegerin. 1872 wurde sie Mitglied der „Comédie Française“ und spielte die Cherubin in „Figaros Hochzeit“, Donna Sol in „Hernani“, Phädra und Zaire.

1880 gab Sarah Bernhardt ihr Engagement im Odeon- Theater auf und ging nach Amerika. Aus der Zeit ihrer Reise durch den Westen der Vereinigten Staaten gibt es eine amüsante Anekdote über eine Begegnung mit Sam Davis, dem damaligen Korrespondenten für die Zeitungen „Appeal“, „San Francisco Examiner“ und die Nachrichtenagentur „Associated Press“ (AP):

Davis hatte über die Bernhardt eine Story geschrieben, die ihr sehr gut gefiel und die sie rührte. Als sich die Künstlerin von dem Korrespondenten auf dem Bahnhof verabschiedete, küsste sie ihn auf beide Wangen und zum Schluss auf die Lippen. Sie erklärte verschmitzt, der Kuss auf die rechte Wange sei für den „Appeal“, der auf die linke für den „San Francisco Examiner“ und der auf die Lippen für ihn persönlich. Davis antwortete schlagfertig, er vertrete außerdem „Associated Press“, die 380 Zeitungen westlich des Mississippi versorge.

Nach der Rückkehr aus Amerika gründete Sarah Bernhardt eine eigene Theatergruppe, mit der sie in vielen Ländern Europas gastierte. In London spielte sie die Marguérite Gauthier in „Die Kameliendame“. Diese Rolle entwickelte sich zur berühmtesten ihres Lebens. Sie mied Deutschland und übte damit auf ihre persönliche Weise Revanche für den Krieg von 1870/ 1871: Alle Völker durften an ihrer Kunst teilhaben, nur das Land jenseits des Rheins nicht.

Während eines Engagements an einem Theater in Neapel verliebte sich Sarah Bernhardt in den elf Jahre jüngeren griechischen Schauspieler Aristidis Damalas (1855-1889). Er war nach Paris und London gereist, um dort Fremdsprachen zu lernen und auf Wunsch seines Vaters eine Händlerlaufbahn einzuschlagen. Wegen seiner Bekanntschaften in Schauspielerkrei- sen kam er zum Theater von Sarah Bernhardt und spiel- te dort unter dem Pseudonym „Daris“ Nebenrol- len.

Sarah und Aristidis kündigten den Vertrag mit dem Theater in Neapel und gingen nach London, wo sie im April 1882 heirateten. Damals war Sarah bereits Mutter mehrerer Kinder. Nach der Trauung begann das Ende der Liebesbeziehung. Damalas zeigte sich in der Öffentlichkeit ungeniert mit seinen Geliebten und schien es besonders zu genießen, Sarah zu demütigen. Das Paar trennte sich schon im ersten Ehejahr, beide blieben jedoch gute Freunde und arbeiteten weiter zusammen. Damalas wurde morphiumsüchtig und starb bereits mit 34 Jahren.

Sarah Bernhardt wurde in Dramen, die der Bühnenautor Victorien Sardou (1831-1908) für sie geschrieben hatte, zu einer der bekanntesten französischen Schauspie- lerinnen. 1900 übernahm sie das „Théâtre des Nations“ in Paris, das sie in „Théâtre Sarah Bernhardt“ umbe- nannte. Dieses Theater existiert heute noch unter demselben Namen.

Die zarte Schauspielerin beeindruckte vor allem durch den Wohlklang ihrer „goldenen Stimme“, die leise klirrte. Ihre Gesten, Bewegungen und Schritte entsprachen der Tradition der französischen Bühne. Bei Liebesszenen auf der Bühne wirkte sie deshalb so überzeugend, weil die männlichen Hauptdarsteller meistens ihre Liebhaber waren. Im Laufe ihres Lebens soll sie es auf mehr als 1000 Liebhaber gebracht haben.

1906 wurde Sarah Bernhardt Professorin am Pariser Konservatorium. Sie schrieb auch Lustspiele, Romane und ihre Memoiren „Ma doble vie“ („Mein Doppel- leben“, 1907). Ein Kritiker meinte über ihre Memoiren, darin seien wohl 70 Prozent Dichtung und nur der Rest Wahrheit. Ähnliches gibt es sicherlich auch heute noch.

Nach Deutschland kam Sarah Bernhardt erstmals 1909, als sie bereits mehr als 60 Jahre alt war. Sie spielte in Berlin im Hebbeltheater sowie in München und in Dresden. Obwohl sie nicht mehr jung war, begriffen auch die deutschen Zuschauer die Wirkung, die von ihr seit Jahrzehnten ausging.

Bei einer Tournee durch die USA begann die 66-jährige Sarah eine Liaison mit dem mehr als drei Jahrzehnte jüngeren Lou Tellegen (1883-1934), eigentlich Isidore Louis Benard Edmon van Dommelen. Der blonde Muskelmann mit niederländischer Abstammung be- richtete später in seiner Biographie an, die Zeit mit Sarah seien die wunderbarsten Jahre seines Lebens gewe- sen.

Immer wieder wirkte Sarah Bernhardt als ihr eigener Regisseur. Sie wollte sogar ihren letzten Auftritt auf der Bühne des Lebens zu einem Gipfelpunkt ihrer künstlerischen Laufbahn machen. Weil sie einmal träumte, sie würde im Ausland sterben, führte sie auf allen Reisen einen Sarg aus Rosenholz bei sich, der mit weißem Atlas ausgeschlagen und in einer großen Kiste verpackt war.

Noch als 70-Jährige spielte Sarah Bernhardt glaubhaft die Mädchenrolle der „Heiligen Johanna“. Mit 71 Jahren musste sie sich ein Bein amputieren lassen, danach stand sie mit einer Prothese auf der Bühne.

Entgegen ihren Befüchtungen ist Sarah Bernhardt nicht in der Fremde, sondern in der Heimat gestorben. Bevor sie am 26. März 1923 im Alter von 78 Jahren in Paris ihre Augen für immer schloss, ging sie noch einmal pedantisch ihre Anordnungen für den letzten Abschied durch. Ungeduldig, als ob es sich um einen verspäteten Schauspieler handelte, sagte sie: „Wie unpünktlich ist doch der Tod!“

Geplant war eine Messe in der Kirche „Saint François de Sales“. Als der Sarg mit ihrem Leichnam in das kleine, dunkle Gotteshaus getragen wurde, stieß der Küster drei Mal mit dem Stab auf die Steinplatten des Seitenschiffs, was in Frankreich als Zeichen dafür gilt, dass sich der Vorhang hebt. Während der Nacht zog ein nicht enden wollender Strom von Menschen in der Kirche an dem Sarg vorbei. Die Blumen, um die Sarah Bernhardt gebeten hatte, bedeckten den Boden der Vorhalle und das Platz davor fast einen Meter hoch.

Hedwig Bleibtreu-Paulsen (1868-1958)

Hedwig Bleibtreu-Paulsen

Die große Künstlerin am „Wiener Burgtheater“

Eine der bedeutendsten Theaterschauspielerinnen Wiens war Hedwig Bleibtreu-Paulsen (1868-1958),

geborene Bleibtreu. Sie gehört zu den Künstlerinnen, denen das „Wiener Burgtheater“ seinen Weltruhm verdankt. Auf der Leinwand brillierte sie vor allem als ältere Dame. Zum letzten Mal stand sie im Alter von 88 Jahren auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Freunde nannten sie „Urmutter aller Schauspieler“ und „Ur- mutter aller Mütter“.

Hedwig Bleibtreu kam am 23. Dezember 1868 als Tochter des Schauspielerehepaares Sigismund Bleibtreu (1819-1894) und Amalie Bleibtreu (1835-1917) in Linz (Oberösterreich) zur Welt. Bereits als Vierjährige stand sie im Theater an der Wien als „Peperl“ in dem Zau- bermärchen „Verschwender“ erstmals auf der Bühne. Nach dem Besuch der Schauspielschule am Wiener Konservatorium bekam sie 1885 am Stadttheater in Augsburg (Bayern) ihr erstes Engagement. Danach trat sie in Brünn, Berlin, im Kasseler Hoftheater, in Mün- chen und 1892 am Karlstheater in Wien auf.

An der Seite ihres Vaters feierte Hedwig Bleibtreu am 10. Juli 1893 in „Egmont“ ihren ersten Auftritt am „Wiener Burgtheater“. Dort war sie in klassischen Stücken die Partnerin von Friedrich Mitterwurzer (1844- 1897) und Josef Kainz (1858-1910). Mitterwurzer galt als ein Bahnbrecher moderner Schauspielkunst, die statt eines pathetischen „hohen Stils“ einen psychologischen Realismus pflegte.

Hedwig Bleibtreu spielte auf der Bühne die Elisabeth in Friedrich von Schillers „Maria Stuart“, die Mariamne in Christian Friedrich Hebbels „Herodes und Mariamne“ und die Frau Alving in Henrik Ibsens „Gespenster“. 1898 verlieh man ihr den Titel „Hofschauspielerin“. „Wiener Burgtheater“.

Im Film wurde Hedwig Bleibtreu in der Rolle von älteren Damen populär. Man sah sie unter anderem in „Pygmalion“ (1935), als Großmutter in „Das Mädchen Irene“ (1936), als alte Fürstin in „Der Spieler“ (1938), als Zigarren rauchende Frau Sacher in „Hotel Sacher“ (1939), in „Frauen sind keine Engel“ (1943), in „Der dritte Mann“ (1948) und in „Der Engel mit der Posaune“ (1949).

Das „Wiener Burgtheater“ brachte im März 1953 anlässlich Hedwig Bleibtreus dortigem 60-jährigen Bühnenjubiläum Friedrich von Schillers „Demetrius“ heraus. In diesem Stück spielte sie die Zarinmutter Marfa und erlebte unvorstellbare Ovationen. Als sie 1955 in Wien von einem Motorradfahrer umgestoßen und schwer verletzt wurde, verbreitete sich die Nachricht über ihren Unfall wie ein Lauffeuer, und die ganze Stadt bangte um ihr Wohlergehen. Zum letzten Mal stand sie im Alter von 88 Jahren in Charles Morgans „Unsichtbaren Ketten“ auf der Bühne.

Hedwig Bleibtreus erster Ehemann war der Regisseur des „Wiener Burgtheaters“, Alexander Römpler (1860- 1909). Zweiter Ehemann wurde Max Paulsen (1876- 1956), der als Schauspieler und vom August 1922 bis zum Juli 1923 sogar als Direktor des „Wiener Burg- theaters“ wirkte und unter dem Namen „Peter Petersen“ in zahlreichen Filmen auftrat. Ihr Leben und Werk wurde in dem Buch „Hedwig Bleibtreu - Wesen und Welt einer großen Burgschauspielerin“ (1948) gewürdigt.

Hedwig Bleibtreu-Paulsen war Ehrenbürgerin von Wien, Ehrenmitglied des „Wiener Burgtheaters“, Inhaberin des Bundesverdienstkreuzes (1953) und des Ehrenzeichens für „Verdienste um die österreichische Republik“ (1954) sowie Ehrenmitglied der Akademie für Musik und darstellende Kunst (1954).

Am 24. Januar 1958 starb Hedwig Bleibtreu-Paulsen im Alter von 89 Jahren in Wien-Pötzleinsdorf. Sie war die einzige Schauspielerin, die auf der Bühne des „Wiener Burgtheaters“ aufgebahrt wurde. Normalerweise finden die Trauerfeiern für Ehrenmitglieder des Burgtheaters auf der rechten Feststiege an der Volksgartenseite statt.

Eleonora Duse (1858-1924)

Eleonora Duse

Die „Göttliche“ der Theaterbühne

Zu den gefeiertsten Theaterschauspielerinnen der Welt gehörte die italienische Künstlerin Eleonora Duse (1858-1924). Wegen ihres großen Könnens bezeichnete man sie auch als die „Göttliche“. Den Drang zur Bühne hatten vor ihr schon ihre Großeltern und ihre Eltern verspürt, die ihren Lebensunterhalt als wandernde Komödianten bestritten.

Eleonora Duse kam am 3. Oktober 1858 während einer Bahnfahrt in Vigevano (Lombardei/Italien) als Tochter von Alessandro und Angelica Duse zur Welt. Ihr Großvater Luigo Duse war Schauspieler und trat in Padua in einer von ihm errichteten Bretterbude ge- genüber dem „Café Pedroocchi“ auf. Jeder seiner drei Söhne machte sich später mit einer eigenen Kompagnie selbstständig.

Bereits im Alter von vier Jahren spielte Eleonora Kinderrollen - wie die Cosette von Victor Hugo (1802- 1885) auf der Bühne der elterlichen Schauspielertruppe. Als 14-Jährige mimte sie in Verona fast träumend Shakespeares „Julia“. Einen Tag nach diesem Auftritt starb ihre Mutter Angelica an Schwindsucht. Mit 14 wurde Eleonora von dem Schriftsteller und Lebemann Martino Cafiero aus Neapel schwanger. Das Kind starb bald nach der Geburt.

1878 verkörperte die zierliche und dunkelhaarige Eleo- nora Duse am „Florentiner Theater“ in Neapel eine Liebhaberin. Dort entdeckte sie der Direktor des Konservatoriums, Lauro Rossi (1810-1885), der sie auf Gastspielreisen präsentierte. Die Duse lehnte schon zu Beginn ihrer Laufbahn Schminke und Maske ab und vertraute nur ihrem sehr ausdrucksfähigen Gesicht mit den großen dunklen Augen.

1881 heiratete Eleonora Duse ihren Partner, den Schauspieler Tebaldo Marchetti (1844-1918), genannt Checchi. Am 7. Januar 1882 gebar sie ihm die Tochter Enrichetta. Die erste Ehe wurde nach kurzer Dauer geschieden. 1884 erlitt die Duse einen Blutsturz, der ihre Gesundheit erstmals ernsthaft gefährdete. 1885 unternahm sie ihre erste Auslandstournee nach Süd- amerika, der weitere Gastspiele in Ägypten, Spanien, den USA, England, Österreich und Deutschland folgten.

Eine Zeit lang war Arrigo Boito (1842-1918), der Librettist des italienischen Komponisten Guiseppe Verdi (1813-1901), den sie den „Heiligen“ nannte, Eleonora Duses Geliebter. Beide verbrachten in den Pausen zwischen ihren Tourneen und im ehemaligen Kloster „San Guiseppe“ bei Ivrea glückliche Stunden. Zu Weltruhm gelangte Elonora Duse, als die von ihr gegründete Theatertruppe 1891 in Sankt Petersburg (Russland) auftrat. Dabei begeisterte sie die anwesenden Schauspieler Friedrich Mitterwurzer (1844-1897) und Josef Kainz (1858-1910) sowie den Schriftsteller Hermann Bahr (1863-1934). Letzterer schickte in der gleichen Nacht eine Lobeshymne an die „Frankfurter Zeitung“ und empfahl einem österreichischen Theateragenten, sie nach Wien zu engagieren.

In der österreichischen Hauptstadt spielte Eleonora Duse 1892 mit Riesenerfolg die „Kameliendame“. 1893 wurde sie auf derselben Bühne 29 Mal triumphal gefeiert. Ab 1895 war die Duse mit dem wortgewaltigen italienischen Dichter Gabriele d’Annunzio (1863-1938) liiert. Sie spielte zwischen 1897 und 1902 nur seine Werke und opferte ihm einen großen Teil ihres Vermögens. Er war nicht treu, bat sie ständig um Geld, verriet in seinem Werk „Il Fuoco“ („Das Feuer“) intime Details ihrer Beziehung und übergab seine Tragödie „La città morta“ ihrer französischen Rivalin Sarah Bernhardt (1844-1923). 1903 verließ ihn Eleonora Duse.

1897 gastierte Eleonora Duse auf Einladung Sarah Bernhardts an deren „Renaissance-Theater“ in Paris. Mit 50 Jahren zog sie sich 1909 von der Bühne zurück, trat aber 1921 als 62-Jährige in New York wieder auf. Dort begrüßten sie Schiffssirenen, ruhte der Stra- ßenverkehr der Millionenstadt und geleiteten berittene Polizisten sie wie eine Königin in ihr Hotel.

Der einzige Film, in dem die Duse mitwirkte, war der Streifen „Cenere“ (1916). Er basiert auf dem Roman „Asche“ der italienischen Schriftstellerin Grazia Deledda (1871-1936).

Eleonora Duse starb während einer Gastspielreise am 21. April 1924 im Alter von 65 Jahren in Pittsburgh (Pennsylvania). Ihr Sarg reiste auf dem Schiff „Duilio“ in die Heimat. Als das Schiff Gibraltar passierte, flaggten alle Kriegsschiffe halbmast. In ihrer Heimat säumten Tausende ihrer Landsleute schweigend ihren letzten Weg. Eleonora wurde auf dem Friedhof von Asolo, wo sie ein Haus erworben hatte, beerdigt.

Agnes Fink (1919-1994) in „ Majestät auf Abwegen “ (1958)

Agnes Fink

Die große deutsche Tragödin

Eine der größten Tragödinnen war die aus Deutschland stammende Schweizer Schauspielerin Agnes Fink (1919-1994). Wie kaum eine Darstellerin von Rang entwickelte sie früh und dauerhaft eine Neigung zum Fernsehen, in dem sie sich mit wenigen, aber einprägsamen Auftritten einen Platz in Bewusstsein der Öffentlichkeit schuf. Bei einer Umfrage von 1969 hielten acht Millionen TV-Zuschauer sie für die beste Schauspielerin auf dem Bildschirm.

Agnes Fink wurde am 14. Dezember 1919 in Frankfurt am Main geboren. In der Mainmetropole verbrachte sie auch ihre Kindheit und Jugend. Obwohl ihre Eltern anfangs dagegen waren, begann sie 1938 in Frankfurt ein Studium an „Dr. Hoch’s Konservatorium“, musste dieses jedoch „wegen mangelnder Begabung“ vorzeitig wieder verlassen. Auch der Direktor des Heidelberger Theaters, an dem sie im selben Jahr ihr Debüt feiern wollte, betrachtete sie als „das Untalentierteste, was ihm je begegnet ist“ und schickte die 18-Jährige bald nach Hause.

1939 wurde Agnes Fink am Leipziger Theater engagiert, wo sie unter anderem in dem Stück „Miss Sara Sampson“ erfolgreich auftrat. Kurz vor der Schließung der Leipziger Bühnen wechselte sie 1944 an das „Bayerische Staatsschauspiel“ in München. Dort spielte sie die Hosenrolle der Donna Juaña in „Don Gil von den gürnen Hosen“, William Shakespeares „Desdemona und Rosalinde“ („Wie es euch gefällt“) sowie Schillers „Maria Stuart“.

Am 24. Februar 1945 heiratete Agnes Fink den Schweizer Schauspieler und späteren Regisseur Bernhard Wicki (1919-2000), mit dem sie in die Schweiz zog. Dort arbeitete Agnes in einer Chemiefabrik, erlitt dabei eine schwere Vergiftung, kurierte diese aus und wurde danach am Zürcher Schauspielhaus als Charakterdarstellerin entdeckt, die jeder Rolle ein faszinierend geheimnisvolles Flair verlieh. Mit ihrem markanten Gesicht und ihrer harten Aussprache auf der Bühne war sie für die Rolle der Tragödin bestens geeignet. Außer in Zürich trat sie auch in München auf und gastierte in Basel.

1949 kehrte Agnes Fink zum „Münchner Staats- schauspiel“ zurück, gab Gastspiele bei den „Münchner Kammerspielen“ und am „Württembergischen Staats- theater Stuttgart„. Ab 1956 arbeitete sie als freischaffende Künstlerin an den großen Bühnen von Hamburg, Berlin, München, Zürich und Wien und verkörperte nahezu sämtliche Heroinnen der Theaterliteratur. Früh wurden spröde, herrische, stumm-zornige oder geifernd auf- begehrende Frauenfiguren ihre Domäne. Mitunter steigerte sie sich so in ihre Rollen hinein, dass sie davon krank wurde.

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Excerpt out of 114 pages

Details

Title
Königinnen des Theaters
Subtitle
Biografien berühmter Schauspielerinnen
Author
Year
2012
Pages
114
Catalog Number
V188907
ISBN (eBook)
9783656127529
ISBN (Book)
9783656128595
File size
2861 KB
Language
German
Notes
Keywords
Theater, Theaterschauspielerinnen, Schauspielerinnen
Quote paper
Ernst Probst (Author), 2012, Königinnen des Theaters, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/188907

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