Phraseologismen mit dem Farbwort rot


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

17 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Die Etymologie des französischen Wortes rouge

2. Eine Einführung in die Phraseologie (nach Christine Palm)
2. 1 Idiomatizität
2. 2 Stabilität/Fixiertheit/Festigkeit
2. 3 Lexikalisierung und Reproduzierbarkeit

3. Semantische, kulturelle und kognitive Aspekte von Farbkonzeptualisierungen (nach Anna Wierzbicka)
3. 1 Zur Semantik des Farbwortes rot
3. 2 Makro-rot

4. Zur Kulturgeschichte der Farbe Rot (nach Eva Heller)
4. 1 Die traditionelle Wirkung von Rot
4. 2 Die psychologische und symbolische Wirkung von Rot

5. Farbphraseologische Verbindungen mit der Farbe Rot (nach Christiane Wanzeck)
5. 1 Teilweise idiomatisierte Farbphraseologismen
5. 2 Vollständig idiomatisierte adnominale Farbphraseologismen
5. 3 Nicht-adnominale Farbphraseologismen

1. Die Etymologie des französischen Wortes rouge

Das Latein verfügte über eine große Fülle an Ausdrücken, um die Farbe rot zu beschreiben: Wörter für jede Art von Farbtönen, Wörter, die in Bezug auf bestimmte Produkte, technische und andere Gegenstände gebraucht wurden, sowie Wörter, die zugleich den Herkunftsort einer Farbe bestimmten. Das lateinische ruber tritt seit dem 2. Jahrhundert nach Christi auf. Bis auf die roten Farbtöne, die zum rosa hintendieren, deckt es alle Nuancen von rot ab. Robus bezeichnet einen Farbton von rot, der eher zum braun hintendiert.

Im Latein war ruber das geläufige Farbwort, um die Farbe rot in all ihren Nuancen zu bezeichnen. Die modernen Farbwörter, die rot bestimmen, stammen jedoch nicht direkt vom lateinischen ruber ab.

In der Entwicklung der lateinischen Sprache wurde der Begriff ruber phonetisch und semantisch von dem Begriff robus/robeus beeinflusst. Robus war ursprünglich ein Wort einen ländlichen Dialekts. Es bezeichnete das Fell von Haustieren und vor allem ein Zelt, das aus Rinderhäuten gemacht wurde. Seit dem Spätlatein ist die zusammengezogene Form rubeus bekannt, die die Bedeutung von ruber übernahm. Bis auf Griechenland tritt die Wurzel rubeus in allen romanischen Sprachen auf.

Im Altfranzösischen existierten zwei Wörter, um die Farbe rot zu beschreiben. Vermeil tritt seit dem Beginn des 12. Jhd’s auf und bezeichnet ein lebendiges rot. Roge ist ungefähr seit dem Jahr 1140 verzeichnet. Die Bedeutung von vermeil war positiv konnotiert, während roge negativ konnotiert war. Vermeil wurde beispielsweise verwendet, um die Farbe von Blumen zu beschreiben, roge hingegen wurde zur Beschreibung von geröteten Augen verwendet.

Literatur: Kristol 1978, S. 148 – 153, Schäfer 1987

2. Eine Einführung in die Phraseologie (nach Christine Palm)

Christiane Palm (Palm 1998) versucht die Annäherung an die sprachliche Sonderform Phraseologismus über die semantische Seite des Gegenstandes.

In einem ersten Analyseschritt grenzt Palm die Phraseologismen mit Hilfe der Substitutionsprobe von den freien Wortgefügen ab. Im Gegensatz zu den freien Wortgefügen bilden die Elemente eines Satzes in einem festen Wortgefüge gemeinsam die Bedeutung. Phraseologismen, im Gegensatz zu freien Wortgefügen, sind dadurch gekennzeichnet, dass die Komponenten des Syntagmas unveränderlich sind. Eine Veränderung der grammatischen Kategorien der Komponenten führt ebenso wie der Austausch von Lexemen zum Bedeutungsverlust des Phraseologismus. Palm folgert daraus, dass sich die gebundene oder Gesamtbedeutung nicht additiv aus der Summe der Bedeutungen der Elemente erschließen lässt, sondern dass die Gesamtbedeutung des Phraseologismus mehr und etwas anderes bedeutet.

Palm unterscheidet drei Kriterien des Phraseologisierungsprozesses: Idiomatizität, Stabilität/Fixiertheit/Festigkeit, sowie Lexikalisierung und Reproduzierbarkeit.

2. 1 Idiomatizität

Phraseologismen sind Idiome, feste Wortverbindungen und Redensarten, die zum usuellen inhaltlich-begrifflichen Bestandteil der Sprache gehören. Mit Idiomatizität bezeichnet Palm die Umdeutung, die semantische Transformation, die die Komponenten im Phrasem erfahren. Phraseologismen lassen sich auf zwei verschiedene Arten lesen, in ihrer wörtlichen und in ihrer idiomatischen Bedeutung. In vielen Fällen ist es dem Rezipienten nicht möglich von der wörtlichen Bedeutung eines Phraseologismus, auf dessen idiomatische Bedeutung zu schließen. Ein Beispiel für einen Phraseologismus, der in seiner wörtlichen und idiomatischen Bedeutung sinnvoll und wohlgeformt lesbar ist, ist le chapeau rouge. Wörtlich gelesen bezeichnet der Phraseologismus lediglich einen roten Hut, während die idiomatische Bedeutung die Mitra des Kardinals oder den Kardinal selbst bezeichnet. Die Vergleichsrelation zwischen der wörtlichen Bedeutung des Phraseologismus und der zuletzt genannten idiomatischen Bedeutung ist die Metonymie.

Als weitere Vergleichrelation zwischen zwei sprachlichen Zeichen nennt Palm die Metapher, die sie als Form der indirekten Benennung von etwas Neuem durch den Vergleich mit etwas Bekannten beschreibt und die ebenfalls in der Wortbildung eine wichtige Rolle spielt. Die Vergleichsrelation der Metapher und die Ersatzrelation der Metonymie bilden die zwei wichtigsten Motivationen der phraseologischen Benennung (Palm 1998, 14). Phraseologisierungen, die von der Sprachgemeinschaft als treffende Vergleiche empfunden werden, finden dauerhaft Eingang in das lexikalische System einer Sprache.

Palm unterscheidet zwei Grade der Idiomatizität. Als vollidiomatische Phraseme bezeichnet sie solche, in denen alle Komponenten semantisch transformiert sind. Das trifft z. B. auf die französische Wendung brûler un feu rouge zu, mit der eine Person bezeichnet wird, die rauschhaft einer Tätigkeit nachgeht und dabei nicht aufzuhalten ist. Das Beispiel illustriert, dass alle Komponenten des Phrasems ihre freie Bedeutung zugunsten der neuen Gesamtbedeutung des Phrasems eingebüßt haben.

In teilidiomatischen Phrasemen erfahren nicht alle Komponenten eine semantische Transformation, sondern behalten ihre freie Bedeutung bei. Als teilidiomatisches Phrasem lässt sich die Wendung sortir du rouge bezeichnen. Das Nomen rouge steht im Phrasem nicht für die Farbe rot, sondern für rote Zahlen also einen finanzielles Defizit und ist somit idiomatisch zu verstehen. Das Verb sortir behält seine freie, phrasemexterne Bedeutung.

Palm unterscheidet drei Arten der Idiomatizität von Phrasemen: durchsichtige und undurchsichtige Metaphorisierungen und Spezialisierungen. Da Spezialisierungen in der Systematisierung von Farbphraseologismen keine Rolle spielen, werde ich nicht näher auf sie eingehen.

Eine durchsichtige Metaphorisierung ist der französische Phraseologismus drapeau rouge. Das Adjektiv rouge steht hier nicht nur für die Farbe rot, sondern für eine revolutionäre oder kommunistische politische Meinung. In der deutschen, wie in der französischen Sprachgemeinschaft lässt sich das Wissen über die Bedeutung der Farbe rot in einem politischen Kontext als allgemeines Wissen bezeichnen. Die „Mao-Bibel“ und die Flagge der Sowjetunion bilden den Bildspenderbereich der Metapher. Entstammt der Bildspenderbereich einem bekannten historischen Umfeld, lässt sich die Metapher als durchsichtig bezeichnen.

Für die meisten Rezipienten der heutigen Zeit, die sich nicht mit der Etymologie von Redensarten beschäftigen, ist die Entstehung des Phrasems être dans le rouge / in den roten Zahlen sein nicht mehr nachvollziehbar. Der Phraseologismus kann somit im Deutschen, wie im Französischen als undurchsichtige Metaphorisierung bezeichnet werden.

2. 2 Stabilität/Fixiertheit/Festigkeit

Palm diskutiert die Festgeprägtheit von Phraseologismen an Erscheinungen, wie territorialen Dubletten und Sprechaktformeln. Da diese Erscheinungen sich nicht auf die Farbphraseologismen anwenden lassen, werde ich diese Unterpunkte überspringen. Zur Fixiertheit von phraseologischen Wortgruppen ist allerdings an dieser Stelle festzuhalten, dass Phraseme wie être dans le rouge, la liste rouge, dans la zone rouge fest als sprachliche Zeichen im Sprachgebrauch verankert sind, obwohl ihre Herkunft dem Sprecher nicht mehr bekannt ist.

2. 3 Lexikalisierung und Reproduzierbarkeit

Bevor eine phraseologische Einheit in einem Text oder Sprechakt eines Schreibers oder Sprechers einer bestimmten Sprachgemeinschaft angewandt werden kann, muss sie den Prozess der Lexikalisierung durchlaufen. Im Vergleich zum einzelnen Lexem hat der Gebrauch eines Phraseologismus für den Sprecher oder Schreiber den Vorteil, dass es sich bereits um eine der Sprachgemeinschaft bekannte und anerkannte Fügung handelt.

Nicht alle drei Kriterien müssen erfüllt sein, um von einem Phraseologismus zu sprechen, die Idiomatizität kann fehlen oder schwach entwickelt sein. Die Minimalstruktur eines Phraseologismus besteht aus zwei Lexemen, denn wir sprechen von einem Wort gruppen lexem. (Palm 1998, 42)

Literatur: Palm 1998, S. 7 – 61

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Details

Titel
Phraseologismen mit dem Farbwort rot
Hochschule
Philipps-Universität Marburg  (Romanistik)
Veranstaltung
Phraseologismen im Französischen
Note
2
Autor
Jahr
2003
Seiten
17
Katalognummer
V18891
ISBN (eBook)
9783638231435
Dateigröße
490 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Phraseologismen, Farbwort, Phraseologismen, Französischen
Arbeit zitieren
Valerie Schmidt (Autor:in), 2003, Phraseologismen mit dem Farbwort rot, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18891

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