Kern der vorliegenden Arbeit sind Analyse und Interpretation des Gedichtes „Ruhe des Gemühtes“ von Andreas Gryphius. Wie allgemein die Oden Gryphius‘ im Vergleich zu seinen Sonetten und Trauerspielen als Forschungsgegenstand unterrepräsentiert sind, so findet sich auch zum im Folgenden zu untersuchenden Gedicht kaum explizite Literatur. Methodisch geht die vorliegende Arbeit daher in weiten Teilen der Interpretation textimmanent vor.
Das zentrale Motiv des hier behandelten Werkes ist das Ideal des stoischen Weisen. Schon mit Aufruf dieses Motives ordnet sich das Gedicht in einen weitläufigen ideengeschichtlichen Kontext ein, der historisch betrachtet von der älteren Stoa der griechischen Antike über die mittlere und jüngere Stoa der römischen Antike bis in die frühe Neuzeit Mitteleuropas reicht.
Der Analyse des Gedichtes untergeordnetes Ziel dieser Arbeit ist es, einen Abriss der ideengeschichtlichen Entwicklung stoischer und stoizistischer Kerngedanken, sowohl ihrer Kontinuitäten wie ihrer
Friktionen, im Übergang von Antike zu früher Neuzeit zu geben. Obwohl die metaphysischen Grundlagen der antiken Stoa für das Verständnis der neostoizistischen Position nur eine untergeordnete Rolle spielen, findet eine kurze Darstellung derselben in der vorliegenden Arbeit dennoch ihren Platz. Diesen Platz findet sie deshalb, weil in der Analyse des Gedichtes nicht lediglich neostoizistische Positionen begegnen werden, sondern auch die implizite Thematisierung von Anknüpfungsschwierigkeiten und Brüchen zwischen den beiden zwar ver-
wandten und doch schon in ihrer Grundlegung verschiedenen Systemen.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Stoa und Neostoizismus
- 1. Antike Grundlagen
- a) Kosmologie
- b) Ethik: das 'gute' Leben und das Ideal des stoischen Weisen
- 2. Neostoizismus
- a) Philosophische Grundlegung
- b) Das Problem zweier konkurrierender Weltbilder
- 1. Antike Grundlagen
- III. Gedichtanalyse
- 1. Formales
- 2. Inhaltliches
- a) Strophe 1: Aufruf des Hauptmotivs und seiner Opposition
- b) Strophe 2: Überwindung der Zeitlichkeit
- c) Strophe 3: Blick zurück. Die Distanz zwischen hoher und niederer Sphäre.
- d) Strophe 4: Weisheit als Schlüssel zur Durchdringung des Alls
- e) Strophe 5: Seinesgleichen Freundschaft als Raum des Stoikers zur Praktizierung von amicitia und caritas
- f) Strophe 6 und Gesamtdeutung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit analysiert und interpretiert das Gedicht „Ruhe des Gemühtes“ von Andreas Gryphius und untersucht das Ideal des stoischen Weisen im Kontext der antiken Stoa und des frühneuzeitlichen Neostoizismus. Die Arbeit zeichnet die ideengeschichtliche Entwicklung stoischer Kerngedanken nach und beleuchtet Kontinuitäten und Friktionen im Übergang von der Antike zur frühen Neuzeit.
- Das Ideal des stoischen Weisen in Andreas Gryphius' „Ruhe des Gemühtes“
- Kontinuitäten und Friktionen zwischen antiker Stoa und Neostoizismus
- Das Problem zweier konkurrierender Weltbilder im Kontext der Stoa und des Neostoizismus
- Die Bedeutung des Logos und des Fatums im stoischen Weltbild
- Die Rolle der Freundschaft als Ausdruck des stoischen Ideals
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung
Die Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein und stellt das Gedicht „Ruhe des Gemühtes“ von Andreas Gryphius vor. Es wird betont, dass Gryphius' Oden im Vergleich zu seinen Sonetten und Trauerspielen in der Forschung unterrepräsentiert sind. Die methodische Vorgehensweise der Arbeit wird als textimmanent beschrieben.
II. Stoa und Neostoizismus
Dieses Kapitel stellt die Systeme der antiken Stoa und des frühneuzeitlichen Neostoizismus dar. Es konzentriert sich auf die Charakteristika beider Konstrukte, die für einen Vergleich relevant sind.
1. Antike Grundlagen
Der Abschnitt beleuchtet die kosmologischen und ethischen Grundlagen der antiken Stoa. Der Logos als Weltgeist, das Fatum als kausales Wirkprinzip und die Rolle der Fortuna werden erläutert.
2. Neostoizismus
Der Abschnitt beleuchtet die philosophische Grundlegung des Neostoizismus und thematisiert das Problem zweier konkurrierender Weltbilder.
Schlüsselwörter
Schlüsselwörter der Arbeit sind: Andreas Gryphius, „Ruhe des Gemühtes“, Stoa, Neostoizismus, Logos, Fatum, Fortuna, Ethik, Kosmologie, Freundschaft, amicitia, caritas, Kontinuitäten, Friktionen, Antike, Frühe Neuzeit.
- Arbeit zitieren
- Lukas Rieger (Autor:in), 2011, Andreas Gryphius' Ode "Ruhe des Gemühtes" als literarischer Spiegel der Kontinuitäten und Friktionen bei der Adaption der antiken Stoa durch den frühneuzeitlichen Stoizismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/189344