Die vorliegende Arbeit mit dem Titel "Die taḥaddī-Verse im Rahmen der „außergefechtsetzenden Rhetorik“ der iʿǧāz-Theorie. Literaturwissenschaftliche Annäherung an eine muslimisch-koranische Rhetorik im Kontext der iʿgāz-Theorien in genere und den taḥaddī-Versen in concreto’ beschäftigt sich vorrangig mit zwei Themenkomplexen.
Zum einen setzt sie sich theoretisch mit der Begriffsgeschichte und einer Darstellung historischer Literaturtheorien zur Thematik des iʿğāz auseinander, erläutert wichtige Begrifflichkeiten in der Entstehung des iʿğāz und erhebt den Anspruch eines möglichst reflektierten Umgangs mit den Originaltexten der erarbeiteten Theorien.
Zum anderen verfolgt sie praktisch die Spuren einer koranischen Rhetorik anhand einiger ausgewählter Polemikpassagen, zeigt auf, wo für eine über tausend Jahre alte Kultur des literarischen Herausforderns die Unnachahmlichkeit in koranischen Texten liegt und beschäftigt sich mit der Interpretationsproblematik der Polemikpassagen.
Natürlich ist eine solche Arbeit mit Problemen verbunden. Aus wissenschaftlicher Sicht stellt eines der Probleme wohl das richtige Verhältnis zwischen Wiedergabe von Originaltext und Übersetzung dar. Um hier ein möglichst zufriedenstellendes Ergebnis zu erreichen, wurden bei Koranzitaten immer zwei Übersetzungen herangezogen.
Sowohl Parets, die sich sehr genau an die Wortfolge und den Ausdruck im Arabischen hält, als auch Bobzins Übersetzung, der philologisch exakt arbeitet und trotzdem eine poetisch anspruchsvolle, deutschsprachige Übersetzung liefert, genießen in der Wissenschaft hohes Ansehen. Und trotzdem ergibt sich für uns die Problematik, dass jeder Übersetzung, sei sie auch noch so unbefangen erarbeitet worden, eine Interpretation innewohnt. Gerade bei Übersetzungen aus dem Arabischen mit seinen vielen Wortbedeutungen, ist eine Interpretation während des Übersetzungsvorgangs nie auszuschließen. Daher wird natürlich auch auf Übersetzungsproblematiken in der Arbeit hingewiesen.
Auch wenn sich populäre Islamwissenschaftler heutiger Zeit, zu nennen wären hier beispielsweise Angelika Neuwirth, Navid Kermani oder Josef van Ess, der Problematik des iʿğāz al-qurʿān angenommen haben, so ist trotzdem keine der Wichtigkeit der Thematik für den Islam adäquate Behandlung festzustellen. Auch die Geschichte der arabischen Literatur bleibt durch westliche Literatur- und Islamwissenschaftler weithin unberührt.
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG
- 2. DAS ISLAMISCHE DOGMA DES I'GĀZ
- 2.1 BEGRIFFSERLÄUTERUNG UND GESCHICHTE DER I'GĀZ-THEORIE
- 2.2 ARABISCHE LITERATURTHEORIEN ZUM ISLAMISCHEN DOGMA DES I'GĀZ
- 2.2.1 AR-RUMMĀNĪS LITERATURTHEORIE ZU FAWĂȘIL, TAḍMĪN UND TAṢRĪF AL-MA‘ĀNĪ
- 2.2.2 AL-HAṬṬĀBĪS LITERATURTHEORIE ZU TALĀ‘UM
- 2.2.3 AL-BAQILLĀNĪS UMFANGREICHE LITERATURTHEORIE ZU NAZM
- 2.2.4 AL-ĠURĞĀNĪS LITERATURTHEORIE ZU NAZM UND MA'NĀ
- 3. DIE \"AUBERGEFECHTSETZENDE RHETORIK” DER TAḤADDĪ-VERSE IM RAHMEN DER POLEMIKPASSAGEN
- 3.1 DIE QĀLŪ-QUL-FORMEN DER POLEMIKPASSAGEN
- 3.2 DIE POLEMIKPARTEIEN
- 3.3 ZWEI DEUTUNGSANSÄTZE ZU DEN POLEMIKPASSAGEN
- 3.4 INSZENIERUNG ODER AUTHENTIZITÄT?
- 3.4.1 DIE FRÜHMEKKANISCHE SURE 52/34
- 3.4.2 DIE MITTELMEKKANISCHE SURE 17/88
- 3.4.3. DIE SPÄTMEKKANISCHEN SUREN 11/13, 10/38 UND DIE MEDINISCHE SURE 2/23
- 4. ZUSAMMENFASSUNG
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die taḥaddī-Verse im Koran aus der Perspektive der iğāz-Theorie, die die Unnachahmlichkeit des Korans betont. Die Arbeit betrachtet zwei Themen: die historische Entwicklung und die Begriffsgeschichte des i̇ğāz sowie die Rhetorik der taḥaddī-Verse in ausgewählten Polemikpassagen.
- Die Herausbildung des i̇ğāz-Begriffs und seine Bedeutung für die islamische Theologie.
- Historische Literaturtheorien zur i'gāz-Thematik, die verschiedene Aspekte der koranischen Sprache und Rhetorik beleuchten.
- Die Rhetorik der taḥaddī-Verse, die die Unnachahmlichkeit des Korans durch Herausforderungen an andere Dichter und Propheten demonstrieren.
- Interpretationsprobleme der Polemikpassagen im Koran und die Frage nach Inszenierung und Authentizität.
- Die Bedeutung der Koranzitate und ihre Rolle in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Thematik.
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel dieser Arbeit bietet eine Einleitung in die Thematik der taḥaddī-Verse und erläutert die Forschungsfragen und die Methodologie der Arbeit. Das zweite Kapitel untersucht die Geschichte und die Begriffsgeschichte des i'gāz. Es präsentiert wichtige historische Literaturtheorien, die sich mit der stilistischen Unnachahmlichkeit des Korans auseinandersetzen. Das dritte Kapitel analysiert die Rhetorik der taḥaddī-Verse in ausgewählten Polemikpassagen. Es beleuchtet die unterschiedlichen Interpretationen der taḥaddī-Verse und die Frage nach Inszenierung oder Authentizität der Polemikpassagen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen *i'gāz*, *taḥaddī-Verse*, *Polemikpassagen*, *Koranrhetorik*, *islamische Theologie*, *Literaturtheorien* und *arabische Literatur*. Der Fokus liegt auf der Analyse der Unnachahmlichkeit des Korans in Bezug auf seine sprachliche und rhetorische Gestaltung.
- Quote paper
- Emanuel Lonz (Author), 2011, Die tahaddi-Verse im Rahmen der „außergefechtsetzenden“ Rhetorik der l'gaz-Theorie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/189800