Leseprobe
Inhaltsverzeichnis:
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Corporate Governance in Deutschland
2.1 Der Begriff „Corporate Governance“
2.2 Die Entstehung des DCGK
2.3 Das Ziel des Kodexes
2.3.1 Die drei Vorschriften des Kodexes zur Verwirklichung der Ziele
2.3.2 Die rechtliche Einordnung des Kodexes
3 Der DCGK im internationalen Vergleich
3.1 Shareholder- und Stakeholdersysteme
3.1.1 One - Tier System
3.1.2 Two - Tier System
3.2 Corporate Governance in Großbritannien
3.2.1 Die Rechtsnatur des Combined Code
3.2.2 Der DCGK und der Combined Code
4 Ergebnis
4.1 Der Unterschied
4.2 Die Gemeinsamkeit
4.3 Ein Blick nach Japan
4.4 Ausblick
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Die Debatte um den deutschen Corporate Governance nimmt seit den 1990er Jahren verstärkt kein Ende an. Die Notwendigkeit dieses Themas ist durch zahlreiche Fälle von Missmanagement und diversen Wirtschaftsskandalen begründet. Nicht nur in den Vereinigten Staaten von Amerika ereigneten sich unzählige Bilanzskandale, Unternehmenszusammenbrüche und Insolvenzen über die letzten Jahre (Enron und WorldCom), sondern auch in Europa kam es vermehrt zu Bilanzbetrügereien- und Manipulationen. Europäische Gesellschaften wie, Balsam, Flowtex, Ahold, Adecco, Informatec, Comroad, EM.TV und Parmalat sind nur einige Beispiele von EU-Bilanzskandalen.1
Ursachen für die gestiegene Wirtschaftskriminalität können die Auswirkungen der zunehmenden Internationalisierung und Verflechtung der Unternehmen sein. Der hohe internationale Wettbewerbsdruck, die Liberalisierung der Kapitalmärkte und die Globalisierung der Wirtschaft bedeuten auch einen höheren Druck und eine höhere Belastung für die Aufsichtsorgane, das Management und die Mitarbeiter. Vor ca. 20 Jahren konnten sich in Deutschland die Unternehmen nur aus einbehaltenen Gewinnen und Krediten finanzieren. Heute finanzieren sich deutsche Unternehmen überwiegend auf den ausländischen Kapitalmärkten und es herrscht ein konstanter Wettbewerb um Kapital auf dem Markt.2
Um sich auf dem schnell wachsenden Markt dennoch behaupten zu können, werden Bilanzen gefälscht, sowie Untreue- und Betrugsdelikte vermehrt begangen. Verstärkt wird von den Marktteilnehmern mehr Transparenz in der Unternehmenskontrolle- und Führung in Deutschland gefordert. Der Gesetzgeber reagiert auf die Problemlage und versucht neben den bestehenden Gesetzen (dem Gesellschafts-, dem Handels-, dem Mitbestimmungs- und dem Kapitalmarktrecht) in denen Corporate Governance Vorgaben enthalten sind, anhand von Corporate Governance- Kodizes, das deutsche Corporate Governance-System transparent zu machen.3 Diese Arbeit analysiert den deutschen Corporate Governance Kodex im internationalen Vergleich.
2 Corporate Governance in Deutschland
2.1 Der Begriff „Corporate Governance“
Der Ausdruck „Corporate Governance“ stammt wie man vermuten kann aus dem anglo-amerikanischen Raum. Der Begriff wird auch im Deutschen Raum gebraucht ohne dabei übersetzt zu werden.4
Das Wort „Corporate Governance“ wurde zum ersten Mal in den USA in den 1930er Jahren verwendet im Zusammenhang mit der Frage der Kontrolle der Leitung großer Unternehmen. Es wurde die Trennung zwischen Eigentum und Unternehmensleitung in großen Kapitalgesellschaften beschrieben und die daraus resultierende Kontrollproblematik. Als ein „System oder den Regeln der Unternehmensleitung und der Unternehmenskontrolle“ lässt sich der Corporate Governance in deutscher Sprache beschreiben.5
Eine ähnliche Formulierung findet man heute im Deutschen Corporate Governance Kodex in seiner Präambel: Der Kodex „stellt wesentliche gesetzliche Vorschriften zur Leitung und Überwachung deutscher börsennotierter Gesellschaften (Unternehmensführung) dar und enthält international und national anerkannte Standards guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung“.6
Das Wort Governance steht für die Leitungsmacht in einer Organisation, somit beschreibt die Corporate Governance die Unternehmensführung und Kontrolle in einer AG. Unter dem Begriff wird ein „Ordnungsrahmen“ verstanden, welcher einer erfolgsorientierten Leitung und verantwortlichen Überwachung eines Unternehmens dienen soll, damit sich Anleger an Kapitalmärkten auch auf diese verlassen können.7
Die ersten Corporate Governance Strukturen in Deutschland entstanden zur Zeit der Industrialisierung. Man musste den ökonomischen und finanziellen Anforderungen neuer Unternehmensformen gerecht werden. Fortschritte in der Technologie, vor allem im Eisenbahnbau in Deutschland im 19. Jahrhundert, veränderten die Komplexität deutscher Unternehmen und forderten nun mehr Finanzkapital.8 Eine Internationalisierung des Kapitals geht einher mit den Veränderungen in der Führung deutscher Unternehmen und somit einer Veränderung ihrer Corporate Governance.
Bei der Corporate Governance wird zwischen internen und externen Governance - Perspektiven differenziert. Bei der inneren Betrachtungsweise der Corporate Governance geht es um das Zusammenwirken der Unternehmensorgane, dem Aufsichtsrat und dem Vorstand. Die Außensicht der Corporate Governance betrachtet das Verhältnis der Unternehmensführung zu den Stakeholdern (wesentliche Bezugsgruppen des Unternehmens).
2.2 Die Entstehung des DCGK
Die Bunderegierung setzte im Mai 2000 die Regierungskommission „Corporate Governance - Unternehmensführung - Unternehmenskontrolle - Modernisierung des Aktienrechts“ unter der Führung von Theodor Baums ein. In dem umfassenden Bericht von Juli 2001 wurden Lösungsvorschläge zur Vermeidung von Defiziten in deutschen Unternehmensleitungen- und Kontrollen gemacht. Desweiteren hat die Bundesregierung empfohlen, eine weitere Kommission zu beauftragen, um die Ausarbeitung eines Regelwerks für eine Unternehmensführung gemäß internationalem Standard aufzustellen. Die berufene „Kommission Deutscher Corporate Governance Kodex (auch „Kodexkommission“) unter dem Vorsitz von Dr. Gerhard Cromme, Aufsichtsratsvorsitzender der ThyssenKrupp AG, überreichte am 26.Februar 2002 den Deutschen Corporate Governance Kodex der Bundesjustizministerin. Seit der Verabschiedung des Kodexes wird dieser kontinuierlich weiterentwickelt.
2.3 Das Ziel des Kodexes
Der Corporate Governance Kodex soll drei wesentliche Aufgaben wahrnehmen. Zum einen sollen zwingende gesetzliche Vorschriften für deutsche Aktiengesellschaften aufgestellt werden, um ausländischen Investoren das Fundament der deutschen Corporate Governance so verständlich wie möglich zu machen. In der deutschen Unternehmensverfassung ist der Vorstand vom Aufsichtsrat getrennt anzusehen. In angelsächsischen Ländern gibt es keine Trennung, denn es existiert nur ein „Board“. Diese Verständnislücke soll vor allem für Kapitaleigner aus dem angelsächsischen Raum durch den Kodex beseitigt werden, indem der deutsche Corporate Governance Kodex transparent und nachvollziehbar gemacht wird, so dass der Standort Deutschland an Attraktivität gewinnen kann.
Der zweite Aspekt des Kodexes soll Unternehmen mehr Flexibilität bei der Ausübung ihrer Führungspolitik erlauben. Demnach enthält der Kodex Empfehlungen über die Grundsätze einer guten Corporate Governance. Börsennotierte Aktiengesellschaften können, anders als bei zwingenden aktienrechtlichen Vorgaben, von den Empfehlungen des Kodexes abweichen, wenn sie die Abweichung öffentlich erklären. Das Prinzip, welches sich dahinter verbirgt, ist das „entsprich oder erkläre“ („comply or explain“) und stammt aus dem britischen Combined Code von 1998.9
Das Gesetz verlangt lediglich die Erklärung darüber, inwieweit Kodexempfehlungen eingehalten wurden. Anders als bei dem britischen Vorbild ist eine Erläuterung über die Abweichung nicht erforderlich, sodass die Bezeichnung „comply or explain“ im Deutschen eher „comply or disclose“ lauten müsste.
Und schließlich ging es auch um eine Wiedergewinnung des Vertrauens. Die Konsumenten und die allgemeine Öffentlichkeit sollten nach den unzähligen Skandalen in der Vorstandsebene durch eine verbesserte und transparentere Corporate Governance zurückgewonnen werden.
2.3.1 Die drei Vorschriften des Kodexes zur Verwirklichung der Ziele
Als Erstes enthält der Kodex zwingende Vorschriften. Diese sind aus dem Aktiengesetz (AktG), dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) und dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) entnommen und werden im Kodex als Information über die bestehende deutsche Gesetzeslage wiedergegeben. Desweiteren gibt es Soll-Vorschriften oder „Empfehlungen“, wie beispielsweise in Ziffer 2.3.1 des Kodexes. Demnach „soll“ der Vorstand die vom Gesetz für die Hauptversammlung verlangten Berichte und Unterlagen einschließlich des Geschäftsberichts leicht zugänglich auf der Internet-Seite der Gesellschaft zusammen mit der Tagesordnung veröffentlichen. Die 84 Empfehlungen in dem Kodex sollen für Klarheit sorgen und innovativ wirken. Die dritte Vorschrift sieht 19 „Anregungen“ vor, welche durch die Begriffe „sollte“ oder „kann“ gekennzeichnet sind, wie in Ziffer 2.3.4 des Kodexes vorgesehen. Demnach „sollte“ die Gesellschaft den Aktionären die Verfolgung der Hauptversammlung über moderne Kommunikationsmedien (z.B. Internet) ermöglichen.
Aus Anregungen können aber auch Empfehlungen werden, wie beispielsweise die Angabe der Vorstands- und Aufsichtsratsvergütung seit der dritten Fassung vom 21. Mai 2003.10
[...]
1 Vgl. Nicklisch, Diss., 2006, S. 17.
2 Vgl. v.Werder, S. 12, Rn. 2, Komm.
3 Vgl. Ringleb / Kremer / Lutter / v. Werder, Kodex-Kommentar, 2003, S.28.
4 Vgl. du Plessis / Saenger, 2007, S. 9.
5 Vgl. Berrar, 2001, S. 26.
6 Vgl. Deutscher Corporate Governance Kodex, Fassung vom 18.Juni 2009, http://www.corporate-governance-code.de.
7 Vgl. Roth / Büchele, Band 1, 2006, S. 2.
8 Vgl. Sick, Diss., 2007, S. 27.
9 Vgl. Baums, 2002, S. 15 f.
10 Vgl. Schiller, S. 22 f.