Wie oft ist Venedig wohl schon beschrieben worden? In wie vielen Metaphern, wie vielen Analogien? Mal als Hort für Romantiker oder als Treffpunkt allen Weltschmerzes. Mal als Mittelpunkt aller Sehnsüchte, mal als das Zentrum aller Sinnlichkeiten.
La Serenissima (wörtlich: die Durchlauchtigste) wird Venedig oft genannt. Dies mag auf das frühere Venedig eines Shakespeare oder Goethe wohl noch eher zutreffen als auf Brodskys Venedig. Im Laufe der Zeit scheint der Glanz dieser Stadt wie bei einer Lampe bis auf einen schwachen Schimmer gedimmt worden zu sein. Besonders im winterlichen Nebel erscheinen die Farben nur sehr schwach und blass. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen nagt der Zahn der Zeit an der Substanz der z.T. Jahrhunderte alten Bauten. Zum anderen trägt sicher auch der Machtverlust seit Beginn des 16. Jahrhunderts und der Wandel vom Handels- zum Touristenzentrum der Region Venetien bei.
Heute überrennen in den Sommermonaten Millionen von Touristen die Lagunenstadt, als gälte es diese einzunehmen. Zu dieser Jahreszeit wird auch der letzte glanzvolle Schimmer vom heran strömenden Kapitalismus hinweg gespült. Keine Zeit und noch weniger Raum bleibt dem Genussmenschen, sich der Schönheiten dieser Stadt bewusst zu werden. Ob er sie überhaupt je erfassen kann, sei dahingestellt. Der Strom der Touristen tost ohrenbetäubend durch die Stadt und ihre Lagune und veranlasst die Venedigliebhaber zur Flucht. Sie kehren erst zurück, wenn der Strom verebbt ist und sie ihr Venedig wieder für sich allein haben. Dies geschieht im Winter, wenn Venedig einen Teil seiner früheren Pracht offenbart. Und genau zu dieser Jahreszeit zog es auch Joseph Brodsky immer wieder hierher, in die Stadt des Auges, in der alle anderen Sinne nur eine untergeordnete Rolle spielen.
Ziel dieser Arbeit ist es, anhand von Joseph Brodskys „Ufer der Verlorenen“ die Wirkung des winterlichen Venedigs auf den Betrachter zu analysieren. Dabei findet eine Differenzierung zwischen den Tageszeiten bzw. Lichtverhältnissen (Tag und Nacht bzw. hell und dunkel) statt. Zuerst wird Venedig bei Nacht analysiert und anschließend bei Tag. Abschließend werden die Erkenntnisse aus beiden Teilen nochmals kurz zusammengefasst.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Besonderheiten Venedigs
- Venedig bei Nacht
- Venedig bei Tag
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Wirkung des winterlichen Venedigs auf den Betrachter anhand von Joseph Brodskys „Ufer der Verlorenen“. Der Fokus liegt dabei auf der Differenzierung zwischen Tag und Nacht sowie den entsprechenden Lichtverhältnissen.
- Die Rolle des Wassers in Brodskys Wahrnehmung Venedigs
- Die Bedeutung von Licht und Dunkelheit für die Atmosphäre der Stadt
- Die architektonischen Besonderheiten Venedigs und ihre Auswirkungen auf die Wahrnehmung
- Die Erfahrung der Unendlichkeit und die Irritation des Gleichgewichtssinns in Venedig
- Die Transformation der Stadt im Laufe der Tageszeiten
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung stellt den Kontext von Brodskys Werk und die besondere Rolle des winterlichen Venedigs dar. Sie beschreibt die historische und gegenwärtige Bedeutung der Stadt und führt in die Thematik der Arbeit ein.
- Besonderheiten Venedigs: Dieses Kapitel beleuchtet die charakteristischen Merkmale Venedigs, insbesondere die einzigartige Architektur der Stadt im Wasser, den Einfluss des Wasserverkehrs und die historische Bedeutung der Lagunenstadt.
- Venedig bei Nacht: Dieses Kapitel analysiert Brodskys Wahrnehmung des nächtlichen Venedigs, wobei insbesondere die Rolle des Wassers, die Lichtverhältnisse und die architektonischen Besonderheiten der Stadt im Fokus stehen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Schlüsselbegriffen Venedig, Joseph Brodsky, „Ufer der Verlorenen“, Winter, Wasser, Licht, Dunkelheit, Architektur, Wahrnehmung und Gleichgewichtssinn. Die Arbeit untersucht die Zusammenhänge zwischen diesen Begriffen und analysiert, wie sie Brodskys Sichtweise auf die Stadt prägen.
- Citar trabajo
- Simon Lutter (Autor), 2012, Venezianischer Winter in Brodskys "Ufer der Verlorenen", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/190339