„Der Staat ist Männersache“ – dieser Ausspruch erscheint einem auf den ersten Blick
als unglaublich und irrelevant für heutige politische und soziale Verhältnisse. Doch
auch im 20. Jahrhundert sind tradierte Rollenvorstellungen und –zuweisungen keine
Seltenheit. Ausschlaggebend für Ungleichbehandlung, Ungerechtigkeit und dem
niederen sozialen Status der Frau ist ihr biologisches Geschlecht, welches im
historischen gesellschaftlichen und politischen Prozeß zu einer Kategorie des
Ausschlusses wurde. In über vierzigjähriger Frauen- und später auch
Geschlechterforschung, konnte die gesellschaftliche Konstruktion der Kategorie
Geschlecht und der Ausschluß der Frauen aus allen öffentlichen Bereichen analysiert
werden. Trotz weitreichender wissenschaftlicher Untersuchungen und Lösungsansätzen
existiert das patriarchale Herrschaftssystem zwischen Frau und Mann, die Dominanz
der Männer im privaten und öffentlichen Bereich, weiter.
Die grundlegende Problemstellung dieser Arbeit liegt in dem Verhältnis von
feministischer Staatsanalyse zur Strukturkategorie „Geschlecht“. Da eine Politik- und
Staatstheorie handelnde Subjekte und deren Repräsentation im politischen System
voraussetzt, soll zunächst das Problem der Subjektbildung aus feministischer
Perspektive spezifiziert werden. Subjekte und Identitäten werden in diskursiven
Prozessen gebildet, weshalb eine abschließende und gültige Definition ad absurdum
führt. Die Debatte um das Subjekt im Hintergrund behaltend, sollen Ziele und Inhalte
der Politikwissenschaft aus feministischer Sicht zu dem Hauptschwerpunkt „Staat und
Geschlecht“ leiten. Die vorgestellten Grundannahmen feministischer
Politikwissenschaft begründen die Existenz von Geschlechterhierarchie und werden in
den folgenden Kapiteln reflektiert.
Wie konnte im historischen Prozeß der Staatenbildung die Ungleichheit der
Geschlechter institutionalisiert und reproduziert werden? Wie wurden von
Staatstheortikern der Aufklärung Differenzen zwischen den Geschlechtern begründet?
Das dritte Kapitel zeigt hierfür Denkmuster und Verhaltenszuschreibungen auf und legt
im folgenden Motive für die Konstanz der Geschlechterasymmetrie und Dominanz
„männlicher“ Herrscher dar. Ein peripherer Exkurs soll abschließend mögliche
feministische Lösungsansätze zur Veränderung staatlicher Strukturen mit dem Ziel der
Auflösung von Geschlechterhierarchie vorstellen.
Inhaltsverzeichnis
- Zum Gegenstand der Hausarbeit
- Problemstellung
- Begriffserläuterungen
- Feministische Politikwissenschaft und das feministische Subjekt
- Das feministische Subjekt und seine Repräsentation in der Politik
- Feministische Politikwissenschaft im Überblick
- Staat und Geschlecht im feministischen Diskurs
- Die Ausblendung des Geschlechts in neuzeitlichen Theorien
- Feministische Sichtweisen aus der Staats- und Patriarchatsforschung
- Gewalt und Militär
- Der Männerbund
- Dezentralisierung, Entstaatlichung oder Staatsorientierung – Lösungsansätze zur Veränderung der Geschlechterasymmetrie im politisch-administrativen System
- Schlußfolgerungen und offene Fragen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht das Verhältnis zwischen feministischer Staatsanalyse und der Strukturkategorie „Geschlecht“. Sie analysiert, wie die Ungleichheit der Geschlechter im historischen Prozeß der Staatenbildung institutionalisiert und reproduziert wurde. Die Arbeit beleuchtet die Rolle des Staates bei der Konstruktion von Geschlechterhierarchien und untersucht die Dominanz „männlicher“ Herrscher im öffentlichen Bereich. Darüber hinaus werden feministische Lösungsansätze zur Veränderung staatlicher Strukturen mit dem Ziel der Auflösung von Geschlechterhierarchie vorgestellt.
- Die Konstruktion von Geschlecht als Kategorie des Ausschlusses
- Die Rolle des Staates in der Reproduktion von Geschlechterungleichheit
- Feministische Kritik an der Ausblendung von Geschlecht in Staatstheorien
- Die Bedeutung von Macht und Herrschaft im Kontext von Geschlechterverhältnissen
- Feministische Lösungsansätze zur Veränderung staatlicher Strukturen
Zusammenfassung der Kapitel
1. Zum Gegenstand der Hausarbeit
Das erste Kapitel führt in die Problemstellung der Arbeit ein. Es stellt die Frage, wie die Kategorie „Geschlecht“ in den historischen Prozess der Staatsbildung eingebunden und zu einer Kategorie des Ausschlusses für Frauen geworden ist. Der Fokus liegt auf der Analyse der gesellschaftlichen Konstruktion von Geschlecht und der Dominanz männlicher Herrscher. Es werden die zentralen Begriffe der Arbeit definiert und ein Überblick über die Forschungsfrage gegeben.
2. Feministische Politikwissenschaft und das feministische Subjekt
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit dem Problem der Subjektbildung aus feministischer Perspektive. Es wird die Debatte um das Subjekt und dessen Repräsentation im politischen System beleuchtet. Der Fokus liegt auf der Analyse der „universellen“ (weißen, männlichen) Subjekt und seiner Ausschlüsse. Es werden verschiedene feministische Theorieströmungen vorgestellt, die die Konstruktion von Subjekten im sozialen, kulturellen und politischen Kontext untersuchen.
3. Staat und Geschlecht im feministischen Diskurs
Das dritte Kapitel befasst sich mit der Ausblendung von Geschlecht in neuzeitlichen Staatstheorien und analysiert die feministische Kritik daran. Es werden die Denkmuster und Verhaltenszuschreibungen, die zur Konstanz der Geschlechterasymmetrie und Dominanz „männlicher“ Herrscher beigetragen haben, aufgezeigt. Der Fokus liegt auf der Analyse von Gewalt und Militär sowie dem Einfluss des Männerbundes.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Begriffen „Staat“, „Feminismus“, „Geschlecht“, „Patriarchat“, „Herrschaft“ und „Macht“. Sie beleuchtet den Einfluss von Geschlecht auf die Konstruktion und Reproduktion von Machtverhältnissen und analysiert die Auswirkungen staatlicher Strukturen auf die Geschlechterungleichheit. Die Arbeit befasst sich mit feministischen Ansätzen zur Veränderung staatlicher Strukturen und dem Ziel der Auflösung von Geschlechterhierarchien.
- Citar trabajo
- Manja Wiesner (Autor), 2000, Das Verhältnis von Staat und Geschlecht aus feministischer Perspektive, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19059