Musils Roman muß als einer der bedeutendsten der Moderne gelesen werden. Ob auch als einer der einflußreichsten, erscheint fraglich. Spätere literarische Traditionen der Nachkriegsliteratur erscheinen gegenüber diesem Werk als Anachronismen, weder in Form noch in Inhalt, wird vergleichbares angestrebt oder erreicht.
Jede literarische Bewegung ist eine Reaktion, sei es auf gesellschaftliche, politische, geistige Entwicklungen, sie ist aber auch Reaktion auf literarische Tradition, die Bewegung vielfach Gegenbewegung. So kann die literarische Moderne als Innovation verstanden werden, die sich vom tradierten Erzählen des poetischen Realismus abgrenzt. Zwar entziehen sich Begriffe wie Realismus und Moderne aufgrund ihrer Vielschichtigkeit einer eindeutigen Definition, doch konnotieren sie so Unterschiedliches, dass ihre Gegensätzlichkeit augenscheinlich wird. Das Rationale scheint eher Paradigma für die realistische Tradition zu sein, wenn Fiktion so realistisch ist, dass sie Wirklichkeit sein könnte, während das Irrationale mehr dem Modernen zukommt, wenn es um Darstellung des Unmöglichen, um Ablösung von überkommenen Formen geht.
Inhaltsverzeichnis
- Der Mann ohne Eigenschaften und das Irrationale
- Das Irrationale als Verweigerungshaltung
- Musils Roman - Form und Inhalt
- Der Widerspruch im Titel
- Die Erzählstruktur
- Die Figuren
- Nietzsche im Roman
- Kritik an der konventionellen Moral
- Utopische Renovierung der Gesellschaft
- Die Figurenkonstellation
- Clarisse als naive Nietzsche-Interpretin
- Die Romanhandlung
- Das Irrationale als Erzählprinzip
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text analysiert Robert Musils Roman „Der Mann ohne Eigenschaften“ mit Blick auf das Irrationale als zentrales Element der Moderne. Er beleuchtet, wie Musil das Irrationale sowohl als Verweigerungshaltung gegenüber gesellschaftlichen Normen und Konventionen als auch als produktives Prinzip zur Gestaltung neuer Formen der Literatur und des Denkens nutzte.
- Das Irrationale als Verweigerungshaltung
- Die Dekonstruktion traditioneller Erzählformen
- Die Rolle Nietzsches im Roman
- Die Ambivalenz des Irrationalen
- Die Folgen für die Romanhandlung
Zusammenfassung der Kapitel
Der Text beginnt mit einer Analyse des Irrationalen als Verweigerungshaltung, die sich gegen literarische Traditionen, gesellschaftliche Normen und philosophische Projekte richtet. Anschließend wird Musils Roman „Der Mann ohne Eigenschaften“ im Hinblick auf Form und Inhalt untersucht. Dabei wird auf den Widerspruch im Titel, die fragmentierte Erzählstruktur, die Figuren und den Einfluss Nietzsches auf das Werk eingegangen.
Die Analyse zeigt, wie Musil das Irrationale als Mittel zur Dekonstruktion traditioneller Erzählformen und zur Darstellung der Ambivalenz des modernen Menschen einsetzt. Die Figuren im Roman, allen voran Ulrich, verkörpern das Streben nach neuen Formen der Existenz, die sich gegen die etablierte Moral und die Logik der Vernunft stellen. Der Text beleuchtet auch, wie Musil die Nietzsche-Rezeption im Roman kritisch darstellt, indem er die Figur Clarisse als naive Nietzsche-Interpretin zeichnet. Schließlich werden die Folgen des Irrationalen für die Romanhandlung aufgezeigt, die sich durch ein Abweichen von einer linearen Handlungsführung und durch essayistische Einschübe auszeichnet.
Schlüsselwörter
Das Irrationale, Moderne, Robert Musil, Der Mann ohne Eigenschaften, Nietzsche, Dekonstruktion, Erzählform, Figuren, Romanhandlung, Kritik, Ambivalenz.
- Arbeit zitieren
- Daniel Seibel (Autor:in), 2003, Der Mann ohne Eigenschaften und das Irrationale, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19086