Leseprobe
Inhalt
1 Zusammenfassung
2 Einleitung
3 Definition des Begriffs Werbung
4 Kinder als beliebte Zielgruppe
5 Notwendigkeit medienpädagogischer Arbeit bei Kindern
5.1 Der Charakter von Werbespots
5.2 Einstellung der Kinder zur Werbung
5.3 Das kindliche Erleben von Fernsehbildern
5.4 Fehlendes Fernseh- und Werbeverständnis
5.5 Identitätsstiftung und Markenbindung durch Werbung
6 Vermittlung von Werbekompetenz
6.1 Anregungen für den Unterricht: „Augen auf Werbung“
7 Werbe- und konsumpädagogische Erwachsenenbildung
7.1 Wertevermittlung
7.2 Werbewirkungen
7.3 Geschlechtsspezifische Rollen
7.4 Kaufwünsche
8 Schlussbemerkung
9 Literaturverzeichnis
10 Anhang
1 Zusammenfassung
Vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem medienpädagogischen Spannungsfeld „Kinder und Werbung“. Zunächst wird die Notwendigkeit medienpädagogischer Arbeit bei Kindern thematisiert. Darauf aufbauend werden im Anschluss Lösungsvorschläge für erzieherische Institutionen präsentiert mit dessen Hilfe Werbe- und Konsumkompetenz erfolgreich vermittelt werden können.
2 Einleitung
Medien gehören neben Familie, Schule und peer groups in der heutigen modernen Informationsgesellschaft zu einer wichtigen Sozialisationsinstanz. In diesem Rahmen kommt es vermehrt zu Werbeeinblendungen, die sich speziell an Kinder richten und denen Eltern und Pädagogen kritisch gegenüber stehen. Kinder lassen sich von bunten Bildern und lauten Klängen faszinieren und manipulieren. Inwieweit das kindliche Publikum Werbebilder durchschaut, soll in vorliegender Arbeit thematisiert werden. Speziell wird darauf eingegangen, wie Kinder gegenüber Werbung eingestellt sind, wie sie Werbebilder verstehen und erleben bzw. was sie sich für die eigene Ausformung ihrer Persönlichkeit aus der Werbung herausfiltern (Kap. 5).
Nachdem die Notwendigkeit medien- und konsumpädagogischer Arbeit ausführlich dargelegt wurde, werden Lösungsvorschläge hinsichtlich der Vermittlung von Werbekompetenz aufgezeigt. Hierbei sollen Anregungen für einen didaktisch wertvollen Schulunterricht auf der Grundlage von Materialen des Vereins Media Smart gegeben werden. (Kap. 6) Neben den erzieherischen Institutionen Schule und Kindergarten wird im Schlussteil der entscheidende Einfluss der Familie bei der Heranbildung eines kritischen und werbekompetenten Konsumenten bewusst gemacht. (Kap. 7)
3 Definition des Begriffs Werbung
Heutzutage ist es nicht mehr möglich sich aus der Welt der Werbung zu entziehen. Überall ist sie präsent und versucht mit vielfältigsten Methoden und hohem finanziellen Aufwand auf ihre Produkte aufmerksam zu machen (advertising= lat. advertere= aufmerksam machen). Werbung fördert die Bekanntheit einer Ware, indem sie über deren Leistungen informiert. Diese Informationsvermittlung geschieht üblicherweise über verschiedenste Medien. (Vgl. Neuss, 2005, S. 1) Neben Print-, Audiomedien und Internet wird noch immer verstärkt über das traditionelle Fernsehgerät Werbung betrieben.
Zwar ist Werbung ein wichtiges Instrument der Wirtschaft, jedoch richtet sie sich weniger nach den Bedürfnissen der Konsumenten, sondern vielmehr nach Absatzzahlen. Das Publikum wird aus kommerziellem Interesse bewusst und gezielt beeinflusst und so zum Kauf von neuartigen Produkten getrieben. (Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Werbung) Ohne Werbung hätten viele Kaufhandlungen wahrscheinlich nie stattgefunden, denn erst mit der Schaltung von Werbespots wurden Wünsche und Bedürfnisse geweckt, die vorher oft nicht existierten.
4 Kinder als beliebte Zielgruppe
Besonders bei Kindern werden aufgrund deren kindlichen Naivität leicht Wünsche mithilfe von Werbung geweckt. Dabei kommunizieren werbetreibende Unternehmen besonders über den Fernseher, denn hierüber ist die junge Kundschaft optimal erreichbar. So zeigen Untersuchungen zur Mediennutzung und Gerätebesitz, dass tägliches Fernsehen für heutige Kinder zum Alltag gehört. Laut der KIM-Studie1aus dem Jahr 2006 ist für 6- bis 13-Jährige der Fernseher noch immer das Medium Nummer eins. Fast in jedem zweiten Kinderzimmer steht ein derartiges Gerät, sodass sich der Trend immer weiter verstärkt, dass Kinder allein fernsehen und so das bevorzugte Programm selbst wählen können. Weiterhin zeigt die Studie, dass „etwa vier Fünftel der Kinder jeden oder fast jeden Tag fernsehen“ (Vgl. http://www.mpfs.de/fileadmin/KIM-pdf06/KIM2006.pdf). Dabei liegt die Sehdauer der 3- bis 13-Jährigen bei durchschnittlich 87 Minuten am Tag. Mit zunehmendem Alter bringen die Kinder immer mehr Zeit damit zu, fernzusehen (siehe Abb.1 im Anhang)(Vgl.http://de.statista.org/statistik/daten/studie/1525/umfrage/durchschnittlich e-fernsehdauer-pro-tag/). Besonders an Wochenenden steigt die Fernsehdauer täglich um 20 bis 50 Minuten an, wobei der Konsum am Samstag am ausgeprägtesten ist. Aber auch das soziale Milieu beeinflusst, in welchem Umfang Kinder fernsehen. In Bevölkerungsschichten „mit geringerer Bildung und mit einer wenig anregenden Sozialumgebung wird mehr ferngesehen. Das familiäre Fernsehverhalten findet sich auch bei den Kindern wieder.“ (Lenssen, Schorb, Theunert, 1995, S. 18f)
Anhand der Untersuchungen zum Medienumgang wird deutlich, dass Kinder dem Fernseher eine große Bedeutung beimessen. Gern lassen sie sich von bunten Bildern und Klängen verführen. Die große Beliebtheit des Fernsehers ist aber nurein Motiv, warum Kinder für werbetreibende Unternehmen eine interessante und oft angepeilte Zielgruppe sind. Dass die Kinder unterhalten werden, bringt der Wirtschaft noch keinen Absatz. Somit liegt ein weiterer Grund für die große Beliebtheit von Kindern als Zielgruppe darin, dass die Kaufkraft der Kinder immer mehr ansteigt. Laut der "Kids-Verbraucher-Analyse"2der Egmont Ehapa Verlags GmbH haben Kinder immer mehr Geld in der Tasche und sind auch bereit es auszugeben. 22 Euro Taschengeld stehen den 6- bis 13-Jährigen monatlich im Durchschnitt zur Verfügung. Im Vorjahr waren es dagegen nur 20,50 Euro. Zu Weihnachten und Geburtstagen gibt es zusammen noch einmal 152 Euro, das sind 7 Euro mehr als 2006. (Vgl. http://www.sr-online.de/nachrichten/1668/669847.html) Die Kaufkraft der jungen Generation liegt derzeit auf dem Höchstniveau und davon will auch die Industrie profitieren: „Ein Kuchen, von dem sich viele ein Scheibchen abschneiden möchten.“ (Erlinger, 1996, S. 10)
Und dies gelingt auch. Die Bereitschaft der Kinder ihr Taschengeld auszugeben, wird schamlos ausgenutzt. Denn Kinder werden von Beginn an mit Medien und Werbung konfrontiert. Schon von klein auf gehen Werbemacher auf die Wahrnehmungsprozesse von Kindern ein und gestalten dementsprechend Werbebilder kindgerecht aus. Die Kinder sind in frühen Jahren allerdings noch nicht in der Lage angemessen mit dem Werbeangebot umzugehen. Sie sind unkritische Mediennutzer, haben ein falsches Fernsehverständnis und können die dargebotenen Informationen noch nicht wie ein Erwachsener verarbeiten (mehr dazu in Kapitel 5). (Vgl. Lenssen, Schorb, Theunert, 1995, S. 42) Demnach wird klar, dass der Zusammenhang aus dem hohen Fernsehkonsum, der steigenden Kaufkraft und der kindlichen Unerfahrenheit Kinder und Jugendliche zu einer beliebten und geradezu idealen Zielgruppe von Werbefirmen machen. Oder anders gesagt: Von der Unerfahrenheit zahlungsfähiger Vielsehern wird profitiert.
5 Notwendigkeit medienpädagogischer Arbeit bei Kindern
Im vorherigen Kapitel wurde kurz erwähnt, dass Kinder in der heutigen Gesellschaft nicht in der Lage sind mit dem Werbeangebot angemessen umzugehen. Warum das der Fall ist, soll im folgendem anhand von Studien und Forschungsergebnissen näher erläutert werden. Dabei wird vor allem darauf eingegangen, welchen fraglichen Charakter Werbespots besitzen, wie Kinder Werbung erleben und verstehen bzw. welche Orientierungen sie sich aus Fernsehbildern holen.
5.1 Der Charakter von Werbespots
Die Ergebnisse aus der Studie „Fernsehwerbung und Kinder“ von CHARLTON/ NEUMANN-BRAUN/ AUFENANGER u.a. (1995) verdeutlichen, dass Kinder und Jugendliche einer immer größeren Anzahl von Werbespots ausgesetzt sind. Die erste Erhebung im Juni 1993 zeigte, dass in einer Woche in der Zeit von täglich 6 bis 22 Uhr etwa 10.000 Werbespots ausgestrahlt wurden. Durch eine zweite Erhebung in einer Novemberwoche 1993 konnte festgestellt werden, dass die Werbespotmenge innerhalb weniger Monate um die Hälfte zugenommen hat (November 93= 15.000 Spots). Der Anteil der Kinderwerbespots bzw. Werbespots mit Kindern lag bei der ersten Erhebung bei 33%, im Dezember schon bei 40%. (Vgl. Neuß, 1999, S. 70) Gerade Privatsender strahlen verstärkt Kinderwerbung aus. „Die Untersuchung des Programms insbesondere der privaten Fernsehveranstalter hat gezeigt, dass der rechtlich erlaubte Werbezeitraum in den traditionellen Kinderfernsehzeiten (…) regelmäßig ausgeschöpft ist“. (Erlinger, 1996, S. 81) Dabei bestehen die Werbeblocks fast ausschließlich aus Werbung für Kinder und zudem ist deren Wiederholfrequenz enorm hoch. (Vgl. Erlinger, 1996, S. 81)
Gerade die Zunahme der Werbespots im Privatfernsehen ist problematisch, da viele Lieblingsserien von Kindern heutzutage von privaten Anbietern ausgestrahlt werden. „Seit die privaten Anbieter auf dem Markt sind, ist der Trend der Abwanderung des kindlichen Publikums von den öffentlich -rechtlichen Sendern hin zu den privaten unübersehbar.“ (Lenssen, Schorb, Theunert, 1995, S. 33) Denn besonders auf RTL, RTL2, und PRO7 laufen zu kindlichen Hauptsehzeiten primär Zeichentrickserien, die beim jungen Publikum sehr beliebt sind. Somit ist die Quote, mit denen Kinder mit Werbung in Berührung kommen, sehr hoch.
Ist das kindliche Publikum während den Pausen in den Zeichentrickserien der Werbung ausgesetzt, so wird schnell bewusst, dass deren Machart eigens auf Kinder zugeschnitten wurde. Häufig sind die Spots sehr schnell geschnitten und nicht länger als 20 bis 30 Sekunden. Jede fünfte Werbung weist Zeichentrickelemente auf. In Kinderwerbespots werden Hauptrollen von Kindern besetzt, die hauptsächlich im Vor- oder Grundschulalter sind. In 50% der Spots treten Mädchen und Jungen gemeinsam auf. Einzelne Werbespots wurden hundertmale in einer Woche wiederholt. (Vgl. Neuß, 1999, S. 70) Die Zunahme der Spots, deren enorme Wiederholungsfrequenz, deren Platzierung und Gestaltung führen dazu, dass Kinder in unserer heutigen Mediengesellschaft einem enormen Werbedruck ausgesetzt sind. Es ist fraglich, in welcher Art und Weise sie diese Informationsflut verarbeiten.
5.2 Einstellung der Kinder zur Werbung
Kinder „möchten unterhalten werden, sich amüsieren, lachen“. (Lenssen, Schorb, Theunert, 1995, S. 63) Genau dieser Wunsch wird ihnen beim Sehen von Werbespots erfüllt, denn durch deren kindgerechte Ausgestaltung finden Kinder Gefallen an Werbung. Ihnen gefällt die „Machart, die Figuren sowie, dass Werbung oft was Neues zeigt“. Ein Drittel der Kinder sehen ihre Lieblingswerbefiguren sogar als Vorbilder. (Neuß, 1999, S. 71) Auch die Studie „Zielgruppe Kind“ von BAACKE/ SANDER/ VOLLBRECHT/ KOMMER u.a. (1999) bestätigt, dass besonders jüngere Kinder Werbung mögen. Sechsjährige bewerten Fernsehwerbung mit einer Durchschnittsnote von 2,49 (gemäß Schulnotensystem) am positivsten. Dabei beurteilen „immerhin 62,7% der Sechsjährigen (…) Werbung mit der Note 1-2.“ (Neuß, 1999, S. 71) Mit höherem Alter empfinden sie Werbung zunehmend als störend.
Im Großen und Ganzen gefällt Kindern Werbung und sie schenken ihnen darüber hinaus auch noch ihren Glauben. So meinen 33,2% laut der Studie „Zielgruppe Kind“, dass sie glauben, was in der Werbung gezeigt wird.
[...]
1Seit 1999 führt der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest regelmäßig die sogenannte KIM-Studie durch, welche den Stellenwert der Medien im Alltag von Kindern (6 bis 13 Jahre) verdeutlicht. Daneben existiert die JIM-Studie, in der das Medienverhalten von Jugendlichen im Alter von 12 bis 19 Jahren untersucht wird.
2Alljährliche Studie zum Verbraucher- und Medienverhalten von Kindern