1 Einleitung
Der Dichter Gotthold Ephraim Lessing leistete mit seinem Drama „Emilia Galotti“ (1772) einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung des bürgerlichen Trauerspiels in Deutschland. So bedeutet dessen Erscheinen für den Philosophen Kuno Fischer „die Geburt der modernen deutschen Tragödie“1. Zudem „wirkte [Emilia Galotti] stärker als irgendein anderes Werk auf die zeitgenössische Produktion“2. Aus diesem Grunde habe ich dieses heute noch bedeutende Trauerspiel ausgewählt.
Der Inhalt des Dramas geht zurück auf die antike Virginia-Sage, in der ein Vater der eigenen Tochter das Leben nimmt, damit ihre Unschuld bewahrt wird.
Aber auch die Lucretia-Legende, die davon handelt, dass eine tugendhafte Frau vergewaltigt wird und sich daraufhin selber tötet, hatte Einfluss auf die Handlung in „Emilia Galotti“.
Anders als die beiden genannten Werke ist Lessings Drama jedoch nicht politisch gestaltet, weil der Schwerpunkt beim bürgerlichen Trauerspiel auf die Familie gesetzt wird und Staatsinteressen nicht von Belangen sind.
In dieser Hausarbeit möchte ich mich eingehender mit dem Text beschäftigen und dabei untersuchen, wie die Figuren, die der Familie Galotti angehören, dargestellt werden und in welchen Verhältnissen sie zueinander stehen. Ich werde vor allem die Beziehung zwischen der Tochter Emilia und ihrem Vater Odoardo näher beleuchten. Weiterhin möchte ich ergründen, inwiefern die bürgerlichen Wertvorstellungen des 18. Jahrhunderts, maßgeblich das Ideal der Tugend, Einfluss auf die literarische Familie Galotti ausüben.
Nach einer theoretischen Einführung, in der ich skizzenhaft auf das deutsche bürgerliche Trauerspiel wie auf die familiären Veränderungen im Zuge der Aufklärung eingehe, werde ich die Familienmitglieder zunächst einzeln und anschließend in Beziehung zueinander analysieren.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Das deutsche bürgerliche Trauerspiel
- 2.1 Allgemeines
- 2.2 Gründe für die Schwerpunktsetzung auf das Vater-Tochter-Verhältnis und die untergeordnete Rolle der Mutter
- 3 Die Aufklärung und die damit einhergehenden familiären Veränderungen
- 4 „Emilia Galotti“. Charakterisierung der Familienmitglieder
- 4.1 Emilia, die tugendhafte, behütete Tochter
- 4.2 Odoardo, der misstrauische, autoritäre Vater
- 4.3 Claudia, die lebensfrohe, naive Mutter
- 5 Die Familienkonstellation und die Bedeutung moralischer Werte
- 5.1 Emilia & Odoardo
- 5.2 Emilia & Claudia
- 5.3 Odoardo & Claudia
- 6 Schlussbemerkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Familienkonstellation in Lessings „Emilia Galotti“ und analysiert den Einfluss rigider Tugendvorstellungen auf die Familienmitglieder. Im Fokus steht die Beziehung zwischen Emilia und ihrem Vater Odoardo, sowie die untergeordnete Rolle der Mutter Claudia. Die Arbeit beleuchtet den Kontext des bürgerlichen Trauerspiels und die familiären Veränderungen während der Aufklärung.
- Das deutsche bürgerliche Trauerspiel und seine Konventionen
- Die Rolle der Familie im 18. Jahrhundert und die Bedeutung moralischer Werte
- Die Charakterisierung der Figuren Emilia, Odoardo und Claudia
- Das Vater-Tochter-Verhältnis als zentraler Konflikt
- Der Einfluss der Aufklärung auf die Familiendynamik
Zusammenfassung der Kapitel
1 Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und begründet die Wahl von Lessings „Emilia Galotti“ als Untersuchungsgegenstand. Sie erwähnt die antiken Vorbilder der Virginia-Sage und der Lucretia-Legende und hebt den Fokus auf die familiären Beziehungen und bürgerlichen Wertvorstellungen des Dramas hervor. Die Arbeit kündigt eine Analyse der Figuren und ihrer Beziehungen sowie den Einfluss des Tugentideals an.
2 Das deutsche bürgerliche Trauerspiel: Dieses Kapitel beschreibt die Entstehung und die Merkmale des deutschen bürgerlichen Trauerspiels im 18. Jahrhundert. Es betont Lessings Beitrag zur Entwicklung dieses Genres, die Abkehr von heroischen Figuren und die Fokussierung auf Mitleid und sittliche Besserung des Publikums. Die Abkehr von der Ständeklausel und die Betonung des Privaten, Häuslichen und Familiären werden hervorgehoben. Die Einhaltung der aristotelischen Einheiten wird ebenfalls diskutiert.
3 Die Aufklärung und die damit einhergehenden familiären Veränderungen: Dieses Kapitel beleuchtet die familiären Veränderungen während der Aufklärung. Während in der bürgerlichen Realität des 18. Jahrhunderts die Mutter eine wichtige Rolle in der Erziehung und im familiären Zusammenhalt spielte, wird im bürgerlichen Trauerspiel ihre Bedeutung oft reduziert oder die Mutterfigur ganz ausgelassen. Der Vater hingegen erlangt eine zentrale Position in der Vermittlung moralischer Werte an seine Tochter, die als Protagonistin im Mittelpunkt steht. Der Grund liegt in der gesellschaftlichen Unterordnung der Frauen und ihren beschränkten Einflussmöglichkeiten.
4 „Emilia Galotti“. Charakterisierung der Familienmitglieder: Dieses Kapitel liefert eine detaillierte Charakterisierung der Familienmitglieder Galotti. Emilia wird als tugendhafte, behütete Tochter beschrieben, Odoardo als misstrauischer und autoritärer Vater, und Claudia als lebensfrohe, naive Mutter. Die jeweiligen Charaktereigenschaften werden analysiert und deren Bedeutung für den weiteren Verlauf der Handlung hervorgehoben.
5 Die Familienkonstellation und die Bedeutung moralischer Werte: Hier werden die Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern detailliert analysiert, wobei die Beziehungen zwischen Emilia und Odoardo, Emilia und Claudia, sowie Odoardo und Claudia im Mittelpunkt stehen. Die Interaktionen der Figuren werden im Kontext der vorherrschenden moralischen Wertvorstellungen des 18. Jahrhunderts untersucht, wobei das rigorose Tugendideal als zentraler Faktor herausgestellt wird. Die Rolle der einzelnen Familienmitglieder im Konflikt wird beleuchtet und deren jeweilige Verantwortung erörtert.
Schlüsselwörter
Emilia Galotti, bürgerliches Trauerspiel, Lessing, Aufklärung, Familienkonstellation, Vater-Tochter-Beziehung, Tugend, Moral, Autorität, bürgerliche Wertvorstellungen, 18. Jahrhundert.
Häufig gestellte Fragen zu Lessings „Emilia Galotti“
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Familienkonstellation in Gotthold Ephraim Lessings Drama „Emilia Galotti“ und untersucht den Einfluss strenger Tugendvorstellungen auf die Familienmitglieder. Der Fokus liegt auf der Beziehung zwischen Emilia und ihrem Vater Odoardo sowie der untergeordneten Rolle der Mutter Claudia. Der Kontext des bürgerlichen Trauerspiels und die familiären Veränderungen während der Aufklärung werden ebenfalls beleuchtet.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themen: das deutsche bürgerliche Trauerspiel und seine Konventionen, die Rolle der Familie im 18. Jahrhundert und die Bedeutung moralischer Werte, die Charakterisierung der Figuren Emilia, Odoardo und Claudia, das Vater-Tochter-Verhältnis als zentraler Konflikt und der Einfluss der Aufklärung auf die Familiendynamik.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in folgende Kapitel: Einleitung, Das deutsche bürgerliche Trauerspiel, Die Aufklärung und die damit einhergehenden familiären Veränderungen, „Emilia Galotti“. Charakterisierung der Familienmitglieder, Die Familienkonstellation und die Bedeutung moralischer Werte und Schlussbemerkungen. Jedes Kapitel wird in der Zusammenfassung detailliert beschrieben.
Wie wird die Familie Galotti charakterisiert?
Emilia wird als tugendhafte, behütete Tochter dargestellt, Odoardo als misstrauischer und autoritärer Vater und Claudia als lebensfrohe, naive Mutter. Die jeweiligen Charaktereigenschaften und ihre Bedeutung für die Handlung werden ausführlich analysiert.
Welche Rolle spielt die Aufklärung?
Die Arbeit beleuchtet die familiären Veränderungen während der Aufklärung. Sie zeigt, wie die Bedeutung der Mutter im bürgerlichen Trauerspiel oft reduziert wird, während der Vater eine zentrale Rolle in der Vermittlung moralischer Werte an seine Tochter übernimmt. Dies spiegelt die gesellschaftliche Unterordnung der Frauen wider.
Welche Bedeutung hat das Vater-Tochter-Verhältnis?
Das Vater-Tochter-Verhältnis zwischen Emilia und Odoardo bildet den zentralen Konflikt der Arbeit. Die Analyse untersucht die Dynamik dieser Beziehung im Kontext der vorherrschenden moralischen Wertvorstellungen des 18. Jahrhunderts und des rigorosen Tugentideals.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt?
Schlüsselwörter sind: Emilia Galotti, bürgerliches Trauerspiel, Lessing, Aufklärung, Familienkonstellation, Vater-Tochter-Beziehung, Tugend, Moral, Autorität, bürgerliche Wertvorstellungen, 18. Jahrhundert.
Welche Quellen werden verwendet (implizit)?
Die Arbeit bezieht sich implizit auf Lessings „Emilia Galotti“ sowie auf die historische und gesellschaftliche Situation des 18. Jahrhunderts, insbesondere auf die Konventionen des bürgerlichen Trauerspiels und die Auswirkungen der Aufklärung auf die Familie. Die Virginia-Sage und die Lucretia-Legende werden als antike Vorbilder erwähnt.
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- Stefanie Bonk (Autor), 2011, Die Zerstörung einer Familie durch rigide Tugendvorstellungen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/191233