Offenes selbstverletzendes Verhalten bei Borderline-Persönlichkeitsstörung


Tesis, 2003

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Extracto


Inhaltsverzeichnis

0 Einleitung

1. Borderline-Persönlichkeitsstörung
1.1 Diagnostik,Symptomatik undKomorbidität
1.2 Prävalenz undKrankheitsbeginn
1.3 ÄtiologischeAspekte
1.3.1 BiologischeBefunde
1.3.2 PsychologischeEinflussfaktoren
1.3.3 SozialeFaktoren
1.3.3.1 Familienstudien
1.3.3.2 Frühe Interaktionen in der Mutter-Kind-Dyade
1.3.3.2.1 Spiegelung positiver Affekteundlntersubjektivität
1.3.3.2.2 Containment negativer Affekte und Mentalisierung
1.3.3.2.3 Bindung
1.3.4 Resümierende überlegungen

2. Selbstverletzendes Verhalten
2.1 Klassifikation, Definitionen, Übersicht
2.2 Offene Selbstverletzung bei BPS
2.2.1 Definition und Krankheitsbild
2.2.2 Prävalenz und Krankheitsbeginn
2.2.3 Auslöser und Ablauf der Selbstverletzung
2.2.4 Psychodynamik und Funktionen selbstverletzenden Handelns
2.2.4.1 Intrapersonale Bedeutungen und Funktionen
2.2.4.2 Interpersonale Bedeutungen und Funktionen

3. Offene Selbstverletzung bei BPS - Ein Fallbeispiel
3.1 Biographie: Alexa B.
3.1.1 Die ersten sechs Lebensjahre
3.1.2 Schulzeit
3.1.3 Erwachsenenalter
3.2 Borderline: Ein Leben ohne Beständigkeit und Identität
3.2.1 Pseudohalluzinationen und intensive Phantasietätigkeit
3.2.2 Selbstverletzendes Verhalten
3.3 Diskussion
3.3.1 Geteilte Umwelterfahrungen
3.3.2 Ungeteilte Umwelterfahrungen
3.3.3 Kindheits- und Bindungserfahrungen der Eltern
3.3.4 Protektive Faktoren
3.3.5 Psychopathologie

4. Resümee

Abkürzungen

Darstellungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Einleitung

Die meisten Menschen assoziieren mit Verletzungen, Blut oder Wunden primär unange­nehme Gefühle. Überhaupt haben Gesundheit und auch „gesundes“ Aussehen, welches vor allem durch eine unversehrte, makellose und jugendliche Haut charakterisiert sein dürfte, einen derzeit hohen Stellenwert. Es mutet daher paradox an, dass einige Men­schen das Bedürfnis nach somatischer Integrität zu ignorieren scheinen, indem sie ihren eigenen Körpern Verletzungen in Form von Schnitten oder Verbrennungen zufügen. Dass diejenigen, die sich verletzen, in ihrer Umgebung im Allgemeinen große Irritation auslösen, kann darum kaum verwundern. Das Spektrum der den Betroffenen entgegen­gebrachten Reaktionen reicht von Bestürzung, Unverständnis, ohnmächtiger Ratlosig­keit bis hin zu Abscheu oder Empörung. Dieses Konglomerat verschiedenster Emotio­nen und Affekte, das sich nicht nur im privaten sondern auch im klinisch-sozialen Kon­text findet, ist als wesentliches Motiv für meine Beschäftigung mit der Thematik „Selbst­verletzung“ auszumachen.

Offene Selbstverletzungen respektive Selbstschädigungen sind nicht als eigenständige psychische Erkrankung aufzufassen, sondern als psychopathologische Begleitphäno­mene von komplexen symptomreichen Störungen, wie etwa Psychosen, Persönlich­keitsstörungen, Autismus, geistiger Behinderung, Zwangssyndromen oder Essstörun­gen. Auch wenn die Selbstschädigung damit als ein äquifinales Phänomen anzusehen ist, bedarf sie wegen der Verschiedenartigkeit der zugrundeliegenden Erkrankungen, deren pathogenetischer Pluralität, Psychodynamiken und der Unterschiede in der Art der Selbstschädigung, einer differenzierten und störungsspezifischen Betrachtung.

Wie der Titel dieser Arbeit verrät, liegt ihre Konzentration ausschließlich auf solchen Selbstverwundungen, die mit der Borderline-Persönlichkeitsstörung assoziiert sind. Vor dem Hintergrund eines sehr hohen Vorkommens dieses auffälligen Verhaltens bei Bor- derline-Erkrankten und der daraus resultierenden Annahme eines komplexen Zusammenhangs zwischen Grunderkrankung und Symptom soll geklärt werden, in welchem Beziehungsgefüge diese miteinander stehen bzw. inwiefern und welche die Borderline-Störung konstituierenden Faktoren für das Verständnis der Selbstverletzung relevant sind, d.h. welche Funktionen, Auswirkungen und Bedeutungen der Akt des Selbstschädigens für die Betroffenen hat.

Aufgrund der Komplexität und Vielgestaltigkeit der Borderline-Störung kann ihre Darstel­lung im Rahmen dieser begrenzten Arbeit nur partiell erfolgen; viele Aspekte der Er- krankung müssen demzufolge unberücksichtigt bleiben, z.B. therapeutische Verfahren oder das weite Spektrum kodiagnostischer Auffälligkeiten wie etwa Suizidalität oder Suchterkrankungen. Im Vordergrund soll dagegen vielmehr die Spezifität mentaler Pro­zesse, insbesondere die bei Betroffenen weitverbreitete Problematik der Affektregulati­on, stehen.

Die Arbeit beginnt mit einer deskriptiven Darstellung der Borderline-Symptomatik, der diagnostischen Kriterien sowie epidemiologischen Angaben. Darauf folgend soll der Frage nach den möglichen Gründen für die Entstehung dieser Erkrankung nachgegan­gen werden. Hierbei wird in Anlehnung an PARIS (2000) eine biopsychosoziale Verur­sachung postuliert.

Im zweiten Kapitel geht es um selbstverletzendes Verhalten. Zwecks Klassifikation, De­finition und Differenzierung wird mit einer kurzen Übersicht über alle Varianten selbst­schädigenden Handelns begonnen. Danach werden sog. „offene“ Selbstverletzungen beschrieben und epidemiologische Aussagen getroffen. Im Anschluss erfolgen eine Darstellung des Ablaufs, der Auslöser und Wirkungsweisen selbstverletzender Handlun­gen sowie deutende Überlegungen hinsichtlich ihrer Funktionen. Es soll darauf hinge­wiesen werden, dass nicht alle Betrachtungs- und Deutungsweisen auf jede/n Borderli- ne-Erkrankte/n mit Selbstverletzungssymptomatik notwendigerweise zutreffen müssen, da jede Patientengruppe, obgleich man sie unter diagnostischer Zuhilfenahme zu ver­einheitlichen und einzuordnen scheint, äußerst heterogen ist und jede einzelne psychi­sche Störung stets individuell-multifaktoriell bedingt.

Der letzte Teil der Arbeit handelt von der Lebens- und Krankheitsgeschichte einer 28­jährigen Person1 mit Borderline-Syndrom, welche sich einstmals Hautschädigungen in Form von Schnitten zufügte. Da es hier vordergründig um die Wahrnehmung des Betrof­fenen und nicht um diagnostische Genauigkeiten gehen soll, wurden die von ihm über­mittelten Informationen trotz hohen subjektiven Gehalts so belassen und nicht durch weitere Erkundigungen zu relativieren bzw. objektivieren versucht.

Die auffallend symptomreiche und komplexe Borderline-Persönlichkeitsstörung, im Fol­genden kurz BPS genannt, ist seit einigen Jahren zunehmend Gegenstand psychosozialen, medizinischen und auch öffentlichen Interesses geworden. Dabei stellt sie keineswegs eine neuartige Erkrankung dar: Bei einer historischen Betrachtung von Fallbeschreibungen wurde bemerkt, dass die von FREUD und BREUER zu Beginn des 20. Jahrhunderts behandelten, an Hysterie2 leidenden Frauen, z.B. die namhafte Anna O., ähnliche Symptome zeigten wie die in neuerer Zeit diagnostizierten Borderline- Patientinnen (vgl. DULZ 2000).

Damals wie auch gegenwärtig sind unter den Betroffenen mehrheitlich Frauen zu finden, nämlich zu ca. 75% (vgl. SASS et al. 1996, S. 737).3

Der Begriff „Borderline“ wurde in der Psychiatrie erstmalig vor rund 110 Jahren gewählt, allerdings war seine Definition häufigen Änderungen unterworfen (vgl. STONE 2000). Etwa bis 1980 sollte er zur Beschreibung derjenigen Krankheiten dienen, die weder den Neurosen noch den Psychosen zuzuordnen waren und stattdessen einen dazwischen liegenden Grenzbereich, ein „Niemandsland“, zu repräsentieren schienen. Infolgedes­sen galt eine solche Zuschreibung lange Zeit als „Verlegenheitsdiagnose“ (GNEIST 1995, S. 10), die wegen ihrer mangelnden validen Aussagekraft Anlass zu zahlreichen Kontroversen gab.

1.1 Diagnostik, Symptomatik und Komorbidität

Im Zentrum der Borderline-Störung steht laut DSM-IV4 ein „tiefgreifendes Muster von In­stabilität in zwischenmenschlichen Beziehungen, im Selbstbild und in den Affekten so­wie von deutlicher Impulsivität“ (SASS et al. 1996, S. 735). Bezeichnenderweise sagt man über die Borderline-Erkrankung, dass das „Stabilste“ an ihr die „Instabilität“ sei (SCHWARZER 1999, S. 72).

Im DSM-IV werden insgesamt neun diagnostische Merkmale der BPS aufgeführt, von denen mindestens fünf für die Diagnose zutreffen müssen (vgl. SASS et al. 1996, S. 735 ff.):

(1) Menschen mit BPS haben infolge einer defizitären Fähigkeit, alleine zu sein, ver­stärkte Bedürfnisse, jemanden in ihrer Nähe zu haben und, daraus resultierend, intensi­ve Ängste vor Zurückweisungen und Trennungen. Real bevorstehendes oder hypotheti­sches Verlassenwerden wird mit intensiven, verzweifelten Bemühungen zu umgehen versucht. Neben dem befürchteten Verlassenwerden können auch geringfügigere Ge­gebenheiten, bspw. der Wegfall eines strukturgebenden Rahmens, dazu führen, dass die Betroffenen in ihrem Denken, affektiven Erleben und auf der Verhaltensebene ins Straucheln geraten (vgl. SASS et al. 1996, S. 735). Zuweilen handeln die Betroffenen auch manipulativ, wenn es darum geht, die Zuwen­dung eines anderen sicherzustellen bzw. zu vergrößern (vgl. ebd., S. 738). Borderline- Erkrankte besitzen einerseits ein besonders ausgeprägtes Bedürfnis „verstanden und geliebt zu werden“, andererseits fehlt es ihnen an Vertrauen zu anderen (GNEIST 1995, S. 26).

(2) Die zwischenmenschlichen Beziehungen werden als instabil und intensiv charakteri­siert. Besonders auffällig ist, dass Borderline-Patientinnen dazu neigen, ihre Mitmen­schen entweder zu idealisieren oder abzuwerten, mitunter in sehr kurzen Zeitabständen (vgl. SASS et al. 1996, S. 735).

(3) In den meisten Fällen liegt eine Identitätsstörung vor, d.h. eine umfassende und ste­tige Instabilität des Selbstbildes bzw. der Selbstwahrnehmung (vgl. ebd.).

Auf der phänomenologischen Ebene berichten ca. 70 % aller Patientinnen, daß sie kein sicheres Gefühl dafür hätten, „wer sie wirklich seien“. Etwa die Hälfte erlebt sich als „ab­geschnitten von sich selbst“, als „weit entfernt von sich selbst“ oder empfindet es als äu­ßerst unangenehm, „sich selbst ausgeliefert zu sein“ (BOHUS 2002, S. 7).

Diese Instabilität äußert sich ferner darin, dass z.B. geplante Ziele, Berufsvorstellungen, Ansichten oder sexuelle Präferenzen beizeiten rasch fluktuieren und häufige Änderun­gen erfahren (vgl. SASS et al. 1996, S. 735).

(4) Ein weiteres Persönlichkeitsmerkmal besteht in vorherrschender Impulsivität, genau­er gesagt, in der mangelnden Fähigkeit, diejenigen Impulse, die potentiell zu Schäden führen können, zu kontrollieren (z.B. Glückspiele, hohe Geldausgaben, „Fressanfälle“, Substanzabusus, riskantes Geschlechtsverhalten, rücksichtsloses Autofahren, gestei­gertes Konsumverhalten) (ebd., S. 736).

(5) Eine erhöhte Neigung zu repetitiven Suizidhandlungen, suizidalen Andeutungen so­wie Drohungen und Selbstverletzungsverhalten ist besonders oft vorhanden (vgl. SASS et al. 1996, S. 736). Die Prävalenz der Selbstschädigungen bei Personen mit Borderline- Störung wird mit 70-80% angegeben (vgl. BOHUS 2002, S. 9). Die Letalitätsrate bei Selbsttötung beträgt 8-10 % (vgl. SASS et al. 1996, S. 736).

(6) Vor dem Hintergrund ihrer häufigen, reaktiv bedingten Stimmungsschwankungen mangelt es Personen mit BPS an affektiver Stabilität. Diese äußert sich bspw. als vorü­bergehende, jedoch schwerwiegende Dysphorie, Erregbarkeit oder Angst. Solche Zu­stände enden meist nach einigen Stunden (vgl. ebd.). Oftmals schlagen die Verstim­mungen abrupt in andere Affekte wie Wut oder Verzweiflung um.

(7) Ferner leiden Menschen mit BPS unter anhaltenden Gefühlen von Leere bzw. Lan­geweile oder auch Einsamkeit. Wegen der mitunter schnell einsetzenden Langeweile wirken einige Betroffene zuweilen rastlos und unter ständigem Tatendrang (vgl. SASS et al. 1996, S. 736). Vereinzelt entwickelt sich auch eine Art Putzsucht oder ein überdurch­schnittlich gesteigerter Arbeitseifer („Workaholism“) (vgl. GNEIST 1995, S. 26). Viele Pa­tientinnen klagen außerdem über Phasen einer „emotionalen .Taubheit’ (numbness), al­so vollständig fehlender Gefühlswahrnehmung“ (BOHUS 2002, S. 7).

(8)Ein zusätzlich immer wieder aufkommender und kaum kontrollierbarer Affekt besteht in ausgeprägter und inadäquater Wut. Hierzu zählen „Wutausbrüche“, anhaltende Wut, „körperliche Auseinandersetzungen“, „extremer Sarkasmus“, andauernde „Verbitterung“ und „verbale Ausbrüche“ (SASS et al. 1996, S. 736). Diese Wut entsteht vielfach als Reaktion auf Zurückweisung von nahestehenden Mitmenschen und löst ob des unan­gemessenen Ausbruchs schließlich Scham- und Schuldgefühle aus.

(9) Als letztes Merkmal werden im DSM-IV vorübergehende, kurzzeitige „paranoide5 Vorstellungen“ und „dissoziative6 Symptome“ infolge von „starken Belastungen“ aufge­führt (ebd.).

Die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung ist nur dann gerechtfertigt, wenn es sich bei den genannten Merkmalen um gefestigte, unflexible, persistente Persönlichkeitszüge handelt, die „in bedeutsamer Weise funktionelle Beeinträchtigungen oder subjektives Leiden verursachen“ (SASS et al. 1996, S. 715).

Das Borderline-Syndrom tritt häufig in Kombination mit anderen Erkrankungen auf (Ko­morbidität7 8 ) wie etwa mit affektiven Störungen (z.B. Depression), Essstörungen (insbe­sondere Bulimie), Abusus psychotroper Substanzen, anderen Persönlichkeitsstörungen, Aufmerksamkeitsdefizitstörung bzw. Hyperkinetischem Syndrom sowie posttraumati­scher Belastungsstörung8 (vgl. SASS et al. 1996, S. 737), Schlafstörungen und Angst­störungen (vgl. BOHUS 2002, S. 11).9

1.2 Prävalenz und Krankheitsbeginn

Die Borderline-Störung kommt keineswegs selten vor: Ihre Prävalenz liegt bei etwa 2 % der Allgemeinbevölkerung. In ambulanten Therapien finden sich zu 10 % Borderline- Patientinnen, in stationären Kontexten ca. 20 % und in Behandlungen von Menschen mit Persönlichkeitsstörungen 30-60 % (vgl. SASS et al. 1996, S. 737).

Das Störungsbild manifestiert sich meist in der Adoleszenz bzw. im frühen Erwachse­nenalter. In dieser Zeit sind der symptombedingte Leidensdruck und das Suizid-Risiko besonders groß. SASS und Mitarbeitern zufolge verringern sich diese Belastungen mit zunehmendem Alter (ab dem 30. bis 40. Lebensjahr); ferner sei bei der Mehrheit der Be­troffenen ein Zuwachs an Stabilität zu verzeichnen (vgl. ebd.). Ob diese Veränderungen im Wesentlichen auf das fortgeschrittene Alter und die mit ihm verbundenen Lebenser­fahrungen oder auf therapeutische Behandlungen zurückzuführen sind, bleibt offen.

Es fällt auf, dass Personen mit BPS Tätigkeiten in sozialen Arbeitsfeldern, wie pflegeri­sche oder pädagogische Berufe, favorisieren (vgl. BOHUS 2002).

1.3 Ätiologische Aspekte

Hinsichtlich der Genese des Borderline-Syndroms ist in der Literatur insofern ein Kon­sens zu verzeichnen, als eine monokausal-lineare Verursachung generell ausgeschlos­sen wird und stattdessen die Annahme einer „mehrdimensionalen Ätiologie der Borderli- ne-Störungen“ besteht (DULZ & JENSEN 2000, S. 169). Die jeweiligen ätiologischen Konzepte variieren allerdings in der Gewichtung einzelner Faktoren. Dabei hat vor allem die Feststellung darüber, dass die Mehrheit der Borderline-Patientinnen in ihrer Kindheit (und Jugend) auffallend häufig Misshandlungen10, sexuelle Gewalt, schwere Vernach­lässigung11, Verluste oder Trennungen von den Eltern erfahren musste, zu unterschied­lichen Blickwinkeln bei der Bewertung der pathogenetischen Relevanz von traumati­schen12 Erlebnissen für die Entwicklung der BPS geführt. Das erhöhte Vorkommen von Realtraumatisierungen hat mehrere klinisch tätige Autoren dazu veranlasst, das Krank­heitsbild der BPS im Wesentlichen als Traumafolge zu begreifen, nicht zuletzt wegen der mit der Posttraumatischen Belastungsstörung zum Teil übereinstimmenden sym­ptomatischen wie auch psychodynamischen Elemente (vgl. z.B. SACHSSE 1995; BUTOLLO et al. 1999).

Obschon einige der „Borderline“-Symptome vor dem Hintergrund einer Traumaanamne­se kausal nachvollziehbar erscheinen, wie etwa die Dissoziation oder die übermäßigen Erregungszustände, und das Trauma aller Wahrscheinlichkeit nach einen die BPS mit­konstituierenden Faktor darstellt, muss dennoch berücksichtigt werden, dass die meis­ten Untersuchungen - neben einem signifikant hohen Anteil an Gewalterfahrungen in der Vorgeschichte - auch ergaben, dass nicht alle Borderline-Patientinnen traumatisiert wurden13 und auf der anderen Seite nur wenige Opfer von sexueller Gewalt und/ oder Misshandlungen eine Borderline-Störung entwickeln. Zudem konnte bei solchen Patien­tinnen, die nicht von der BPS, jedoch einer anderen psychischen Störung betroffen wa­ren, ebenfalls ein gehäuftes Vorkommen traumatischer Erfahrungen festgestellt werden (vgl. PARIS 2000, S. 161).

Da ein Trauma also nicht immer eine pathogene Wirkung zu besitzen scheint, muss angenommen werden, dass hinsichtlich einer ,,Borderline“-Genese noch andere Aspekte eine relevante, wenn nicht sogar gewichtigere Rolle spielen. Dabei dürfte es sich um ein differenziertes sowie individuelles Zusammenspiel von Protektions- und Risikofaktoren, also solchen Faktoren handeln, welche die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer be­stimmten Erkrankung reduzieren bzw. erhöhen (Probabilistisches Modell) (vgl. SCHLEIFFER 2001, S. 66).

Um dem Verständnis der „Borderline“-Verursachung näher zu kommen, erachtet es PARIS als notwendig, den ätiologischen Blickwinkel zu erweitern (vgl. PARIS 2000, S. 160): Der Autor vertritt die These, dass an der Entstehung der Borderline-Störung ein Konglomerat verschiedenster sich wechselseitig beeinflussender Faktoren beteiligt ist und sich das Störungsbild erst dann etablieren wird, sobald „eine Kombination biologi­scher, psychologischer und sozialer Faktoren eine Belastungsschwelle zwischen Veran­lagung (Diathese) und Störung (Streß) überschreitet“ (ebd., S. 165).

1.3.1 BiologischeBefunde

Zur Zeit liegen nur wenige Erkenntnisse darüber vor, inwiefern biologische Faktoren an der Entwicklung einer Borderline-Störung mitwirken.

Eine erbbedingte Weitergabe der BPS konnte bislang weder eindeutig nachgewiesen noch mit Sicherheit widerlegt werden. Allerdings wurde eine genetische Disposition zu „affektiver Labilität“ sowie erhöhter Impulsivität festgestellt (KÖHLER 2000, S. 204). Selbst wenn diese beiden Merkmale nicht ausschließlich „borderline-spezifisch“ sind und demzufolge ebenso die Entwicklung einer anderen psychischen Krankheit begünstigen können, dürfte ihnen dennoch eine ätiologische Bedeutung zukommen, und zwar im Sinne einer impliziten Vulnerabilität (vererbbaren Verletzlichkeit). Dieser, wenn auch zu­nächst nur geringfügig erscheinende Nachteil kann bspw. zur Folge haben, dass stress­reiche Ereignisse eine größere und intensivere Belastung bedeuten. In Anbetracht die­ser interindividuell unterschiedlich wahrgenommenen Auswirkungen wäre bspw. erklär­bar, warum Traumatisierungen bei einigen Menschen zu Psychopathologien führen, und bei anderen, nämlich widerstandsfähigeren, nicht (vgl. PARIS 2000, S. 164).

Neurochemische Untersuchungen haben ergeben, dass Personen mit Impulskontrollstö- rungen, die selbstverletzend sowie suizidal handeln, Funktionsdefizite im serotonergen System14 aufweisen (vgl. OIDTMANN 1999, S. 31 ff.), jenem System also, das bewiese­nermaßen die Steuerung und Kontrolle von impulsivem bzw. aggressivem Verhalten in entscheidendem Maße beeinflusst (vgl. KÖHLER 2000). KOENIGSBERG & SIEVER (2000) ziehen in Betracht, dass nicht nur die Bereitschaft zu Aggression, sondern auch die für die BPS typische unkontrollierbare Wut sowie die Frustrationsintoleranz mit der serotonergen Dysregulation begründet werden könnten (vgl. ebd., S. 214). KÖHLER zu­folge kann der unter der Borderline-Klientel weitverbreitete Konsum psychotroper, pri­mär stimmungsaufhellender Substanzen (z.B. Alkohol) gegebenenfalls als zusätzlicher Beweis für Störungen im (nicht nur serotonergen) Neurotransmitterhaushalt gewertet werden (vgl. KÖHLER 2000, S. 205).

Trotz dieser empirisch gut belegten Forschungsergebnisse dürfte weiterhin unklar sein, ob das serotonerge System des Borderline-Erkrankten schon zu Beginn seines Lebens defizitär funktionierte, gar genetisch determiniert ist oder ob dieser Mangel reaktiv, ent­weder als Folge ungünstiger Erfahrungen oder mit der Manifestation der ersten Sym­ptome auftrat. Darum kann auch nicht mit Gewissheit gesagt werden, ob ein Serotonin­mangel nun als konstituierender Faktor oder etwa als eher nebensächliches Epiphäno­men zu beurteilen ist.

In neurobiologischer Hinsicht konnten bei Borderline-Erkrankten Funktionsdefizite des präfontalen Cortex, der Amygdala15 und des Hippocampus16 festgestellt werden (vgl. BOHUS 2002, S. 14). DRIESSEN und Mitarbeiter fanden heraus, dass der im limbi­schen System17 befindliche Hippocampus bei früh traumatisierten Menschen mit BPS ein bis zu16 % geringeres Volumen besitzt (vgl. DRIESSEN et al. 2000).

VAN DER KOLK, der zwar keine Personen mit BPS aber mit Posttraumatischer Belas­tungsstörung untersuchte, entdeckte ebenfalls Funktionsbeeinträchtigungen bzw. ana­tomische Abweichungen in genau denselben Bereichen des limbischen Systems (vgl. VAN DER KOLK 1998, S. 51 ff. und VAN DER KOLK et al. 1998, S. 68 ff.)18.

Laut VAN DER KOLK sind zum einen die traumatisch bedingte, häufige Überaktivität der Amygdala für das verringerte Volumen und die reduzierte Funktionsfähigkeit des Hippo­campus verantwortlich zu machen und zum anderen eine chronisch erhöhte Ausschüt­tung von Cortisol, einem Hormon des Nebennierensystems (VAN DER KOLK et al. 1998, S. 72). Die hohen Cortisolwerte seien darauf zurückführbar, dass die Probanden das vergangene Trauma mental immer wieder derart intensiv durchleben, als fände es augenblicklich statt („Flashbacks“); das Gehirn werde dadurch über Jahre hinweg ex­tremem Stress ausgesetzt, der sich neurochemisch in einem Cortisol-Anstieg nieder­schlägt (vgl. VAN DER KOLK et al. 1998, S. 72). Vor dem Hintergrund einer überaktiven Amygdala und der hohen Cortisolkonzentrationen, würde nachvollziehbar, dass sich Personen mit Traumaerfahrungen in einem ständig bedrohlichen „Alarmzustand“ emp­finden, durch den die Fähigkeit zur Differenzierung zwischen bedeutsamen und unbe­deutenden Reizen maßgeblich beeinträchtigt wird. Die bei der Borderline-Klientel erhöh­te Reagibilität, d.h. die scheinbar übertrieben intensive Reaktionsbereitschaft auf gering­fügige, „harmlose“ Reize, könnte also neurologisch begründet sein. Möglicherweise er­klären diese Befunde auch, dass, wie HERPERTZ und Mitarbeiter ermittelten, die meis­ten Borderline-Patientinnen ihre Affekte und mentalen Zustände (Angst, Anspannung, Einsamkeit, Unsicherheit, Hoffnung und Zuneigung) viel intensiver erleben als andere (vgl. HERPERTZ et al. 1998). Es ist ferner denkbar, dass die eingeschränkte Hippo- campus-Funktion die Schwierigkeit der Patientinnen begründet, eine Kohärenz und Kon­tinuität des Selbst zu empfinden, da neu gewonnene Erfahrungen nur mühsam gehalten und in eine narrative Geschichte integriert werden können. Dies dürfte besonders für traumatische Erfahrungen gelten.

Ähnlich den neurochemischen Forschungsergebnissen lassen auch die neurobiologi- schen Befunde die Frage, ob es sich bei den hirnorganischen Diskrepanzen um reaktive Veränderungen oder um eine konstitutionelle, schon immer bestehende Ausstattung und damit um einen ätiologisch relevanten biologischen Risikofaktor handelt, unbeantwortet.

Als letzter möglicher biologischer Einflussfaktor sollen prä- und perinatale Komplikatio­nen erwähnt werden. Zwar ist deren Erwägung als potentieller Risikofaktor aufgrund noch mangelnder Forschungsergebnisse äußerst hypothetisch, allerdings fällt auf, dass die Mütter selbstverletzender Borderline-Patientinnen sehr häufig problematische Schwangerschaften sowie langdauernde und verzögerte Geburtsverläufe erlebten (vgl. SACHSSE 1989, S. 96 ff.). SACHSSE hält darum eine aus diesen Komplikationen resul­tierende minimale cerebrale Dysfunktion für möglich (vgl. SACHSSE 1994, S. 47). Wel­che Funktionsbereiche nun genau beeinträchtigt sind und inwiefern sich diese mit den Problembereichen der Borderline-Patientinnen in Zusammenhang bringen lassen, ist dem derzeitigen Forschungsstand nicht zu entnehmen.

1.3.2 Psychologische Einflussfaktoren

Zu den psychologischen Risikofaktoren zählen bspw. die Intelligenz oder das Tempera­ment der Betroffenen. Ob und inwieweit diese einen Einfluss auf die Entwicklung einer Borderline-Störung ausüben, ist derzeit wohl noch nicht bekannt.

Die stärkere Einbeziehung psychologischer Faktoren erscheint deshalb sinnvoll, weil davon auszugehen ist, dass sie auf additive und multiplikative Weise mit anderen Fakto­ren zusammen wirken. Dies betrifft vor allem soziale Einflussfaktoren, welche im nächs­ten Kapitel erläutert werden. So ist bspw. denkbar, dass in manchen Fällen die Interakti­onen zwischen Mutter19 und Kind überwiegend deshalb misslingen, weil sich der Um­gang mit ihm aufgrund seines „schwierigen“ Temperaments, selbst für einfühlsame Müt­ter, äußerst problematisch gestaltet. „Schwierigkeiten im Temperament der Kinder“ kön­nen „familiären Störungen“ nach sich ziehen oder der Anlass dafür sein, dass Kinder „von ihren Eltern schlechter behandelt werden“ (PARIS 2000, S. 164). Es bedarf mehr an Mühen und Geduld, „schwierige“ Kinder zur Ruhe zu bringen; außerdem sind Konflik­te mit den Eltern wahrscheinlicher. Die Kinder wiederum haben häufig den Eindruck, dass ihnen hauptsächlich negative Erfahrungen widerfahren (vgl. ebd.).

Ein schwieriges Temperament..., das z.B. eine hohe Irritierbarkeit, geringe Regelmäßig­keit biologischer Funktionen, schwere Beruhigbarkeit, Rückzug und starke negative Re­aktionen auf neue Reize und Umgebungen etc. umfaßt, stellt möglicherweise die elterli­che Fürsorgekompetenz in Frage und provoziert so eher aversive elterliche Reaktionen (BENDER & LÖSEL 2000, S. 49 f.). ... Das heißt, das Risiko ist dann erhöht, wenn Kin­der mit schwierigem Temperament auf selbst überlastete, unkontrollierte, wenig kompe­tente Eltern treffen (MOFFITT 1993 nach BENDER & LÖSEL 2000, S. 50).

Zusammenfassend ist zu vermuten, dass psychologischen Faktoren bei der Entstehung der BPS eine eher indirekte, möglicherweise untergeordnete, Rolle zukommt. Das Temperament eines Kindes scheint nur dann ätiologisch relevant, wenn sich daraus weitere, wenig lösbare Schwierigkeiten in den Interaktionen und misslungene emotionale Regulationen zwischen Bezugsperson und Kind ergeben.

1.3.3 SozialeFaktoren

1.3.3.1 Familienstudien

Neben den zahlreichen Abhandlungen und Forschungen, deren Konzentration vorrangig auf traumatischen Erlebnissen liegt, sind demgegenüberzunehmend Tendenzen dahin­gehend zu verzeichnen, das Trauma zu dezentralisieren und den Fokus stattdessen mehr auf alltägliche, sich häufig wiederholende und daher unnachgiebig verfestigende Erfahrungen auszurichten:

... es wächst die Erkenntnis, daß nicht nur solche dramatischen Ereignisse und ihre Be­arbeitung in der Phantasie einen pathogenen Effekt haben können, sondern auch chroni­sche, subtile, auf den ersten Blick kaum wahrnehmbare Verzerrungen der Interaktion (DORNES 1993, S. 74).

Wendet man sich aus dieser Perspektive heraus einer Betrachtung der Familien mit Borderline-Patientinnen zu, so lassen sich, laut RUIZ-SANCHO & GUNDERSON, fol­gende Interaktionsmuster und Merkmale besonders häufig finden (ebd. 2000, S. 776 ff.):

- geringe oder inadäquate emotionale bzw. affektive Ausdrucksfähigkeit aller Fami­lienmitglieder
- geringe Fähigkeiten, Probleme zu lösen
- „verwischte Grenzen, Zusammenbrüche der Generationsgrenzen und eine ge­störte Familienhierarchie“, Parentifizierung
- „inkonsistentes Durchsetzen von Regeln und inadäquate Bestrafungen“
- „inkonstantes mütterliches Verhalten“
- große Selbstbezogenheit sowie häufiges Rückzugsverhalten der Mütter
- „Vernachlässigung und Fehlen von emotionaler Verfügbarkeit, Schutz und empathischer Sorge“
- „höheres Maß an Stressoren (z.B. hochgradig konfliktbelastete Ehen, finanzielle Probleme)“
- erhöhtes Vorkommen von psychischen Störungen innerhalb der Verwandtschaft (z.B. affektive Störungen, Substanzmittelmissbrauch, Alkoholismus, Persönlich­keitsstörungen, insbesondere BPS und Antisoziale Persönlichkeitsstörung)
- Unter- oder „Überengagement der Eltern“, Kontrolle und Verhinderung der kindli­chen Versuche in Richtung Autonomie und beginnende Selbständigkeit
- häufige Konflikte, „Feindseligkeit“, „chaotische Unvorhersehbarkeit“, Mangel an Struktur und „unterstützender Kohäsion“
- Kommunikationsstörungen bzw. „geringe kommunikative Auseinandersetzung“
- „Fehlen von neugierigem Interesse aneinander“
- „ein höheres Maß an frühen und langdauernden Trennungen“ der Kinder „von ih­ren Bezugspersonen oder andere Verlusterfahrungen“

Die Autoren fassen in Anlehnung an verschiedene Familienstudien zusammen, dass die Eltern von Borderline-Betroffenen oftmals darin scheitern,

... für eine „holding environment“ (haltende Umgebung) zu sorgen, die Unabhängigkeit und Autonomie fördert und in der klare Grenzen und Erwartungen bestehen (RUIZ- SANCHO & GUNDERSON 2000, S. 787).

Ähnlich wie PARIS bezweifeln auch RUIZ-SANCHO & GUNDERSON, dass weder ein „spezielles Trauma“ noch ein traumatisches „Einzelereignis“ die Komplexität der BPS erklären können: „Somit wären Mißbrauch und Mißhandlung als Epiphänomene von vernachlässigenden, gestörten und konfliktbeladenen Familien zu verstehen“ (ebd., S. 780). Repetitive Kindheitstraumata und inadäquates Elternverhalten sind demnach eher als ein die BPS-Entwicklung begünstigender „Nährboden“ aufzufassen (ebd.).

Es ist davon auszugehen, dass diese beschriebenen sozialen Faktoren mit den bereits angesprochenen psychologischen wie auch biologischen Komponenten interagieren, d.h., dass z.B. eine bestimmte erzieherische Praxis, die sich bei einem Kind als durch­aus angebracht erweist, für ein anderes eine Unter- bzw. Überstimulation bedeuten kann. Ein Kind mit einer Disposition zu impulsivem Verhalten etwa, ist laut PARIS auf „stärkere Grenzsetzungen und eine klarere Struktur“ angewiesen (ebd. 2000, S. 164). Die nun folgenden Kapitel werden sich vorwiegend auf inadäquate Interaktionen und Regulationen seitens der primären Bezugsperson, gewöhnlich der Mutter, konzentrie­ren. Auch wenn ihr ohne Zweifel eine besonders bedeutsame und exklusive Rolle bei der Kindesentwicklung zukommt, sollen die folgenden Ausführungen dennoch unter dem Vorbehalt betrachtet werden, dass dem Verhalten der Mütter wiederum bestimmte Ur­sachen zu Grunde liegen, wie etwa die bereits erwähnten, mit dem Kind assoziierten psychologischen oder biologischen Faktoren, welche den Umgang mit ihm erschweren können. Es ist wohl davon auszugehen, dass überhaupt nur wenige Mütter darüber Kenntnis besitzen, ob ihr Nachwuchs eine biologisch bedingte Vulnerabilität besitzt; möglicherweise wäre ein solches Wissen der familiären Atmosphäre sogar sehr zuträg­lich, könnten sich die Eltern doch in einem solchen Falle sicher sein, dass sie nicht die alleinige und hauptsächliche Verantwortung für die interaktiven Entgleisungen zu tragen haben.

Andere Variablen, die ein inadäquates Verhalten der Mutter begründen könnten, wären bspw. eigene, innere „Blockaden“, welche verhindern, intuitiv angemessen zu handeln. Solche Mütter würden vielleicht gerne anders, also einfühlsamer und kindgerechter, (re)agieren, können es aber nicht, sei es aufgrund einer eigenen psychischen Störung oder vergangener ungünstiger Erfahrungen, die noch nicht ausreichend bewältigt wur­den. Weil sich diese Kapitel möglicherweise etwas vereinfacht darstellen, soll an dieser Stelle zusätzlich und explizit auf die multidimensionalen und wechselseitigen Wirkungen von sozialen Einflussfaktoren hingewiesen werden, um einem eventuell aufkommenden und unbeabsichtigten Eindruck einer simplifizierten Schlussfolgerung, nämlich die Ent­stehung der BPS ausschließlich zu Lasten der Mütter zu begründen, entgegenzuwirken.

Inwiefern sich die nach DORNES eingangs dieses Kapitels zitierten „Verzerrungen“ ins­besondere in den frühen Interaktionen zwischen Mutter und Kind mit der Symptomatik und Psychodynamik der BPS in Zusammenhang bringen lassen und dazu beitragen, dass Betroffene sich eigenen Angaben zufolge im Kindesalter emotional vernachlässigt, missachtet, ignoriert und unwillkommen fühlten, soll im nachfolgenden Kapitel zu klären versucht werden.

1.3.3.2 Frühe Interaktionen in der Mutter-Kind-Dyade

Bei der Betrachtung des Symptomspektrums der BPS fällt auf, dass die Betroffenen große Schwierigkeiten mit der Regulation ihrer Affekte - überwiegend aus Angst, Wut und Traurigkeit bestehend - haben (vgl. auch HERPERTZ et al. 1998).

Die meisten Forschergruppen sehen derzeit Störungen der Affektregulation im Zentrum der BPS. Fast alle diagnostischen Kriterien können entweder als direkte Auswirkung die­ser Regulationsstörung gesehen werden, oder als Versuch, diese zu kompensieren. Dies betrifft zum einen niedrige Reizschwellen für die Auslösung von Emotionen, zum zweiten hohe Erregungsniveaus, d.h. sehr heftige Emotionen, und schließlich die verzögerte Rückbildung auf das emotionale Ausgangsniveau (BOHUS 2002, S. 6).

Wenn man die Probleme in der emotionalen Regulation und die damit verknüpften Schwierigkeiten in zwischenmenschlichen Beziehungen fokussiert, liegt es nahe, sich den Anfängen, d.h. dem Erwerb bzw. misslungenem Erwerb jener Fähigkeiten zu wid­men, welche zu einem adäquaten Umgang mit Affekten beitragen sollen. Laut SROUFE und Mitarbeiterinnen sind affektive Probleme zumeist auf Störungen in der frühen dyadi- schen Beziehung zur Mutter und die mit ihr stattgefundenen dysfunktionalen emotional­affektiven Regulationsprozesse zurückzuführen. Die Autoren postulieren Störungen in frühen Beziehungen als ätiologisch bedeutsamen Faktor und damit als den Beginn eines Entwicklungspfades, der mit hoher Wahrscheinlichkeit in einen psychopathologischen münden wird (vgl. SROUFE et al. 2000).

Welche Art der Kommunikation, der Affektregulierung und der Verhaltensanpassung des Kindes überwiegen wird, hängt entscheidend von der Qualität der Mutter-Kind-Interaktion ab (HÉDERVÁRI-HELLER2000, S. 35).

Die frühe Beziehung zur Mutter ist deshalb so entscheidend, weil ein Baby oder Klein­kind auf die mütterliche Unterstützung bei der Regulierung von Emotionen, Affekten und die mit ihnen einhergehenden physiologischen Erregungen aufgrund noch mangelnder eigener Fähigkeiten angewiesen ist. Darum muss die Mutter diese Funktion vorerst stellvertretend übernehmen, sie agiert also als „externe Regulationsinstanz“ (DAUDERT 2001, S. 23).

1.3.3.2.1 Spiegelung positiverAffekte und Intersubjektivität

Ein wichtiger Aspekt der Mutter-Kind-Interaktionen besteht darin, dass dem Kind die wiederholte Erfahrung zuteil wird, dass seine Mutter ihm positiv gesonnen ist und sie ihm diese Haltung auch signalisiert. Dem Gesicht der Mutter kommt in der dyadischen Interaktion eine Spiegelfunktion zu: Denn mit der Art, wie die Mutter das Kind ansieht, reflektiert sie ihm, was sie (in ihm) erblickt (vgl. WINNICOTT 1971, S. 128 ff.). Eine sol­che spiegelnde Regulation impliziert, dass die Mutter die Befindlichkeiten des Säuglings nur gelegentlich imitativ, mehrheitlich jedoch moduliert wiedergibt: „Dieses Zusammen­wirken von Widerhall und Unterschied“ ermöglicht eine Anerkennung, „die auf Gegensei­tigkeit beruht“ (BENJAMIN 1988, S. 29). Die den Affekt des Babys aufgreifenden Reak­tionen der Mutter vermitteln ihm, dass sie an seinem Gefühlsleben teilhat (Intersubjekti­vität). Diese Gemeinsamkeitserlebnisse bzw. das darauf ausgerichtete Verhalten20 der Mutter führen außerdem zu der Erfahrung, dass

... innere Zustände keine privaten Ereignisse sind, sondern soziale und Beziehungsange­legenheiten. Es ist die Antwort auf die Frage: Siehst du, was ich fühle? Und es ist eine positive Reaktion auf das anthropologisch tiefsitzende Bedürfnis nach Wahrnehmung und Anerkennung des eigenen Gefühlszustands (DORNES 1993, S. 159 f.).21

DORNES versteht das frühe interaffektiv-intersubjektive Agieren des Säuglings demzu­folge als Vorläufer der Beziehung (vgl. DORNES 1993).

Auch KOHUT betonte die Relevanz des Spiegelns und kreierte die metaphorische Formulierung vom „Glanz im Auge der Mutter“; darunter ist zu verstehen, dass ein Kind eine „wohlwollende Bestätigung seines Vorhandenseins“ benötigt (KOHUT 1973, S. 150), um seinen kindlichen Narzissmus22 zu befriedigen und schließlich zu einem passablen Selbstwertempfinden zu gelangen.

ECKHARDT & HOFFMANN führen die bei einigen Borderline-Patientinnen und bei unter Depersonalisationszuständen leidenden Kindern anzutreffende Scheu, in den Spiegel zu schauen, auf Störungen innerhalb der frühen Mutter-Kind-Dyade zurück:

[Diese Kinder] haben Angst, in den Spiegel zu schauen und niemanden zu sehen. Dies deutet auf das Gefühl der eigenen Nicht-Existenz hin und auf ein mögliches Fehlen der Spiegel-Funktion durch die Mutter in der frühen Objektbeziehung (ECKHARDT & HOFFMANN 1993, S. 299).

Eine andere Entwicklungserfahrung, die zur Entstehung eines stabilen Selbstwertemp­findens beiträgt, liegt in der Entdeckung des Säuglings, bei der Mutter eine Reaktion bewirken zu können. Das Erfahren eigener Wirkmächtigkeit bzw. das Erleben von Kon­tingenz (vgl. DORNES 1993) schaffen im Weiteren die Grundlage dafür, Reaktionen der Außenwelt vorhersehen und ihr gegenüber Erwartungshaltungen entwickeln zu können. Das Erleben eigener Handlungs- und Wirkmächtigkeit kann als der Beginn verstanden werden, sich eine Ordnung über die Welt zu verschaffen, an der man aktiv teilnimmt und die man ebenfalls aktiv - zumindest zu einem gewissen Teil - zu steuern imstande ist. Dies gilt auch für diejenigen Situationen, in denen Babys versuchen, ihre Erregungszu­stände selbst zu kontrollieren, etwa durch Abwenden des Kopfes bei Überstimulierung. Hiermit wird der Bezugsperson signalisiert, sich zurückzuhalten:

... dann erlebt das Baby ein Nachlassen der Spannung, ohne deshalb die Verbindung und den Austausch aufzugeben. Das Baby kann also das Maß seiner Erregung kontrol­lieren, indem es die Andere reguliert. Denn es fühlt: die Welt reagiert; es selbst hat einen Effekt erzielt. Wenn dem Baby dies nicht gelingt, erlebt es einen Verlust an innerer und äußerer Kontrolle (BENJAMIN 1988, S. 30).

KOHÚT geht davon aus, dass

... das Erleben eines einheitlichen Selbst auf der Grundlage einer stabilen narzißtischen Besetzung des Selbstbildes eine wichtige Voraussetzung für ein kohärentes Funktionie­ren des Ichs ist; das Fehlen einer solchen Besetzung führt im Gegensatz hierzu zu ge­störten Ich-Funktionen (KOHÚT 1973, S. 158).

Im Gegensatz zu neurotischen Erkrankungen, bei denen narzisstische Probleme eben­falls häufig, jedoch eher peripher Vorkommen, sind diese bei der BPS besonders stark ausgeprägt. Sie wird deshalb als „eine eigenständige Extremform einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung“ angesehen (LACKINGER KARGER 1999, S. 308). Der mit der BPS einhergehende pathologische Narzissmus und das mit ihm verbundene geringe Selbstwerterleben lassen darauf schließen, dass Borderline-Patientinnen aus der Sicht von KOHÚT in der von ihm umschriebenen frühen Entwicklungsphase vermutlich deutli­che Entsagungen erfahren mussten. Die vom selbigen Autor bei narzisstischen Störun­gen beobachtete Beibehaltung eines Größen-Selbst, also einer imaginierten Großartig­keit, die stets bewundert werden will, wie sie eher bei Histrionischer oder Narzisstischer Persönlichkeitsstörung vorzufinden ist, scheint auf Menschen mit „Borderline“-Struktur weniger zuzutreffen. Die ebenfalls von KOHÚT vertretene These der „Suche nach einer idealisierten Eltern-Imago“ (ebd. 1973, S. 135) lässt sich hingegen nachvollziehen, wenn man bedenkt, dass beim Borderline-Erkrankten eine ausgeprägte Neigung dazu besteht, andere Menschen zu idealisieren. Dies erfolgt, so lässt sich annehmen, aus dem Motiv heraus, sich mit den geglaubten idealen Anderen identifizieren zu wollen mit dem Ziel, das eigene Selbstwertniveau infolge einer narzisstischen Befriedigung zu erhöhen. Mög­licherweise wirkt das Zusammensein mit einer idealisierten Person auch deswegen er­strebenswert, weil man sich davon erhofft, sich dem bei BPS häufig „überharten Ich- Ideal“ (SACHSSE 1994, S. 90) ein wenig annähern zu können. Geht man davon aus, dass die primäre Bezugsperson dem Kind nicht als Selbstobjekt23 zur Verfügung stand (vgl. MILCH 1998), werden die abermaligen Bestrebungen erwachsener Borderline- Patientinnen, intensive Beziehungen leben zu wollen, auch als fortwährende Suche nach Selbstobjekten verstehbar, die vor allem deshalb besonders stark ausgeprägt sein dürfte, weil die Betroffenen die Selbstwertregulation nicht oder nur geringfügig allein zu bewerkstelligen imstande sind. Scheitert die Idealisierung eines bedeutsamen Anderen, z.B. in Folge einer verbalen kontroversen Auseinandersetzung, könnte er aus Sicht der „Borderline-Person“ an Attraktivität verlieren, weil er sich zur Identifikation und Spiege­lung nun nicht mehr eignet. Den Anderen dann „als nur schlecht“ zu beurteilen und sich von ihm zu distanzieren, scheint zum Schutze des Selbst zu erfolgen.

Wendet man sich den möglichen Auswirkungen einer inadäquaten Spiegelung in der frühen Dyade genauer zu, so ist außerdem festzustellen, dass ein mehrheitlich24 abwei­sendes, ablehnendes oder ärgerliches Gesicht der Mutter zu Irritationen beim Baby oder Kleinkind führt, da sein Wunsch nach positiver Spiegelung, Anerkennung und Gemein­samkeitserlebnissen enttäuscht wird, sodass es sich ignoriert und zurückgewiesen füh­len muss.25 Es kann im Antlitz der Mutter anstatt sich selbst oder einer Bestätigung sei­ner selbst nur etwas Fremdes (d.h. eine Nichtübereinstimmung zum eigenen Erleben) entdecken und sich damit nicht als Ursache einer Wirkung bzw. nur als Ursache einer negativen Wirkung erleben. Diese Erfahrung wird sich auch dann einstellen, wenn die primäre Bezugsperson wenig bzw. gar keine Emotionen, sondern Leere, Erstarrung und Desinteresse äußert, wie es etwa bei Depressionen der Fall ist, unter denen einige Müt­ter der späteren Borderline-Patientinnen leiden. GREEN spricht in diesem Zusammen­hang von einer „toten“ (im Sinne von nicht-lebendigen) Mutter, deren emotionale Abwe­senheit beim Kind sowohl Gefühle von Leere als auch sog. „psychische Löcher“ hinter­lässt (GREEN 1983). STERN hält es für wahrscheinlich, dass einige psychische Störun­gen dadurch entstehen, dass Kinder sich bereits sehr früh „mit einem depressiven, ängstlichen, psychotischen oder auch gewalttätigen Elternteil“ identifizieren (STERN 1991, S. 66 f.).

FONAGY (1999) vertritt die Ansicht, dass sich das Bild einer nicht adäquat spiegelnden Mutter im Selbst des Kindes einnistet und sich zum verfolgenden fremden Selbstanteil entwickelt, den die Betroffenen auch noch in späteren Jahren immer wieder loszuwer­den bemüht sind:

This picture then becomes the germ of a potentially persecutory object which is lodged in the self, but is alien and unassimilable. There will be a desperate wish for separation in the hope of establishing an autonomous identity or existence (ebd.).

Es ist zu vermuten, dass die aus solchen enttäuschenden Beziehungserfahrungen resul­tierende Internalisierung eines fremden Selbstanteils der Bildung eines kohärenten Selbst hinderlich ist und der für die BPS typischen, instabilen und bruchstückartigen Identität zugrunde liegen könnte, welche die Betroffenen häufig mit Umschreibungen wie „sich selbst fremd sein“ oder „aus einzelnen, nicht zueinander gehörenden Fragmenten bestehend“ veranschaulichen. „Leidet das Individuum unter Symptomen und dem Ge­fühl innerer Entfremdung, so dürfen wir annehmen, daß sein Gefühlsleben zu stark mo­difiziert wurde“ (DORNES 1993, S. 157). GNEIST vermutet, dass das inkohärente Iden­titätsempfinden dadurch zustande kommt, dass die Patientinnen die zahlreichen negati­ven Interaktionserlebnisse mit der Mutter „ausmustern“: „Das Leben als ganzes kann dann nur als Ansammlung unzusammenhängender Scherben erlebt werden“ (GNEIST 1995, S. 41).

Im Weiteren ist denkbar, dass sich der Aufbau generalisierter Interaktionsrepräsentan­zen26 äußerst problematisch gestalten wird: Positive gemeinsame Erlebnisse werden aufgrund ihrer Seltenheit nur schwerlich zu speichern sein, da Erfahrungen sich nur dann verfestigen können und verinnerlicht werden, wenn sie wiederholt stattfinden („Prinzip der Häufigkeit des Gebrauchs“, VAN DER KOLK 1998, S. 50). Dass ein Kind dann dazu neigt, die wenigen glücklichen interaktiven Momente zu idealisieren und die­sen Mechanismus bis ins Erwachsenenalter beibehält, liegt nahe. Die Aufspaltung von Personen in „nur gute“ oder „nur schlechte“, so charakteristisch für die BPS, beinhaltet vermutlich eine Schutzfunktion, die verhindern soll, dass das mangels positiver Erfah­rungen in Mitleidenschaft gezogene Selbst gänzlich von negativ Erlebtem und daraus entstehenden Repräsentanzen absorbiert wird. Der Versuch einer Aufrechterhaltung von Objektrepräsentanzen durch trennende Polarisierungen dürfte für Menschen mit BPS den Vorteil bedeuten, dass das Positive nicht vom Negativen zerstört wird (vgl. MENTZOS 1982, S. 199) oder anders gesagt: Sie können es sich nicht leisten, gute und schlechte Erfahrungen integrativ zu internalisieren, weil das Negative quantitativ wie qualitativ in so übersteigertem Maße überwiegt, dass dies eine endgültige Auslöschung des Positiven zur Folge haben würde. Allerdings beinhaltet eine solche Trennung wie­derum den Nachteil eines inkohärenten Selbsterlebens.

Vorwiegend negative Affektlagen seitens der Mutter wirken sich, wie zu erwarten ist, auch unmittelbar und direkt auf die Affektlagen des Kindes aus: DORNES zitiert Unter­suchungen, welche ergaben, dass z.B. „mißbrauchte“27 kleine Kinder wesentlich öfter negative Affekte wie Ärger, Traurigkeit oder Angst und deutlich weniger positive Affekte zeigen als „nicht-mißbrauchte“. Ferner sind negative Affektausdrücke in der Entwicklung von „mißbrauchten“ Kindern sehr viel früher zu beobachten. Bei nicht misshandelten, je­doch sog. „vernachlässigten“ Kindern wurde festgestellt, dass „der Ausdruck positiver wie negativer Affekte verarmt“ war und sich die Gesichter großenteils „affektlos“ darstell­ten (DORNES 1993, S. 145 f.).

1.3.3.2.2 Containment negativer Affekte und Mentalisierung

In .. einer Situation, in der sich ein Kind in einen (sic) stark negativen Affektzustand be­findet, Angst und Verzweiflung signalisiert, ist es dringend auf die emotionale Unterstüt­zung einer Bindungsperson angewiesen, um mit deren Hilfe die negativen Affekte zu re­gulieren und das innere Gleichgewicht wiederzugewinnen (HÉDERVÁRI-HELLER 2000, S. 35).

Um eine Modulation und Regulation solch negativer Affektlagen durch die primäre Be­zugsperson geht es im „Containment'-Konzept von BION, welches besagt, dass die Mutter die kindlichen Affekte wie ein psychischer Behälter („container“) in sich aufnimmt und sie metabolisiert zurückgibt (BION 1962 nach FONAGY & TARGET 2001). Sie weiß die psychisch bedrohlichen und physiologisch unangenehmen affektiven Empfindungen, welche das Kind beunruhigen und verwirren, da es diese Reizüberflutung noch nicht einzuordnen vermag, „nicht nur zu verstehen und zu beantworten, sondern vor allem so zu modulieren, dass sie für das Kind erträglicher werden“ (DAUDERT 2001, S. 53). Mit­tels erfolgreichen Containments werden negative Zustände in eine „denk- und dialogfä­hige“ und damit geordnete Form gebracht bzw. die Erfahrungen des Kindes „organi­siert“: „Es weiß nun, was es fühlt“ (ebd., S.53 ff.). FONAGY erachtet als besonders be­deutsam, dass die Mutter dem Kind „gleichzeitig ihre erwachsene Beherrschung“ des für das Kind bedrohlich anmutenden Affektzustands signalisiert: „Über das Spiegeln hinaus impliziert ihre Reaktion also die Fähigkeit, mit der Verstörung umzugehen, statt sich da­von überwältigen zu lassen“ (FONAGY 1998, S. 358 f.). Dem Kind wird dadurch nicht nur eine Reintrojektion eines durch das Containment veränderten Affektzustandes er­möglicht, sondern darüber hinaus auch eine parallel dazu erfolgende Introjektion eines Objekts, welches über die Stärke verfügt, unangenehme Affekte aufzubewahren und zu bewältigen (SEGAL 1975 nach HINSHELWOOD 1993, S. 353 f.). Laut SEGAL fußt die Entwicklung „psychischer Stabilität“ auf diesen Container-Contained-Prozessen. Miss­lingt der Mutter diese Regulation, z.B. indem sie sich von den Gefühlen des Kindes überfordert fühlt und diese nicht auszuhalten vermag, wird das Kind dazu genötigt, eine noch größere Angst zu reintrojizieren, als die, die es ursprünglich mitteilte (vgl. ebd.).

Vor dem Hintergrund einer präsenten zuverlässigen und Sicherheit spendenden Be­zugsperson, welche die Affekte des Kindes ausreichend aufzufangen und entsprechend moduliert zurückzugeben weiß, kann ein Kind auch lernen, unangenehme Empfindun­gen im Allgemeinen, wie etwa zeitlich verzögerte Bedürfnisbefriedigungen, allmählich leichter zu ertragen, da regelhaft die kontingente Erfahrung gemacht wird, dass Entsa­gungen nur vorübergehenden Charakter besitzen und sehr bald beendet werden. Da­durch wird die Fähigkeit erworben, Affektspannungen und auch körperliches Unwohlsein zu tolerieren. Kinder, die solche Erfahrungen entbehren müssen, dürften sich mit Frust­rationen deshalb schwer arrangieren können, da nicht genügend Gewissheit darüber besteht, ob die Bezugsperson dem eigenen Unwohlsein wohl ein Ende bereiten wird. Es kommt zu einer häufigen affektiven Überlastung und zu verwirrenden und fragmentierten Selbst- und Objektempfindungen (vgl. DORNES 1993, S. 99). Die eingeschränkte Frustrations- und Ambivalenztoleranz bei BPS könnte demnach aus der Erfahrung einer wenig verfügbaren und unzuverlässigen Mutter resultieren.

Borderline-Patientinnen fehlt es neben dieser Toleranz zudem an Mitteln, sich selbst ohne fremde Unterstützung regulieren und damit beruhigen zu können. Dies betrifft vor allem die Situation des Alleinseins. Es ist ihnen nicht möglich, das Containment für sich selbst zu übernehmen, weil sie nicht wissen können, wie dies überhaupt funktioniert, da die primäre Bezugsperson ihnen bei der Regulation ihrer Verfassungen nur unzurei­chend behilflich war28. Stattdessen wurde wiederholt erlebt, dass man mit konsternie­renden Affekten alleingelassen wurde; dass Personen mit BPS sich häufig in Zuständen hoher Erregung und Bedrohung empfinden, kann daher, in Anbetracht ihres Erfahrungs­hintergrunds, kaum verwundern.

Die Labilität des Selbstgefühls und die Heftigkeit der Triebe und Affekte, so charakteris­tisch für das klinische Bild von narzißtischen und Borderline-Patienten, sind die Folge ei­nes auf mangelhaft regulierenden Objektbeziehungen beruhenden pathologischen Ich- Selbst-Systems und einer daraus resultierenden Unfähigkeit, Triebe und Affekte als dy­namisch zu empfinden, und dennoch sicher zu integrieren und zu genießen. Triebe und Affekte werden als bedrohlich empfunden, obwohl sie es „von Natur“ aus nicht sein müs­sen (DORNES 1993, S. 73).

Da gerade negative Affektlagen an eine erhöhte, körperlich spürbare Erregung gekop­pelt sind, impliziert ein mangelndes Containment nicht nur, dass ein Kind auf seinen Af­fekten „sitzen gelassen“ wird, sondern auch, dass es hinsichtlich des körperlichen Erle­bens mit einem bedrohlichen Zustand konfrontiert wird, den es, im Gegensatz zum Er­wachsenen, nicht mit seinen Affekten in Verbindung bringen kann. FREUD betonte, dass das entstehende Ich vor allem ein körperliches ist (FREUD 1923, S. 182); unzurei­chendes Containment, reduzierter Kontakt zum Körper des Babys und schlimmstenfalls auch Gewalterfahrungen dürften mit daran beteiligt sein, dass das Körperbild von Bor- derline-Patientinnen vielfach gestört ist und Affekte im Körperbereich verharren, ohne sozialisiert zu werden.

Die repetitive Erfahrung von Containment verhilft im Weiteren, den kindlichen Irrglauben zu überwinden, dass psychische Realität immer auch der äußeren Realität entspricht; das Kind wird lernen, dass äußere Realität relativ ist, sie nicht immer das ist, was sie zu sein scheint. Aus diesen Erfahrungen resultiert die Fähigkeit, die von FONAGY & TARGET (2001) „mit der Realität spielen“ genannt wird.

Den meisten Menschen mit BPS bereiten solche flexiblen Konstruktionen der Wirklich­keit insofern Probleme, als äußere und innere Realität einander identisch erscheinen, also dass ein „Funktionsmodus“ bzw. eine Wahrnehmung von „psychischer Äquivalenz“ vorherrscht und damit ein „kindliches Verständnis“ beibehalten wurde und eine mit ihm einhergehende Überbewertung mentaler Zustände, die als „zu real“ empfunden werden (FONAGY & TARGET 2001). Beide „Realitäten“ gewinnen damit an Bedrohung. Es handelt sich um einen „Wechselprozeß, der gleichzeitig in beide Richtungen verläuft“ (ebd., S. 963); dies bedeutet, dass ein Kind wie auch einige Erwachsene mit BPS davon überzeugt sind, dass jeder „Gedanke sich zwangsläufig materialisiert bzw. realisiert“ und auf der anderen Seite die „omnipotente“ Einstellung vertreten wird, dass man „alles Rea­le auch weiß“ (ebd., S. 964).

Deshalb müssen sich Personen mit Borderlinestruktur mental so erleben, als sei jeder Gedanke zu erschreckend, um gedacht zu werden, und jedes Gefühl zu intensiv, um es zu spüren (FONAGY & TARGET 2001, S. 962).

Dass Borderline-Patientinnen nicht „mit der Realität spielen“ können und der Modus der psychischen Äquivalenz überwiegt, ist z.B. auch daran zu erkennen, dass viele von ih­nen oftmals nur eine Wahrheit, nämlich die jeweils augenblickliche Wahrnehmung des äußeren bzw. inneren Zustandes, ertragen können und ihre Toleranz von Ambivalen­zen, also mehreren nebeneinander existierenden widersprüchlichen Aspekten, an sich selbst wie auch an anderen, als äußerst gering einzustufen ist:

Aus dem breiten Spektrum möglicher Erfahrungen wird nur ein Bruchteil wahrgenommen und gefühlt mit der Folge, dass die Wahrnehmung des Selbst fragmentiert erscheint (FONAGY & TARGET 2001, S. 972).

Diese in Mitleidenschaft gezogene Ambivalenztoleranz könnte zudem auch mit dem in­kohärenten fragmentierten Selbstbild in Zusammenhang stehen, welches offenbar schon genügend Widersprüchliches und Disharmonisches in sich birgt und darum nicht noch weiter angereichert werden darf.

Laut FONAGY & TARGET liegt in dem Funktionsmodus der psychischen Äquivalenz und der mit ihr zusammenhängenden bedrohlich erlebten Verfassung eine der Begrün­dungen, warum Borderline-Patientinnen Schwierigkeiten damit haben, zu mentalisie- ren29, d.h. „in sich selbst und in anderen Gedanken und Gefühle wahrzunehmen und zu erkennen, daß diese mit der äußeren Realität in Verbindung stehen“ (ebd. 2001, S. 963). Diese Schwierigkeit ergibt sich vor allem in ausgeprägten Stresssituationen, in de­nen „die Patientinnen ... ,Gefühlswirrwarr’ oder zeitgleich sehr unterschiedliche, wider­sprüchliche Gefühle“ sowie „starke aversive Spannungszustände“ empfinden.

[...]


1 Die betreffende Person ist transsexuell, d.h. biologisch ursprünglich weiblichen Geschlechts mit männlicher Identität. Bei der Darstellung und Diskussion der Anamnese werde ich mich auf eine weibliche Person („Alexa“) beziehen, an­sonsten - bei gegenwärtigen Betrachtungen - auf eine männliche („Alexander“).

2 Der Begriff wurde bereits in der Antike verwendet: Da ausschließlich Frauen von der Erkrankung betroffen zu sein schienen, nahm man als Ursache eine Fehlfunktion der Gebärmutter (griech. Hystéra) an.

3 Aus eben diesem Grund wird in dieser Arbeit von nun an - der Einfachheit und besseren Lesbarkeit halber - die weibliche Geschlechtsform benutzt. Mit derjeweiligen Formulierung sind Männerebenso gemeint.

4 US-amerikanisches diagnostisches und statistisches Manual psychischer Störungen, IV. Version.

5 Unter Paranoia versteht man Beziehungs-, Eifersuchts- oder Verfolgungswahn.

6 „Die Dissoziation ... wird als ein komplexer psychophysiologischer Prozeß bezeichnet, bei dem es zu einer teilwei­sen odervölligen Desintegration psychischer Funktionen wie der Erinnerung ..., des Identitätsbewußtseins, der unmit­telbaren Empfindungen, der Wahrnehmung des Selbst und der Umgebung kommt.“ Dissoziation entspricht demnach einer Bewusstseinsstörung, die sich verschiedenartig äußern kann, bspw. als dissoziative Amnesie (Gedächtnislü­cken, fehlende Erinnerung), Fugue (Fluchtverhalten), dissoziative Identitätsstörung (früher: Multiple Persönlichkeits­störung: Vorhandensein von mehreren Identitäten in einer Person), Depersonalisation (Gefühl der Fremdheit bzw. des Abgetrenntseins vom psychischen und/ oder körperlichen Erleben) oder auch als dissoziativer Stupor (Erstarrung) 7ECKHARDT-HENN & HOFFMANN 2000, S. 258 f.).

7 Der Begriff „Komorbidität“ meint das „gleichzeitige Vorhandensein an sich verschiedener Krankheitszustände“ 8PETERS 1997, S. 94).

8 Bei einer posttraumatischen Belastungsstörung „kommt es zu einem willentlich nicht beeinflußbaren wiederholten Durchleben eines Traumas in Gedanken, in plastischen Bildern oder sogar in Handlungen. Solche Patienten können körperlich keine Ruhe finden (Hyperarousal: übermäßige Erregung)“ (VAN DER KOLK 1998, S. 33). Die ständig ho­hen Erregungszustände sind ferner assoziiert mit intensiven Angstgefühlen, Empfinden von ohnmächtiger Hilflosig­keit, Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten, Reizbarkeit, Wutausbrüchen, Hypervigilanz, „übertriebenen Schreckreaktionen“ und psychosomatischen Beschwerden. Diese Beeinträchtigungen haben zudem störende Auswir­kungen aufden zwischenmenschlichen wie auch beruflichen Bereich (vgl. FRÖHLICH 1998, S. 317).

9 Prävalenz bedeutet die zu einem Zeitpunkt bestehende Anzahl der von einer bestimmten Krankheit Betroffenen (vgl. PETERS 1997, S. 397).

10 Der Begriff „Misshandlung“ umfasst zumeist nicht nur physische Misshandlungen, sondern auch emotionale, „wie z.B. ständiges Kritisieren des Kindes, Drohen, Verächtlichmachen, Einsperren in einen dunklen Raum etc.“ (DORNES 2000, S. 70 f.).

11 „Vernachlässigung“ meint eine „deutliche und dauerhafte Vernachlässigung der grundlegenden körperlichen und seelischen Bedürfnisse des Kindes nach Nahrung, Sauberkeit, bedarfsgerechter medizinischer Versorgung und affek­tiver Kommunikation“ (DORNES 2000, S. 70).

12 Ein Trauma bedeutet ein „Ereignis im Leben des Subjekts, das definiert wird durch seine Intensität, die Unfähigkeit des Subjekts, adäquat darauf zu antworten, die Erschütterung und die dauerhaften pathogenen Wirkungen, die es in der psychischen Organisation hervorruft. Ökonomisch ausgedrückt, ist das Trauma gekennzeichnet durch ein Anflu­ten von Reizen, die im Vergleich mit der Toleranz des Subjekts und seiner Fähigkeit, diese Reize psychisch zu be- meistern und zu bearbeiten, exzessiv sind“ (LAPLANCHE & PONTALIS 1972, S. 513).

13 Folgt man den Angaben von RUIZ-SANCHO & GUNDERSON, beläuft sich der Anteil der nicht-traumatisierten Borderline-Erkrankten aufimmerhin 20-40 % (vgl. ebd. 2000, S. 780).

14 Serotonin ist u.a. im ZNS vorhanden und gehört zur Gruppe der Neurotransmitter. Dem serotonergen System kommt eine „integrative und überwachende Funktion“ zu, wie bspw. „Schutz des Individuums vor irritierenden, selbst- und fremdgefährdenden Stimuli“, „Anpassung grundlegender zerebraler Funktionen an Tagesschwankungen“ und „Streßadaption des Organismus“ (OIdTmANN 1999, S. 30).

15 Die Amygdala (Mandelkern) besitzt eine aktivierende Funktion und entscheidet darüber, ob eine „Information eine emotionale Wertigkeit hat“ (gOlEMAN 1995, S. 41).

16 Der Hippocampus spielt eine zentrale Rolle bei der Transformation neu aufgenommener Erfahrungen in narrative Erinnerungen. Eine Reizverarbeitung auf symbolischer Ebene wird als unerlässlich angesehen, um neue Erlebnisse adäquat einordnen und mit vorhandenen Erfahrungen in Beziehung setzen zu können (vgl. VAN DER KOLK et al. 1998, S. 77).

17 Die Hauptaufgabe des limbischen Systems besteht in der Steuerung und Organisation von Emotionen und Motivationen.

18 Die Intensität der posttraumatisch belastenden Symptome war „direkt proportional zum Ausmaß der Reduktion des Hippocampusvolumens“ (VAN DER KOLK et al. 1998, S. 69).

19 Mit der Bezeichnung „Mutter“ ist im Rahmen dieser Arbeit stets die primäre Bezugsperson gemeint.

20 STERN spricht von „Affektabstimmung“. Durch sie begreift das Kind, welche inneren Zustände teilbar und mitteilbar sind und welche man besserfürsich behält (vgl. STERN 1992).

21 Auch im Erwachsenenalter stehen Affekte in engem Zusammenhang mit Objektbeziehungen, d.h. mit dem Subjekt, dem Objekt und den Interaktionen beider. Affekte sind demnach propositionell strukturiert, also darauf ausgerichtet, eine Interaktion einzuleiten. „Negative Affekte sind Wünsche nach veränderter Objektbeziehung, positive nach der Fortführung einer gerade bestehenden“ (KRAUSE 1988, S. 80).

22 Narzisstisch zu sein ist entgegen der im alltagssprachlichen Gebrauch vorrangig pejorativen Konnotation keinesfalls eine pathologische Entität per se, sondern eine Eigenschaft, die sich positiv auf die Entstehung und Beibehaltung des Selbstwertgefühls auswirkt und daher einen für die gesunde psychische Entwicklung unentbehrlichen Faktor darstellt. Narzissmus ist damit als Vorstufe des Selbstwertempfindens zu begreifen.

23 Nahestehende Personen werden dann Selbstobjekte genannt, wenn sie am eigenen Selbstwerterleben, also an der Regulation dessen, großen Anteil haben. Nicht nur Eltern repräsentieren für ihre Kinder Selbstobjekte, sondern auch umgekehrt.

24 Es handelt sich hierbei um wiederholte und sehr häufige Reaktionsmuster und nicht um gelegentliche Fehlabstimmungen, wie sie in jederfrühen Dyade vorkommen dürften.

25 Die Säuglingsforschung konnte aufzeigen, dass schon drei Monate alte Säuglinge in der Lage sind, mütterliche af­fektive Inkongruenzen wahrzunehmen und im Falle einer erstarrten Mimik mit verschiedenen Anstrengungen versu­chen, die Mutter zu einer Reaktion zu bewegen, z.B. durch Änderungen im eigenen mimischen und gestischen Ver­halten, Vokalisieren und aktives Suchen nach Blickkontakt (vgl. DORNES 1993, S. 52 f.). Auf die Erfolglosigkeit ihrer Bemühungen reagieren Babys mitVerzweiflung, Weinen und resignativem Rückzug (vgl. STERN 1992, S. 214).

26 Durch das Erleben des Selbst mit der signifikanten Anderen („self-with-other“) bilden sich innere Repräsentanzen. Es handelt sich dabei jedoch noch nicht um eine Internalisierung einzelner Selbst- bzw. Objektbilder, sondern viel­mehr um eine nicht-symbolische Abspeicherung von Empfindungen, die mit den „interaktiven Regulierungsprozessen“ und der Primärbeziehung erlebt werden, bzw. um die Verinnerlichung der Beziehung selbst (DORNES 1993, S. 65). Die wiederholte Erfahrung der immer ähnlich gearteten Reaktionen der Mutter auf das Vorhandensein und Verhalten des Kindes sowie die Übernahme der mütterlichen Wahrnehmung ins Selbstbild kreieren diese sog. RIGs („Represen­tations of Interactions that have been Generalized”, STERN 1992), welche allmählich auch Erwartungshaltungen an die Außenwelt entstehen lassen, also Vermutungen darüber, wie die Mutter und später auch andere Personen das ei­gene Selbst wohl wahrnehmen werden.

27 Der Begriff „sexueller Missbrauch“ wird inzwischen kritisiert, weil er suggeriert, dass es, im Gegenzug zum Miss­brauch, einen kindgerechten „Gebrauch“ gäbe. Da dem Wort „Gebrauch“ jedoch eine instrumentelle Konnotation an­haftet, ist die o.g. Formulierung entwertend, menschenunwürdig und damit moralisch deplatziert. Die Begriffssubstitu­tion wird erst seit kurzer Zeit vorgenommen und ist demzufolge in der Literatur mehrheitlich nicht zugegen.

28 Es sei denn, dass es neben der Mutter noch eine oder mehrere andere nahe Bezugspersonen gab, welchen die Vermittlung von Container-Contained-Erfahrungen gelang.

29 Die Begriffe „Mentalisierung“, „Metakognition“, „reflexive Funktion“, „Selbstreflexivität“ und „Theory of Mind“ (Theorie über seelische Abläufe) sind als Synonyme zu verstehen (vgl. DAUDERT 2001, S. 51). Alle Konstrukte beinhalten die These, dass man sowohl die eigene Person als auch andere Personen als intentionale Wesen begreift, welche mentale Befindlichkeiten wie etwa Emotionen, Gedanken, Wünsche, Absichten oder Überzeugungen wahrnehmen, differenzieren, verstehen, benennen und mitteilen können. Die Fähigkeit, mentalisieren zu können, gilt als Voraussetzung fürdie Entwicklung von Einfühlungsvermögen (Empathie) (vgl. SCHLEIFFER2001, S. 59).

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Detalles

Título
Offenes selbstverletzendes Verhalten bei Borderline-Persönlichkeitsstörung
Universidad
University of Cologne  (Heilpädagogische Fakultät)
Curso
Psychiatrie und Psychotherapie in der Heilpädagogik
Calificación
1,3 (sehr gut minus)
Autor
Año
2003
Páginas
113
No. de catálogo
V191498
ISBN (Ebook)
9783656164371
ISBN (Libro)
9783656164265
Tamaño de fichero
1407 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Borderline, Selbstverletzung, selbstverletzend, Bindungstheorie, Affekt, Funktion, Borderline-Persönlichkeitsstörung, Fallbeispiel
Citar trabajo
Andrea Houy (Autor), 2003, Offenes selbstverletzendes Verhalten bei Borderline-Persönlichkeitsstörung, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/191498

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