Die politischen Ideen und das politische Denken der Autoren der 'Federalist Papers'


Trabajo de Seminario, 2003

28 Páginas, Calificación: 1,0


Extracto


Gliederung

1. Einleitung
1.1 Gegenstand der Untersuchung
1.2 Politischer Hintergrund und die Entstehung der ‚ Federalist Papers’

2. Die staatstheoretisch – historischen Grundlagen der ‚ Federalists
2.1. Das Problem des Mehrheitsprinzips (‚ majority rule’) und der daraus resultierenden ‚ factions’
2.1.1 bei Locke
2.1.2 bei den ‚ Federalists’
2.2 Locke
2.2.1 Naturzustand und Treuhandverhältnis bei Locke
2.2.2 Der Einfluss von Locke auf die amerikanische Revolution
2.2.3 Der Einfluss von Locke auf den ‚ Federalist’
2.2.4 Unterschiede und Gemeinsamkeiten mit Hobbes
2.3 Hume

3. Die Auseinandersetzung um eine zukünftige verfassungsmäßige Ordnung
3.1 Einleitung
3.2 Republik und Föderalismus
3.3 Republik und Schutz vor dem Staat durch Gewaltenteilung
3.3.1 Die Legislative
3.3.1.1 Der Senat
3.3.1.1.1 Der Senat im System der Gewaltentrennung
3.3.1.1.2 Der Senat als Standesvertretung des Besitz- und Großbürgertums?
3.3.1.2 Das Repräsentantenhaus
3.3.1.2.1 Das Repräsentantenhaus im System der Gewaltenteilung
3.3.1.2.2 Der Repräsentantenhaus als Standesvertretung des Besitz- und Großbürgertums?
3.3.2 Die Exekutive
3.2.1 Der Präsident
3.3.2.2 Die Bundesregierung
3.3.2.2 Das Militär
3.3.3 Die Judikative
3.3.4 Das System der ‚ checks and balances
3.3.5 Die Bedenken der ‚ Anti-Federalists ‚’
3.4. Republik als repräsentative Demokratie und neuer Staatstyp

4. Wirtschaftliche Aspekte der ‚Federalists Papers’

5. Schluss

Literaturverzeichnis

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Text

1. Einleitung

1.1 Gegenstand der Untersuchung

Gegenstand dieser Arbeit sollen die politischen Ideen und die politische Theorie der Autoren der ‚ Federalist Papers’ [i] sein. In dieser Arbeit sollen deren Vorstellungen von einem zukünftigen amerikanischen Staatswesen, dessen spezifisch amerikanische Institutionalisierung, die Diskussion über einen demokratisch oder republikanisch regierten Bundesstaat und die staatsphilosophisch-historischen Grundlagen dieser staatsbildenden Vorstellungen und Ideen dargestellt werden, insbesondere auch deren Wurzeln, die schon bei John Locke, Thomas Hobbes und David Hume in der englischen und schottischen Aufklärung des 17. und frühen 18. Jahrhunderts zu finden sind, und die Gegensätze und Gemeinsamkeiten dieser europäischen Staatstheoretiker mit den ‚ Federalist’

soweit dies im Rahmen dieser Arbeit möglich ist.

1.2 Politischer Hintergrund und die Entstehung der ‚ Federalist Papers’

Bei den ‚ Federalist Papers’ oder auch ‚ Federalist’ -Artikel handelt es sich um fünfundachtzig anonym zum ersten Mal in New Yorker Zeitungen[ii] als Gruppe von jeweils zwei oder vier[iii] von Oktober 1787 bis Mai 1788 veröffentlichte Essays, die sich während der Ratifizierungsdebatte in Briefform an die amerikanische Bevölkerung wandten und die den Entwurf einer zukünftigen Bundesverfassung für die USA kommentierten und dessen Ratifizierung durch eine Bundesversammlung forderten[iv]. Sie wurden 1788 auch in Buchform[v] veröffentlicht und stellen die Vorstellungen von einer Regierung in Zeiten des Friedens und der Sicherheit dar[vi]. Ihre dauerhafte historische Bedeutung erlangten diese ‚ Federalist Papers’ dadurch, dass sie umfassender als andere Texte aus dieser Zeit die politischen Ideen darstellten, die der spezifisch amerikanischen Institutionalisierung eines zukünftigen Bundesstaates zugrunde lagen. Sie sind vor dem Hintergrund der ‚ Articles of Confederation’ von 1777 zu sehen, die bis 1781 von allen dreizehn ehemaligen Kolonialstaaten ratifiziert worden waren und aus der Sicht der ‚ Federalist’ ausreichend genug für die Organisation eines zukünftigen Staatengebildes waren. Die ‚ Federalists’ sollten v. a. auch verschiedene Vorschläge dazu machen, diese ‚ Articles’ zu verbessern. Sie wollten dem Kongress mehr Macht zur Regulierung der Steuern geben und auch mehr Kontrolle über den Binnen- und den Außenhandel[vii]. Sie waren auch die ersten, die im Namen des ganzen Volkes der Vereinigten Staaten von Amerika sprechen konnten[viii]. Wie Diamond[ix] feststellt, waren sie an drei verschiedene Zielgruppen gerichtet: das Volk des Staates New York, die Delegierten des Ratifizierungskonvents für die neue Bundesverfassung, und die Nachwelt. Sie dienten in erster Linie dazu, die Union der Vereinigten Staaten von Amerika zu vervollkommnen[x] und wurden unter dem römischen Pseudonym ‚ Publius’[xi] dreimal in der Woche veröffentlicht[xii]. 51 dieser Artikel sind von dem New Yorker Anwalt Alexander Hamilton[xiii] (1755-1804), dem ersten Finanzminister der Vereinigten Staaten von Amerika unter George Washington geschrieben worden, 26 von dem virginischen Pflanzer James Madison[xiv] (1751-1836), dem dritten Präsidenten der USA (1809-1817) und nur fünf von dem erkrankten[xv] John Jay[xvi] (1745-1829), dem späteren Gouverneur des Staates New York und Hauptmitverfasser der Verfassung dieses Staates[xvii]. Die Artikel achtzehn bis zwanzig wurden von Madison und Hamilton zusammen geschrieben. Hamilton war es auch, der in vier Zeitungsessays unter dem Pseudonym ‚ The Continentalist’ vor der Auflösung der Konföderation warnte. New York wurde von ihm zur Veröffentlichung der ‚ Federalist Papers’ zum einen sicherlich überwiegend wegen seiner Größe gewählt, zum anderen deswegen, weil der damalige Gouverneur des wachsenden Staates New York, George Clinton, gegen die Konstituierung einer neuen amerikanischen Verfassung war, da zu diesem Zeitpunkt noch die ‚ Articles of Confederation’ 1777 existierten, die seit ihrer endgültigen Ratifizierung durch alle ehemaligen Kolonialstaaten 1781 eine Basis für eine zukünftige Bundesregierung[xviii] waren und er auch Angst gehabt haben dürfte, dass dieser Staat als Teilstaat eines neuen amerikanischen Bundesstaates an Macht verlieren könnte[xix]. Ihren größten Rückhalt hatten die ‚ Federalist’ in den Küstenregionen und Städten, während ihre Gegner, die ‚ Anti-Federalists’, ihre Hochburgen bei den Farmern im agrarischen Hinterland erhielten[xx].

2. Die staatstheoretisch – historischen Grundlagen der ‚ Federalists’

2.1 Das Problem des Mehrheitsprinzips (‚majority rule’) und der daraus resultierenden ‚factions’

Wenn man von einem Naturzustand ausgeht, wie man ihn sich zur Zeit von Hobbes und Locke in England vorgestellt hat, dann stellt sich ein großes Problem bezüglich der Legitimation von Macht beim Souverän, dem Monarchen. Aus der Sicht von Hobbes und Locke herrschte der Fürst mehr u. a. aufgrund seiner Zusammenarbeit mit den Reichen als mit den Armen, was sich damit begründen lässt, dass ein Monarch dann reich und mächtig ist, wenn eine große Gruppe von Menschen Teilhabe an dem Reichtum hat und andere fast überhaupt keine. Dies begünstigt aus der Sicht der ‚ Federalists’ die Bildung von aufständischen Gruppen, sog. ‚ factions’ [xxi], die sich gegen den Souverän erheben. Mit diesen dadurch entstehenden ‚ majority factions’ meinen die ‚ Federalists’ eine tyrannische oder ungerechte Mehrheit von „Bürgern“, nicht nur von Gesetzgebern oder gewählten Beamten[xxii].

2.1.1 bei Locke

Locke versuchte dieses Problem der Macht des Souveräns durch eine sog. ‚ majority rule’ zu lösen. Bei dieser ‚ majority’, von der Locke ausgeht, handelt es sich nicht um eine Mehrheit im Sinne einer Anzahl von Menschen, sondern um eine Mehrheit im Sinne von Reichtum und Besitz[xxiii]. Diese ‚ majority’ geht aber das Risiko ein, dass sich diejenigen, die nicht zu dieser ‚ majority’ des Besitzes und des Reichtums gehören, zu aufständischen Gruppen, sog. ‚ factions’, zusammenschließen und sich gegen sie wenden. Diese von Locke vorgeschlagene Lösung führt jedes politische System, das sich einer solchen Ordnung unterwirft, wieder in den Urzustand zurück, dadurch dass es die Bildung solcher Gruppen hervorruft.

2.1.2 bei den ‚Federalists’

Gerade den ‚ Federalists’ war bei ihrer Auseinandersetzung mit diesen ‚ majority factions’ die gewaltsame Niederschlagung der sog. ‚ Shays` Rebellion’ [xxiv] im westlichen Massachusetts von Januar 1787 vor Augen gewesen[xxv]: Schon während der Unabhängigkeitskrieges hatten viele Amerikaner Schuldverschreibungen (Bonds) des ‚ Continental Congress’ erworben, um die Aufgaben der Kontinentalkongresses und die amerikanische Rüstung zu unterstützen. Wegen finanziellen Schwierigkeiten und der schlechten Zahlungsmoral der Einzelstaaten war es dem Kontinentalkongress ab 1785 jedoch nicht mehr möglich, den Zinsverpflichtungen aus seinen Bonds an seine Gläubiger nachzukommen, wodurch es zu einer Geldmengenverringerung in den einzelnen Staaten kam[xxvi]. Diese Geldmengenverringerung wurde durch die Handelspolitik der Engländer nach 1776 noch verstärkt, die den amerikanischen Markt mit verbilligten Textilien und Fertigwaren regelrecht überschwemmten[xxvii]. Einige Staaten begannen nun nach dem Sieg über England, diese Bonds von ihren Bürgern wieder zurückzukaufen, um sie bei einer zukünftigen Bundesregierung, einzulösen. Da die Staatsregierung von Massachusetts im Gegensatz zu den anderen diese Bonds nicht gegen Geld von ihren Bürgern erwarb, gerieten gerade die Bauern und Kleinfarmer in Zahlungsverzug gegenüber ihren Gläubigern. Dies veranlasste die Bürger dazu, vor Kreisgerichten unter der Führung des ehemaligen Hauptmanns der Kontinentalarmee Daniel Shays, bewaffnete Sperren und Barrikaden zu errichten, um damit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen sie selbst zu verhindern und derartige Gerichtsbeschlüsse gar nicht erst zustande kommen zu lassen[xxviii]. Dieser Aufstand wurde jedoch im Januar 1787 durch Truppen des Staates Massachusetts mit Unterstützung des Bostoner Besitzbürgertums niedergeschlagen[xxix]. Erst unter Hamilton als Finanzminister der USA wurden diese Bonds schließlich in neue Bonds mit neuen Nennwerten umgetauscht[xxx]. Dieser Aufstand von Farmern, der sich nur drei Monate vor der Versammlung von Philadelphia ereignete, dürfte die Debatte über einen Schutz vor ‚ factions’ im Innern einen neuen Anstoß gegeben haben. Auch die Tatsache, dass erst die Untätigkeit der Regierung von Massachusetts[xxxi] , dazu geführt hat, dass die Farmer um Daniel Shays sich ungerecht behandelt fühlten und dadurch erst die Rebellion ausgelöst worden ist, hat die ‚ Federalists’ bei der Ausarbeitung ihrer Essays beeinflusst. Schon 1760 stellte der Gouverneur von Massachusetts fest, dass eine ‚ faction’ eine Verschwörung gegen die Zollverwaltung organisiert habe, was 1768 zu der Versammlung von Massachusetts führte, die sogar Beschlüsse des britischen ‚ House of Lords’ erreichte[xxxii]. Für Madison dagegen ist eine solche ‚ faction’ eine Gruppe von Bürgern, die sich unter dem Antrieb von Leidenschaften oder Interessen zusammenschließen und im Gegensatz zu den allgemeinen Interessen der Gemeinschaft stehen[xxxiii]. Er warnt in 10. Brief auch gerade vor denjenigen von Parteiinteressen getriebenen Männern, die zunächst durch Intrigen und durch Bestechung Wählerstimmen für sich gewinnen und dann die Interessen des Volkes verraten[xxxiv]. Als ein von einer republikanischen Regierung getragenes Mittel gegen dieses Übel der ‚ factions’ nennt er eine Ausdehnung (‚extended republic’) und sinnvolle Gliederung der Union[xxxv], da eine geographische Ausdehnung und damit verbundene Erweiterung der Interessengruppen es einer gemeinwohlgefährlichen Gruppe unmöglich machen würde, die Herrschaft an sich zu nehmen[xxxvi]. Hauptursache dieser ‚ factions’ nach seiner Meinung ist die vielfältige und ungleiche Verteilung des Eigentums [xxxvii] wodurch es zu einer „division of the society into different interests and parties” kommt [xxxviii]. Diese Stelle ist auch ein Beleg dafür, dass die ‚ Federalists’ bereits zwischen ‚ factions’ und Parteien unterschieden. Madison geht auch bewusst von der Existenz von ‚ factions’ aus, baut diese als einen Teil der amerikanische Gesellschaft in seine Vorstellung von einem zukünftigen Staatssystem ein, während Hamilton den Hauptweck der neuen Union in der Unterdrückung dieser ‚ factions’ sieht[xxxix]. Madison ging bei seinem Eintreten für das republikanische Prinzip der ‚ majority rule’ sogar soweit, dass er auf der Konferenz von Philadelphia dem später dort verabschiedeten ‚ Great Compromise’, einer Mischung aus dem New-Jersey-Plan und dem Virginia-Plan[xl], widersprach, nach dem die Legislative in ein die gesamte Bevölkerung der USA repräsentierendes ‚ house of commons’ und ein lediglich die Staaten ohne Rücksicht auf ihre Bevölkerungszahl und Ausdehnung repräsentierendes ‚ upper house’ mit Senatoren aufgeteilt w erden sollte[xli].

2.2 Locke

Gerade während der Verfassungsdebatte in Amerika war man noch der Auffassung, dass die ‚ Two Treatises of Government’ unter anderem zur Rechtfertigung einer Umwälzung, nämlich der ‚ Glorious Revolution’ in England on 1688/89 geschrieben wurden. Der Locke Forscher Laslett fand dagegen heraus, dass diese Schrift schon 1679 begonnen worden war und sich gegen die von Sir Robert Filmer in seiner Schrift ‚ Patriarcha’ vertretene Lehre vom Gottesgnadentum der Stuartkönige[xlii] und dessen Theorie, dass alle Menschen unfrei geboren seien[xliii], richtete. Gerade auch bei der Frage des Verhältnisses zwischen Regierenden und Regierten ist ein direkter Einfluss von Locke auf den Republikbegriff des ‚ Federalist’ zu erkennen.

2.2.1 Naturzustand und Treuhandverhältnis bei Locke

Bei Locke ist der Naturzustand „ein Zustand der vollkommenen Freiheit (...) und auch ein Zustand der Gleichheit, in dem alle Macht und Gerichtsbarkeit wechselseitig sind[xliv].“ In ihm leben die Menschen „gemäß der Vernunft, ohne einen gemeinsamen Oberen auf Erden, der die Autorität besitzt, zwischen ihnen zu richten[xlv].“ Nach Lockes Verfassungstheorie sollte das Volk die Regierungsgewalt erst dann wieder an sich zurücknehmen und neu vergeben, wenn die Regierenden ihre Treuhänderpflichten mit schädlichen Folgen verletzt hatten[xlvi]. Auch in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung wird von einem solchen Naturrecht im Urzustand gesprochen: „ (...) to assume among the powers of the earth the separate and equal station to which the laws of nature and of nature`s god entitle them (...) [xlvii] .” Das Treuhandverhältnis bei Locke bezieht sich gerade auf den treuhänderischen Charakter der Legislative, und untermauert damit die Position des Parlaments gegenüber der ‚ crown’ [xlviii].

[...]


[i] Auch der Federalist genannt. Seine Autoren (Hamilton, Madison und Jay) werden auch die Federalists genannt.

[ii] Es handelte sich um folgende drei Zeitungen: Daily Advertiser, Independent Journal und New York Packet. Vgl. Ermacora, Der

Föderalist, Wien, 1958, S. 17.

[iii] Diamond, in: Schambra (Hrsg.), As Far as Republican Principles Will Admit, Essays by Martin Diamond, The Federalist

1787-1788, Washington D.C., 1992, S. 37 f.

[iv] Angela Adams und Willi Paul Adams, Die Federalist Papers, Politische Theorie und Verfassungskommentar der amerikanischen

Gründerväter, München, 1994, S. xxvii..

[v] Sog. “McLean” Ausgabe.

[vi] Dietze, The Federalist, A Classic on Federalism and Free Government, Baltimore, 1965, S. 3.

[vii] Ketcham, The Anti-Federalist Papers and the Constitutional Convention Debates, New York 1986, S.10.

[viii] Pole, The Ameerican Constitution For and Against, New York, 1987, S. 19.

[ix] Diamond , Federalist, 1992, S. 37. Vgl. auch Diamond, The Federalist 1787-1788, in: Strauss et al., History of Political

Philosophy, Chicago, 1963, S. 573.

[x] Dietze, a.a.O., S. 34.

[xi] Dieses Pseudonym ist eine Anspielung einen der Gründer und Bewahrer der römischen Republik Publius Valerius Publicola,

dessen Biographie von dem griechischen Geschichtsschreiber Plutarch mit der des athenischen Staatsmannes Solon verglichen

worden ist. Vgl. Rossiter, The Federalist Papers, New York, 1999, S. x und Diamond, Federalist, 1992, S. 39.

[xii] Wills, Explaining America, The Federalist, New York, 1981, S. xii.

[xiii] Federalist Nr. 1,6-9,11-13,15-17,21-36,59-61,65-68.

[xiv] Ebd. Nr. 10,14,37-58 und wahrscheinlich auch 62,63.

[xv] Wills, in: Hamilton/Madison/Jay, The Federalist Papers, New York, 1982, Einleitung, S. ix.

[xvi] Ebd. Nr. 2-5,64.

[xvii] Rossiter, The Federalist Papers, 1. Auflage, New York, 1961, S. x.

[xviii] Ketcham, a.a.O., S. 9.

[xix] Rossiter, Federalist, 1961, S. i.

[xx] Heideking, Geschichte der USA, Tübingern, 1996, S. 73.

[xxi] Auch schon Rouseau gebrauchte die Bezeichnung „Faktion“: siehe Rousseau, Abhandlung über den Ursprung und die

Ungleichheit unter den Menschen, hrsg. v. Philipp Rippel, Stuttgart, 1998, S. 104.

Nach Steinvorth wird auch in Hobbes`s Leviathan das Problem der Faktion thematisiert: vgl. Steinvorth, Stationen der

politischen Theorie, Stuttgart, 1994, Thomas Hobbes, S. 48 f.

[xxii] Rossiter, Federalist, 1999, S. xxv.

[xxiii] Mace, Locke, Hobbes and the Federalist – An Essay On the Genesis of the American Political Heritage, Carbondale and

Edwardsville, 1979, S. 100.

[xxiv] Pole, The American Constitution For and Against, New York, 1987, S. 9 f.

[xxv] Vgl. Hamilton, in: Rossiter, 1999, Nr.21, S. 108.

[xxvi] Heideking, a.a.O., S. 62.

[xxvii] Ebd., S. 61.

[xxviii] Ebd., S. 63.

[xxix] Pole, a.a.O., S. 9 f.

[xxx] Beard, Class Conflict and the Rise of Parties, in: The Federalists vs. The Jeffersonian Republican, hrsg. von Goodman, New

York, 1977, S. 8.

[xxxi] Brief von Jay an Thomas Jefferson vom 27. Oktober 1786: „(...) A spirit of licentiousness has infected Massachusetts (…) A

reluctance to taxes, an umpatience of government, a rage for property (...) together with a desire of equality in all things, seem

to actuate the mass of those who are uneasy in their circumstances (…).”, in : Dietze, a.a.O., S. 72.

[xxxii] Bailyn, The ideological origins of the American Revolution, erweiterte Auflage, Cambridge, Massachusetts, 1992, S. 151.

[xxxiii] Madison, in: Rossiter, Federalist, 1999, Nr. 10, S. 46

[xxxiv] Ebd., S. 51.

[xxxv] Ebd., S. 51.

[xxxvi] Madison, in: Rossiter, Federalist, 1999, Nr, 51, S. 292. Vgl. auch Heidekind, a.a.O., S. 73 und Adams, Verfassung, 1973, S.

293.

[xxxvii] Ebd., S. 47; vgl. auch Beard, An Economic Interpretation of the Constitution, New Brunswick, 1998, S. 156 f.

[xxxviii] Madison, in: Rossiter, Federalist, 1999, Nr. 10, S. 46. Vgl. auch Hume, Of Parties in General, in: Charles W. Hendel

(Hrsg.), David Hume`s Political Essays, New York, 1953, S. 80.

[xxxix] Hamilton, in: Rossiter, Federalist, 1999, Nr. 9, S. 39 ff. Vgl. auch Stourzh, Alexander Hamilton and the Idea of Republican

Government, 1970, S. 113.

[xl] Ermacora, a.a.O., S. 17.

[xli] Ketcham, a.a.O., S. 11.

[xlii] Laslett, Two Treaties of Government, hrsg. von Peter Laslett, Cambridge, 1999, S. 45 f. Vgl. Voegelin (Hrsg.), Zwischen

Revolution und Restauration, Politisches Denken in England im 17. Jahrhundert, München, S. 177.

[xliii] Opitz, John Locke, in: Voegelin (Hrsg.), Zwischen Revolution und Restauration, Politisches Denken in England im 17.

Jahrhundert, München, 1968., S. 137.

[xliv] Locke, Two Treatises of Government, hrsg. von Peter Laslett, Cambridge, 1999, II, § 4, S. 269.

II = hier und in den folgenden Fussnoten: Second Treatise of Government – An Essay Concerning the True Original Extent and

End of Civil Government in der Edition von Laslett, 1999.

[xlv] Ebd., § 19, S. 280.

[xlvi] Ebd., § 225, S. 415. Vgl. auch Willi Paul Adams, Republikanische Verfassung und bürgerliche Freiheit, Die Verfassungen und

politischen Ideen der amerikanischen Revolution, Darmstadt, 1973, S. 131.

[xlvii] Wills, Inventing America, Jefferson`s Declaration of Independence, New York, 1978, S 374.

[xlviii] Opitz, a.a.O., S. 141.

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Detalles

Título
Die politischen Ideen und das politische Denken der Autoren der 'Federalist Papers'
Universidad
LMU Munich  (Geschwister-Scholl-Institut)
Calificación
1,0
Autor
Año
2003
Páginas
28
No. de catálogo
V19158
ISBN (Ebook)
9783638233408
ISBN (Libro)
9783638646024
Tamaño de fichero
530 KB
Idioma
Alemán
Notas
Der Beitrag von Alexander Hamilton, James Madison und John Jay in der Diskussion um die Ratifizierung der Bundesverfassung der Vereinigten Staaten von Amerika in den Jahren 1787 und 1788
Palabras clave
Ideen, Denken, Autoren, Federalist, Papers
Citar trabajo
Robert Tanania (Autor), 2003, Die politischen Ideen und das politische Denken der Autoren der 'Federalist Papers', Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19158

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