Weißer Herr und Schwarzer Diener


Seminararbeit, 2003

20 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


Inhaltsangabe

Einleitung

Geschichtlicher Hintergrund

Das Bild des Schwarzen in der (deutschen) Kolonialliteratur im Wandel der Zeit

Darstellung des Schwarzen in Gustav Frenssens: Peter Moors Fahrt nach Südwest: Eine Inhaltszusammenfassung

Die „schwarzen Tiere“ - die Herabsetzung des Schwarzen zum Tier

„Weiser Herr und schwarzer Diener“: der rassische Unterschied

„Der arme kleine Heidenneger“ – Missionierung und Sendebewusstsein

„Der große Haufen“ - das Bild des tapferen, listigen Schwarzen

Schlussbetrachtung

Quellen- und Literaturangabe

Einleitung

Wenn man sich mit dem Thema „deutsche Kolonialliteratur zwischen 1884 und 1945“ beschäftigt, stellt man sehr schnell zwei Dinge fest. Es ist unmöglich die Fülle an Kolonialliteratur zu sichten oder sie gar klar zu katalogisieren, bzw. kategorisieren. „Zum anderen finden sich die verschiedensten Gattungen unter diesen Texten, die neben Tagebüchern, Romanen, Liedern und Gedichten sogar ein Theaterstück beinhalten. Bemerkenswert dabei ist, dass sie von unterschiedlichsten, häufig nicht-professionellen ‘Autoren’ (Soldaten, Beamten, Missionaren, Farmern und deren Frauen) geschrieben worden sind, und selbst Texte von Autoren, die nie einen Fuß in die ehemalige deutsche Kolonie gesetzt haben, sind zu finden.“[1] Des Weiteren bedeutet es ein erheblicher Mehraufwand für dieses Thema Quellen zu finden. Ich habe festgestellt, dass Kolonialliteratur zum einen unter dem Stichwort Geschichte, zum anderen aber auch bei Germanistik und Literatur zu finden ist. Die Suche nach Büchern (also Originalquellen) aus jener Zeit und Sekundärliteratur gestaltet sich also um einiges vielschichtiger und schwieriger. Nicht nur das jede Universitätsbibliothek anders katalogisiert ist, sondern man findet kaum noch Originalquellen, da diese meist in den Händen privater Haushalte sind. Lediglich bei Antiquitäts- und Gebrauchthändlern findet man die alten Werke. Verständlich, denn nach dem „Boom“ der Kolonialliteratur in der Weimarer Republik und im Dritten Reich wurden die Bücher kaum neu aufgelegt. Trotz des „quantitativen und qualitativen Reichtum“[2] der deutschen Kolonialliteratur, was für die kurze Dauer ihrer Kolonialherrschaft überraschen mag, findet man heute kaum noch neue Ausgaben. Und auch die Wissenschaft beschäftigt sich mit diesem Thema erst seit kurzer Zeit. Es soll das Bild des Schwarzen in seiner Darstellung in Gustav Frenssens Klassiker: „Peter Moors Fahrt nach Südwest. Ein Feldzugbericht.“ dargestellt und falls möglich auch methodisch zu analysiert werden. Im Buch wird nach stereotypischen Aussagen gesucht und auf ihre Rechtfertigungsgedanken hin untersucht. Dabei dürfte klar sein, dass nicht aufgrund eines Buches „das Bild“ des Schwarzen dargestellt wird und kann. Vielmehr ist hier der Vergleich der damals üblichen Darstellung - welche aus der Sekundärliteratur und anderen zeitgenössischen Quellen geläufig ist - mit der hier speziellen Darstellung von Interesse.

Geschichtlicher Hintergrund

„Kolonisierung ist immer Aggression, Überwältigung schwächerer Völker durch stärkere.“[3] Kolonialgeschichte ist so alt wie die Menschheit selbst. Schon immer versuchten stärkere Völker schwächere Völker zu erobern, zu kolonisieren. Seien es nun „Erweiterungen“ von Grenzen um so Raum für das eigene Volk zu schaffen oder große Eroberungskriege, seien es befestigte Siedlungen an strategisch oder wirtschaftlich wichtigen Punkten, in Form und Erscheinung gibt es vielfältigste Modelle der Kolonisierung. Deshalb kann kein Modell der neueren Kolonialzeit für sich in Anspruch nehmen es sei neu. Man griff auf bewährte Strategien aus der Antike zurück.[4]

Mit der Entdeckung Amerikas und dem Neuaufleben der Seefahrtskunst, eroberten sich zuerst Spanien und Portugal, später Großbritannien und Frankreich große Teile der Welt und schufen sich riesige Kolonialreiche. Lediglich Deutschland, welches bis 1871 unter keiner zentralen und einheitlichen Führung stand[5], beteiligte sich nur indirekt am Kampf um die Kolonien. Umso überraschender scheint es, das es deutsche Kaufhändler[6] waren die einen erheblichen Anteil des Kapitals für die Seefahrtsunternehmen der Spanier, Portugiesen und Venezianer stellten. Deutsche Wissenschaftler (heute würde man wohl Techniker sagen) entwickelten bessere Sextanten, schufen Karten und andere Erfindungen um somit die Seefahrt zu erleichtern. Das bedeutete selbst wenn kein Deutscher an Bord war, profitierten die Seefahrer von den Errungenschaften der deutschen Wissenschaftler.

Das deutsche Volk[7] nahm also schon recht früh Anteil an den exotischen Reisen der anderen Europäer. „Wenn nicht früher, so doch auch nicht später als in den anderen europäischen Ländern nahmen sich auf deutschem Gebiet Händler, Forscher, Wissenschaftler, Gelehrte, Pioniere, Abenteurer, Entdecker und Reisende des Themas an.“[8]

So lässt sich vielleicht gerade aus diesem ungleichen Zustand von Anteilnahme und der tatsächlicher Leistung für die Seefahrt und die Kolonisierung der Welt auf der einen Seite und dem tatsächlichen Fehlen von Machthemisphären unter deutscher Herrschaft auf der anderen Seite die Fülle an Kolonialliteratur erklären, welche sicherlich Ausdruck der Sehnsucht nach eigenen Kolonien waren.

Es erscheint sinnvoll auch dieser Frage nach zu gehen.

Obwohl Deutschland eine alte Kolonialmacht[9] ist, blieb es in der Kolonisierung der Welt lange zurück. Während andere europäische Großmächte schon seit jahrhunderten Kolonien erwarben, blieben die politische nicht- unierten Deutschen ohne Kolonien. Obwohl Spanien und Portugal die Welt im 15./16. Jahrhundert in zwei Hemisphären aufgeteilt hatten, wurden sie im 17./18. Jahrhundert erst durch England und später durch Frankreich verdrängt. Deutschland beteiligte sich zwar auf verschiedenste Weise an der Kolonisierung der Welt, aber bis die erste „deutsche Flagge“ außerhalb Deutschlands wehte, sollte es noch ein paar Jahre dauern.[10] Missionare, Forscher, Händler, Erfinder, u.a. begannen bereits sehr früh Afrika zu erforschen, zu erobern und zu besiedeln. Die Händler wie auch einige (Reichs-) Ländertaten dies aber auf ihre eigene Rechnung.[11] Doch die zunehmend große Zahl an Deutschen im Ausland und die politische Einigung Deutschlands führten bald zu der Forderung nach einer deutschen Schutzmacht in den kleinen – politisch noch unabhängigen – Kolonien. Mit dem Erwerb eines kleinen Stückchens Lands, der so genannten Lüderitzbucht, beginnt formal die neue deutsche Kolonialgeschichte. Bismarck, dessen Politik von Gleichgewicht, Bündnissen und der Isolierung Frankreichs bestimmt war, konnte und wollte sich eine unmittelbare Konkurrenz zum Britischen Empire nicht erlauben. Im Jahre 1883 stimmte er lediglich zu, den Handelsleuten „einen konsularischen Schutz“ zu gewähren. Mit dem Schutzvertrag von 1884 und der Kongokonferenz war „Deutschland Kolonialmacht geworden – keine bedeutende allerdings, denn die Welt war zu diesem Zeitpunkt längst vergeben.“[12] Wie der Umschwung in der Haltung Bismarcks zustande kam und was die Deutschen so sehr nach Kolonien drängte wird von nicht behandelt und ist nur von daher interessant, dass die große Anteilnahme der deutschen Bevölkerung an den Kolonien ein weiterer Grund für die große Menge an Kolonialliteratur sein kann.

Das Bild des Schwarzen in der (deutschen) Kolonialliteratur im Wandel der Zeit:

Das Fremde und Unbekannte hat den Menschen von jeher fasziniert. Diese Faszination versuchte er oft poetisch, bzw. literarisch auszudrücken. So ist es nicht verwunderlich, das Homer seinen Odysseus allerlei unglaubliche Abenteuer an fremden und exotischen Plätzen erleben lässt. Und selbst der Mythos Atlantis ist Beispiel für diese Sehnsucht. Doch die literarischen Zeugnisse der Antike wurden eine zeitlang vergessen und der Schwarze an sich taucht erst wieder seit dem Mittelalter in der abendländischen Literatur auf. Seit dem 14. Jahrhundert hielten sich Adlige, später auch wohlhabende Kaufleute und Kapitäne einen "hübschen, kohlschwarzen Mohren" oder auch eine Mohrin. Mit dem Besitz exotischer Tiere und fremdartiger Menschen demonstrierte man Reichtum sowie weltweite diplomatische und geschäftliche Beziehungen. Nach allem, was man weiß, waren die schwarzen Diener und Dienerinnen dem übrigen Personal gleichgestellt, mitunter sogar privilegiert.

In Shakespeares Othello besteht kein Zweifel an den guten Umgangsformen von Othello, er ist formal jede, anderen Venezianer gleichgestellt. Othello selbst scheint ein strategisches Genie und scheint ein guter Kämpfer zu sein. So führt er ein Expetition zur Niederwerfung venezianischer Feinde an und besiegt diese glorreich. Einer seiner Vertrauten ein gewisser Jargo gelingt es erstaunlicher Weise Othello zu beeinflussen. Jargo schafft es Othello einzureden, dass Desmonia, seine Frau und die Tochter eines einflussreichen, venezianischen Kaufmanns, ihn betrüge. Zum Schluss der Handlung fanden über 5 Akteure den Tod.[13] Jargo hatte es geschafft den Schwarzen zu beeinflussen.

Zweifelhaft bleibt sicherlich ob es sich hierbei um Kolonialliteratur im eigentlichen Sinne handelt. Vielmehr benutzte man die Fremden nur um Abstand zum weisen Manne – zu sich selbst - zu erlangen.

Vor allem die Spanier bedurften dieses Abstandes um ihre unchristlichen Massenmorde an den Eingeborenen Südamerikas zu begründen.[14] Also benutzte man die Bibel und legte folgende Stelle so aus, das sie die „Herrschaft des weisen Mannes“ über sämtliche andere Völker – insbesondere Andersfarbiger – rechtfertigte:

„Noah aber, der Ackermann, pflanzte als erster einen Weinberg. Und da er von dem Wein trank, ward er trunken und lag im Zelt aufgedeckt. Als nun Ham, Kanaans Vater, seines Vaters Blöße sah, sagte er's seinen beiden Brüdern draußen. Da nahmen Sem und Jafet ein Kleid und legten es auf ihrer beider Schultern und gingen rückwärts hinzu und deckten ihres Vaters Blöße zu; und ihr Angesicht war abgewandt, damit sie ihres Vaters Blöße nicht sähen. Als nun Noah erwachte von seinem Rausch und erfuhr, was ihm sein jüngster Sohn angetan hatte, sprach er: Verflucht sei Kanaan und sei seinen Brüdern ein Knecht aller Knechte! Und sprach weiter: Gelobt sei der HERR, der Gott Sems, und Kanaan sei sein Knecht! Gott breite Jafet aus und lasse ihn wohnen in den Zelten Sems, und Kanaan sei sein Knecht!“[15]

[...]


[1] Jörg Wassink: Auf den Spuren des deutschen Völkermordes in Afrika - Der Herero / Nama-Aufstand im Spiegel deutscher Kolonialliteratur. Eine literarhistorische Analyse. Internetsite.

[2] Amadou Booker Sadji: Das Bild des Negro-Afrikaner in der deutschen Kolonialliteratur; Berlin, 1985. S.15.

[3] Sebastian Haffner zitiert nach Graudenz/Schindler: Deutsche Kolonialgeschichte, in Daten und Bildern; München 1984, S.7.

[4] Als Beispiel seien hier nur die Kleinasienkolonien der Griechen, die Eroberungszüge der Römer und der Ausbau und die Befestigung ihrer Kolonien angeführt.

[5] Auf die Probleme des HRRDN soll und braucht hier nicht eingegangen zu werden.

[6] namentlich Baumgartner und Imhoff aus Nürnberg, Fugger und Höchstetter aus Augsburg.

[7] wobei dieser Begriff zu jener Zeit sicherlich nicht politisch gemeint sein kann.

[8] A.B. Sadji: Das Bild des Negro-Afrikaner in der deutschen Kolonialliteratur; Berlin 1985, S. 19

[9] hier sind von mir durchaus die Völkerwanderungen, die Eroberungen Karl des Großen und der deutsche Orden gemeint

[10] auch mit eigenen Kolonien, 1528 schlossen die Welser Verträge mit Spanien über Klein-Venedig (Venezuela) ab

[11] So erwarb der Große Kurfürst von Brandenburg im Jahre 1681 einen Küstenstreifen der Goldküste und lies durch von der Groeben die „Feste Großfriedrichsburg“ bauen, dieses Gebiet ging aber durch Kauf im Jahre 1717 an die Holländer über.

[12] Graudenz/Schindler: Deutsche Kolonialgeschichte, in Daten und Bildern; München, 1984, S.32.

[13] vgl. dazu Shakespeares Othello, div. Ausgaben

[14] Die Beschränkung auf diesen geographischen

Raum und die Verwendung des Begriffs »Südamerika«

anstelle von »Lateinamerika« begründet Zantop damit, daß

die Himmelsrichtungen »Nord« und »Süd« im Kolonialdiskurs

mit einer geschlechtlichen Konnotation besetzt gewesen

seien: Der Norden stehe für das Männliche, der Süden ­

insbesondere Süd-Amerika ­ für das Weibliche, Unbekannte,

Dunkle, zu Erobernde. (aus ZEITSCHRIFT FÜR GENOZIDFORSCHUNG 2, 1, 2000, S. 132-145 )

[15] 1. Mose Kapitel 9 Vers 20 - 27.

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Details

Titel
Weißer Herr und Schwarzer Diener
Hochschule
Universität der Bundeswehr München, Neubiberg  (Historisches Institut -Neuere Geschichte)
Veranstaltung
Seminar
Note
1.3
Autor
Jahr
2003
Seiten
20
Katalognummer
V19164
ISBN (eBook)
9783638233460
Dateigröße
629 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Weißer, Herr, Schwarzer, Diener, Seminar
Arbeit zitieren
Diplom Staatswissenschaftler Alexander Salatzkat (Autor:in), 2003, Weißer Herr und Schwarzer Diener, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19164

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