Musiknutzung Jugendlicher

Ein kompakter Überblick


Referat (Ausarbeitung), 2002

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Gliederung

0. Einleitung

1. Historischer Überblick
1.1 Musiknutzung Jugendlicher in den 20er und 30er Jahren
1.2 Entstehung des Rock´n Roll als erste jugendspezifische Musikform
1.3 Musiknutzung in den 60er und 70er Jahren
1.4 Abgrenzungsprobleme bei der heutigen Musiknutzung Jugendlicher

2. Klassen- und Bildungsunterschiede in der Musiknutzung Jugendlicher
2.1 Soziologische Untersuchung von Frith
2.2 Studentische Musiknutzung
2.3 Untersuchung von Roe

3. Musiknutzung zur Identitätsbildung und Selbstdefinition
3.1 Phasen der Identitätsfindung Jugendlicher
3.2 Sexualität und Musiknutzung
3.2.1 Weibliche Musik, der Teenybop
3.2.2 Männliche Musik, der Cock Rock
3.2.3 Tanz als Ausdruck der Sexualität

4. Jugendkulturen und Musiknutzung

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

0. Einleitung

Musik nimmt im Leben Jugendlicher einen großen Stellenwert ein. Einen beachtlichen Teil ihrer Freizeit widmen sie dieser, sei es durch das Hören von Schallplatten zu Hause, den Besuch von Diskotheken und Konzerten oder durch das eigene Musizieren in Gruppen oder alleine.

Welche Zwecke Musik bei Jugendlichen erfüllt und in welchen Kontexten sie rezipiert wird, kann anhand zahlreicher Forschungsergebnisse rekonstruiert werden. Eine spezifische Musiknutzung Jugendlicher kann es dabei jedoch nicht geben, da Musik für die unterschiedlichsten Zwecke zu den verschiedensten Gelegenheiten verwendet werden kann. Selbst Untersuchungen, die zwar ähnliche Fragestellungen aufweisen, können dabei zu ungleichen Ergebnissen gelangen, da die Musikrezeption Jugendlicher trotz vieler Gemeinsamkeiten doch sehr individuell ist.

Einige dieser Berührungspunkte, bei denen allgemeine Schlüsse auf die Verwendung von Musik gezogen werden können, möchte ich in dieser Arbeit aufzeigen. Das erste Kapitel soll hierbei einen kurzen historischen Überblick leisten und die Entwicklung der populären Musik mit ihrer jugendlichen Nutzerschaft in Verbindung setzen. Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit der Fragestellung, ob bei Teenagern, die unterschiedlicher sozialer Klassen entstammen oder über eine differierende Bildung verfügen, auch die Musik anders verwendet wird. Das darauf folgende Kapitel soll klären, inwieweit Musiknutzung zur Identitätsbildung und Selbstdefinition Jugendlicher beiträgt und stellt eine Verbindung zwischen ihr zur Sexualität her.

Das letzte Kapitel erläutert die Bedeutung der Jugendkulturen und in welcher Form und warum sich die verschiedenen Gruppen von anderen abzugrenzen versuchen.

1. Historischer Überblick

1.1 Musiknutzung Jugendlicher in den 20er und 30er Jahren

In den 20er Jahren bis Anfang der 50er Jahre als es noch keine Aufgliederung in erwachsenen- bzw. jugendspezifische Musikmärkte gab und in den meisten Familien lediglich ein Plattenspieler, bzw. Radio existierte, wurde die Musiknutzung meist von den älteren Familienmitgliedern bestimmt. Zudem musste die Musikindustrie, um die unterschiedlichen Zuhörergruppen, auf die ihre Produkte gerichtet waren und die aufgrund der eingeschränkten Verbreitung der Abspielgeräte nicht spezifisch angesprochen werden konnten, zufrieden zu stellen, Musik so vermarkten, dass sie den verschiedenartigen Ansprüchen der Gruppen (Geschlechter, Altersgruppen, Klassen, Kulturen, Religionen usf.) gerecht wurde. Die angebotenen Produkte waren dementsprechend emotionslos, da sie in den familiären Rahmen passen mussten und innerhalb der Familie nicht polarisieren durften, damit sie einen wirtschaftlichen Erfolg erzielen konnten. Trotzdem standen Musik und Radio an erster Stelle der Interessensliste von Jugendlichen und das schicht- und klassenübergreifend.

Die Tanzmode, die ab Anfang des 20. Jahrhunderts nach und nach die amerikanischen Städte überschwemmte, etablierte sich als "`allgemein verbreitete Kunst unter den Jugendlichen und wird zunehmend zum Mittelpunkt ihres gesellschaftlichen Lebens"[1]

In den 30er Jahren etablierte sich der Jazz und mit ihm kamen die ersten Anzeichen einer Jugendkultur auf, die sich mit seiner Hilfe auszudrücken versuchte. Zwar nahm diese Musikform bei den Jugendlichen eine dominierende Rolle ein, sie wurde jedoch noch von Erwachsenen gemacht und bei Tanzveranstaltungen und in Jazzclubs waren diese immer noch anwesend. Die Heranwachsenden besaßen also noch nicht ihre eigene spezifische Musik, sondern teilten sie mit der Erwachsenenwelt.

1.2 Entstehung des Rock´n Roll als erste jugendspezifische Musikform

Eine spezifische Musiknutzung Jugendlicher, die sich von der der Erwachsenenwelt abgrenzte, hat sich in den USA ab ca. Anfang der 50er Jahre etabliert. Mit der Popmusik, die zu dieser Zeit vorherrschte, konnten sich die Heranwachsenden nicht mehr identifizieren, da sie sich in ihrem Grundgerüst über Jahrzehnte hinweg kaum verändert hat. Die Instrumentierung glich bis auf das Schlagzeug, welches jedoch nur sehr zaghaft bedient wurde, der der Orchestermusik des 19 Jahrhunderts und die Arrangements waren "im wesentlichen melodienselig mit der Möglichkeit zum Mitsingen, sanft, harmoniebetont (...) schmachtend bis leicht schwungvoll, was damals hieß: tänzerisch kultiviert."[2] Die Interpreten, die von den Major-Plattenlabels vermarktet wurden, alterten zusammen mit der Machart ihrer Musikstücke, trugen Abendkleidung und "sangen aber immer noch unbeirrt von junger Liebe"[3]

Die Banalität, Stetigkeit und mangelnde Authentizität der Popmusik dieser Zeit ließ die Jugendlichen nach einer Alternative suchen, die mit der Verbreitung des Rundfunks im von afroamerikanischen Radiosendern gespielten R & B, gefunden wurde.

Dieser Musikstil verbreitete sich sehr schnell aufgrund der tanzbaren Rhythmik, und der Einfachheit der Arrangements und ermöglichte den Jugendlichen, ähnliche Musikstücke auch ohne musikalische Ausbildung selbst herzustellen oder bekannte Stücke nachzuspielen. Hiermit wurde also auch Jugendlichen der unteren Schichten, denen Musikunterricht aufgrund der fehlenden finanziellen Mittel versagt blieb, die Möglichkeit gegeben, selbst zu musizieren.

Mit der massenhaften Verbreitung durch Radiostationen, Konzerte und den Verkauf von Schallplatten, entwickelte sich allmählich der Rock´n Roll, der als erster wirklich jugendspezifischer Musikstil bezeichnet werden kann. Da die Identifikation mit den nun gleichaltrigen Künstlern, mit denen Jugendliche auch Herkunft und Interessen teilten, von nun an möglich war, wurde er auch zu einem großen kommerziellen Erfolg.

Diese neue Musikform wurde von der Erwachsenenwelt kategorisch abgelehnt, "man warf dieser Musik Wildheit und Verderbtheit vor und versuchte sie zu unterdrücken"[4] Da er jedoch vorhandene Bedürfnisse der Jugend weckte und ihr erstmals das Ausleben von Gefühlen ermöglichte, etablierte sich der Rock´n Roll bei den Jugendlichen. Die erstmals offen gezeigte Opposition zur Erwachsenenwelt wurde ebenfalls durch das Fernbleiben der Erwachsenen bei Tanzveranstaltungen deutlich. Durch solche und durch Radioformate, die speziell auf sie zugeschnitten wurden, konnten Jugendliche erstmals von der Industrie als spezifische Konsumentengruppe von den Erwachsen abgegrenzt und wahrgenommen werden. Musik entwickelte sich aufgrund dieser Entwicklungen zur beliebtesten Unterhaltungsform Heranwachsender und der Rock´n Roll zur beliebtesten Musikform.

1.3 Musiknutzung in den 60er und 70er Jahren

Musik entwickelte sich für Jugendliche der westlichen Welt mittlerweile zur wichtigsten Freizeitbeschäftigung. Ihr Geld gaben sie zu einem großen Teil für Konzerte, Schallplatten und Tanzveranstaltungen aus. Aus den Kneipen und Diskotheken, in denen die von ihnen präferierte Musik gespielt wurde, waren Erwachsene nicht gewünscht. Mit der Zeit entwickelten sich immer mehr unterschiedliche Musikstile; der Rock´n Roll vermischte sich mit Elementen aus Blues, Soul und Folk.

Aufgrund der zunehmenden Vermarktung verkam der Rock´n Roll allerdings ab Mitte der 60er Jahre immer mehr zum "formelhaften Teenager-Pop"[5] Jugendliche suchten nach neuen Alternativen, da dieser kommerzialisierte Musikstil von der Musikindustrie nach Marketinggesichtspunkten auf die die jungen Teenager als Rezipienten zugeschnitten wurde und somit die Authentizität verlor, die der Rock´n Roll noch innehatte, da er nicht von oben auf die Jugendlichen aufdoktriniert wurde, sondern aufgrund ihrer Bedürfnisse aus ihnen entstanden war und somit eine Identifikation möglich machte. Ende der 60er Jahre entstand deshalb die Rockmusik, die zu einem "Ausdruckmittel der gesamten Jugend, einer gesamten Generation"[6] wurde.

Sie war wiederum ein Musikstil, deren Wurzeln aus konkreten Bedürfnissen bestanden, weil sie versuchte auch gesellschaftliche Missstände zu thematisieren und zu kritisieren. Deshalb konnte sich der Rock bei den Jugendlichen, die nach Alternativen zum bestehenden gesellschaftlichen und politischen System suchten, besonders etablieren. Mit der ihm wurde das Verlangen nach Abgrenzung der Jugend von den Eltern stärker und die Trennungslinie zwischen den unterschiedlichen Auffassungen ihres Lebens, ihren Wünschen und Vorstellungen, schärfer. Nach und nach unterwarf sich allerdings auch diese Musikform den Marktbedingungen, was neue Alternativen wie z.B. den Punk, der Frustration und Protest durch Provokation ausdrücken wollte, bei den Jugendlichen etablierte.[7]

1.4 Abgrenzungsprobleme bei der heutigen Musiknutzung Jugendlicher

Die gegenwärtige Musiknutzung Jugendlicher kann man nur noch unter schwierigen Bedingungen untersuchen, da das Angebot an unterschiedlichen Musikrichtungen sehr viel größer geworden ist, sämtliche Marktnischen besetzt werden und Musik viel mehr als früher das tägliche Leben begleitet und in dieses eingebettet ist[8]. Des weiteren wurde diese Unübersichtlichkeit durch die immer einfacher werdenden Zugriffsmöglichkeiten auf Tonträger, bzw. auf spezifische Musikstücke auf diesen Tonträgern, in den letzten Jahren verstärkt. Mit der Vinyl-Schallplatte war es lediglich möglich, die auf ihr ab Werk vorhandenen Musikstücke in einer bestimmten Reihenfolge abzuspielen. Um andere Musikstücke zu hören, musste entweder die Platte gewechselt oder (bei Langspielplatten) oder der Arm des Plattenspielers vom Rezipienten mit einer hohen Sensitivität per Hand auf das gewünschte Lied bewegt werden. Um eine individuelle Musikrezeption erreichen zu können, war eine gewisse Anstrengung unabdingbar.

Mit der ab den 70er Jahren vermarkteten MC änderte sich dies, da es nun möglich war, Musikstücke nach persönlicher Präferenz aufzuzeichnen. Man konnte nun also erstmals seinen eigenen Tonträger gestalten, ohne sich eine Schallplatte mit vorgegebenen Stücken zulegen zu müssen, indem man z.B. einfach Mitschnitte des Radioprogramms anfertigte. Die in den 80er Jahren vorgestellte CD ermöglichte dem Rezipienten erstmals, vorgegebene Reihenfolgen lediglich per Knopfdruck aufzubrechen.

Mit der heutigen digitalen Technik und der Möglichkeit, Musikstücke gezielt kostenlos aus dem Internet zu laden und diese auf relativ kleinem Speicherplatz zu lagern, wurde die Möglichkeit, die Musiknutzung Jugendlicher zu untersuchen, weiter erschwert, da fast jedes gewünschte Musikstück quasi auf Abruf kostenlos zu jeder Zeit zur Verfügung stehen kann, ist der Rezipient nicht mehr gezwungen, den Erwerb von Tonträgern aufgrund seines eingeschränkten Budgets einzuschränken, sondern jegliches präferierte Produkt aus Internettauschbörsen beziehen kann.

Durch diesen Prozeß wird sich die Musiknutzung Jugendlicher weiter individualisieren und allgemeine Schlüsse über sie schwieriger zu ziehen sein.

[...]


[1] Frith 1981, S. 232

[2] Baacke 1997, S. 61

[3] ebd.

[4] Backe 1997, S. 63

[5] Frith 1981, S. 242

[6] ebd.

[8] In Kaufhäusern und Supermärkten wird Musik zur Verkaufsförderung eingesetzt, in Arztpraxen und Aufzügen soll Musik die Wartezeit angenehmer gestalten. Musik wird immer häufiger eingesetzt, auch da, wo sie unbewusst wahrgenommen wird (vgl. Baacke 1997, S. 343

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Musiknutzung Jugendlicher
Untertitel
Ein kompakter Überblick
Hochschule
Universität Siegen  (FB 3)
Veranstaltung
Jugendkultur
Note
1,7
Autor
Jahr
2002
Seiten
18
Katalognummer
V19168
ISBN (eBook)
9783638233491
ISBN (Buch)
9783638936125
Dateigröße
522 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Musiknutzung, Jugendlicher, Jugendkultur
Arbeit zitieren
Christof Weingärtner (Autor:in), 2002, Musiknutzung Jugendlicher, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19168

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