Evaluation eines sportmotorischen Tests im Fußball zur An- und Mitnahme flacher Bälle


Tesis, 2009

170 Páginas, Calificación: 1,3


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Anhangsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einführung und Problemstellung

2 Theoretische Grundlagen
2.1 Leistungsdiagnostik im Sport
2.1.1 Zum Begriff „sportliche Leistung“
2.1.2 Zum Begriff „Leistungsdiagnostik“ im Sport
2.1.3 Aufgabenbereiche der Leistungsdiagnostik im Sport
2.1.4 Bereitstellung von Normprofilen
2.2 Diagnostische Methoden im Sport
2.3 Sportmotorische Tests
2.3.1 Definition und Aufgabenbereiche sportmotorischer Tests
2.3.2 Klassifizierung sportmotorischer Tests
2.3.3 Zur Aussagekraft sportmotorischer Tests
2.3.3.1 Hauptgütekriterien
2.3.3.2 Wechselbeziehungen zwischen den Hauptgütekriterien
2.3.3.3 Nebengütekriterien
2.3.3.4 Probleme sportmotorischer Testverfahren
2.4 Motorische Ontogenese und Konsequenzen für die Ausbildung im Jugendfußball
2.5 Faktoren der Leistungsfähigkeit im Sportspiel Fußball
2.5.1 Technik im Sportspiel Fußball
2.5.2 Taktik im Sportspiel Fußball
2.5.3 Kondition im Sportspiel Fußball
2.5.4 Zur Bedeutung der Ballan- und -mitnahme im Sportspiel Fußball

3 Forschungsstand und Hypothesenformulierung
3.1 Leistungsdiagnostische Testverfahren im Sportspiel Fußball
3.1.1 Konditionstests
3.1.2 Techniktests
3.1.3 Diagnostik kognitiv-taktischer Fähigkeiten
3.2 Hypothesenformulierung

4 Methodik
4.1 Versuchsplanung
4.1.1 Merkmalsstichprobe
4.1.1.1 Konstruktion des „Tests zur An- und Mitnahme flacher Bälle“
4.1.1.2 Testprofil
4.1.1.3 Aufgabenstellung
4.1.2 Personenstichprobe
4.2 Versuchsdurchführung
4.3 Datenverarbeitung
4.3.1 Deskriptive Darstellung der Daten
4.3.2 Statistische Verfahren zur Feststellung signifikanter Zusammenhänge und Unterschiede
4.3.3 Statistische Verfahren zur Überprüfung der Gütekriterien
4.3.4 Entwicklung von Normprofilen

5 Darstellung und Interpretation der Untersuchungsergebnisse
5.1 Datenstruktur
5.2 Darstellung und Interpretation der wissenschaftlichen Hauptgütekriterien
5.2.1 Objektivität und Reliabilität des „Tests zur An- und Mitnahme flacher Bälle“
5.2.2 Validität des „Tests zur An- und Mitnahme flacher Bälle“
5.3 Interpretation des Zusammenhangs zwischen Alter und Spielklassenzugehörigkeit der Probanden und ihrer Testleistung
5.4 Trennschärfe des „Tests zur An- und Mitnahme flacher Bälle“
5.5 Darstellung und Interpretation der Normprofile

6 Diskussion
6.1 Diskussion der Untersuchungsmethoden
6.1.1 Datenerhebung
6.1.2 Datenverarbeitung
6.2 Diskussion der Untersuchungsergebnisse

7 Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang

Eidesstattliche Erklärung

Abbildungsverzeichnis

Abbildung (Abb.) 1: Diagnostische Methoden der Datenerhebung

Abb. 2: Klassifizierung sportmotorischer Testverfahren

Abb. 3: Entwicklungsphasen in der Ontogenese des Menschen und deren motorische Kennzeichnung

Abb. 4: Komponenten der Leistungsfähigkeit des Fußballspielers

Abb. 5: Dominieren einer 1 gegen 1-Situation auf Basis optimal ausgeprägter Grundlagen

Abb. 6: Aufgabenstellungen im Spiel und technische Mittel zu ihrer Lösung

Abb. 7: Die Hauptrichtungen taktischer Handlungen in den verschiedenen Sportartengruppen

Abb. 8: Erweitertes Strukturmodell zur Kondition des Fußballspielers

Abb. 9: Die drei Hauptformen der Kraft, ihre Wechselbeziehungen und Bedeutungen für die Leistungsfähigkeit des Fußballspielers

Abb. 10: Teileigenschaften der Schnelligkeit und ihre Bedeutungen für die Leistungsfähigkeit des Fußballers

Abb. 11: Technikleitbild: Ballannahme mit der Innenseite des Fußes

Abb. 12: Technikleitbild: Ballmitnahme mit der Innenseite des Fußes

Abb. 13: Technikleitbild: Ballmitnahme mit der Außenseite des Fußes

Abb. 14: Agility-Run-Test

Abb. 15: Fußballspezifischer Koordinationstest

Abb. 16: Köln-Bochumer Fußballtest. Test 3: Dribbling

Abb. 17: Köln-Bochumer Fußballtest. Test 4: Ballkontrolltest

Abb. 18: Köln-Bochumer Fußballtest. Test 5: Torschuss

Abb. 19: Pass-Test

Abb. 20: Fünf Techniktests nach Bauer

Abb. 21: Dribbelwandpasstest

Abb. 22: Gesamtbewertung des taktischen Leistungsniveaus

Abb. 23: Arbeitsschritte zur Konstruktion sportmotorischer Tests

Abb. 24: Vorüberlegungen zur Testkonstruktion

Abb. 25: Testaufbau „Test zur An- und Mitnahme flacher Bälle“

Abb. 26: Testablauf „Test zur An- und Mitnahme flacher Bälle“

Abb. 27: Standardisierte Testanweisung für die Probanden

Abb. 28: Testerfassungsbogen

Abb. 29: Spielerbeurteilung durch den Trainer

Abb. 30: Die 68-95-99,7-Prozentregel für Normalverteilungen

Abb. 31: Normprofil ˗ D- und C-Junioren niedrigste Spielklasse

Abb. 32: Normprofil ˗ D-Junioren höchste Spielklasse

Abb. 33: Normprofil ˗ C-Junioren höchste Spielklasse

Tabellenverzeichnis

Tabelle (Tab.) 1: Stichprobengröße der untersuchten Mannschaften

Tab. 2: Statistische Kennzahlen der D-jugendlichen Kreisklassefußballer im Test zur An- und Mitnahme flacher Bälle mit dem dominanten Fuß

Tab. 3: Statistische Kennzahlen der D-jugendlichen Kreisklassefußballer im Test zur An- und Mitnahme flacher Bälle mit dem nichtdominanten Fuß

Tab. 4: Statistische Kennzahlen der C-jugendlichen Kreisklassefußballer im Test zur An- und Mitnahme flacher Bälle mit dem dominanten Fuß

Tab. 5: Statistische Kennzahlen der C-jugendlichen Kreisklassefußballer im Test zur An- und Mitnahme flacher Bälle mit dem nichtdominanten Fuß

Tab. 6: Statistische Kennzahlen der D-jugendlichen Bezirksligafußballer im Test zur An- und Mitnahme flacher Bälle mit dem dominanten Fuß

Tab. 7: Statistische Kennzahlen der D-jugendlichen Bezirksligafußballer im Test zur An- und Mitnahme flacher Bälle mit dem nichtdominanten Fuß

Tab. 8: Statistische Kennzahlen der C-jugendlichen Verbandsligafußballer im Test zur An- und Mitnahme flacher Bälle mit dem dominanten Fuß

Tab. 9: Statistische Kennzahlen der C-jugendlichen Verbandsligafußballer im Test zur An- und Mitnahme flacher Bälle mit dem nichtdominanten Fuß

Tab. 10: Test-Retest Vergleich bei den D- und C-Jugendspielern der untersten Spielklasse

Tab. 11: Test-Retest Vergleich bei den D- und C-Jugendspielern der höchsten Spielklasse

Tab. 12: Test-Schätzskalen Vergleich

Tab. 13: Einfaktorielle Varianzanalyse (1)

Tab. 14: Einfaktorielle Varianzanalyse (2)

Tab. 15: Post-Hoc-Mehrfachvergleichstest

Tab. 16: Gruppeneinteilung anhand der Schätzskalenwerte (1)

Tab. 17: Gruppeneinteilung anhand der Schätzskalenwerte (2)

Tab. 18: T-Test bei unabhängigen Stichproben

Anhangsverzeichnis

Anhang 1: Testrohwerte der Untersuchungsstichprobe – D-Junioren Kreisklasse im Praetest

Anhang 2: Testrohwerte der Untersuchungsstichprobe – D-Junioren Kreisklasse im Retest

Anhang 3: Testrohwerte der Untersuchungsstichprobe – C-Junioren Kreisklasse im Praetest

Anhang 4: Testrohwerte der Untersuchungsstichprobe – C-Junioren Kreisklasse im Retest

Anhang 5: Testrohwerte der Untersuchungsstichprobe – D-Junioren Bezirksliga im Praetest

Anhang 6: Testrohwerte der Untersuchungsstichprobe – D-Junioren Bezirksliga im Retest

Anhang 7: Testrohwerte der Untersuchungsstichprobe – C-Junioren Verbandsliga im Praetest

Anhang 8: Testrohwerte der Untersuchungsstichprobe – C-Junioren Verbandsliga im Retest

Anhang 9: Schätzskala FSV Alemannia Laubenheim – D-Junioren Kreisklasse

Anhang 10: Schätzskala FSV Oppenheim – D-Junioren Kreisklasse

Anhang 11: Schätzskala FSV Alemannia Laubenheim – C-Junioren Kreisklasse

Anhang 12: Schätzskala FSV Oppenheim – C-Junioren Kreisklasse

Anhang 13: Schätzskala SVW Mainz – D-Junioren Bezirksliga

Anhang 14: Schätzskala SV Gonsenheim – D-Junioren Bezirksliga

Anhang 15: Schätzskala SVW Mainz – C-Junioren Verbandsliga

Anhang 16: Schätzskala SV Gonsenheim – C-Junioren Verbandsliga

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einführung und Problemstellung

„Wenn ich seh‘ wie der zum Ball geht, dann weiß ich wat der kann!“ Dieses mündlich überlieferte Zitat soll laut des ehemaligen Dekans des Instituts für Sportwissenschaft der Johannes Gutenberg Universität Mainz, Univ.-Prof. Dr. Dieter Augustin, von Hans „Hennes“ Weisweiler stammen. Weisweiler soll sogar die Auswahl der studentischen Bewerber zum Sonderfach Fußball an der Sporthochschule Köln allein von der Ballbehandlung eines zugespielten Balles abhängig gemacht haben (Augustin, Aust, 1992, S. 1).

Diese Aussage beschreibt sehr genau die Haltung, die viele Trainer und Lehrer nach wie vor gegenüber sportwissenschaftlichen Test- und Kontrollmethoden einnehmen. Wenn die Leistung eines Sportlers durch das bloße Beobachten seiner Handlungen erfasst werden kann, wozu dann aufwendige Testverfahren einsetzen, die häufig die interessierenden Fähig- oder Fertigkeiten nur ungenügend messbar machen können und selten auf die spezifische und sehr komplexe Wettkampfleistung übertragbar sind?

Die zunehmende Leistungsdichte, vor allem im nationalen und internationalen Hochleistungsbereich, ist charakteristisch für den modernen Fußball. Auch im Amateur- und Jugendbereich sehen sich Spieler einem mehr und mehr zunehmenden Zeit-, Raum- und Gegnerdruck ausgesetzt. Dies hängt u.a. mit der taktischen Entwicklung hin zur ballorientierten Verteidigung, mit der systematischen Anwendung von Pressing, dem Bestreben vieler Mannschaften nach Balleroberung schnellstmöglich umzuschalten und der wachsenden körperlichen Fitness der Mannschaften und Einzelspieler zusammen. Um den immer weiter steigenden Anforderungen an die konditionellen, kognitiv-taktischen und psychischen Fähigkeiten sowie die technischen Fertigkeiten gerecht zu werden, ist eine systematische Trainingsplanung und -steuerung erforderlich. Diese ist insbesondere auch für den Jugendfußballbereich zu fordern, um die jungen Spieler gezielt auszubilden und auf das Fußballspielen auf möglichst hohem Niveau vorzubereiten. Da sich Trainingsziele und -inhalte stets an dem aktuellen Entwicklungs- und Leistungsstand eines Sportlers orientieren müssen, sind, im Sinne einer systematischen Trainingsplanung, regelmäßige Kontrollen des aktuellen Leistungsstandes unabdingbar. Ebenso müssen eingesetzte Trainingsmethoden durch regelmäßige Lernzielkontrollen überprüft werden. Doch wie können solche Leistungsüberprüfungen und Lernzielkontrollen auch im Amateur- und Jugendbereich sinnvoll und mit vertretbarem Aufwand eingesetzt werden?

Während in der einschlägigen Fachliteratur eine immense Anzahl an Publikationen, die sich mit der Verbesserung der fußballspezifischen Leistungsfaktoren beschäftigen, zu finden ist, ist die Zahl der Autoren, die sich mit den leistungsdiagnostischen Aspekten dieser Sportart auseinandersetzen, vergleichsweise sehr gering. Für einige der fußballspezifischen Fähigkeiten und Fertigkeiten existieren bislang keine geeigneten wissenschaftlich überprüften Diagnoseverfahren.

Ziel der vorliegenden Diplomarbeit ist die Konstruktion und Evaluation eines fußballspezifischen sportmotorischen Tests, mit dem auf ökonomische Weise exakte und aussagekräftige Daten über das spezielle Fertigkeitsniveau zur An- und Mitnahme flacher Bälle gewonnen werden können. Dadurch soll Trainern aller Leistungsklassen eine Möglichkeit bereitgestellt werden, die Leistung ihrer Spieler bezüglich der im Sportspiel Fußball enorm wichtigen Basistechniken zur Ballan- und -mitnahme, ergänzend zu ihrem subjektiven Trainerurteil, bestimmen zu können und ggf. entsprechende Trainingsmaßnahmen abzuleiten.

Anhand der an D- und C-Jugendfußballspielern der höchsten und niedrigsten Spielklasse erhobenen Daten soll der „Test zur An- und Mitnahme flacher Bälle“ auf die wissenschaftlichen Gütekriterien überprüft werden. Daneben wird versucht, Unterschiede bezüglich der Testleistungen zwischen den verschiedenen Probandengruppen auszumachen.

Um Trainern bei der Beurteilung des individuellen Leistungsniveaus ihrer Spieler behilflich sein zu können, sollen aus den erhobenen Daten qualifikationsbezogene Normwerte für die einzelnen Alters- und Leistungsklassen gebildet werden.

2 Theoretische Grundlagen

2.1 Leistungsdiagnostik im Sport

2.1.1 Zum Begriff „sportliche Leistung“

Bevor eine Bestimmung des Begriffs „Leistungsdiagnostik“ im Sport erfolgen kann, muss zunächst der Ausdruck „sportliche Leistung“ näher präzisiert werden.

Hahn (1992, S. 274) versteht unter sportlicher Leistung sowohl den Vorgang als auch das Ergebnis von sportlichen Handlungen und beschreibt die sportliche Leistung unter normativen Gesichtspunkten als die erfolgreiche oder bestmögliche Bewältigung einer Aufgabe. Schnabel und Thieß (1986, S. 95) betonen, dass die sportliche Leistung immer im Zusammenhang mit bestimmten gesellschaftlich determinierten und vereinbarten Normen zu sehen ist und benennen sie als wesentlichste Zielgröße und Hauptkriterium des sportlichen Trainings. Die Kriterien, zu denen eine erbrachte Leistung in Bezug zu setzen ist, unterscheiden sich in verschiedenen Sportbereichen erheblich. Während im Breitensport individuelle und soziale Ansprüche die Bezugskriterien bilden und im Gesundheits- und Rehabilitationssport Leistung in Relation zur Behinderung oder Schädigung zu bewerten ist, gilt im Leistungssport einzig die an bestimmten, vorgegebenen Normen bewertete Leistung, wobei die Bewertung auf quantitative oder qualitative Art erfolgen kann (Hahn, 1976, S. 188).

In Anlehnung an Carl (1992a, S. 276) soll der Begriff der sportlichen Leistung im Folgenden als beobachtbares Ergebnis einer sportlichen Handlung verwendet werden. Diese Begrenzung erscheint aus trainingswissenschaftlicher Sicht zweckmäßig.

2.1.2 Zum Begriff „Leistungsdiagnostik“ im Sport

Leistungsdiagnostik ist das Verfahren und die Lehre der Leistungsdiagnose. Die Wörter Diagnose und Diagnostik stammen von dem griechischen Verb „diagignoskein“, welches übersetzt werden kann mit „gründlich kennenlernen“, „entscheiden“ und „beschließen“.

Carl (1992b, S. 277) definiert die Leistungsdiagnose im Sport als „…das Erkennen und Benennen des individuellen Niveaus einer sportlichen Leistung oder eines sportlichen Leistungszustandes“. Die Erfassung und Beurteilung sportlicher Leistungen erfolgt „…auf der Grundlage von Kennwerten, Kennlinien und Merkmalen des Leistungsvollzugs sowie von Kennwerten der wesentlichsten personalen Leistungsvoraussetzungen“ (Schnabel, Harre, Krug, 2008, S. 52). Trainingsmethodische Kontrollmethoden, wie Leistungskontrollen, sportmotorische Tests oder Beobachtungs- und Analyseverfahren, gehören ebenso zu den Instrumenten der Leistungsdiagnostik im Sport wie Untersuchungsverfahren der Biomechanik, Biochemie, Physiologie, Sportmedizin und Sportpsychologie (Schnabel, Thieß, 1986, S. 97).

Damit fällt auch die subjektive Beurteilung der sportlichen Leistung durch den Trainer unter den Bereich der Leistungsdiagnostik. Da diese jedoch in der Regel nicht objektiv und damit nicht überprüfbar ist, erscheint die zumindest teilweise Ersetzung oder Ergänzung des Trainerurteils durch objektivere Methoden der Leistungsdiagnostik sinnvoll (Letzelter, Letzelter, 1983, S. 11).

2.1.3 Aufgabenbereiche der Leistungsdiagnostik im Sport

Im Fokus der Leistungsdiagnostik steht der sporttreibende Mensch. Diagnostiziert werden der beobachtbare Vollzug der sportlichen Tätigkeit sowie die dafür verantwortlichen Ursachen, Voraussetzungen und Bedingungen (Bös, 1984, S. 473-474).

Vorrangiges Ziel ist die weitgehende Ablösung subjektiver Diagnosen von Trainern und Sportlern durch aussagekräftige, objektive Diagnosemethoden, die mit relativ geringem apparativen und zeitlichen Aufwand sowie möglichst geringer Beeinflussung des Trainings- oder Wettkampfverhaltens in den Trainingsprozess integrierbar sind (Letzelter, Letzelter, 1982, S. 351).

Leistungsdiagnostik bildet die Basis für ein zielgerichtetes Training, da eine systematische Trainingsplanung und -steuerung voraussetzt, dass sich die Trainingsziele und -inhalte stets an dem jeweiligen Leistungsstand des Sportlers mit seinen individuellen Stärken und Schwächen orientieren (Schnabel et al., 2008, S. 52).

Trainingswissenschaftliche Leistungsdiagnostik hat zunächst die Aufgabe, mithilfe leistungsdiagnostischer Methoden alle für die jeweilige Sportart relevanten Fähigkeiten und Fertigkeiten zu bestimmen und nach der Höhe ihres Einflusses auf die komplexe sportliche Leistung anhand eines Prioritätenkataloges zu gewichten (Hohmann, Lames, Letzelter, 2007, S. 146). Die Reihenfolge der Einflussgrößen und der Trainingsziele muss nicht identisch sein. Entscheidend für den Platz im Prioritätenkatalog der Trainingsziele ist neben der Einflusshöhe auch die Trainierbarkeit. Nur wenn Einflussgrößen lohnend trainierbar sind, sind sie auch wertvolle Trainingsziele (Letzelter, Letzelter, 1982, S. 356). Daneben ist die interne Ordnung der einzelnen Einflussgrößen von Interesse. Sie gibt Aufschluss über die Beziehungen einzelner Merkmale zueinander und in welchem Maße sie sich gegenseitig beeinflussen, ob ein bestimmtes Merkmal also zwingend separat trainiert werden muss oder in Kombination mit anderen Merkmalen trainiert werden kann bzw. muss (Letzelter, Letzelter, 1983, S.16).

Für die Trainingspraxis hat die Leistungsdiagnostik vorwiegend zwei Aufgaben, die exakte Identifikation von Stärken und Schwächen durch einen Istwert-Sollwert-Vergleich und die Kontrolle des Trainingserfolges und damit der eingesetzten Trainingsmethoden und -inhalte (Letzelter, Letzelter, 1982, S. 351). Um die Ausprägung einer Fähig- oder Fertigkeit als Stärke oder als Schwäche zu klassifizieren sind Vergleichswerte nötig. Solche Vergleichswerte können subjektive Normen des Trainers sein oder Vergleichsnormen, die mit wissenschaftlichen Methoden gewonnen wurden (Hohmann et al. 2007, S. 151).

Eine weitere wichtige Rolle fällt der Leistungsdiagnostik bei der Selektion – vor allem bei der Talentsuche und Talentförderung – zu, um Sportler, von denen zukünftige Höchstleistungen zu erwarten sind, auszuwählen. Die Diagnose der sportlichen Leistungsfähigkeit dient in diesem Fall also prognostischen Zwecken, da nicht der aktuelle Leistungsstand, sondern die potenzielle zukünftige Leistungsfähigkeit von Interesse ist (Sehlbach, 1995, S. 14-15).

2.1.4 Bereitstellung von Normprofilen

„Diagnosen sind aus ermittelten Fakten gezogene Schlüsse“ (Schnabel et al., 2008, S. 55). Um ermittelte sportliche Leistungen beurteilen und als Stärke oder Schwäche identifizieren zu können, sind Vergleichswerte nötig. Somit ist die Beurteilung einer mittels leistungsdiagnostischer Verfahren erfassten Leistung immer relativ und setzt den Vergleich dieses Istwertes mit entsprechenden Sollwerten (Normen) voraus. Ob das ermittelte Merkmal als Stärke oder Schwäche bewertet wird, ist dann von der Richtung der Abweichung von der Norm abhängig, während die Ausprägung der Stärke bzw. Schwäche vom Grad der Abweichung bestimmt wird, wobei ein Urteil erst als statistisch gesichert gelten kann, wenn die Abweichung vom Normwert signifikant ist (Letzelter, Letzelter, 1983, S. 22-23). Es können drei Klassen von Normen unterschieden werden, nämlich ideale Normen, statistische Normen und funktionale Normen.

Ideale Normen werden in der Regel anhand der Leistungen von Spitzensportlern gewonnen oder aufgrund mechanischer Überlegungen rational konstruiert (Hohmann et al., 2007, S. 152). Letzelter und Letzelter (1983, S. 24) weisen auf die Problematik hin, dass die Gültigkeit von Normwerten, die auf diese Weise konstruiert werden, nur für den Einzelfall besteht und dabei die kompensatorische Charakteristik der komplexen sportlichen Leistung außer Acht gelassen wird.

Statistische Normen werden an repräsentativen Stichproben erhoben und gelten nur für die jeweiligen Zielgruppen. Individuelle Abweichungen vom Mittelwert der untersuchten Stichprobe werden in Standardabweichungen ausgedrückt und mittels Z-Transformation in Standardwerte überführt. So kann die relative Position eines Sportlers innerhalb der Vergleichsgruppe bestimmt werden und, je nach Grad und Richtung der Abweichung vom Mittelwert, Stärken oder Schwächen quantifiziert werden. Für den Hochleistungssport können, aufgrund mangelnder geeigneter Stichproben, statistische Normen häufig nicht aufgestellt werden (Hohmann et al., 2007, S. 152).

Entgegen statistischer Normen lassen sich funktionale Normen nicht statistisch nachweisen. Sie werden subjektiv aufgestellt und beziehen sich nur auf Individuen. So sind bestimmte Teilleistungen von Spitzensportlern als ideal und funktional für die entsprechende Sportart anzusehen, müssen es aber nicht zwangsläufig auch für einen anderen Sportler sein. Ideale Normen beschreiben also die optimale Lösung einer sportlichen Aufgabe für einen bestimmten Sportler unter Berücksichtigung seiner individuellen Stärken und Schwächen und verändern sich dynamisch, entsprechend der individuellen sportlichen Form (Letzelter, Letzelter, 1983, S. 26).

Daneben bilden leistungsdiagnostische Ergebnisse eines Sportlers, die zu früheren Zeitpunkten erhoben wurden, wichtige Vergleichswerte, auf deren Grundlage die Entwicklung beurteilt und eine entsprechende Trainingssteuerung vorgenommen werden kann (Schnabel et al., 2008, S. 56).

2.2 Diagnostische Methoden im Sport

In der Sportwissenschaft stehen unterschiedliche empirische Methoden der Datenerhebung zur Leistungsdiagnostik zur Verfügung. Nach Eberspächer (1993, S. 333) sind die Bedeutendsten die Beobachtung, die Befragung, das Experiment und der Test.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Diagnostische Methoden der Datenerhebung

(nach Eberspächer, 1993, S. 333)

Beobachtung ist allgemein eine Bezeichnung für „…die aufmerksame und planvolle Wahrnehmung und Registrierung von Vorgängen, Ereignissen oder Mitmenschen in bestimmten Situationen“ (Bös, 1984, S. 469).

Die Befragung ist ein mit wissenschaftlicher Zielsetzung geplantes Vorgehen, „…bei dem die Versuchspersonen durch eine Reihe gezielter Fragen oder mitgeteilter Stimuli zu verbalen Informationen veranlasst werden sollen“ (ebd.).

Unter einem Experiment ist eine wiederholbare, unter kontrollierten Bedingungen stattfindende Beobachtung zu verstehen, „…wobei eine (oder mehrere) unabhängige Variable(n) derartig manipuliert wird (werden), dass eine Überprüfung der zugrunde liegenden Hypothese (Behauptung eines Kausalzusammenhanges) in unterschiedlichen Situationen gegeben ist“ (ebd.).

Das Wort „Test“ stammt aus dem englischen Sprachgebrauch und bedeutet so viel wie Probe. Im alltäglichen Sprachgebrauch wird der Begriff „Test“ so verallgemeinert und unbestimmt verwendet, dass praktisch jede Probe, Untersuchung, Fragestellung und die dazu nötigen Hilfsmittel als Test bezeichnet werden (Ingenkamp, 1963, S. 6).

Wenn ein Spieler vor dem Spiel sein Schuhwerk überprüft, ein Schiedsrichter den Platz auf Bespielbarkeit hin begutachtet oder die Tornetze auf die reguläre Befestigung hin überprüft, hat das jedoch kaum etwas mit einem Test im wissenschaftlichen Sinne gemeinsam (Loy, 2006, S. 40). Eine wissenschaftliche Begriffsbestimmung, die von vielen Autoren (vgl. u.a. Bös, 1987, S. 39; Loy, 2006, S. 41; Rost, 2004, S. 17) zitiert wird, liefert Lienert (1969, S. 7). Demnach versteht man unter einem Test „…ein wissenschaftliches Routineverfahren zur Untersuchung eines oder mehrerer empirisch abgrenzbarer Persönlichkeitsmerkmale mit dem Ziel einer möglichst quantitativen Aussage über den relativen Grad der individuellen Merkmalsausprägung“. Damit ist die Bedeutung des Wortes „Test“ in vielerlei Hinsicht eingeschränkt, sodass nicht jede beliebige zu diagnostischen Zwecken durchgeführte Untersuchung als Test bezeichnet werden kann. Demnach muss ein Test wissenschaftlich begründet und routinemäßig, also unter standardisierten Bedingungen, durchführbar sein. Darüber hinaus muss ein Test eine relative Positionsbestimmung des untersuchten Probanden innerhalb einer Gruppe oder in Bezug auf ein bestimmtes Kriterium ermöglichen und bestimmte empirisch abgrenzbare Eigenschaften, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Verhaltensdispositionen oder Kenntnisse prüfen. Um quantitative Aussagen über den relativen Grad der Merkmalsausprägung erhalten zu können, muss das untersuchte Merkmal entlang einer Einheitsskala messbar sein (Lienert, Raatz, 1998, S. 1). Gegenstand der Untersuchung sind immer relativ stabile und konsistente Merkmale, die für das im Test gezeigte Verhalten verantwortlich sind. Es muss jedoch nicht immer zwingend um quantitative Aussagen gehen. Ziel eines Tests können auch kategoriale Aussagen über die individuelle Ausprägung eines Merkmals sein (Rost, 2004, S. 17). Die Vorzüge eines Tests gegenüber anderen Untersuchungsmethoden, wie z. B. der Beobachtung, werden in der „…vergleichbaren, objektiven, messbareren, schnelleren und rationelleren Erfassung…“ gesehen (Ingenkamp, 1963, S. 7).

2.3 Sportmotorische Tests

2.3.1 Definition und Aufgabenbereiche sportmotorischer Tests

In Anlehnung an Lienert (1969, S. 7) kann der sportmotorische Test als „…ein unter Standardbedingungen durchgeführtes Verfahren zur Untersuchung eines oder mehrerer empirisch abgrenzbarer Merkmale des individuellen motorischen Eigenschafts-, des sportmotorisch-technischen und sportmotorisch-taktischen Fertigkeitsniveaus mit dem Ziel einer möglichst quantitativen Aussage über den relativen Grad der individuellen Merkmalsausprägung“ definiert werden (Ballreich, 1970, S. 16-17). „Standardbedingungen“ gewährleisten die Reproduzierbarkeit des Tests, sodass sinnvolle intra- und interindividuelle Vergleiche angestellt werden können. Sie sind für alle Phasen des testdiagnostischen Prozesses zu fordern, also für die Durchführung, Auswertung und Interpretation. Die Aussage über das empirisch abgrenzbare Merkmal bezeichnet eine erfahrungswissenschaftlich bestimmte Merkmalsobjektivierung im Gegensatz zu einer rein spekulativen, also begrifflichen. Mit dem „relativen Grad der Merkmalsausprägung“ ist die Möglichkeit der Einordnung der einzelnen Testergebnisse in eine Referenzgruppe gemeint, um interindividuelle Vergleiche anstellen zu können (ebd., S. 17). Dies kann bspw. auf einfachem Wege durch die Zuhilfenahme von Normtabellen geschehen (Neumaier, 1983, S. 30).

Soll ein sportmotorischer Test wissenschaftlichen Ansprüchen genügen und damit als solcher anerkannt werden, muss er den wissenschaftlichen Gütekriterien entsprechen, auf die in Kapitel 2.3.3 noch eingegangen wird. Daher ergänzen verschieden Autoren die Definition des sportmotorischen Tests um diesen notwendigen Aspekt (vgl. u.a. Bös, 1984, S. 485; Fetz, Kornexl, 1978, S. 9; Willimczik, Roth, 1983, S. 83).

Roth und Willimczik (1999, S. 258) definieren sportmotorische Tests als „…Bewegungsaufgaben, bei denen Probanden aufgefordert werden, das im Sinne der Aufgabenstellung bestmögliche Ergebnis (…) zu erzielen“. Ziel der Anwendung sportmotorischer Tests ist „…der Schluss von den erfaßten Leistungsdaten auf den individuellen Ausprägungsgrad der zugrundeliegenden motorischen Fertigkeiten oder Fähigkeiten“ (ebd.). Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass motorische Fähigkeiten und Fertigkeiten nicht direkt beobachtbar und messbar sind, sondern nur indirekt erfasst werden können. Grundlage für die Beurteilungen motorischer Fähig- und Fertigkeiten sind demnach erbrachte Leistungen bei der Lösung von Bewegungsaufgaben (Roth, Willimczik, 1999, S. 257-258).

Während Meinel und Schnabel (2007, S. 383) insgesamt drei Aufgabenbereiche differenzieren, in denen sportmotorische Tests zum Einsatz kommen, nämlich in den Bereichen Leistungsdiagnostik, Entwicklungsdiagnostik und Talentdiagnostik, unterscheiden Ballreich (1970, S. 19-21) und Bös (1984, S. 485) fünf Aufgabenbereiche:

- leistungsdiagnostischer Aufgabenbereich
- entwicklungsdiagnostischer Aufgabenbereich
- prognostischer Aufgabenbereich
- dimensionsanalytischer Aufgabenbereich
- experimenteller Aufgabenbereich

Diese fünf Bereiche sind im Rahmen der Trainingsplanung und Trainingskontrolle von unterschiedlicher Relevanz.

Leistungsdiagnostische Tests sollen das individuelle motorische Eigenschafts-, Fähigkeits- und Fertigkeitsniveau bestimmen und dadurch objektive Aussagen über den relativen Grad der konditionellen, technomotorischen und sportmotorisch-taktischen Komponenten, die am Zustandekommen der sportmotorischen Leistung beteiligt sind, ermöglichen. Diese Bestimmung ist „…notwendige Bedingung für eine intersubjektiv überprüfbare Trainingsberatung“ (Ballreich, 1970, S. 19-20).

Sportmotorische Tests im entwicklungsdiagnostischen Bereich ermöglichen die Feststellung von Änderungen des individuellen Eigenschafts-, Fähigkeits- und Fertigkeitsniveaus über längere Zeiträume. Der Entwicklungsverlauf der komplexen sportlichen Leistung und der sie bestimmenden Faktoren wird in Längsschnittuntersuchungen durch regelmäßige Testanwendung überprüft, festgehalten und nachvollzogen, z.B. indem Verlaufsprofile erstellt werden (Letzelter, 1985, S. 103).

Im prognostischen Aufgabenbereich, der sich ebenso auf den Breitensport wie auf den Hochleistungssport erstreckt, werden Tests zur Vorhersage von Eignung und Talent in Bezug auf bestimmte Sportarten eingesetzt. Aufgrund seiner vorhersagenden Funktion ist dieser Bereich für die sportmotorische Eignungsberatung von grundlegender Bedeutung (Ballreich, 1970, S. 20).

Der dimensionsanalytische Aufgabenbereich strebt eine Ökonomisierung des Trainings durch Erkennung sogenannter „motorischer Dimensionen“ an. Es geht dabei um die Bestimmung von Merkmalen, die voneinander unabhängig sind. Motorische Dimensionen machen jeweils separate Trainingsmaßnahmen erforderlich (Letzelter, 1985, S. 105).

Tests im experimentellen Aufgabenbereich ermöglichen es, Veränderungen im Ausprägungsgrad motorischer Fähig- und Fertigkeiten unter planmäßig veränderten Bedingungen zu erfassen, sodass die Effizienz trainingsmethodischer Maßnahmen überprüft werden kann (Ballreich, 1970, S. 21). Häufig müssen Trainer experimentieren, um weitere Leistungssteigerungen ihrer Sportler zu ermöglichen. Die Kontrolle des Erfolgs solcher Experimente ist unabdingbar, weil sich daraus Konsequenzen für die weitere Trainingsplanung ergeben. Dazu ist neben den Trainings- und Wettkampfkontrollen eine Analyse des vorangegangenen Trainings erforderlich (Letzelter, 1985, S. 105).

Die oben genannten Aufgabenbereiche sind nicht unabhängig voneinander, vielmehr sollten sie sich gegenseitig ergänzen, um möglichst exakte und wissenschaftlich fundierte Aussagen treffen zu können. Sie müssen immer in Zusammenhang mit den jeweiligen Intentionen des Untersuchenden gesehen werden (vgl. Ballreich, 1970, S. 19; Bös, 1984, S. 487; Letzelter, 1985, S. 103).

2.3.2 Klassifizierung sportmotorischer Tests

Zur Klassifizierung sportmotorischer Tests wurden in der Vergangenheit unterschiedliche Modelle veröffentlicht. So unterteilen bspw. Carl (1973, S. 254) und ebenso Meinel und Schnabel (2007, S. 383-384) sportmotorische Tests nach dem Gegenstandsbereich, also unter Bezugnahme auf die zu überprüfenden Eigenschaften, Fähigkeiten und Fertigkeiten. Während Carl (1973) eine Gliederung in Konditions-, Technik- und Taktiktests vornimmt, unterscheiden Meinel und Schnabel (2007) Konditionstests, Koordinationstests, Beweglichkeitstest und Fertigkeitstests. Auffällig ist dabei, dass bei Meinel und Schnabel der Bereich Taktik außer Acht gelassen wird. Dass Konditions-, Koordinations- und Beweglichkeitstests bei Carl im Gegensatz zu Meinel und Schnabel unter dem Bereich Konditionstests zusammengefasst werden, ist wohl auf ein unterschiedliches Verständnis des Konditionsbegriffs zurückzuführen. Die Problematik und die differierenden Definitionen und Auffassungen des Begriffs Kondition in der Sportwissenschaft werden in Kapitel 2.5.3 noch genauer betrachtet. Die Einteilungen nach dem Gegenstandsbereich lassen sich natürlich weiter untergliedern. Konditionstests können so z.B. weiter in Kraft-, Schnellkraft-, Ausdauertests etc. spezifiziert werden.

Bös (1987, S. 67-71) publiziert ein Schema, dass auf vier Ebenen zu einer Unterscheidungsmöglichkeit von 36 relevanten Einteilungsdimensionen führt, die jeweils noch weitere Gliederungsmöglichkeiten aufweisen, wodurch das Gesamtraster für die praktische Anwendung kaum noch handhabbar ist.

Eine Klassifizierung bezüglich der Anzahl der angewandten Testaufgaben und deren inhaltlicher Beziehung zueinander liefert Neumaier (1983, S. 33). Dieses Modell ist in Abbildung 2 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Klassifizierung sportmotorischer Testverfahren

(nach Neumaier, 1983, S. 33)

Zunächst sind Einzeltests von Testsystemen zu unterscheiden. Einzeltests erfassen ein bestimmtes, klar abgegrenztes Merkmal. Unter ihnen ist wiederum zu differenzieren zwischen elementaren und komplexen Einzeltests. Während elementare Einzeltests durch eine einzige Testaufgabe gekennzeichnet sind, wie bspw. ein 30m-Sprinttest, bestehen komplexe Einzeltests aus mehreren Testaufgaben (Letzelter, 1985, S. 112), wie etwa Gewandtheits- oder Hindernisläufe, mit deren Hilfe die Gesamtheit der allgemeinen koordinativen Fähigkeiten erfasst werden soll (Roth, Willimczik, 1999, S. 267).

Unter den Testsystemen, mit denen ein komplexes Merkmal erfasst werden soll, wird zwischen Testbatterien und Testprofilen unterschieden. Testprofile stellen eine Kombination aus mehreren Einzeltests dar, die jeweils „…ein Höchstmaß an Eigenständigkeit bewahren“ (Lienert, 1969, S. 366). Die Eigenständigkeit der verschiedenen Testaufgaben bleibt auch bei der Auswertung der Ergebnisse bestehen. Entsprechend werden die Resultate nicht zu einem einzigen Wert zusammengefasst, sondern in der Regel graphisch in Form eines Leistungsmusters bzw. -profils dargestellt (Roth, Willimczik, 1999, S. 267). Zielt das Testprofil auf die Erfassung motorischer Komplexeigenschaften, wie bspw. motorische Gewandtheit, in ihren einzelnen Faktoren ab, wird es als homogen bezeichnet. Heterogene Testprofile setzen sich dagegen aus eigenständigen Einzeltests eines breiteren Bereiches zusammen, um z.B. ein allgemeines sportmotorisches Leistungsprofil zu erstellen (Fetz, Kornexl, 1978, S. 18).

Testbatterien kombinieren ebenso verschiedene Einzeltests, allerdings geben diese ihre Eigenständigkeit auf und treten in den Dienst eines gemeinsamen Untersuchungsziels, nämlich ein definiertes Merkmal möglichst präzise zu erfassen. Dazu werden die Ergebnisse der kombinierten Einzeltests zu einem Gesamtwert zusammengefasst (Lienert, 1969, S. 367). Dies geschieht in der Regel, indem die Einzeldaten zunächst standardisiert, also in z-Werte transformiert werden. Anschließend kann entweder das Mittel der z-Werte – die sogenannte Profilhöhe – gebildet werden oder man fasst die z-Werte zu einem Summenscore zusammen (Roth, Willimczik, 1999, S. 267). Bei homogenen Testbatterien ist die Korrelation der Einzeltests untereinander hoch, die zu untersuchende Eigenschaft, Fähigkeit oder Fertigkeit wird also von verschiedenen Seiten betrachtet, während die Interkorrelation der Einzeltests bei heterogenen Testbatterien gering ist. In diesem Fall werden gewissermaßen verschiedene Aspekte eines Merkmals erfasst (Fetz, Kornexl, 1978, S. 18).

2.3.3 Zur Aussagekraft sportmotorischer Tests

Damit ein sportmotorischer Test als wissenschaftlich begründetes Untersuchungsverfahren anerkannt werden kann, ist der Nachweis über die Aussagekraft des Tests zu erbringen. Es soll also überprüft werden, ob der Test in der sportwissenschaftlichen Forschung und der Praxis überhaupt brauchbar ist. Die Beurteilung der Aussagekraft von Kontrollverfahren erfolgt anhand der Qualität der Gütekriterien. In der klassischen Testtheorie unterscheidet man die unverzichtbaren Hauptgütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität von den Nebengütekriterien, die als bedingte Forderungen an einen Test angesehen werden können. Diese sind Normierung, Ökonomie, Nützlichkeit, Vergleichbarkeit und Trennschärfe. Sportmotorische Tests sind nur aussagekräftig, wenn sie den Hauptgütekriterien entsprechen. Die Nebengütekriterien sind als „…mehr oder weniger selbstverständliche Forderungen…“ (Willimczik, Roth, 1983, S. 83) an einen guten Test zu verstehen.

2.3.3.1 Hauptgütekriterien

Unter Objektivität eines Tests ist der Grad der Unabhängigkeit des Testergebnisses von jeglichen äußeren Umständen außerhalb des untersuchten Probanden zu verstehen (Rost, 2004, S. 33). Diese Unabhängigkeit wird für die Phasen der Testdurchführung, -auswertung und -interpretation gefordert und bezieht sich in erster Linie auf die Person des Testleiters, Auswerters und Interpreten, die nicht zwingend identisch zu sein braucht. Demnach kann die Objektivität eines Tests in die Subkategorien Durchführungs-, Auswertungs- und Interpretationsobjektivität differenziert werden (Ballreich, 1970, S. 23).

Bei der Durchführungsobjektivität, die auch als Objektivität der Datengewinnung bezeichnet werden kann, sind Mängel durch Verhaltensvariationen der Testleiter und -helfer während der Testdurchführung möglich, die zu Verhaltensvariationen der Probanden führen und das Testergebnis beeinflussen können. Eine hohe Durchführungsobjektivität kann nur bei exakter Einhaltung der vorher festgelegten Durchführungsbestimmungen und standardisierten Bedingungen sichergestellt werden (Meinel, Schnabel, 2007, S. 384). Das umfasst sowohl die exakte und immer identische Testprovokation in Form von Testbeschreibung und eventueller Demonstration als auch die Standardisierung der Registrierbögen, Test- und Messgeräte (Willimczik, Roth, 1983, S. 84). Daneben sind auch mögliche äußere Einflussfaktoren, wie etwa Witterungsbedingungen, zu beachten.

Die Auswertungsobjektivität kann bei sportmotorischen Tests in der Regel als gegeben betrachtet werden, da die Auswertung exakter Daten nach festgelegten mathematischen und statistischen Gesetzmäßigkeiten keine subjektiven Einflussmöglichkeiten zulässt (Meinel, Schnabel, 2007, S. 348). Probleme können sich nur dann ergeben, wenn die Auswertung nicht anhand quantitativer Maßzahlen, sondern über die Beurteilung des Bewegungsvollzugs selbst erfolgt. In solchen Fällen müssen für eine hohe Auswertungsobjektivität eindeutige Auswertungskriterien zur Verfügung stehen, nach denen sich der Testauswerter verbindlich richtet (Roth, Willimczik, 1999, S. 259-260).

Interpretationsobjektivität verlangt, dass „…verschiedene Experten aus den ausgewerteten Ergebnissen eines Tests die gleichen Schlussfolgerungen ziehen…“ (ebd., S. 261).

Sie ist bei den meisten sportmotorischen Tests gegeben, sofern die Auswertung der Testergebnisse zu einem numerischen Wert führt und dieser die Position des Probanden auf einer definierten Skala bestimmt, wenn also das geprüfte Merkmal durch eine quantitative Maßzahl beschrieben werden kann. Ein Proband, der in einem Sprinttest eine gegebene Strecke in kürzerer Zeit zurücklegt, wird unabhängig von der Person des Interpreten immer als leistungsfähiger eingestuft als ein Proband, der für die gleiche Strecke länger braucht (ebd.).

Die verschiedenen Aspekte der Objektivität eines sportmotorischen Tests können in komplexer Form überprüft werden. Ein häufig vorgeschlagenes Verfahren dazu ist die Testwiederholung, mit der neben der Objektivität auch gleichzeitig die Reliabilität (Zuverlässigkeit) bestimmt werden kann. Dabei erfolgt die Wiederholung mit den gleichen Probanden, wohingegen Testleiter und -helfer gewechselt werden. Die Testleistungen der beiden Durchführungen werden anschließend miteinander korreliert. Der Zeitraum zwischen beiden Tests liegt in der Regel zwischen einigen Tagen und drei Wochen. Einerseits dürfen die Leistungen im Retest nicht durch Gedächtnis- und Übungseffekte aus dem ersten Test beeinflusst werden, andererseits soll vermieden werden, dass sich das Niveau des untersuchten Merkmals zwischen erstem und zweitem Test individuell unterschiedlich verändert (Meinel, Schnabel, 2007, S. 385).

Die Reliabilität eines sportmotorischen Tests bezeichnet den Grad der Genauigkeit, mit dem ein Merkmal gemessen wird, unabhängig davon, ob der Test dieses Merkmal auch zu messen beansprucht (Lienert, 1969, S. 14). Ein Test ist also völlig reliabel, wenn eine Eigenschaft, Fähigkeit oder Fertigkeit durch das Testergebnis absolut fehlerfrei beschrieben wird (Letzelter, 1985, S. 110). Meinel und Schnabel (2007, S. 385) bezeichnen die Reliabilität eines Tests als „…Ausdruck der Beständigkeit oder Stetigkeit der Testleistungen einer Person bei wiederholter Durchführung“. Demnach müssen bei demselben Probanden unter gleichen Bedingungen adäquate Testergebnisse erreicht werden und entsprechend reproduzierbar sein. Zu bestimmen ist die Zuverlässigkeit eines sportmotorischen Tests über die korrelationsstatistische Berechnung des Reliabilitätskoeffizienten. Dazu stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung: das Retest-, das Paralleltest- und das Testhalbierungsverfahren.

Das Retestverfahren wurde bereits als Möglichkeit zur Bestimmung der komplexen Objektivität eines Tests vorgestellt. Dieses Verfahren wird im sportmotorischen Bereich am häufigsten eingesetzt. Es ist jedoch nur sinnvoll, wenn mit Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass Störeinflüsse durch die Testwiederholung, wie Übungs-, Lern- und Gewöhnungseffekte oder auch Ermüdungseinflüsse und Motivationsminderungen, keine oder zumindest praktisch zu vernachlässigende Auswirkungen auf die Korrelation zwischen den beiden Testleistungen haben. In Abhängigkeit vom Zeitintervall zwischen Test und Retest können interindividuell unterschiedliche Schwankungen im Niveau des untersuchten Merkmals resultieren, daher macht das Verfahren der Testwiederholung auch Aussagen über die zeitliche Stabilität und Konstanz von Eigenschaften, Fähigkeiten und Fertigkeiten (Roth, Willimczik, 1999, S. 263). Entsprechend eignet sich das Retestverfahren zur Reliabilitätsbestimmung nur bei Testformen, die ein relativ stabiles und konstantes Merkmal untersuchen.

Mit dem Paralleltestverfahren lässt sich die Zuverlässigkeit eines sportmotorischen Tests überprüfen, indem der Test mit einem bereits als objektiv, reliabel und valide bestimmten zweiten Test (Paralleltest) korreliert wird. Voraussetzung für die Anwendung des Paralleltestverfahrens ist also, dass bereits ein anderer authentischer Test existiert. Beide Paralleltests sollten innerhalb weniger Tage durchgeführt werden (Meinel, Schnabel, 2007, S. 385). Vorteil dieser Methode ist, dass die beim Retestverfahren schwer zu vermeidenden Störfaktoren durch Lern- und Übungseffekte etc. in der Regel verringert werden können. Es ist allerdings nicht davon auszugehen, dass eine absolute Parallelität der Messungen in der Praxis verwirklicht werden kann (Roth, Willimczik, 1999, S. 263), zudem muss berücksichtigt werden, dass die Störfaktoren durch Wiederholungseinflüsse mit zunehmender Parallelität zweier zugeordneter Testformen ansteigen (Ballreich, 1970, S. 40).

Das Testhalbierungsverfahren kommt in sportwissenschaftlichen Untersuchungen seltener zum Einsatz, es ist jedoch unter bestimmten Voraussetzungen eine mögliche Methode die Reliabilität eines Tests zu schätzen. Dazu muss der Test zum einen in zwei gleichwertige Hälften zerlegt werden können, die das gleiche Merkmal messen, zum anderen müssen beide Testhälften gleichschwierige Aufgaben beinhalten. Beide Testhälften werden einzeln für sich ausgewertet und die erhaltenen Daten anschließend miteinander korreliert. Testhalbierungskoeffizienten fallen meistens etwas höher aus als Testwiederholungs- oder Paralleltestkoeffizienten, da diverse situative Aspekte (wie Tageszeit oder Lichteinflüsse) ebenso wie Zustände der Probanden (bspw. Stimmungen und Motivationslagen) beide Hälften des Tests gleichermaßen betreffen und nicht in den Messfehler und damit in den Korrelationskoeffizienten eingehen. Dies gilt es bei der Anwendung des Testhalbierungsverfahrens zu beachten (Roth, Willimczik, 1999, S. 263-264).

In der Praxis werden oftmals die Kriterien der Objektivität und Reliabilität eines sportmotorischen Tests gemeinsam mithilfe des Testwiederholungs- oder Paralleltestverfahrens überprüft. Zu diesem Zweck werden zusätzlich Testleiter bzw. -helfer sowie Testauswerter und -interpreten gewechselt. Somit gehen in den Korrelationskoeffizienten sowohl Effekte externer Situationsbedingungen, die die Objektivität berühren, als auch personenbezogene Zustandsvariablen, die die Zuverlässigkeit betreffen, ein.

Die Validität bzw. Gültigkeit eines sportmotorischen Tests beschreibt den Grad der Genauigkeit, mit dem der Test diejenige Eigenschaft, Fähigkeit oder Fertigkeit misst, die er auch zu messen vorgibt. Wenn also die Ergebnisse eines Tests einen unmittelbaren und fehlerfreien Rückschluss auf das Niveau des zu erfassenden Merkmals zulassen, gilt dieser als vollkommen valide (Lienert, Raatz, 1998, S. 10). Die Validität hat eine zentrale und übergeordnete Bedeutung inne, denn nur wenn man genau weiß, was man misst, können entsprechende Schlüsse aus den Testergebnissen gezogen werden (Roth, Willimczik, 1999, S. 264). Zu unterscheiden sind die inhaltliche Validität, die Konstruktvalidität und die kriterienbezogene Validität.

Wenn ein sportmotorischer Test so konstruiert ist, dass er das zu untersuchende Merkmal mit äußerst hoher Wahrscheinlichkeit erfasst, er also selbst das bestmögliche Kriterium darstellt, gilt er als inhaltlich und logisch valide (Meinel, Schnabel, 2007, S. 386). Bei Techniktests wird die inhaltliche Validität häufig ohne jegliche Überprüfung unterstellt, da bei solchen „…die Entsprechungen zwischen den gestellten Aufgaben und den jeweils zugrunde liegenden speziellen motorischen Leistungsmerkmalen offensichtlich sind“ (Willimczik, Roth, 1983, S. 85). Sind die Beziehungen zwischen Kriteriumsaufgaben und motorischen Merkmalen nicht eindeutig, muss die inhaltliche Validität über ein Expertenrating abgesichert werden. Die inhaltliche Validität wird dem Test also durch ein Gremium von Experten zugesprochen und nicht empirisch überprüft (Letzelter, 1985, S. 111).

Von der Behandlung der Konstruktvalidität wird an dieser Stelle abgesehen, da diese für die vorliegende Arbeit ohne Relevanz ist.

Die kriterienbezogene Validität ist empirisch überprüfbar und stellt den Zusammenhang zwischen den Ergebnissen des Tests und denen eines Außenkriteriums fest (Letzelter, 1985, 111). Sie „…bildet das wichtigste Maß für die Beurteilung der anwendungspraktischen Relevanz eines Tests“ (Bös, 1987, S. 145). Hierbei wird die Gültigkeit des Tests anhand eines Außenkriteriums überprüft, welches das zu untersuchende Merkmal eindeutig repräsentiert. Die Testleistungen werden also mit denen des repräsentativen Außenkriteriums korreliert. Als Außenkriterium für bestimmte motorische Merkmale werden häufig sportliche Leistungen, Teilleistungen oder das Schätzurteil des Trainers herangezogen (Meinel, Schnabel, 2007, S. 386).

2.3.3.2 Wechselbeziehungen zwischen den Hauptgütekriterien

Zwischen den drei wissenschaftlichen Hauptgütekriterien bestehen logische Beziehungen und Abhängigkeiten, die unter bestimmten mathematischen Annahmen auch in Formeln ausgedrückt werden können. Objektivität eines sportmotorischen Tests ist eine logische Voraussetzung für die Reliabilität und diese ist wiederum eine logische Voraussetzung für die Validität. Ein Test, der mit den gleichen Probanden bei einem anderen Testleiter vollkommen andere Ergebnisse liefert, der also nicht objektiv ist, kann auch keine ausreichende Messgenauigkeit besitzen und damit nicht reliabel sein. Gleichermaßen kann ein Test mit sehr geringer Messgenauigkeit keine hohe Validität erreichen (Rost, 2004, S. 33). Die Validität kann nie größer sein als die Reliabilität und diese nie größer als die Objektivität. Eine hohe Validität gewährleistet bereits eine hohe Objektivität und Reliabilität, weshalb die Validität auch als zentrales Gütekriterium eines Tests ausgewiesen werden kann. Eine hohe Objektivität und Reliabilität sagt im Gegenzug jedoch noch nichts über die Validität eines Testverfahrens aus. Ein in hohem Maße objektiver und reliabler Test ist praktisch wertlos, wenn er keine ausreichende Gültigkeit besitzt (Bös, 1987, S. 119).

2.3.3.3 Nebengütekriterien

Im Gegensatz zu den wissenschaftlichen Hauptgütekriterien wird den Nebengütekriterien in der diagnostischen Fachliteratur vergleichsweise wenig Beachtung geschenkt. Für die praktische Anwendung eines sportmotorischen Tests sind die Nebengütekriterien jedoch von entscheidender Bedeutung. Lienert und Raatz (1998, S. 7) differenzieren vier Nebengütekriterien: Normierung, Vergleichbarkeit, Ökonomie und Nützlichkeit. Fetz und Kornexl (1978, S. 15) nennen darüber hinaus die Aufgabentrennschärfe. Für Nebengütekriterien, mit Ausnahme der Aufgabentrennschärfe, gibt es keinen zahlenmäßigen Kennwert, mit dem diese exakt zu bestimmen wären, wie dies bei den Hauptgütekriterien in Form der Korrelationskoeffizienten der Fall ist.

Die Normierung eines Tests erlaubt es, individuelle Testresultate in ein Bezugssystem einordnen zu können. Dazu müssen entsprechende Angaben über den Test vorliegen (Lienert, Raatz, 1998, S. 11). Besonders für die praktische Verwertung ist die Schaffung von Normen notwendig, die diese Einordnung und damit eine brauchbare Bewertung und Interpretation der Testergebnisse ermöglichen. Dazu sind die Normwerte jeweils für den Personenkreis bereitzustellen, bei dem der Test zur Anwendung kommen soll (Meinel, Schnabel, 2007, S. 398). Normwerte können als Richtlinie für Trainer und Sportler bei der Beurteilung der individuellen Leistungsfähigkeit dienen und sind somit von großer Praxisrelevanz. Es ist plausibel, dass „…ein Test, der zwar die Hauptgütekriterien erfüllt, aber nicht normiert ist, keine oder nur sehr geringe diagnostische Brauchbarkeit besitzt…“ (Lienert, Raatz, 1998, S. 12).

Das Kriterium der Ökonomie betrifft „…jene Bedingungen, welche die praktikable Handhabung und somit routinemäßige Anwendung eines Tests ermöglichen“ (Ballreich, 1970, S. 59). Dieses Kriterium ist allerdings relativ und kann immer nur im Verhältnis zu dem Testzweck beurteilt werden. Einfach zu erfassende Merkmale sind immer auch mit ökonomischeren Tests überprüfbar als Merkmale, die sehr kompliziert und schwer zu erfassen sind (Meinel, Schnabel, 2007, S. 389). Allgemein kann ein Test jedoch als umso ökonomischer betrachtet werden, je mehr der folgenden Bedingungen er erfüllt: Ein ökonomischer Test soll eine kurze Durchführungszeit beanspruchen und möglichst wenig Material verbrauchen, darüber hinaus einfach zu handhaben, als Gruppentest durchführbar sowie schnell und bequem auszuwerten sein (Lienert, Raatz, 1998, S. 12).

Die Nützlichkeit eines sportmotorischen Tests beschreibt, inwiefern er ein bestimmtes Merkmal misst, für dessen Untersuchung auch ein praktisches Bedürfnis besteht. Wenn ein Test in seiner Funktion von keinem anderen Test vertreten werden kann, hat er eine hohe Nützlichkeit. Dagegen kommt einem Test, der ein Merkmal erfasst, das ebenso gut mit einer Reihe anderer Tests untersucht werden könnte, geringe Nützlichkeit zu (ebd., S. 13).

Vergleichbar ist ein Test, wenn mindestens eine Paralleltestform existiert oder validitätsähnliche Tests verfügbar sind. Mit einer Parallelform kann der Test sozusagen mit sich selbst verglichen und so eine intraindividuelle Reliabilitätsprüfung vollzogen werden. Die Korrelation zwischen zwei validitätsähnlichen Tests ermöglicht eine intraindividuelle Validitätskontrolle (ebd., S. 12).

Die Aufgabentrennschärfe trifft Aussagen darüber, ob interindividuelle Unterschiede bezüglich der Testleistung eindeutig erkennbar sind, ob der Test also in der Lage ist, bessere von schlechteren Leistungen zu unterscheiden. Wie trennscharf ein Testverfahren ist, wird maßgeblich durch die Aufgabenschwierigkeit bestimmt. Das Maximum liegt im Bereich mittlerer Aufgabenschwierigkeit. Aus zu hoher oder zu niedriger Schwierigkeit ergibt sich eine geringere Trennschärfe (Fetz, Kornexl, 1978, S. 15). In der Regel liegen bei sportmotorischen Tests ordinal- oder intervallskalierbare Merkmale vor. Auch die zu untersuchenden Merkmale des „Tests zur An- und Mitnahme flacher Bälle“ weisen intervallskalierbare Bedingungen auf, die eine ausreichend hohe Trennschärfe bewirken (vgl. Ballreich, 1970, S. 67), wodurch die Bedeutung der Aufgabenschwierigkeit in den Hintergrund tritt.

2.3.3.4 Probleme sportmotorischer Testverfahren

Auf die Hauptprobleme, die bei sportmotorischen Tests auftreten können, wurde bereits bei der Darstellung der wissenschaftlichen Gütekriterien hingewiesen. Durch die „…Eigenart der menschlichen Bewegung und des menschlichen Bewegungsverhaltens, seinen Bedingungen und seinem Zustandekommen“ (Rapp, Schoder, 1977, S. 25) ergeben sich noch einige weitere spezifische Probleme.

Das Problem des Lernens und Übens stellt eine Schwierigkeit bei sportmotorischen Tests dar, die sich auf die Reliabilität und Validität eines Testverfahrens auswirkt. Je nach Testkonstruktion und Aufgabenstellung können bei der Durchführung des Tests Trainingseffekte auftreten, die in der Regel umso deutlicher ausfallen, je niedriger das individuelle Leistungsniveau des Probanden ist. So kann bei ungeübten Probanden bereits nach einmaliger Testwiederholung ein Lerneffekt entstehen. Ein Übungseffekt kann auch aus der Gewöhnung an Raum- und Zeitverhältnisse resultieren. Desweiteren wirken Tests als Stressoren und können in Abhängigkeit von der Persönlichkeit des Probanden stimulierende oder hemmende Wirkungen haben. Reduzieren bzw. ausgleichen lassen sich diese Effekte, deren Auswirkungen im Allgemeinen in vertretbaren Grenzen gehalten werden können, durch entsprechende Gestaltung der Testsituation und evtl. durch Gewöhnung an die Bewegungsformen (ebd., S. 25-26).

Motorische Eigenschaften, Fähigkeiten und Fertigkeiten können nicht direkt gemessen werden. Lediglich kann über den von außen beobachtbaren Bewegungsvollzug auf die zugrunde liegenden Merkmale geschlossen werden. Hieraus ergeben sich zum einen Probleme, die individuellen Ausprägungen der zu untersuchenden Merkmale exakt zu erfassen und zum anderen, einzelne Merkmale voneinander abzugrenzen, da selbst einfache Bewegungsformen immer nur durch Zusammenwirken mehrerer unterschiedlicher Fähig- und Fertigkeiten vollzogen werden können (ebd., S. 26-27).

Ein weiteres Problem besteht in der Aussagefähigkeit von Testverhalten im motorischen Bereich. Mithilfe sportmotorischer Tests sollen Aussagen diagnostischer oder prognostischer Art ermöglicht werden, indem die in einem Test erbrachten Bewegungsleistungen verallgemeinert werden. So wird bspw. aus den Ergebnissen eines Fitness-Tests auf die allgemeine physische Leistungsfähigkeit geschlossen oder es werden Eignungs- bzw. Begabungstests zur Feststellung von speziellen Eignungen oder Begabungen für einzelne Sportarten oder zur Ermittlung der Lernfähigkeit herangezogen. Hierbei stellt sich die Frage, in welchem Maße solche Verallgemeinerungen von Testergebnissen zulässig sind und Gültigkeit besitzen bzw., ob der Test denn auch tatsächlich das misst, was er messen soll oder etwas anderes. Zu berücksichtigen ist ebenso, dass das Bewegungsverhalten des Probanden in der künstlich geschaffenen Testsituation von dem „freien Bewegungsverhalten“ abweichen und somit das Testergebnis verfälschen kann (ebd., S. 29-30).

2.4 Motorische Ontogenese und Konsequenzen für die Ausbildung im Jugendfußball

Die Bewertung des Leistungsniveaus von jugendlichen Sportlern kann immer nur unter Berücksichtigung des individuellen Entwicklungsstandes des jeweiligen Sportlers erfolgen. Dazu ist es unabdingbar, die verschiedenen Entwicklungsstufen mit ihren besonderen Merkmalen zu kennen. Diese Kenntnis bildet nicht nur den Ausgangspunkt für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit, sondern ebenso für die Festlegung von Trainingsschwerpunkten im Kinder- und Jugendtraining, sodass sogenannte „sensible Phasen“ der motorischen Entwicklung gezielt ausgenutzt werden können. Thieß, Schnabel und Baumann (1978, S.175) kennzeichnen „sensible Phasen“ als begrenzte Zeiträume im Entwicklungsprozess des Menschen, in denen dieser auf Umweltreize besonders intensiv mit entsprechenden Entwicklungseffekten reagiert. Werden entsprechende Trainingsinhalte in diesen Zeiträumen versäumt, können diese später nur noch mit viel Aufwand oder gar nicht mehr nachgeholt werden, da eine Steigerung konditioneller und koordinativer Fähigkeiten sowie das Erlernen von Bewegungsfertigkeiten in anderen Entwicklungsphasen nicht mit gleicher Effektivität möglich ist (Baumann, Reim, 1994, S. 197).

Meinel und Schnabel (2007, S. 243) beschreiben die motorische Ontogenese des Menschen als Individualgenese der Motorik über den gesamten Lebenszeitraum und teilen diesen Entwicklungsprozess, wie in Abbildung 3 dargestellt, in Phasen von der pränatalen Entwicklung bis zum späteren Erwachsenenalter ein. Auf die Problematik der exakten Festlegung der einzelnen Entwicklungsphasen wird im Anschluss an die Phasenbeschreibung noch eingegangen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Entwicklungsphasen in der Ontogenese des Menschen und deren motorische Kennzeichnung (nach Meinel, Schnabel, 2007, S. 248)

Der im Rahmen dieser Arbeit entwickelte und zu evaluierende „Test zur An- und Mitnahme flacher Bälle“ wurde an männlichen D- und C-Jugendfußballern im Alter zwischen 11 und 15 Jahren durchgeführt. Damit befinden sich die Probanden nach der Einteilung von Meinel und Schnabel in den Entwicklungsphasen des „späten Kindesalters“ und des „frühen Jugendalters“, weshalb an dieser Stelle eine genauere Betrachtung dieser beiden Entwicklungsphasen erfolgen soll.

Die Phase des späten Kindesalters umfasst bei Jungen etwa das 10./11.- bis 12./13. Lebensjahr. Sie wird häufig als Phase der besten motorischen Lernphase in der Kindheit oder als „goldenes Lernalter“ bezeichnet, da Kinder in dieser Entwicklungsstufe sehr gute Voraussetzungen haben, neue Bewegungsfertigkeiten zu erlernen. Oftmals werden gänzlich neue Bewegungen durch Anschauen und Nachmachen schon nach wenigen Versuchen beherrscht. Die Gründe für dieses sogenannte „Lernen auf Anhieb“ liegen in den günstigen Körperproportionen, die denen der vorangegangenen Entwicklungsphasen sehr ähnlich sind, mit gleichmäßigen harmonischen Wuchstendenzen, einer verbesserten Wahrnehmungsfähigkeit und Beobachtungsgabe (Meinel, Schnabel, 2007, S. 298) sowie weiterhin deutlichen Leistungssteigerungen im Bereich der koordinativen Fähigkeiten (ebd., S. 302). Zusätzlich förderlich ist der Umstand, dass sich Kinder dieses Alters allgemein durch Lerneifer, Aktivität und Leistungsbereitschaft auszeichnen, bei hohem aber beherrschtem und zielgerichtetem Bewegungsbedürfnis (ebd., S. 299-300), emotionaler Ausgeglichenheit, Selbstvertrauen und Risikobereitschaft (Frizi, 2003, S. 23). Die Reaktionszeiten nähern sich zum Ende des späten Kindesalters den Maximalwerten an. Bewegungsfrequenz und -stärke verbessern sich deutlich. Leichte Verbesserungen sind bezüglich der Maximalkraft- und Schnellkraftfähigkeiten zu beobachten (Meinel, Schnabel, 2007, S. 202-203). Die Voraussetzungen für die Entwicklung der aeroben Ausdauerleistungsfähigkeit sind sehr gut, wohingegen die anaeroben Kapazitäten noch gering sind und ebenso die Fähigkeit der Laktateliminierung stark eingeschränkt ist (Weineck, 2004, S. 171).

Das frühe Jugendalter (Pubeszenz) beschreibt den Übergang vom Kindes- zum Erwachsenenalter und umfasst bei männlichen Jugendlichen das 12./13.- bis 14./15. Lebensjahr. Diese Entwicklungsphase kann als Phase der Umstrukturierung motorischer Fähig- und Fertigkeiten bezeichnet werden. Infolge der verstärkten Ausschüttung von Geschlechts- und Wachstumshormonen kommt es in der Regel zu einem erheblichen Wachstumsschub. Vor allem das Längenwachstum setzt verstärkt ein (insbesondere ein schnelleres Wachstum der Extremitäten im Vergleich zum Rumpf) und führt zu ungünstigen Veränderungen der Körperproportionen. Im Bereich der koordinativen Fähigkeiten und sporttechnischen Fertigkeiten kommt es häufig zu Stagnationserscheinungen oder verlangsamten Entwicklungen (Meinel, Schnabel, 2007, S. 324). Diese negativen motorischen Entwicklungen äußern sich nicht selten in Frustration und Verlust des Selbstvertrauens.

Die hormonellen Veränderungen in Verbindung mit den intensiven Wachstumsprozessen begünstigen besonders die Entwicklung von Kraft- und Ausdauerfähigkeiten, während die Schnelligkeitsfähigkeiten allmählich keine weiteren Steigerungen mehr zulassen (Meinel, Schnabel, 2007, S. 319). Trotz verlangsamter Entwicklung der Schnelligkeits- und der koordinativen Fähigkeiten, ergeben sich durch die Steigerung der Maximal- und Schnellkraft sowie der Zunahme der anaeroben Kapazität hohe Zuwachsraten in der Sprintschnelligkeit (Weineck, 2004. S. 473).

Jugendliche verfügen in der Pubeszenz über gesteigerte Intelligenz und abstraktes Denkvermögen. Dieser positiven Entwicklung steht jedoch eine hohe Stimmungslabilität, emotionale Unausgeglichenheit und ein oftmals zu beobachtendes Absinken der Konzentration bei motorischen Aufgaben gegenüber. Häufig stehen individuelle Interessen und Bedürfnisse im Vordergrund, was vermehrt zu Konflikten im sozialen Bereich führt. In diesem Zusammenhang kommt es oftmals zu Umorientierungen bezüglich der eigenen Interessen und Motive, die auch Einfluss auf die Einstellung zum Sporttreiben haben können (Meinel, Schnabel, 2007, S. 317).

Die Einteilung der motorischen Ontogenese in Phasen, die jeweils an ein bestimmtes kalendarisches Alter geknüpft sind, gestaltet sich sehr problematisch und ist daher kritisch zu betrachten. Innerhalb einzelner Altersstufen können mitunter erhebliche Leistungs- und Entwicklungsunterschiede auftreten. Besonders auffällig sind diese Unterschiede in der Pubertät, die Problematik besteht jedoch grundlegend in allen Altersstufen. Die Ursache dafür ist in dem Phänomen der Akzeleration (Entwicklungsbeschleunigung) bzw. der Retardation (Entwicklungsverzögerung) zu sehen. So gibt es immer wieder Kinder und Jugendliche, die in ihrer Entwicklung ihrem kalendarischen Alter voraus sind, bei denen also z.B. Geschlechtsreife und Wachstumsschub früher einsetzen und solche, bei denen diese Entwicklung relativ später auftritt (Willimczik, Roth, 1983, S. 298). Auch Baumann und Reim (1994, S.195) postulieren die Phaseneinteilung nach Altersabschnitten, welche auf das kalendarische Alter bezogen wird, lediglich als grobe Orientierung anzusehen, da die Schwankungen des biologischen Alters zwischen zwei kalendarisch Gleichaltrigen bis zu sechs Jahre betragen kann.

Besonders problematisch wird das Phänomen der Akzeleration und Retardation, wenn nicht alle Persönlichkeitsmerkmale in gleicher Weise betroffen sind, sondern die Entwicklungsbeschleunigung bzw. -verzögerung nur ein(ige) Merkmal(e) betrifft. Bei der sogenannten „asynchronen Akzeleration/ Retardation“ kann bspw. eine Akzeleration bezüglich des körperlichen Wachstums mit einer Retardation der geistigen Entwicklung einhergehen. Eine Abweichung der biologischen Entwicklung von der „Entwicklungsnorm“ kann somit zu Fehlinterpretationen des individuellen Entwicklungsverlaufs führen (Willimczik, Roth, 1983, S. 298).

Aus den dargelegten Charakteristika der motorischen Ontogenese 10/11- bis 14/15-Jähriger und der Problematik des Akzelerations- und Retardationsphänomens ergeben sich logische Konsequenzen für die individuelle Beurteilung des Leistungsstandes einzelner Sportler und für die Ausbildung im Jugendfußball, speziell im D- und C-Jugendbereich.

Zunächst muss sich der Trainer bewusst sein, dass – trotz gleichen kalendarischen Alters seiner Spieler – erhebliche Unterschiede in der Individualgenese der Motorik und auch in der geistigen Entwicklung bestehen können. Dieser Aspekt sollte im Jugendtraining stets berücksichtigt werden, um dauerhafte Über- oder Unterforderung der Spieler zu vermeiden. Dennoch sollte sich die Auswahl der Trainingsschwerpunkte für die jeweiligen Altersgruppen an den vorgestellten Entwicklungsphasen mit ihren speziellen Merkmalen orientieren, um ein systematisches, effektives Training unter optimaler Ausnutzung der sensiblen Phasen zu gewährleisten.

Als wichtigster Schwerpunkt im Training mit D-Junioren kann die systematische Vermittlung der fußballspezifischen Techniken in Verbindung mit einer weiteren Schulung der koordinativen Fähigkeiten gesehen werden, da sich die Spieler in der Regel in einer hervorragenden motorischen Lernphase befinden und zu keinem anderen Zeitpunkt der Technikerwerb so effektiv abläuft. Dabei sollte stets auf eine beidseitige Ausbildung geachtet werden. Unter Berücksichtigung der weitaus schlechteren Voraussetzungen zum Erlenen neuer Fertigkeiten in der Pubeszenz ist es enorm wichtig, dass Jugendspieler bis zum Eintritt in diese Phase alle fußballspezifischen Techniken zumindest in Grobform beherrschen, da Defizite in diesem Bereich später nur mit sehr viel Aufwand beseitigt werden können. Durch gezieltes Training der Schnelligkeitskomponenten können große Fortschritte im Bereich der Schnelligkeit erzielt werden. Hier empfiehlt sich vor allem die Entwicklung der Reaktionsschnelligkeit und der Schrittfrequenz zu forcieren, da Maximal- und Schnellkraftfähigkeiten nur sehr begrenzt auf entsprechende Reize mit Adaptationen reagieren.

Das Schnelligkeitstraining spielt in diesem Alter noch aus einem anderen Grund eine wichtige Rolle im Hinblick auf die langfristige sportliche Ausbildung. In stärkster Vereinfachung sind in der Muskulatur zwei verschiedene Arten von Muskelfasertypen zu finden, nämlich die weißen, schnell zuckenden Muskelfasern (FT-Fasern; fast twitch) und die roten, langsam zuckenden Muskelfasern (ST-Fasern; slow twitch). Während FT-Fasern vor allem bei schnellkräftigen und intensiven Muskelbeanspruchungen in Aktion treten, da sie ein hohes Kraftpotenzial bei relativ schneller Ermüdungsrate aufweisen, werden ST-Fasern bei geringerer Intensität beansprucht und haben eine relativ höhere Ermüdungsresistenz. Aufgrund des fußballspezifischen konditionellen Anforderungsprofils ist der Schnelligkeit gegenüber der Ausdauer höhere Priorität einzuräumen, was eine Verschiebung des Verhältnisses der FT-Fasern zu ST-Fasern zugunsten der FT-Fasern wünschenswert erscheinen lässt. Das Verhältnis der beiden Fasertypen zueinander ist zunächst einmal genetisch festgelegt und bei dem überwiegenden Teil der Bevölkerung etwa ausgeglichen (Weineck, 2007, S. 140-145). Damit ist auch das Schnelligkeitspotenzial zu einem großen Prozentsatz genetisch vorherbestimmt, da der Anteil der FT-Fasern mit der Sprintgeschwindigkeit in hohem Maße korreliert. Allerdings befindet sich in der Muskulatur ein nicht unerheblicher Anteil an sogenannten „Intermediärfasern“, die durch gezieltes Training in die eine oder andere Richtung beeinflusst werden können. Bei Jungen vor der Pubertät beträgt dieser Anteil ca. 13 %, während er nach der Pubertät mit ca. 2-3 % verschwindend gering wird (ebd., S. 617). Dies spricht eindeutig für ein systematisches Schnelligkeitstraining im D-Jugendbereich, um das später erreichbare Schnelligkeits- und Schnellkraftniveau positiv zu beeinflussen.

Auch wenn die aerobe Ausdauerleistungsfähigkeit gut trainierbar ist, kann dies keineswegs eine forcierte, spezielle Ausbildung dieser Fähigkeit rechtfertigen. Aerobe Kapazitäten lassen sich sehr gut – quasi beiläufig – in verschiedenen Spielformen mit technischen Schwerpunkten trainieren, was sich auch mit Blick auf die oft knappe zur Verfügung stehende Trainingszeit mit meist nur zwei wöchentlichen Trainingseinheiten anbietet. Ein gezieltes Training der anaeroben Kapazitäten ist nicht nur uneffektiv, sondern beeinträchtigt die Regeneration der Spieler erheblich, weshalb entsprechende Trainingsmethoden abzulehnen sind.

Die taktische Ausbildung sollte sich schwerpunktmäßig im individualtaktischen Bereich abspielen. Komplexe mannschaftstaktische Zusammenhänge sind in der Regel von D-Junioren noch nicht nachzuvollziehen. Außerdem steht das Training des taktischen Verhaltens in 1 gegen 1-Situationen in Angriff und Verteidigung in enger Verbindung mit der Verbesserung der Schnelligkeit und der technischen Fertigkeiten, wenn z.B. zur Überwindung eines Gegenspielers eine Finte mit anschließendem Tempowechsel durchgeführt wird.

Für das Training mit C-Junioren lassen sich als Konsequenz aus den Erkenntnissen der motorischen Ontogenese folgende Schwerpunkte ableiten:

Da die Fähigkeit zum Neuerwerb sportmotorischer Fertigkeiten durch oben genannte Bedingungen erschwert sein kann, sollte das Training die Festigung der bis zum Eintritt in die Phase der Pubeszenz erlernten fußballspezifischen Techniken unter Zeit-, Raum- und Gegnerdruck zum Ziel haben. Diese Techniken müssen den neuen Kraft- und Schnelligkeitsverhältnissen angepasst werden. Darüber hinaus muss der taktische Bezug hergestellt werden, damit Spieler lernen, Techniken zur Lösung von Spielsituationen einzusetzen. Die Schnelligkeit kann nun auch zunehmend über ein gezieltes Training der Schnellkraft verbessert werden. Die hormonelle Situation begünstigt die Adaptation der Kraftfähigkeiten auf entsprechende Reize. Die aerobe Ausdauerleistungsfähigkeit kann durch spezielle Trainingsmethoden gut entwickelt werden, allerdings empfiehlt sich auch hier die Schulung in spielerischer Form, sodass dieser Trainingsinhalt nicht zu Lasten der technisch-taktischen Ausbildung geht. Beweglichkeitseinschränkungen, die dem verstärkten Längenwachstum mit verzögerter Anpassung der Dehnfähigkeit von Muskeln und Bändern geschuldet sind, implizieren die Aufnahme regelmäßiger Beweglichkeitsprogramme in den Trainingsplan. Für die taktische Schulung sind bei C-Jugendlichen, mit in der Regel deutlich verbesserten kognitiven Fähigkeiten, hervorragende Voraussetzungen gegeben. Die geistige Reife ermöglicht nun auch Theorieunterricht mittels Taktiktafel oder anderen Medien. Jedoch sollten hier vor allem gruppentaktische Inhalte im Vordergrund stehen, um die Jugendlichen nicht zu überfordern.

2.5 Faktoren der Leistungsfähigkeit im Sportspiel Fußball

Die Leistungsfähigkeit des Fußballspielers setzt sich aus einer Vielzahl spezifischer Fähigkeiten, Fertigkeiten und Eigenschaften zusammen, die sich gegenseitig beeinflussen und voneinander abhängig sind. Abbildung 4 stellt die Komponenten der komplexen Leistungsfähigkeit des Fußballspielers vereinfacht dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Komponenten der Leistungsfähigkeit des Fußballspielers

(Weineck, 2004, S. 17)

Neben den konditionellen, technischen und kognitiv-taktischen Komponenten wird die Leistungsfähigkeit ebenso von sozialen Fähigkeiten, wie z.B. Kooperationsvermögen oder Teamgeist, und psychischen Fähigkeiten, wie etwa Willensstärke oder Selbstbewusstsein, bestimmt.

Soll die komplexe fußballerische Leistungsfähigkeit und damit die Wettkampfleistung gesteigert werden, müssen aufgrund des Bedingungsgefüges alle leistungsbestimmenden Komponenten berücksichtigt werden (Weineck, 2007, S. 25).

Besonders deutlich werden die Wechselbeziehungen zwischen den einzelnen Leistungsfaktoren an einem Beispiel, dass Lucassen (2009) in seinem Beitrag zum Positionstraining Angriff im Rahmen des Internationalen Trainer-Kongresses (ITK) in Pforzheim schilderte. Um 1 gegen 1-Situationen, die allgemein dem individualtaktischen Bereich zugeordnet werden, erfolgreich bestreiten zu können, sind neben den taktischen Fähigkeiten, die es dem Spieler ermöglichen situationsadäquate Entscheidungen zu treffen, die technischen Grundlagen in höchstem Tempo unter Zeit-, Raum- und Gegnerdruck zu beherrschen. Höchstes Tempo am Ball und Durchsetzungsvermögen im Zweikampf erfordern wiederum eine ausgeprägte Fitness des Spielers. Die technischen, taktischen und konditionellen Fertig- bzw. Fähigkeiten können im Wettspiel jedoch nur dann zur Geltung kommen, wenn der Spieler entsprechende Persönlichkeitseigenschaften, wie Selbstvertrauen und Glaube an das eigene Können, mitbringt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Dominieren einer 1 gegen 1-Situation auf Basis optimal ausgeprägter Grundlagen

(ITK-Dokumentation, 2009, S. 63)

Nachfolgend sollen die Komponenten der fußballspezifischen Technik, Taktik und Kondition einer näheren Betrachtung unterzogen werden.

2.5.1 Technik im Sportspiel Fußball

Unter sportlicher Technik versteht man allgemein das in der Praxis entwickelte Verfahren, bestimmte an den Sportler gestellte Bewegungsaufgaben möglichst zweckmäßig und ökonomisch zu lösen. Disziplinspezifische Techniken entsprechen in der Regel einem sogenannten motorischen Idealbild. Je nach individueller Voraussetzung wird jeder Sportler der Technik eine individuelle Note verleihen, sie also unter Beibehaltung der wesentlichen Charakteristika modifizieren (Weineck, 2007, S. 835).

Bauer (1998, S. 14) definiert Fußballtechnik als „…die Summe der motorischen Handlungen, durch deren Einsatz ein Spieler die taktischen Aufgaben, die das Fußballspiel an ihn stellt, erfolgreich lösen kann“. Selbstverständlich muss dabei der Einsatz der motorischen Handlungen dem Regelwerk entsprechen.

Unbestritten lässt sich ein großer Teil der Attraktivität des Fußballs auf die „Techniker“ zurückführen, die in der Lage sind, mithilfe ihrer scheinbar perfekten Technik überraschende und mitunter spektakuläre Aktionen durchzuführen und weniger auf die eher unauffälligen Spielertypen, die Coerver (1984, S. 6) als „Ballablieferer“ bezeichnet. Trotz oder gerade wegen der Entwicklung immer ausgefeilterer Defensivkonzepte, die dem Gegner in der Offensive immer weniger Zeit und Raum gestatten und das Erzielen von Toren erschweren, sind es Spieler wie Christiano Ronaldo, Franck Ribéry oder Bastian Schweinsteiger, die mit ihren außergewöhnlichen technischen Fertigkeiten überraschende neue Spielsituationen herstellen und für Torgefahr sorgen können und damit maßgeblich zum Erfolg der Mannschaft beitragen.

Da Technik ein Verfahren zur adäquaten Lösung von Bewegungsaufgaben darstellt, ist es sinnvoll, fußballspezifische Techniken nach den Aufgaben, die an einen Spieler gestellt werden, zu gliedern. Die fußballspezifischen Aufgaben sowie die technischen Mittel zu deren Lösung sind in Abbildung 6 ausführlich dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6 : Aufgabenstellungen im Spiel und technische Mittel zu ihrer Lösung (nach Bauer, Ueberle, 1984, S. 61)

Im Verlauf eines Spiels ist ein Spieler die überwiegende Zeit nicht in Ballbesitz. In dieser Zeit muss er Aufgaben ohne Ball lösen. Bauer (1983, S. 18) bezeichnet die technischen Mittel zur Lösung der Aufgaben ohne Ball als „Körpertechnik“. Ein Spieler muss laufen können in den Variationen vorwärts, rückwärts und seitwärts, dazu aus verschiedenen Positionen starten und sprinten können. Ebenso gehören Sprünge, schnelle Drehungen und Wendungen sowie Abstoppbewegungen zu den Techniken ohne Ball. In Zweikämpfen kommt zudem das Rempeln und Tackeln zum Einsatz.

Die Zeit, in der ein Spieler in Ballbesitz ist, begrenzt sich auf einen kleinen Prozentsatz der Spielzeit. Jaschok und Witt (1976) ermittelten in ihrer Forschungsarbeit eine durchschnittliche Ballbesitzzeit pro Spieler während eines Spiels von lediglich 2 Minuten bei ca. 50 Ballkontakten, wobei sowohl die Dauer des Ballbesitzes als auch die Anzahl der Ballkontakte bei den Stürmern deutlich geringer ausfiel als bei den Mittelfeld- und Abwehrspielern (zitiert nach Bauer, Ueberle, 1984, S. 25). Verheijen (2000, S. 134) beziffert die Ballbesitzzeit einzelner Spieler sogar auf höchstens 30 bis 60 Sekunden (s). Wenngleich die Zeit des Ballbesitzes im Vergleich zu der Zeit, in der ein Spieler ohne Ball unterwegs ist, sehr gering ausfällt, so macht doch genau diese Phase den Reiz und die besondere Charakteristik des Fußballspiels aus und entscheidet in erheblichem Maße über Erfolg und Misserfolg. Die Art und Weise, wie Spieler Aufgaben mit Ball lösen können, ist durch das Regelwerk festgelegt. So besagt Regel 12 u.a., dass es, mit Ausnahme des Torwarts in seinem Strafraum und der Feldspieler beim Einwurf, verboten ist, den Ball mit der Hand zu spielen. Das Spielen mit dem Fuß beinhaltet auch bei technisch versierten Fußballern immer einen gewissen Grad an Unsicherheit. Zudem müssen im Wettkampf technische Fertigkeiten auf engem Raum und unter starker Bedrängnis des Gegners durchgesetzt werden. Eine gute technomotorische Ausbildung ermöglicht es dem Spieler, seine Aufmerksamkeit auf das Spielgeschehen zu richten und auf die ständig wechselnden Wettkampfbedingungen angemessen zu reagieren und erhöht damit seine Handlungsschnelligkeit (Bisanz, Gerisch, 1996, S. 147).

Der Schuss des Balles mit den verschiedenen Stoßarten kann als elementare Bewegung des Fußballs angesehen werden. Je nach Spielsituation und Handlungsziel wird der Ball mit unterschiedlichen Berührungsflächen des Fußes gestoßen. Bei Zuspielen über kurze Distanzen, bei denen es weniger auf die Schusshärte als auf höchstmögliche Präzision ankommt, wird der Innenseitstoß angewandt. Dem Vorteil der Passgenauigkeit steht der Nachteil gegenüber, dass die beabsichtigte Passrichtung für den Gegner früh erkennbar ist und die Auswärtsdrehung des Spielbeins den natürlichen Laufrhythmus stört. Sollen Zuspiele über größere Distanzen erfolgen, wie z.B. bei Flanken, Diagonalpässen oder Eckstößen, kommt der Innenspannstoß zum Einsatz. Mit dem Innenspann kann der Ball auch mit Effet gespielt werden. Dieser Vorteil wird vor allem bei Freistößen häufig genutzt. Der Außenspannstoß findet im Fußball vielfältige Anwendung. Sowohl Kurzpässe als auch Pässe über mittlere Distanzen oder Torschüsse lassen sich mit dieser Technik realisieren. Im Gegensatz zum Innenseitstoß sind kurze Zuspiele für den Gegner nicht im Voraus zu erahnen, da sie „ansatzlos“ gespielt werden können und sorgen damit für Überraschungsmomente. Mit dem Vollspannstoß können die höchsten Ballgeschwindigkeiten erzielt werden, daher wird diese Form vor allem bei Torschüssen, aber auch bei weiten Zuspielen, wie etwa Abstößen, angewandt. Ebenso können mit dem Vollspann Bälle weitergeleitet und über Gegenspieler gehoben werden. Nachteil dieser Technik ist die geringe Kontaktfläche des Fußes und die damit verbundene geringere Präzision. In selteneren Fällen findet der Vollspannstoß in den Varianten Volleyschuss oder Dropkick, Hüftdrehstoß oder Fallrückzieher Anwendung (Kollath, 1998, S. 50-61). In manchen Situationen kann es auch erforderlich sein, den Ball mit allgemein eher unüblichen Techniken zu spielen. Dabei kommt am Häufigsten noch das Spiel mit der Fußspitze, Ferse oder Sohle zum Einsatz.

Unter den Bereich der Stoßtechniken fällt ebenso der Kopfball, mit dem hoch einfliegende Bälle gespielt werden können. Er kann je nach Spielsituation und Position des Spielers zum Ball in verschiedenen Varianten durchgeführt werden: Kopfball aus dem Stand mit oder ohne Drehung, Kopfball nach ein- oder beidbeinigem Absprung mit oder ohne Drehung, Kopfball aus dem Anhechten bzw. Flugkopfball (Bauer, 2001, S. 54).

Der Einwurf stellt die einzige fußballspezifische Technik dar, bei der Feldspieler den Ball mit der Hand spielen dürfen. Das Regelwerk gibt vor, dass der Spieler beim Einwurf mit beiden Beinen auf oder hinter der Seitenauslinie Bodenkontakt haben und dabei dem Spielfeld zugewandt sein muss. Er muss den Ball beidhändig kontinuierlich über den Kopf werfen. Einwürfe können aus dem Stand, mit Angehschritt oder mit Anlauf erfolgen.

Dem Dribbling ist auch im modernen Fußball, der sich mehr und mehr zu einem schnellen Kombinationsspiel mit nur wenigen Ballkontakten des einzelnen Spielers entwickelt, große Bedeutung beizumessen. Unter dem Begriff Dribbling ist das Vorantreiben des Balles in unterschiedlichem Tempo zu verstehen (Kollath, 1998, S. 75). Im Wettspiel kann ein Dribbling zu unterschiedlichen Zwecken zum Einsatz kommen, z.B. als ballhaltendes Dribbling, bei dem der ballführende Spieler den Ball gegen attackierende Gegenspieler abschirmt oder als raumüberwindendes Dribbling, bei dem der Ball in hohem Tempo in andere Spielräume vorangetrieben wird. In Kombination mit dem Einsatz von Finten kann das Dribbling zur Überwindung von Gegenspielern eingesetzt werden und stellt damit ein wichtiges Angriffsmittel in 1 gegen 1-Situationen dar. Dabei versucht der ballführende Spieler den Verteidiger mithilfe von Körper- und Schrittfinten - wie z.B. „Übersteiger“, „Schere“ oder „Mathews-Finte“ - oder Schuss- und Passfinten zu täuschen und zu einem Fehlverhalten zu verleiten, um im nächsten Moment eine völlig neue und überraschende Richtung einzuschlagen. Durch einen dynamischen Antritt kann sich der Angreifer aus dem Einflussbereich des Gegenspielers entfernen (Bisanz, Gerisch, 1996, S. 153-157). Durch die Überwindung eines Gegenspielers in 1 gegen 1-Situationen entstehen in der Folge häufig vielversprechende neue Spielsituationen, nicht selten mit kurzzeitigen Überzahlverhältnissen zugunsten der Angreifer, was die Bedeutung des Dribblings im Wettspiel zusätzlich unterstreicht.

Je nach Spielsituation und Ziel des Dribblings wird der Ball mit der Innen- oder Außenseite des Fußes, der Sohle, dem Spann oder der Ferse geführt. Unter beidfüßiger und kombinierender Ausführung in Verbindung mit Richtungswechseln, Drehungen und Wendungen, ergeben sich für den Spieler damit vielfältige Möglichkeiten, das Dribbling mit dem Ziel des Ballhaltens, Raumüberwindens oder Gegnerüberwindens erfolgreich einzusetzen (Bauer, 2001, S. 41).

Da jedem Zuspiel, das nicht direkt weitergeleitet wird, eine Ballan- oder -mitnahme folgt, kommt den entsprechenden Techniken zur An- und Mitnahme ähnliche Bedeutung zu wie den verschiedenen Stoßarten. Je nach Höhe und Tempo des ankommenden Balles, der jeweiligen Spielsituation und der geplanten Anschlusshandlung, ergeben sich unterschiedliche Möglichkeiten, den Ball an- oder mitzunehmen: mit der Innen- und Außenseite des Fußes, dem Vollspann, der Fußsohle sowie mit Oberschenkel, Brust und Kopf (Kollath, 1998, S. 65). Auf die Bedeutung der Ballan- und -mitnahme im Fußball wird in Kapitel 2.5.4 gesondert eingegangen.

Die verschiedenen Arten der Ballabnahme können, sofern der Ball tatsächlich gespielt wird, ebenfalls den Techniken mit Ball zugeordnet werden. Sie sollen an dieser Stelle jedoch ebenso wenig näher erläutert werden wie die speziellen Torwarttechniken.

Der „Test zur An- und Mitnahme flacher Bälle“ überprüft in erster Linie die Ballmitnahme mit Innen- und Außenseite sowie die Annahme mit der Innenseite unter Berücksichtigung der Beidfüßigkeit. Für die Testleistung ist aber auch die Qualität der Stoßtechniken mitentscheidend. Weder das Spielbein noch die Passtechnik ist explizit vorgegeben, daher können grundsätzlich alle Arten der Stoßtechniken angewendet werden. In der Regel kommt jedoch ausschließlich der Innenseitstoß zum Einsatz, da die Konstruktion des Tests eine hohe Passgenauigkeit erfordert und der Pass mit der Innenseite für die Bewältigung der gestellten Aufgabe am zweckmäßigsten erscheint. Aus dem Bereich der Körpertechniken sind schnelle Drehungen und schnelle Beinarbeit von den Probanden gefordert.

2.5.2 Taktik im Sportspiel Fußball

Technik dient im Fußball keinem Selbstzweck, sondern der Lösung von Wettkampfsituationen. Der „Test zur An- und Mitnahme flacher Bälle“ überprüft zwar explizit keine taktischen Fähigkeiten, dennoch soll aufgrund des engen Zusammenhangs zwischen Technik und Taktik die Bedeutung der Taktik im Fußballspiel im Rahmen dieser Arbeit dargelegt werden.

Unter Taktik ist das planmäßige Verhalten in einem Einzel- oder Mannschaftswettkampf zu verstehen, das auf die eigene und gegnerische Leistungsfähigkeit sowie auf die äußeren Umstände abgestimmt ist. Zu unterscheiden ist zwischen allgemeiner und spezieller Taktik. Während sich die allgemeine Taktik auf allgemeine Regeln und Gesetzmäßigkeiten bezieht, ist die spezielle Taktik sportartspezifisch und muss entsprechend geschult werden. In den verschiedenen Sportarten kommen der Taktik unterschiedliche Funktionen und unterschiedliche Bedeutungen zu. Abbildung 7 verdeutlicht die Besonderheiten taktischer Handlungen in Abhängigkeit von der jeweiligen Sportart.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 7: Die Hauptrichtungen taktischer Handlungen in den verschiedenen Sportartengruppen (nach Weineck, 2007, S. 894)

In Sportarten, in denen es auf die exakte Ausführung normierter Bewegungen ankommt, wie bspw. im Gerätturnen oder im Eiskunstlauf, ist taktisches Denken allein auf die optimale Bewegungsausführung zum gegebenen Zeitpunkt ausgerichtet. In den Sportarten, in denen bestimmte konditionelle Fähigkeiten die Leistungsfähigkeit limitieren, umfasst die Taktik den korrekten Einsatz der Kräfte und das richtige Haushalten damit. In Kampf- und Spielsportarten dient taktisches Denken der Wettkampfsteuerung unter ständig veränderten Bedingungen und Situationen. Während also in den beiden erstgenannten Gruppen allgemeines taktisches Grundwissen genügt, kommt der speziellen taktischen Ausbildung in den Kampf- und Spielsportarten eine wesentliche Bedeutung zu (Weineck, 2007, S. 891-893).

Talaga (1977, S. 45) betont in seiner Definition der Taktik im Fußball die Ausrichtung auf den Handlungserfolg: „Die Taktik ist die durchdachte Art und Weise des sportlichen Wettkampfes mit dem Gegner im Rahmen geltender Spielregeln, die auf den Fähigkeiten und der Zusammenarbeit der einzelnen Spieler bei entsprechender Anpassung an die Gegebenheiten beruht und das Ziel hat, ein bestmögliches Ergebnis zu erreichen“.

Die Planung und Organisation des Spiels im Vorfeld des Wettkampfes, mit dem Ziel einen allgemeinen Handlungsplan für einzelne Spieler oder die gesamte Mannschaft zu erstellen, wird häufig auch als „Strategie“ bezeichnet. Während der Begriff der sportlichen Taktik im weiteren Sinne auch den Aspekt der „Strategie“, also der länger- und mittelfristigen Organisation und Planung einschließt, bezieht sich Taktik im engeren Sinne auf die situationsadäquate Umsetzung strategischer Vorgaben im Wettkampf, unter Berücksichtigung der speziellen Wettkampfbedingungen (Loy, 2006, S. 158).

Entsprechend dem Sinn des Fußballspiels, dienen jegliche taktischen Planungen oder Handlungen dem Ziel, Tore zu erzielen und Tore zu verhindern. Daher lassen sich in Abhängigkeit von der jeweiligen Spielsituation zunächst taktische Maßnahmen für den Angriff und die Abwehr unterscheiden, die wiederum, je nach Spielerbeteiligung, in Individual-, Gruppen- und Mannschaftstaktik eingeteilt werden können (vgl. Bauer, 2001; Bisanz, Gerisch, 1996; Kollath, 1998).

Individualtaktik schließt sämtliche Maßnahmen eines einzelnen Spielers ein, die sich aus den vielfältigen Spielsituationen in Angriff und Abwehr ergeben. Somit fallen alle technischen Fertigkeiten, wenn sie zur Lösung einer Spielsituation durch einen einzelnen Spieler eingesetzt werden, unter den Bereich der Individualtaktik (Bisanz, Gerisch, 1996, S. 201).

Unter Gruppentaktik versteht man planvolle aufeinander abgestimmte Angriffs- oder Abwehrhandlungen zweier oder mehrerer Spieler (Bauer, 2001, S. 97). Beispiele für Gruppentaktische Angriffshandlungen sind der Doppelpass oder das Hinterlaufen. Gruppentaktische Abwehrhandlungen sind z.B. das Doppeln eines ballführenden Gegenspielers, das Verschieben der Viererkette oder das Übergeben und Übernehmen von Gegenspielern.

Mannschaftstaktik bezeichnet alle Maßnahmen in Angriff und Abwehr, die auf das Erzielen oder Verhindern von Toren ausgerichtet sind. In sie fließen alle individual- und gruppentaktischen Manöver ein und fügen sich zum Spiel 11 gegen 11 zusammen (Kollath, 1998, S. 132). Spielhandlungen, die im mannschaftstaktischen Rahmen ausgeführt werden, sind z.B. der Positionsangriff, die ballorientierte Verteidigung oder der Einsatz verschiedener Pressingvarianten.

Spielsysteme, die jedem Spieler innerhalb der Mannschaft eine bestimmte Position und damit auch eine bestimmte Aufgabe zuweisen und in der Regel in Form von Zahlenkombinationen wie 4-4-2, 4-3-3 oder 4-2-3-1 dargestellt werden, sind dem Bereich der Strategie zuzuordnen, da sie zur Planung und Organisation des Spiels im Vorfeld gehören und lediglich einen allgemeinen Handlungsplan für die Mannschaft bilden.

Im Kontext der taktischen Schulung von Sportspielern kann eine Dreiteilung vorgenommen werden. So unterscheidet Letzelter (1985, S. 242) taktische Kenntnisse, taktische Fertigkeiten und taktische Fähigkeiten. Taktische Kenntnisse beziehen sich auf Spielregeln und Wettkampfbestimmungen sowie Kenntnisse über Spielsysteme und taktische Grundregeln. Taktische Fertigkeiten sind durch Training eingeübte und automatisierte Bewegungsabläufe, wie bspw. bestimmte Spielzüge oder Abwehrformationen. Taktische Fähigkeiten bezeichnen das Vermögen eines Spielers, konditionelle Eigenschaften, technische Fertigkeiten sowie taktische Kenntnisse und Fertigkeiten situationsadäquat zur effektiven Lösung von Spielsituationen einzusetzen.

Der Taktik wird in allen Sportspielen eine außerordentliche Rolle zugeschrieben (vgl. Loy, 2006, S. 148). Dennoch muss an dieser Stelle festgehalten werden, dass ein taktisches Konzept nur auf Basis entsprechender technischer Grundlagen, konditioneller Voraussetzungen sowie psychisch-volitiver und intellektueller Fähigkeiten realisierbar ist. So kann die taktische Vorgabe „Direktspiel“ nur verwirklicht werden, wenn das notwendige technische Können vorhanden ist. Einen Gegenspieler in Manndeckung zu nehmen kann nur als sinnvoll erachtet werden, wenn der manndeckende Spieler über entsprechende Schnelligkeits- und Ausdauerfähigkeiten verfügt. Ein kooperatives Mannschaftsspiel kann nur zustande kommen, wenn der Mitspieler in der Lage ist, gegebene Spielsituationen richtig zu erfassen und zu bewerten und die notwendige Leistungs- und Einsatzbereitschaft mitbringt (Weineck, 2007, S. 891-892).

2.5.3 Kondition im Sportspiel Fußball

Die Verwendung des Konditionsbegriffs ist mit einigen Problemen behaftet, da er in der Fachliteratur unterschiedlich definiert und verstanden wird. Noch diffuser wird der Begriff der Kondition in der Praxis gehandhabt. Mitunter wird Kondition von Fußballtrainern und -spielern mit Ausdauer gleichgesetzt.

In einem weitgefassten Strukturmodell wird Kondition im Sinne des lateinischen „conditio“ als Sammelbegriff aller psychischen, physischen, technisch-taktischen, kognitiven und sozialen Leistungsfaktoren verstanden (Weineck, 2004, S. 15). In Abbildung 8 wird das weitgefasste Strukturmodell der Kondition veranschaulicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 8: Erweitertes Strukturmodell zur Kondition des Fußballspielers

(Weineck, 2004, S. 16)

In einer engeren Begriffsfassung, wie sie unter anderem Bauer und Ueberle (1984, S. 49) oder Letzelter (1985, S. 119) wählen, werden unter Kondition lediglich die physischen Bedingungsfaktoren von Bewegungshandlungen verstanden. Nach diesem Verständnis wird Kondition dem Begriff der sportmotorischen Grundeigenschaften gleichgesetzt und umfasst damit Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit, Flexibilität und Koordination sowie deren Subkategorien.

Verschiedene Autoren nehmen außerdem eine Trennung von konditionellen (Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit und Beweglichkeit) und koordinativen Fähigkeiten vor. Diese Trennung mag aus praktischen und didaktischen Gründen sinnvoll erscheinen, wird jedoch mehr oder weniger willkürlich vorgenommen (Weineck, 2007, S. 227).

Im Folgenden soll der Konditionsbegriff im Sinne der Definitionen von Bauer und Ueberle (1984) und Letzelter (1985) verstanden und die Aspekte der Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit, Beweglichkeit und Koordination sowie deren Bedeutung für Fußballspieler behandelt werden.

Im Sportspiel bildet Kondition die Basisvoraussetzung für die optimale Ausprägung von Technik und Taktik. Die Realisierung bestimmter Techniken und Taktiken ist immer von gewissen konditionellen Fähigkeiten abhängig. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Entwicklung konditioneller Fähigkeiten in der Hierarchie der komplexen Leistungsbedingungen des Fußballspielers eine größere Bedeutung einzuräumen ist als den Bereichen Technik und Taktik. Eine hierarchisch festgelegte und in der Praxis akzeptierte Gewichtung der Einflussgrößen auf die komplexe Leistungsfähigkeit gibt es bislang nicht. Aufgrund der komplexen Anforderungen des Fußballspiels und des Bedingungsgefüges der Einflussgrößen, geht es auch nie um die maximale, sondern immer um eine optimale und aufeinander abgestimmte Ausprägung der jeweiligen Leistungsfaktoren (Steinhöfer, 2003, S. 11-14). So formuliert Steinhöfer (2003, S. 15) treffend: „Im Sportspiel ist alles nichts ohne Technik und Taktik, aber diese sind wiederum nichts ohne die konditionell-koordinative Basis und dies umso mehr, je höher das Leistungsniveau ist“. Kunze (1977, S. 13) deutet eine scheinbar höhere Priorität der Kondition im Fußball an, indem er Schnelligkeit, Kraft und Ausdauer als die entscheidenden Faktoren bei einem Aufeinandertreffen zweier technisch und taktisch gleichwertiger Mannschaften ausmacht. Gleiches lässt sich jedoch leicht für alle anderen Leistungsfaktoren behaupten. Treffen zwei Mannschaften aufeinander, die sich konditionell und technisch auf gleichem Niveau befinden, so wird die Taktik spielentscheidend sein. Stehen sich zwei Mannschaften gegenüber, deren konditionelle und taktische Fähigkeiten identisch sind, wird die bessere technische Ausbildung über Sieg oder Niederlage entscheiden.

Weineck (2004, S. 19) relativiert schließlich die Bedeutung der konditionellen Faktoren für Fußballspieler, da Kondition nur einen Teil der vielfältigen Komponenten der fußballspezifischen Leistungsfähigkeit repräsentiert und konstatiert, dass weder eine Überbetonung im Training noch eine Unterbewertung zu rechtfertigen ist.

Die Ausdauer spielt eine wichtige Rolle im Fußball. Sie ist definiert als Fähigkeit, einer sportlichen Belastung möglichst lange widerstehen zu können (Ermüdungswiderstandsfähigkeit) und sich nach sportlichen Belastungen möglichst schnell zu erholen (Grosser, Starischka, Zimmermann, 2008, S. 110). Je nach Dauer der Belastung kann Ausdauer in Ultrakurzzeitausdauer (10 bis 45 Sekunden), Kurzzeitausdauer (45 bis 120 Sekunden), Mittelzeitausdauer (2 bis 8 Minuten) und Langzeitausdauer (über 8 Minuten) unterteilt werden. In Abhängigkeit von dem Anteil der beanspruchten Muskulatur, der Art der Energiebereitstellung sowie der Arbeitsweise der Muskulatur kann weiterhin unterschieden werden in allgemeine und lokale Ausdauer; aerobe, anaerobe und gemischt aerobe Ausdauer; dynamische und statische Ausdauer (Bauer, 2001, S. 73).

Im Sportspiel Fußball sind vor allem die allgemeine aerobe dynamische Ausdauer und die allgemeine anaerobe dynamische Ausdauer von Interesse. In der Praxis wird die allgemeine aerobe dynamische Ausdauer häufig als Grundlagenausdauer bezeichnet, die allgemeine anaerobe dynamische Ausdauer dagegen als fußballspezifische Ausdauer.

Fußballspieler legen heute je nach Spielklasse und Position zwischen 9 und 14 Kilometer (km) pro Spiel zurück. Wenn ein Spieler 12km in 90 Minuten läuft, entspricht das einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 8km pro Stunde. Um dieses Pensum absolvieren zu können, müssen Fußballspieler über eine gut ausgeprägte Grundlagenausdauer verfügen (Verheijen, 2000, S. 32). Ebenso sorgt eine optimal ausgeprägte Grundlagenausdauer für eine schnellere Regeneration zwischen hochintensiven Aktionen innerhalb eines Wettkampfes und befähigt Spieler, in kürzerer Zeit wieder mit maximaler Intensität agieren zu können. Anaerob laktazide Prozesse setzen bei guter aerober Ausdauer später ein. Durch die niedrigere Laktatproduktion werden Konzentrations- und Reaktionsvermögen der Spieler mit zunehmender Wettkampfdauer weniger stark beeinträchtigt und Fehlverhaltensweisen technisch-taktischer Art ebenso reduziert wie das Verletzungsrisiko. Eine gute aerobe Leistungsfähigkeit sorgt desweiteren für eine schnellere Erholung zwischen Wettkämpfen oder Trainingseinheiten und ist damit Grundvoraussetzung für große Trainingsumfänge und hohe Belastungsintensitäten (Bisanz, Gerisch, 1996, S. 81). Darüber hinaus profitieren ausdauertrainierte Sportler von einem gestärkten Immunsystem, wodurch unnötige Leistungseinbußen durch krankheitsbedingte Trainingsausfälle vermieden werden können (Weineck, 2004, S. 29).

In Untersuchungen der Gesamtlaufarbeit von Fußballspielern konnte Verheijen (2000, S. 32-33) den Intervallcharakter des Fußballspiels mit sehr wechselhaften Intensitäten belegen. Demnach müssen Spieler durchschnittlich alle 3,5 bis 4,0 Sekunden auf eine neue Laufaktion umschalten. Dieser azyklische Charakter des Spiels erfordert, auf Basis der Grundlagenausdauer, eine fußballspezifische Ausdauer, die den intermittierend auftretenden Belastungen gerecht wird (Kunze, 1977, S. 118). Explosive Antritte und Sprünge, Sprints mit Richtungswechseln und Dribblings in hohem Tempo sind typische Einzelbelastungen im submaximalen bis maximalen Bereich, bei denen die Energiebereitstellung anaerob und überwiegend alaktazid abläuft. Kann ein Spieler zwischen derartigen Belastungsspitzen nicht vollständig regenerieren, erfolgt die Energiebereitstellung anaerob laktazid (Bisanz, Gerisch, 1996, S. 80). Ein Spieler mit gut ausgeprägter fußballspezifischer Ausdauer ist also in der Lage, wiederholte, stoßweise auftretende hohe Intensitäten zu tolerieren, Antritte, Sprünge, Dribblings, Richtungswechsel und Schüsse über die gesamte Spielzeit mit höchster Dynamik zu absolvieren und ein insgesamt hohes Spieltempo zu gehen. Die fußballspezifische Ausdauer, obgleich sie in vielfacher Weise von der Grundlagenausdauer beeinflusst wird, stellt eine eigenständige Größe dar, die durch spezielle Trainingsmethoden und -inhalte zu entwickeln ist (Weineck, 2004, S. 30).

Der „Test zur An- und Mitnahme flacher Bälle“ wird von den Probanden, je nach Leistungsniveau, in einer Zeit zwischen ca. 8,5 und maximal 20 Sekunden absolviert. Die Belastungsintensität ist nicht maximal. Damit spielt Ausdauer keine wesentliche Rolle für die Testleistung. Da der Test mit dem Ziel konstruiert wurde, die technischen Fertigkeiten zur Ballan- und -mitnahme zu überprüfen, wurde bewusst auf eine kurze Testdauer Wert gelegt, sodass eine negative Beeinflussung des Testergebnisses durch eventuell auftretende Ermüdung ausgeschlossen bzw. zumindest auf ein Minimum reduziert werden kann.

Grundsätzlich setzt jede Form sportlicher Betätigung Muskelkraft voraus. Im Sport ist Kraft definiert als Fähigkeit, durch Muskeltätigkeit Widerstände zu überwinden oder ihnen entgegenzuwirken (Bauer, 2001, S. 66). In der Vergangenheit wurde immer wieder die Frage aufgeworfen, welche Art der Kraft für das Fußballspiel benötigt wird. Für Fußballspieler stellen die Maximalkraft, die Schnellkraft und die Kraftausdauer und ihre Subkategorien bzw. Mischformen die wichtigsten Hauptformen der Kraft dar (Weineck, 2004, S. 201).

Die Schnellkraft kann als wichtigster Kraftfaktor des Fußballspielers angesehen werden. Sie ist definiert als die Fähigkeit des neuromuskulären Systems, in der zur Verfügung stehenden Zeit einen möglichst großen Impuls zu erzeugen (Grosser et al., 2008, S. 42) und wird für die häufig auftretenden beschleunigenden und abbremsenden Bewegungsabläufe, die überwiegend sehr dynamisch ausgeführt werden, benötigt. Typische beschleunigende Bewegungsformen, deren Realisierung maßgeblich durch die Schnellkraftfähigkeiten des Spielers bestimmt werden, sind z.B. Sprünge, Schüsse oder Antritte aus dem Stand. Typische Beispiele für abbremsende Krafteinsätze sind abrupte Richtungswechsel, wie sie auch beim Fintieren eingesetzt werden, die Abfangphase bei Lauf und Sprung oder auch Abfangleistungen des Spielbeines nach kraftvollem Torschuss (Weineck, 1995a, S. 8).

Unter Kraftausdauer versteht man die Fähigkeit, kraftvolle Bewegungshandlungen über einen längeren Zeitraum ohne erkennbare Ermüdung auszuführen. Wie der Begriff Kraftausdauer schon andeutet, besteht eine enge Beziehung dieser Fähigkeit zur Ausdauer, da die aerobe Ausdauer für die schnelle Resynthese der energieliefernden Phosphate mitverantwortlich ist (Bauer, 2001, S. 66-67). Die Kraftausdauer stellt vor allem in der Sonderform der Schnellkraftausdauer einen wichtigen leistungslimitierenden Kraftfaktor für das Fußballspiel dar. Sie befähigt den Spieler über die gesamte Spielzeit schnellkräftig zu agieren, ohne erkennbare Einbußen bezüglich der Schuss-, Sprung- oder Startkraft. Eine ausreichend entwickelte Kraftausdauer spielt daneben eine wichtige Rolle für den Bereich der Stütz- und Haltemuskulatur des Rumpfes (Weineck, 1995b, S. 24).

Die Bedeutung der Maximalkraft für Fußballspieler wird häufig unterschätzt. Grosser et al. (2008, S. 42) verstehen unter Maximalkraft die höchstmögliche Kraft, die willkürlich gegen einen unüberwindlichen Widerstand aufgebracht werden kann. Die Maximalkraft beeinflusst alle anderen Kraftfähigkeiten, vor allem die Schnellkraft, maßgeblich. In der Praxis herrscht jedoch noch immer vielerorts die fälschliche Ansicht, dass Maximalkrafttraining langsam und plump mache. Die engen Zusammenhänge zwischen dem Niveau der Maximalkraft und dem jeweiligen Ausprägungsgrad der Schnellkraft werden nicht erkannt (Weineck, 2004, S. 202). Abbildung 9 veranschaulicht die unterschiedlichen Erscheinungsformen der Kraft mit ihren Subkategorien und Mischformen und verdeutlicht die gegenseitigen Beeinflussungen und Abhängigkeiten der einzelnen Kraftformen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 9: Die drei Hauptformen der Kraft, ihre Wechselbeziehungen und Bedeutungen für die Leistungsfähigkeit des Fußballspielers

(modifiziert und erweitert nach Bauer, 2001, S. 66; Weineck, 2004, S. 201)

Es kann also festgehalten werden, dass dem Krafttraining im Fußball durchaus große Bedeutung beizumessen ist. Ein gewisses Mindestmaß an Kraft ist Grundvoraussetzung, um den Ansprüchen des modernen temporeichen Fußballspiels zu genügen. Jedoch ist Kraft als Teil der konditionellen Fähigkeiten nur ein kleiner Mosaikstein im großen Geflecht der sich gegenseitig bedingenden leistungsrelevanten Einflussfaktoren. So sind auch die Kraftfähigkeiten nicht maximal, sondern optimal unter Berücksichtigung aller anderen Einflussgrößen zu entwickeln, denn: „Der Fußballer ist kein Bodybuilder, sondern vor allem ein vielseitiger Ballvirtuose, bei dem Technik und Taktik die überragende Rolle spielen und die Kondition und damit die Kraft nur notwendige ‚Hilfskräfte‘ bzw. Ergänzungsfaktoren darstellen…“ (Weineck, 1995a, S. 10).

Beim „Test zur An- und Mitnahme flacher Bälle“ sind die Kraftfähigkeiten zu vernachlässigen. Zwar werden von den Probanden dynamische Drehungen und Richtungswechsel, druckvolle Pässe und abbremsende Bewegungsabläufe verlangt, wozu ein gewisses Schnellkraftpotenzial erforderlich ist, allerdings ist nicht davon auszugehen, dass sich etwas bessere oder schlechtere Ausprägungen der Kraftfähigkeiten auf die Testzeit auswirken.

Eine der wichtigsten Komponenten der fußballerischen Leistungsfähigkeit stellt die Schnelligkeit dar. Spieldynamik und -tempo erhöhen sich zunehmend, womit auch die Anforderungen an die Schnelligkeit der Spieler weiter steigen. Schnelligkeit kann im Fußball oftmals über Sieg oder Niederlage entscheiden. Ein Spieler, der „um eine Fußspitze früher“ am Ball ist, kann so möglicherweise den entscheidenden Treffer erzielen oder verhindern (Weineck, 2004, S. 379).

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Final del extracto de 170 páginas

Detalles

Título
Evaluation eines sportmotorischen Tests im Fußball zur An- und Mitnahme flacher Bälle
Universidad
Johannes Gutenberg University Mainz  (Institut für Sportwissenschaft)
Calificación
1,3
Autor
Año
2009
Páginas
170
No. de catálogo
V191725
ISBN (Ebook)
9783656174615
ISBN (Libro)
9783656175056
Tamaño de fichero
10366 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
evaluation, tests, fußball, mitnahme, bälle
Citar trabajo
Christoph Pinke (Autor), 2009, Evaluation eines sportmotorischen Tests im Fußball zur An- und Mitnahme flacher Bälle, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/191725

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