Mit dem Begriff Insolvenz bezeichnet man eine Situation, in der das Vermögen des Schuldners nicht mehr ausreicht, alle berechtigten Forderungen der Gläubiger zeitgerecht zu erfüllen. Aufgrund der Bedeutung der Anzahl von Insolvenzen – unter Berücksichtigung der davon betroffenen Branchen und Unternehmensformen – für die Einschätzung der wirtschaftlichen Prosperität einer Volkswirtschaft wird vom Statistischen Bundesamt eigens auf Basis einer speziellen Rechtsgrundlage die Insolvenzstatistik geführt.
Zielsetzung des Insolvenzverfahrens ist die möglichst weitgehende und gleichmäßige Befriedigung der Insolvenzforderungen durch Verwertung des Aktivvermögens des Insolvenzschuldners.
Die nachfolgenden Ausführungen sollen zeigen, wie dies, durch die im deutschen Recht charakteristische Verzahnung der gesellschaftsrechtlich verankerten Gläubigerschutzmechanismen, mit dem insolvenzrechtlichen Instrumentarium gewährleistet werden soll und welche Problemfelder – auch unter Berücksichtigung weiterer Regelungsgebiete des Privat- und öffentlichen Rechts – dabei entstehen.
In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die für die Themenstellung relevanten insolvenzrechtlichen Regelungen der teilrechtsfähigen Personengesellschaften sowohl im Handelsgesetzbuch (§ 171 II HGB) als auch in der Insolvenzordnung (§ 93 InsO) enthalten sind.
Zu berücksichtigen ist ferner, dass mit der Gesellschaftsinsolvenz nicht-juristischer Personen keineswegs automatisch eine Insolvenz des Gesell-schafters verbunden sein muss.
Im weiteren Verlauf der Bearbeitung werden daher bei bestimmten Fragestellungen zwei Fallkonstellationen (alleinige Insolvenz der Gesellschaft versus Doppelinsolvenz von Gesellschaft und Gesellschafter) differenziert behandelt. Ziel ist die Darstellung der Rechtsfolgen, die sich daraus ergeben, dass das Gesellschaftsvermögen uneingeschränkt den Gesellschaftsgläubigern haftet, wohingegen den Privatgläubigern kein Zugriff gewährt wird.
Kennzeichen der Bearbeitung ist die Analyse der Haftungsgrundlagen, auf die sich der Insolvenzverwalter bei dem ausgeschiedenen Gesellschafter (unbeschränkt oder beschränkt haftend) berufen kann. Bei der Abhandlung der spezifisch insolvenzrechtlichen Regelungen werden die Interessenkonflikte zwischen Gläubigern und Schuldnern als auch zwischen verschiedenen Gläubigergruppen thematisiert. Hierzu werden die – zum Teil divergierenden – Vorstellungen von Literatur und Rechtsprechung vorgestellt und diskutiert.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- Die Insolvenz der Personengesellschaft
- B. Zweck des Insolvenzverfahrens
- I. Insolvenzvoraussetzungen
- 1. Die Insolvenzfähigkeit
- 2. Insolvenzgründe
- 3. Ablauf des Verfahrens im Kurzüberblick
- C. Die Haftung des ausgeschiedenen unbeschränkt haftenden Gesellschafters in der Unternehmensinsolvenz
- I. Allgemeine Grundsätze zur Festlegung des Haftungsumfangs
- 1. Das Haftungsstatut des § 128 HGB für den ausgeschiedenen Gesellschafter
- a) Grundsätze
- b) Anwendungsbereich
- aa) Personenhandelsgesellschaften
- bb) Übrige Personengesellschaften
- 2. Wirkungen des Nachhaftungsbegrenzungsgesetzes von 1994
- a) Grundsätze
- b) Haftungsfolgen für Altverbindlichkeiten
- aa) Rechtsgeschäftlich begründete Verbindlichkeiten
- (1) Grundsätze
- (2) Sonderfall: Kontokorrentverbindlichkeiten
- bb) Gesetzliche Schuldverhältnisse
- c) Haftungsfolgen für Neuverbindlichkeiten
- II. Der § 93 InsO als zentrales Gestaltungsinstrument des Insolvenzverwalters der Gesellschaft
- 1. Normzweck und Anwendbarkeit auf den ausgeschiedenen Gesellschafter
- 2. Die Sperrwirkung
- a) Grundsätze
- b) Problemfälle hinsichtlich der Reichweite
- aa) Ansprüche aus gestellten Sicherheiten des Gesellschafters
- bb) Ansprüche des Fiskus
- cc) Ansprüche der Sozialkassen
- 3. Die Ermächtigungsfunktion für den Insolvenzverwalter
- a) Grundsätze
- b) Umfang der Inanspruchnahme dem Grunde nach
- aa) Altverbindlichkeiten
- bb) Sonstige Masseverbindlichkeiten (Neuverbindlichkeiten)
- cc) Kosten des Insolvenzverfahrens
- c) Umfang der Inanspruchnahme der Höhe nach
- aa) Alleinige Insolvenz der Gesellschaft
- bb) Doppelinsolvenz von Gesellschaft und Gesellschafter
- d) Weitere abgeleitete Kompetenzen
- III. Die Erforderlichkeit der Bildung von Sondermassen durch den Insolvenzverwalter
- IV. Zum Anwendungsbereich des § 93 InsO gegenüber dem ausgeschiedenen Gesellschafter in Sonderfällen
- 1. Mehrere persönlich haftende ausgeschiedene Gesellschafter
- 2. Haftung nur einem Altgläubiger gegenüber
- 3. Bei der Umwandlung einer OHG in eine Einzelunternehmung durch Austritt sämtlicher anderer Gesellschafter
- V. Einwendungsmöglichkeiten des gemäß § 93 InsO in Anspruch genommenen ehemaligen Gesellschafters
- 1. Persönliche Inanspruchnahme aus der Haftung ist nicht oder nicht in vollem Umfang zur Gläubigerbefriedigung notwendig
- 2. Aufrechnungsmöglichkeit mit Forderungen gegen die Gesellschaft
- a) Mit einer Drittgläubigerforderung
- b) Mit einem Aufwendungsersatz- oder Sozialanspruch
- aa) Regressanspruch aus einer Altgläubigerbefriedigung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens
- bb) Abfindungsanspruch
- 3. Aufrechnung mit einer Privatforderung gegenüber dem Altgläubiger
- 4. Sonstige Einwendungsmöglichkeiten
- VI. Die Folgen eines Insolvenzplanverfahrens für den ausgeschiedenen Gesellschafter
- 1. Normzweck der §§ 217 ff. InsO
- 2. Anwendung der Haftungsbefreiungswirkung
- D. Die Haftung des ausgeschiedenen Kommanditisten in der Unternehmensinsolvenz
- I. Allgemeine Grundsätze der Kommanditistenhaftung
- II. Der § 171 II HGB als zentrales Gestaltungsinstrument des Insolvenzverwalters der Gesellschaft
- 1. Normzweck und Anwendbarkeit auf den ausgeschiedenen Gesellschafter
- 2. Die Sperrwirkung
- 3. Reichweite und Grenzen der Ermächtigungsfunktion
- a) Anspruchsträgerschaft hinsichtlich der Haftsumme
- b) Einziehung der Pflichteinlage zur Insolvenzmasse
- III. Die Erforderlichkeit der Bildung von Sondermassen durch den Insolvenzverwalter
- IV. Zum Anwendungsbereich des § 171 II HGB gegenüber dem ausgeschiedenen Kommanditisten in Sonderfällen
- 1. Mehrgliedrige KG mit mehreren Kommanditisten
- 2. Haftung nur einem Altgläubiger gegenüber
- 3. Bei der Umwandlung einer KG in eine OHG durch Austritt sämtlicher Kommanditisten
- V. Einwendungsmöglichkeiten des gemäß § 171 II HGB in Anspruch genommenen ehemaligen Kommanditisten
- 1. Persönliche Inanspruchnahme aus der Haftung ist nicht oder nicht in vollem Umfang erforderlich
- 2. Aufrechnungsmöglichkeiten mit einer Forderung gegen die KG
- a) Mit einer Drittgläubigerforderung
- b) Mit einem Aufwendungsersatz- oder Sozialanspruch
- aa) Regressanspruch aus einer Altgläubigerbefriedigung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens
- bb) Abfindungsanspruch
- 3. Aufrechnung mit einer Privatforderung gegenüber dem Altgläubiger
- 4. Sonstige Einwendungsmöglichkeiten
- VI. Konsequenzen der Doppelinsolvenz von Gesellschaft und ehemaligem Kommanditisten
- VII. Die Folgen eines Insolvenzplanverfahrens für den ausgeschiedenen Kommanditisten
- VIII. Besonderheiten bei der GmbH & Co. KG
- E. Fazit und Schlussbemerkungen in Thesen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit der Haftung von ausgeschiedenen Gesellschaftern in der Unternehmensinsolvenz von Personengesellschaften. Ziel ist es, die komplexen Haftungsregelungen im Kontext der Insolvenzordnung und des Handelsgesetzbuchs zu analysieren und die Folgen für die Beteiligten aufzuzeigen.
- Haftung von ausgeschiedenen Gesellschaftern in der Insolvenz von Personengesellschaften
- Anwendung der §§ 128 HGB und 93 InsO im Fall von ausgeschiedenen Gesellschaftern
- Sperrwirkung und Ermächtigungsfunktion des § 93 InsO für den Insolvenzverwalter
- Einwendungsmöglichkeiten des ausgeschiedenen Gesellschafters
- Haftungsbefreiung im Insolvenzplanverfahren
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Thema der Arbeit vor und erläutert den Hintergrund der Thematik. Kapitel B beschäftigt sich mit dem Zweck und den Voraussetzungen des Insolvenzverfahrens. Kapitel C analysiert die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters in der Unternehmensinsolvenz und fokussiert dabei auf die §§ 128 HGB und 93 InsO. Kapitel D beleuchtet die Haftung des ausgeschiedenen Kommanditisten im Insolvenzverfahren.
Schlüsselwörter
Personengesellschaften, Insolvenz, Haftung, ausgeschiedener Gesellschafter, § 93 InsO, § 128 HGB, Sperrwirkung, Ermächtigungsfunktion, Einwendungsmöglichkeiten, Insolvenzplan, Kommanditistenhaftung, Doppelinsolvenz.
- Quote paper
- Andreas Lentzen (Author), 2012, Die Haftung von aus Personengesellschaften ausgeschiedenen Gesellschaftern in der Unternehmensinsolvenz, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/191810