Die Bußgeldzahlung infolge des Nacktbadens der Tochter des Erzählers in „Mario und der Zauberer“ beansprucht in Thomas Manns 1930 erschienener Novelle nicht allzu viel Platz, in Klaus Maria Brandauers gleichnamiger Filmadaption von 1994 erfährt sie aber eine ungleich größere Aufmerksamkeit, und kann gar als Schlüsselszene gesehen werden. Genau in der Mitte des Films wird nicht nur über Recht und Unrecht entschieden: In der Figur des Schriftstellers Fuhrmann, dem Pendant zu Manns homo- und intradiegetischem Erzähler, und dem Präfekten Angiolieri, dem „höhere[n] Beamten“ in der Novelle, treffen Demokratie und Faschismus aufeinander. Die folgende Analyse konzentriert sich auf Branauers Adaption der Szene bei Mann. Im Folgenden werden die Darstellung des beinahe neu erfundenen Präfekten, des Schriftstellers, und ihre denkwürdige Interaktion miteinander gedeutet.
Inhaltsverzeichnis
- Machtspiel im Miniaturformat: Die Bußgeldzahlung aus Thomas Manns Mario und der Zauberer in der Filmadaption von Klaus Maria von Brandauer
- Präfekt Angiolieri, der innerhalb des Films als Personifikation eines faschistischen Politikverständnisses gilt, inszeniert sich als mitfühlenden und gesetzestreuen Kleinstadtpolitiker, wobei Brandauer gleichzeitig dessen korrupte Arbeitsweise und Aggressivität offenbart.
- Professore Fuhrmann ist im Film zwar ein Vorbild des aufgeklärten Demokraten, der auch gegen einen erstarkenden Nationalismus und Faschismus mit Vorträgen ankämpft, lässt sich aber, trotz seiner Einwände gegen eine fremdenfeindlich motivierte Verwarnung, vom Präfekten vereinnahmen.
- Als eine Schlüsselszene kann das Spiel des Demokraten Fuhrmann und des faschistischen Präfekten mit Modellauto und -motorrad gelten.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Essay befasst sich mit der Filmadaption von Klaus Maria von Brandauers „Mario und der Zauberer“ und analysiert die Szene, in der die Tochter des Erzählers ein Bußgeld für Nacktbaden erhält. Die Szene wird als Schlüsselszene betrachtet, in der Demokratie und Faschismus im Mikrokosmos der Stadt Torre di Venere aufeinandertreffen.
- Die Inszenierung von Präfekt Angiolieri als korruptem, aber scheinbar mitfühlendem Politiker
- Die Darstellung von Professor Fuhrmann als aufgeklärtem Demokraten, der sich aber von Angiolieris Macht beeindrucken lässt
- Die Symbolik des Spiels mit Modellauto und -motorrad als Allegorie für die Machtverhältnisse in Torre di Venere
- Die Unterschiede zwischen Manns literarischer Vorlage und Brandauers Filmadaption
- Die Bedeutung der Szene für die Gesamtinterpretation des Films
Zusammenfassung der Kapitel
- In der Szene des Bußgeldes wird Präfekt Angiolieri als Personifikation eines faschistischen Politikverständnisses dargestellt, der sich jedoch als mitfühlender und gesetzestreuer Kleinstadtpolitiker inszeniert.
- Professore Fuhrmann, der im Film als aufgeklärter Demokrat präsentiert wird, lässt sich trotz seiner Einwände gegen die Verwarnung von Angiolieri vereinnahmen.
- Das Spiel des Präfekten und Fuhrmanns mit Modellauto und -motorrad symbolisiert die Machtverhältnisse in Torre di Venere. Das Motorrad steht für Cipolla, den Zauberer, der im Film als Vertreter des Faschismus gesehen werden kann. Das Auto, das den Minister transportieren soll, steht für die faschistische Regierung.
Schlüsselwörter
Filmadaption, Mario und der Zauberer, Klaus Maria von Brandauer, Faschismus, Demokratie, Präfekt Angiolieri, Professore Fuhrmann, Symbolismus, Machtspiel, Schlüsselszene.
- Arbeit zitieren
- Franz Kröber (Autor:in), 2012, Machtspiel im Miniaturformat , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/192000