Betrachten wir die Frage nach dem „Wucher“ bei der Gestaltung der Schiffspanzerplattenpreise durch die Firma Krupp innerhalb des relevanten Zeitraumes von 1890 – 1914 unter den Gesichtspunkten der damaligen und heutigen Rechtsdefinition des Begriffes, so ist festzustellen, dass eine endgültige Beurteilung nicht möglich ist.
Um die Rechtssituation rund um das „Gesetz, betreffend den Wucher“, von 1880 richtig einordnen zu können, bedarf es zunächst einer Betrachtung der Gesetzgebung unmittelbar vor Gründung des Kaiserreiches. Im Zuge bürgerlicher Liberalisierungspolitik, hatte der Reichstag des Norddeutschen Bundes im November 1867 schließlich das „Gesetz, betreffend die vertragsmäßigen Zinsen“ verabschiedet, welches sämtliche Beschränkungen zur freien Vereinbarung von Zinsen für Darlehen und ähnlicher Kreditgeschäfte aus dem Weg räumte.1
Dies bedeutete nichts geringeres, als den vollständigen Wegfall des gesetzlichen Schutzes vor überhöhten Zinsforderungen, so dass in den folgenden Jahren vertraglich geregelte Zinssätze von 200% per Anno keine Seltenheit waren und mitunter auch bis zu 1000% betrugen.2
Folgerichtig strebte der, nun mittlerweile gesamtdeutsche, Reichstag gegen Ende der 1870er Jahre die Wiedereinführung einer entsprechenden gesetzlichen Beschränkung des „Zinswuchers“ an. In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass sich das allgemeine Rechtsverständnis des Wucherbegriffs ausschließlich auf die Erhebung überhöhter Zinssätze erstreckte und andere Rechtsgeschäfte nicht mit einbezog.
Inhaltsverzeichnis
- Wucher? Der Streit um die Panzerplattenpreise
- Betriebswirtschaftliche Risiken und geringe Auslastung: Die Haltung der Firma Krupp
- Öffentliche Meinung und Verhandlungen mit der Konkurrenz: Die Druckmittel des Reichsmarineamtes
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text analysiert den Streit um die Preisgestaltung von Panzerplatten durch die Firma Krupp in der Zeit von 1890 bis 1914. Dabei wird die Frage aufgeworfen, ob die Preise von Krupp als „Wucher“ im Sinne des damaligen und heutigen Rechts begriffen werden können.
- Entwicklung des Wucherbegriffs im deutschen Recht
- Die Rolle des Reichsmarineamtes bei der Preisgestaltung
- Die wirtschaftliche Situation von Krupp und die Bedeutung von Panzerplatten für die kaiserliche Marine
- Öffentliche Meinung und Wahrnehmung der Preisgestaltung von Krupp
- Die Relevanz der damaligen und heutigen Rechtssprechung für die Beurteilung der Krupp´schen Preispolitik
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die rechtliche Entwicklung des Begriffs „Wucher“ in Deutschland, ausgehend von der liberalen Gesetzgebung des Norddeutschen Bundes bis hin zum „Gesetz, betreffend den Wucher“ von 1880. Dabei wird die damalige Fokussierung auf überhöhte Zinsforderungen und die Erweiterung des Begriffs auf weitere Rechtsgeschäfte im Jahr 1893 deutlich gemacht.
Das zweite Kapitel befasst sich mit der Preispolitik von Krupp und der Rolle des Reichsmarineamtes bei der Beschaffung von Panzerplatten. Die Abhängigkeit der Marine von Krupps Expertise und die daraus resultierende Quasi-Monopolstellung des Stahlkonzerns werden hervorgehoben. Die öffentliche Meinung und die negative Wahrnehmung der Preisgestaltung von Krupp werden ebenfalls beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter des Textes sind: Panzerplatten, Krupp, Reichsmarineamt, Wucher, Preisgestaltung, Rechtssprechung, Abhängigkeitsverhältnis, Quasi-Monopol, öffentliche Meinung, Großindustrie.
- Quote paper
- René Feldvoß (Author), 2010, Wucher - Der Streit um die Panzerplattenpreise, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/192188