Wie wirken sich interethnische Freundschaften auf den Bildungsweg türkischer Jugendlicher in Deutschland aus?

Methode: Grounded Theory


Hausarbeit, 2009

22 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Darlegung der Forschungsfrage
2.1 Aktueller Stand der Forschung
2.2 Bezugsliteratur
2.3 Hypothese

3. Methode
3.1 Darlegung der Methode
3.2 Begründung der Methodenwahl

4. Beschreibung der Art und Güte der Daten

5. Reflexion und Darstellung der Ergebnisse
5.1 Vorgehensweise und Erfahrungen mit der Datenanalyse
5.2 Inhaltliche Auswertung der Daten
5.2.1 Phase 1: Das offene Kodieren
5.2.2 Phase 2: Das selektive Kodieren
5.3 Diskussion der Ergebnisse in Hinblick auf die Forschungsfrage
5.4 Fazit und Ausblick

1. Einleitung

Laut Pressemitteilung der Autorengruppe Bildungsberichterstattung zum „Bericht Bildung in Deutschland 2008“ vom 12. Juni 2008 beträgt der prozentuale Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund in Westdeutschland ca. 21%, in Ostdeutschland ca. 8%. Dabei macht die Gruppe der Türkinnen und Türken rund ein Viertel der ausländischen Bevölkerung aus (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2008, S. 15).

Analog dazu bilden türkische Kinder und Jugendliche die am stärksten vertretene Gruppe ethnischer Minderheiten an deutschen Schulen. Wie in den Jahren zuvor sind SchülerInnen mit Migrationshintergrund an Real- und vor allem an Hauptschulen stark überrepräsentiert. Desweiteren verlassen im Vergleich zu deutschen SchülerInnen in etwa doppelt so viele ausländische Jugendliche die allgemeinbildende Schule, ohne einen Schulabschluss vorweisen zu können (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2008, S. 17).

Die Benachteiligung türkischer Jugendlicher im deutschen Schulsystem hat unterschiedliche Ursachen, die sowohl in durch komplexe kulturelle Anforderungen erschwerten Identifikationsmöglichkeiten wie auch in sprachlicher Benachteiligung und sozio-ökonomischen Unterschieden zu suchen sind.

Die vorliegende Hausarbeit wird im Zuge des Modul 2A an der FernUniversität Hagen im Studiengang Bildungswissenschaft verfasst. Das übergeordnete Thema ist die Applikation einer qualitativen Methode der Sozialforschung auf eine frei gewählte Forschungsfrage. Auf dieser Grundlage befasst sich diese Arbeit unter Anwendung der Grounded Theory im weitesten Sinne mit den Bedingungen der Eingliederung türkischer Jugendlicher in das deutsche Bildungs- und Schulsystem. Es werden zwei Interviews aus der Shell-Jugendstudie 2000 (Fischer, Fritzsche, Fuchs-Heinritz, 2000) miteinander verglichen. Dabei wird näher auf die Frage eingegangen, welche Rolle interethnische Freundschaften bei der Teilhabe am deutschen Schulsystem spielen.

2. Darlegung der Forschungsfrage

Schule und Ausbildung, Freizeitbeschäftigungen und die Gestaltung von Freundschaften strukturieren - neben dem Familienleben - den Alltag von Jugendlichen. Dadurch beeinflussen die genannten Lebensbereiche das Maß der

Integration Jugendlicher mit Migrationshintergrund in die Gesellschaft des

Aufnahmelandes. Zwei dieser Aspekte, das deutsche Schulsystem und freundschaftliche Beziehungen zwischen Jugendlichen deutscher und türkischer Herkunft, sind die zentralen Themen der vorliegenden Arbeit. Die zu untersuchende Forschungsfrage lautet:

Wie wirken sich interethnische Freundschaften auf den Bildungsweg türkischer Jugendlicher in Deutschland aus?

Im Interessensmittelpunkt stehen die Auswirkungen bikultureller Freundschaften, nach Reinders definiert als „besondere Form intensiver und positiv erfahrener Kontakte“ (Reinders, 2004, S. 100). Freundschaften als Kontakte mit einer besonderen Qualität wirken sich nicht nur günstig auf die gegenseitige Einstellung aus, sondern auch auf Verhaltensweisen im Allgemeinen (Fritzsche und Wiezorek, 2006). Obwohl einige Forschungsansätze in diese Richtung existieren (vgl. Kapitel 2.1 und 2.2), findet sich keine Studie, die sich explizit mit den Auswirkungen interkultureller Freundschaften auf die schulischen Leistungen von Migrantenkindern befasst. Die Kontakthypothese von Allport (1971) sagt aus, dass Kontakte zu Migranten unter gegebenen Bedingungen (gleicher Status, gemeinsame Ziele und Interessen, Unterstützung durch Autoritäten, Recht und Norm) dazu beitragen, Vorurteile auf deutscher Seite zu reduzieren. In der Schule sind die genannten Bedingungen als grober Rahmen a priori gegeben: Ausgeprägte Statusunterschiede lassen sich zwar zwischen den Schularten finden, nicht aber innerhalb einer Schulart; als gemeinsames Ziel kann die Bewältigung des Schulalltags und das Erlangen eines Schulabschlusses genannt werden; die Schule als Institution, bestehend aus einem Kollegium und einer Direktorin / einem Direktor an der Spitze, dient als autoritärer Bezugsrahmen. Als größter Entstehungsort potentieller Freundschaften (Fritzsche und Wiezorek, 2006) bietet die Schule die Möglichkeit, einen respektvollen Umgang miteinander und die Achtung der SchülerInnen voreinander zu stärken und so Freundschaften zu fördern, die sich wiederum positiv auf den Schulalltag und somit auf die Leistungsfähigkeit des Einzelnen auswirken können.

Die Entscheidung für diese Forschungsfrage ist auch aus einem persönlichen Interesse entstanden. In meiner Tätigkeit als Leiterin eines Nachhilfeinstituts arbeite ich täglich mit Kindern und Jugendlichen unterschiedlicher sozialer und nationaler Herkunft. In diesem Zusammenhang beobachte ich deren Interaktionen und die Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen. Von besonderem Interesse ist dabei für mich der Einfluss derselben auf die schulischen Leistungen der Migrantenkinder.

2.1 Aktueller Stand der Forschung

Seit einigen Jahrzehnten widmen sich sozialwissenschaftliche Forschungen zunehmend dem Thema Migration. Während dabei lange Zeit in erster Linie die Lebensbedingungen der Migranten im Fokus standen, zeichnet sich in den letzten Jahren mehr und mehr eine Tendenz ab, auch die sich verändernde Aufnahmegesellschaft in den Blick zu nehmen. Belege zu dieser Entwicklung finden sich unter anderem in der Studie von Dr. Heinz Reinders (Reinders, 2006, S. 39-57). Dementsprechend finden sich zahlreiche Studien zum Thema ’Freundschaft in der Adoleszenz’, jedoch kaum Datenmaterial, das sich explizit mit den Auswirkungen von Freundschaften auf die Integration von jugendlichen Mädchen und Jungen mit Migrationshintergrund in die jeweiligen Gesellschaften der Majorität befasst.

Das gewählte Forschungsthema eignet sich zur Erschließung neuer Zusammenhänge, da aktuell keine entsprechende Forschung vorliegt, jedoch auf bestehende Forschungsarbeiten zurückgegriffen werden kann, die den Einstieg in das Thema erleichtern.

Die Ergebnisse der Forschung können dazu beitragen, erziehenden Personen einen tieferen Einblick in die Bedeutung von interethnischen Freundschaften zu gewähren und so integrativen Bemühungen eine neue Richtung zu geben.

Die vorliegende Hausarbeit konzentriert sich auf die Integrationsmöglichkeiten ausländischer Jugendlicher, versucht aber gleichzeitig, dem alternierenden Grundschema gerecht zu werden, indem sie sich mit den Einflüssen auseinandersetzt, die interkulturelle Freundschaften auf die schulische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund haben.

2.2 Bezugsliteratur

Seit Anfang des Jahres 2006 erscheint vierteljährlich die sozialwissenschaftlich orientierte Zeitschrift „Diskurs Kindheits- und Jugendforschung“. In Heft 1-2006 mit dem Schwerpunktthema „Interethnische Beziehungen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen“ findet sich ein Beitrag von Dr. Heinz Reinders, in welchem die Ergebnisse einer Längsschnittstudie mit 237 jugendlichen Hauptschülern vorgestellt werden. Im Zentrum der Studie steht die Frage nach der Entstehung und den Auswirkungen interethnischen Freundschaften im Jugendalter; untersucht werden verschiedene Aspekte, unter anderem die Konsequenzen für die Beziehung zu und der Ablösung von den Eltern, aber auch der Einfluss, den Freundschaften mit ausländischen Jugendlichen auf die Entwicklung von Vorurteilen deutscher Jugendlicher hat.

Weitere Beiträge in derselben Ausgabe der Zeitschrift stammen unter anderem von Sonja Haug, die den Schwerpunkt ihrer Forschung auf interethnische Partnerschaften junger Erwachsener legt, sowie von Dagmar Strohmeier, Dunja Nestler und Christiane Spiel, die ihre Arbeit der Freundschafts-Entwicklung zwischen Kindern im Grundschulalter widmen.

Neben den genannten Forschungsarbeiten, die als Datenpool und Bezugsliteratur für die vorliegende Arbeit dienen, erwiesen sich auch die Arbeiten von Hartmut Esser, derzeit Professor für Soziologie und Wirtschaftslehre an der Universität Mannheim, hilfreich. Nicht nur sein Modell der Integration, sondern auch die Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen dem Spracherwerb der Migranten und dem Gelingen der Integration, enthalten aufschlussreiche Informationen (Esser, 2006).

Als Bezugsliteratur geeignet erscheinen mir die genannten Arbeiten sowohl aufgrund ihrer relativen Aktualität und ihrem Bezug zur Forschungsfrage als auch aufgrund der Tatsache, dass es sich jeweils um qualitative Studien handelt, die auf zahlreiche weitere Daten verweisen, auf die im Verlauf der Forschung im Sinne der Grounded Theory zurückgegriffen werden kann.

2.3 Hypothese

Die Bereiche interethnische Kontakte und Freundschaften, Veränderungen in einer multiethnischen Gesellschaft und Integration (hier vor allem Integration in das deutsche Schulsystem) sind weit gefächert. Je stärker ich mich in die Themen einarbeitete, umso mehr Material und Querbezüge fanden sich. Um den Blick wieder auf bestimmte Aspekte der Daten zu lenken, steht am Anfang meiner Überlegungen folgende Hypothese, die der Forschungsfrage zugrunde liegt und mit Hilfe der Grounded Theory überprüft werden soll:

Enge freundschaftliche Beziehungen zu deutschen Jugendlichen wirken sich positiv auf die Integration türkischer Jugendlicher in das deutsche Bildungssystem aus.

Dass sich bikulturelle Freundschaften insgesamt positiv auf Verhalten und Einstellung deutscher Jugendlicher auswirken, zeigt unter anderem Reinders in seinen oben genannten Studien (Reinders, 2006). Als Ergebnis der vorliegenden Arbeit erwarte ich positive Auswirkungen auf Seiten türkischer Jugendlicher in Form einer erhöhten Bereitschaft, der Gesellschaft, in der sie leben und aufwachsen, selbstbewusst und wohlwollend entgegenzutreten sowie sich als Teil derselben zu verstehen und sich in diesem Sinne zu gleichen Teilen engagiert in das bestehende Schulsystem einzubringen wie auch berechtigte Forderungen angemessen äußern zu können.

Eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Teilnahme am Unterricht, aber auch für das Gelingen der Integration überhaupt, ist ein sicherer Umgang mit der deutschen Sprache (Esser, 2006). Neben staatlichen Unterstützungsmaßnahmen, wie sie zum Beispiel mit dem Zuwanderungsgesetz vom 1. Januar 2005 getroffen wurden (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge), stellt sich vor allem der alltägliche und natürliche Gebrauch der Sprache in Schule und Freizeit als optimale Gelegenheit dar, früh und möglichst umfassend Deutsch zu lernen. Denn nach wie vor bleibt die Primärsprache in den Familien - im Kontakt mit den Eltern mehr als im Kontakt mit den Geschwistern - überwiegend Türkisch (Popp, Tillmann, 2005).

Je früher Freundschaften geschlossen werden, umso stärker ist ihr Einfluss auf die Bewältigung der Entwicklungsaufgaben, die sich im Kindes- und Jugendalter stellen. Die erfolgreiche Bewältigung einer Entwicklungsaufgabe, wie sie Havighurst in Developmental task and education (1948) beschreibt, wirkt sich günstig auf die kommenden Lebensphasen aus (Josephs, 2007). Reinders beschreibt unter den Stichworten Sequenzialität und Sensitivität den Zusammenhang zwischen erfolgreich bewältigten Entwicklungsaufgaben und Anforderungen in anstehenden Lebensphasen; so benennt er beispielsweise hypothetisch interethnische Freundschaften als Indikator für Bildungserfolg in der Jugendphase oder einen geglückten Übergang in die Berufstätigkeit (Reinders, 2006).

3. Methode

Aus mehreren zur Verfügung stehenden Methoden der qualitativen Sozialforschung habe ich für die Bearbeitung der Forschungsfrage die Methode Grounded Theory gewählt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Wie wirken sich interethnische Freundschaften auf den Bildungsweg türkischer Jugendlicher in Deutschland aus?
Untertitel
Methode: Grounded Theory
Hochschule
FernUniversität Hagen  (Kultur- und Sozialwissenschaften)
Veranstaltung
Methoden der empirischen Bildungsforschung
Note
1,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
22
Katalognummer
V192202
ISBN (eBook)
9783656170341
ISBN (Buch)
9783656171553
Dateigröße
472 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
freundschaften, bildungsweg, jugendlicher, deutschland, methode, grounded, theory
Arbeit zitieren
Raffaela Wolf (Autor:in), 2009, Wie wirken sich interethnische Freundschaften auf den Bildungsweg türkischer Jugendlicher in Deutschland aus?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/192202

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Im eBook lesen
Titel: Wie wirken sich interethnische Freundschaften auf den Bildungsweg türkischer Jugendlicher in Deutschland aus?



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden