Gründung einer virtuellen Dienstleistungsunternehmung


Bachelorarbeit, 2008

60 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Vorgehensweise
1.4 Begriffsabgrenzung

2 Hauptteil
2.1 Theoretischer Teil
2.1.1 Wissenschaftlicher Ist-Zustand in der Literatur
2.1.1.1 Merkmale einer Unternehmensgründung in der Net Economy
2.1.1.2 Erfolgsfaktoren einer erfolgreichen Unternehmensgründung in der Net Economy (von den Großen lernen)
2.1.1.3 Internationalisierung
2.1.1.4 Literarische Synopse
2.2 Praktischer Teil
2.2.1 Kurzvorstellung der Piecunia GmbH
2.2.2 Warum virtuelle Gründung?
2.2.3 Methodik der Untersuchung
2.2.4 Bezugsrahmen
2.2.4.1 Zielvorstellung der Geschäftsleitung
2.2.4.2 Einflussgrößen auf den Gründungserfolg
2.2.5 Experteninterview / Empirie
2.2.6 Das Unternehmen und die Beteiligten
2.2.6.1 Geschäftsidee und Management
2.2.6.2 Persönlichkeitseigenschaften der Beteiligten
2.2.6.3 Wahl der Unternehmensform
2.2.6.4 Personalentscheidungen
2.2.7 Geld (Kapital) - Mittelherkunft
2.2.7.1 Startkapital, Kapitalbedarf und Anfangsinvestitionen
2.2.7.2 Finanzierung und Kapitalakquise
2.2.7.3 Macht- und Kompetenzverteilung
2.2.8 Markt - Mittelverwendung
2.2.8.1 Das Internet
2.2.8.2 Der Kunde
2.2.8.3 Konkurrenzanalyse
2.2.8.4 Standortwahl und Analyse
2.2.8.5 Networking und Kooperationen
2.2.8.6 Marketing

3 Schluss
3.1 Zusammenfassung
3.2 Fazit und weiterführende Aspekte

1. Einleitung

„ Die Globalisierung l ä sst sich nicht aufhalten - genauso wenig wie sich die Donau aufhalten l ä sst. “ 1

Electronic Business wird Veränderungen in unserer modernen Gesellschaft hervorrufen, ähnlich zu denen der Industriellen Revolution. Es wird unsere Geschäftswelt, Gesellschaft und unsere Regierungsführung maßgeblich verändern. Das elektronische Geschäft (E- Business) ist die Integration von Informationstechnologie (IT) und im Besonderen dem Internet in die Geschäftsprozesse. Die vergangenen 30 Jahre haben IT Prozesse effektiver und effizienter gemacht, sie aber nicht grundlegend verändert. Aktuell und in den letzten Jahren, mit immer größerer Zunahme der weltweiten Globalisierung hat sich dies stark geändert und Electronic Business verwandelt fast unser ganzes alltägliches Leben und das Internet ist dabei der Katalysator.2 Im Zuge dieser Entwicklung und dem Platzen der New Economy Blase, einer Spekulationsblase3 im März 2000, der anschließenden Insolvenzwellenkatastrophe und der darauffolgenden Phase des Post Hype hat die gesamtwirtschaftliche Bedeutung und der Teilbereich von „Electronic Ventures“, der Gründung von Unternehmen in der Net Economy immer mehr an Bedeutung gewonnen und in den letzten Jahren zu einer neuen Welle der „E- Entrepreneuren“(Gründer in der Net Economy) geführt.4 Im Zuge dessen, hat sich das noch relativ junge Feld der E-Ventures im Dienstleistungsbereich, also der Gründung einer virtuellen Dienstleistungsunternehmung in den Blickpunkt des Autors gerückt. In unserer globalisierten Welt, mit seinen unzähligen Teilbereichen und Aspekten wird es immer schwieriger sich dem Internet, seinen Möglichkeiten und teils auch Zwängen zu entziehen und diese Möglichkeiten möglichst effizient und effektiv zu nutzen.5 Vom Jahr 2000 bis 2006 alleine 13.000 Unternehmensgründungen in der Net Economy, 3000 E-Ventures und schätzungsweise 150.000 Arbeitsplätze alleine in Deutschland sprechen eine eindeutige Sprache und vermitteln den gesamtwirtschaftlichen Stellenwert.6

1.1 Problemstellung

Es besteht ein konkreter unternehmerischer und wirtschaftlicher Bedarf, die Details und Machbarkeit einer Neugründung einer virtuellen Dienstleistungsunternehmung explizit zu beleuchten, abzuwägen und wissenschaftlich fundiert zu betrachten. Da in Zeiten der Globalisierung, mit ihrer wachsenden Internationalität immer mehr Unternehmen gezwungen sind zu expandieren, viele alte Industrien aussterben und die Dienstleistungsgesellschaft und Informationsgesellschaft immer mehr zunimmt, ist die Problemstellung der virtuellen Gründung einer solchen Dienstleistungsgesellschaft von hoher Aktualität gekennzeichnet, auch vor dem Hintergrund der schwierigen Kapitalbeschaffung und zunehmendem Kosteneinsparungszwangs ist die Betrachtung solcher „E-Ventures“ sehr interessant und aktuell.7 8 Es soll also versucht werden eine Lücke in der Forschungsfront zu schließen und ein bisher sehr junges, nur skizzenhaft abgestecktes und wenig erforschtes Themengebiet aufzuwerten, da bis dato ein Schwerpunkt in der Wissenschaft zur kompletten Neugründung besteht und die Thematik der virtuellen Gründung im Dienstleistungssegment nicht ausreichend beleuchtet wird. Schwerpunkt wird die Sonderthematik der Neugründungen von virtuellen Dienstleistungsunternehmungen und deren Erfolgsfaktoren sein. Daraus lässt sich ableiten, dass teils ein Mangel an fundierter Literatur und wissenschaftlichen Arbeiten mit Bezug auf die Gründung einer virtuellen Dienstleistungsunternehmung besteht, speziell, wenn diese sich mit der Thematik der Internationalisierung beschäftigt. Somit ergibt sich folgende These: „ Die Gr ü ndungsalternative „ virtuelle Gr ü ndung “ f ü hrt unter bestimmten Voraussetzungen auch im Dienstleistungsbereich zu erfolgsversprechenden (im Sinne der Gesch ä ftsleitung zielf ü hrenden) Ergebnissen. “

Diese wird in ein Praxisprojekt der Piecunia GmbH eingeordnet, in der diese konkrete Problematik an Hand einer empirischen Untersuchung, einem Experteninterview untersucht und analysiert wird.

1.2 Zielsetzung

Ziel dieser Arbeit soll es sein, bereits bestehende wissenschaftliche Erkenntnisse zur Gründung von virtuellen Unternehmen zu untersuchen, zu vergleichen und zu analysieren, durch eine literarische Synopse im möglichen Umfang auszuwerten und diese bereits bestehenden theoretischen Erkenntnisse und Anleitungen auf den praktischen Teil dieser Arbeit, also die Gründung einer virtuellen Dienstleistungsunternehmung auf ihre Anwendbarkeit hin zu überprüfen, zu bestätigen oder zu falsifizieren und beim Vorhandensein „weißer Flecken“ ggf. zu ergänzen. Ziel soll es sein, am Schluss der Bachelor Thesis die aufgestellt These der Problemstellung möglichst verifizieren zu können oder ggf. zu falsifizieren. Die Experteninterviews des empirischen Teils sollen dabei helfen, herauszufinden, ob die veränderbare, unabhängige Variable der Gründungsart (Franchise, Neugründung, Übernahme etc.) im Falle dieser Thesis, die virtuelle Gründung mit ihren wissenschaftlichen Erkenntnissen auch im hohen Maße auf die Gründung virtueller Dienstleistungsunternehmen anwendbar ist.

1.3 Vorgehensweise

Wenn du wei ß t, wie du es erreichst, ist es kein herausforderndes Ziel.9

Der Autor wird wie folgt in der Bachelor Arbeit vorgehen: In Punkt 1.4 wird eine kurze Begriffsabgrenzung folgen, um darzustellen, was der Autor unter einer „virtuellen Dienstleistungsunternehmung“ versteht. Der Hauptteil wird aus zwei großen Überpunkten, dem Theoretischen Teil in Punkt 2.1 und dem Praktischen Teil in Punkt 2.2 bestehen. Unter dem Punkt 2.1 Theoretischer Teil wird der Autor auf die in Unterpunkt 2.1.3 erwähnte „Literarische Synopse“ hinarbeiten. Dieser große Oberpunkt soll dazu dienen, den wissenschaftlichen Ist-Zustand zu dieser Thematik zu erarbeiten, kritisch auseinanderzusetzen und zu reflektieren. Frage wird es sein, was man von dem Forschungsstand zu virtuellen Unternehmensgründung, auch E-Venture genannt im Bezug auf die Gründung von virtuellen Dienstleistungsunternehmungen hin lernen kann. Der rote Faden wird dann weiter gesponnen und in den Empirischen, bzw. Praktischen Teil übergeleitet. Hier wird der Autor an Hand einer empirischen Untersuchung, einem Experteninterview zu klären versuchen, in wie weit der vorhandene Forschungsstand zur Gründung von virtuellen Unternehmen wirklich auf die Gründung von virtuellen Dienstleistungsgesellschaften hin anwendbar ist. (Diese empirische Untersuchung wird an Hand eines Erfolgsfaktors, der Gründungsart untersucht.) Diese stellt die unabhängige Variable da, während der allgemeine Erfolg eines E-Ventures (mit Auslandsbezug) die abhängige Variable darstellt. In dem einleitenden Part des Praktischen Teils wird der Bezugsrahmen aufzeigen, welche Größen allgemein auf den Gründungserfolg einwirken und welche der Autor dann ceteris paribus im speziellen untersuchen wird. Der ganze Praktische Teil wird dazu dienen, am Beispiel der Experteninterviews die Validität der Erkenntnisse des theoretischen Teils empirisch zu überprüfen und neue Erkenntnisse mit einfließen zu lassen, auf die bei der Gründung von virtuellen Dienstleistungsunternehmen besonders zu achten ist. Diese These der Problemstellung soll dann verifiziert oder falsifiziert werden. In der Schlussbetrachtung wird der Autor dann kritisch die eigene Leistungen und Ergebnisse reflektieren und in kritischer Distanz darlegen unter welchen Umständen und Nebenbedingungen eine Erfolgssteigerung allgemein und im Bezug auf das virtuelle Gründungsbeispiel der Piecunia GmbH möglich ist und welche flankierenden Maßnahmen nach Meinung der Experten für beide Bereiche, allgemein und speziell für die Piecunia GmbH nötig sind um den Erfolg abzusichern. In nachfolgender Abbildung ist die Vorgehensweise skizzenhaft und bildlich dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Vorgehensweise in der Bachelor Thesis.

Quelle: Eigene Darstellung des Autors, in Anlehnung an Kirschbaum, Günter (2008) - Anleitung für Bachelor Thesis.

1.4 Begriffsabgrenzung

Im Folgenden wird der Autor den zentralen Begriff der „virtuellen Dienstleistungsunternehmung“ für diese Arbeit und ihren Schwerpunkt definieren.

Folgende Definitionen wurden von Heike Arnold zusammengetragen. Frau Arnold hat ein Forschungs- und Praxisprojekt gegründet zum Thema virtuelle Dienstleistungsunternehmungen, genannt „Das virtuelle Unternehmen“. So entstand folgende Definition: „ Zusammenschluss von Unternehmen und/oder Einzelpersonen zwecks B ü ndelung von Kernkompetenzen zur effizienten Aussch ö pfung eines zeitlich befristeten Marktpotenzials oder zur Ausf ü hrung von Projekten ohne Kapitalbeteiligung, jedoch mit Risiko- und Kostenteilung. “ 10 Diese Definition wird im folgenden noch ausgeführt, wie die virtuelle Unternehmung von einigen verstanden wird, „ [e]ine virtuelle Organisation[...] den Gegenpol zu Unternehmensformen mit eigentumsrechtlich und vertragsrechtlich genau definierten Grenzen, eindeutig zugeordneten Wirtschaftsg ü tern, einer stabilen Standortbindung, einer relativ dauerhaften Ressourcenzuordnung und geregelten Ablaufstrukturen. “ 11

Diese Erklärungen führen noch nicht zu einer hinreichenden Definition, da es sich hierbei um „Zusammenschlüsse von Unternehmen“ handelt und auch der Dienstleistungsaspekt außen vor bleibt, deshalb wurde folgende Definition herangezogen, die sich aus einem wissenschaftlichen Projekt der „Akademie für Technikfolgenabschätzungen Baden- Württemberg“ mit Namen „Virtuelle Organisationen in regionalen Wirtschaftssystemen“ ergeben hat: „ Eine virtuelle Organisation setzt sich aus mehreren, voneinander rechtlich unabh ä ngigen Parteien (Organisationen und/oder Einzelpersonen) zusammen, die unter Einbringung ihrer spezifischen Kompetenzen r ä umlich verteilt miteinander kooperieren, um eine Leistung zu erbringen. Die virtuelle Organisation verzichtet weitgehend auf institutionalisierte Strukturen, nutzt aber umfassend fortgeschrittene Informations- und Kommunikationstechnik. Die Zusammensetzung der die virtuelle Organisation konstituierenden Parteien wandelt sich st ä ndig, weist aber in der Regel einen stabilen, „ nicht virtuellen “ Kern auf, der die virtuelle Organisation gegen ü ber dem Leistungsabnehmer vertritt.12 Eine weitere Definition aus der Forschung lautet wie folgt: „ Ein virtuelles Unternehmen ist eine Kooperationsform rechtlich unabh ä ngiger Unternehmen, Institutionen und/oder Einzelpersonen, die eine Leistung auf Basis eines gemeinsamen Gesch ä ftsverst ä ndnisses erbringen. Die kooperierenden Einheiten beteiligen sich an der Zusammenarbeit vorrangig mit ihren Kernkompetenzen und wirken bei der Leistungserstellung gegen ü ber Dritten wie ein Unternehmen. Dabei wird auf die Institutionalisierung zentraler Managementfunktionen zur Gestaltung, Lenkung und Entwicklung des virtuellen Unternehmens weitgehend verzichtet. “ 13 Ausgegangen, so der Tenor in der Forschung, wird dabei von zwei Typen der virtuellen Unternehmen, zum einem dem, in welchem die Strukturen aufgebrochen werden und einzelne Abteilungen oder das ganze Unternehmen aufgebrochen und virtualisiert werden und zum anderen, dem häufiger vorkommenden Typus des virtuellen Verbunds. In diesem Typ schließen sich fremde Unternehmen zu einem Netzwerk mit gleichem Geschäftsverständnis temporär zusammen, häufig auch um z.B. ein spezielles Produkt zu kreieren und abzusetzen.14 Ähnlich zu letzterer Sichtweise, ist auch die Definition des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, dass in der Form von virtuellen Dienstleistungsunternehmen eine Sonderform von Unternehmenskooperationen sieht, die mit folgenden Merkmalen behaftet sind: „ Kooperation rechtlich selbst ä ndiger, unabh ä ngiger Unternehmen “ 15 die ein „ gemeinsames Ziel, z.B. Produktherstellung, Verbreitung einer Technologie, d.h. kein loses Netzwerk “ 16 haben und in der Praxis noch drei weitere Eigenschaften aufweisen, nämlich, wenig bis keine Verträge zu haben, fokale Unternehmen sind (Unternehmungen mit Kundenkontakt) und einen gemeinsamen Marktauftritt nutzen.17

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Drei Elemente zur Bildung virtueller Unternehmen.

Quelle: Bundesministerium für Bildung und Forschung (2007).

Des Weiteren fasst das BMBF den Begriff der virtuellen Unternehmung in nachstehenden vier Definitionen zusammen, die der Autor als Abschluss der literarischen Begriffssynopse nutzen wird. Zum einen die wichtige „substanzielle Dimension“: „ Das Unternehmen wird „ von au ß en “ als Unternehmen wahrgenommen, obwohl sich dahinter in Wirklichkeit „ nur “ ein Netzwerk rechtlich voneinander unabh ä ngiger Partner verbirgt, d. h. hinter dem gemeinsamen Namen verbirgt sich ein Konglomerat eigentlich selbstst ä ndiger Unternehmen bzw. Unternehmer, die dem Kunden aber als einheitliches Unternehmen gegen ü bertreten. “ Zweitens, die „materielle Dimension“: „ Das „ von au ß en “ wahrgenommene Unternehmen verf ü gt ü ber keine materielle Unternehmensstruktur, sondern basiert nur auf Informations- und Kommunikationsstrukturen zwischen den beteiligten Partnern, d. h. es gibt keinen Unternehmens-Korpus, sondern allenfalls zentrale Knotenpunkte innerhalb eines Informations- und Kommunikationssystems. “ 18 Drittens, die „Autarkie Dimension“, die besagt, dass: „ Das „ von au ß en “ wahrgenommene Unternehmen entspricht „ im Inneren “ nur einer „ Agentur “ , deren Leistungsangebot in der Vermittlung und Zusammenf ü hrung selbstst ä ndiger Unternehmen bzw. Unternehmer besteht, um ein Gesamtprojekt im Sinne des Kunden zu bewältigen. “19 Und letztendlich die „Permanenzdimension“: “Das „ Unternehmen “ existiert nur f ü r das jeweilige Projekt, ist also sowohl in Bezug auf die Zeitdimension als auch in Bezug auf die spezifische Zusammensetzung der Partner innerhalb des Unternehmens nicht auf Dauer ausgerichtet: Es l ö st sich nach Beendigung eines Projektes auf. “ 20

In dieser Begriffssynopse wurde für den Autor der Begriff der „Dienstleistung“ nicht explizit genug angesprochen, obwohl der in den Randbeschreibungen, aber nicht in den Kerndefinitionen häufig aufgetaucht ist. Ebenfalls kaum erwähnt wurde die Internationalität, die für diese Arbeit eine große Rolle spielt. Aus den Folgerungen dieser in der Literatur und Forschung vorkommenden Ansichten und der noch verbreiteten Inkonsistenz der Meinungen zu einer Definition ergibt sich für den Autor folgende, für diese Arbeit gültige Definitionssynthese:

Eine „ virtuelle Dienstleistungsunternehmung “ , stellt ein „ von au ß en “ wahrgenommenes (teils neu gegr ü ndetes) Unternehmen dar, dass in Wirklichkeit nur eine Art Netzwerk von rechtlich unabh ä ngigen Partnern bildet, in dem sich ein Zusammenschluss von meist Einzelpersonen, teils auch Unternehmen oder Institutionen zwecks B ü ndelung von Kernkompetenzen verbirgt. Es zeichnet sich durch wenig bis keine Vertr ä ge aus, ist sehr kunden- und dienstleistungsorientiert, hat einen starken internationalen und h ä ufig l ä nder ü bergreifenden Kundenfokus und verwendet meist einen gemeinsamen virtuellen Marktauftritt. Es verzichtet auf institutionalisierte Strukturen, nutzt aber umfassend fortgeschrittene Informations- und Kommunikationstechnik. Des Weiteren besitzt es meist einen zentralen materiellen, nicht virtuellen Kern bzw. Standort und einen oder mehrere zentrale Knotenpunkte innerhalb eines Informations- und Kommunikationssystems. (Diese Definition wird im Verlauf der Arbeit vom Autor auch als E-Service-Venture bezeichnet.)

Eine kurze Anmerkung soll noch zur synonymhaften Verwendung der zwei wichtigsten Begriffe erfolgen. Die Gründung einer virtuellen Unternehmung wird mit E-Venture gleichgesetzt und die Gründung einer virtuellen Dienstleistungsgesellschaft wird mit dem vom Autor kreierten Begriff des E-Service-Ventures gleichgesetzt, der so in der Literatur (noch) nicht existiert.

2. Hauptteil

2.1 Theoretischer Teil

2.1.1 Wissenschaftlicher Ist-Zustand in der Literatur

2.1.1.1 Merkmale einer Unternehmensgründung in der Net Economy

„ Unternehmer sind Umsetzer, sie setzen Erkenntnisse in Handlungen um. “ 21

Im Folgenden wird der Autor den aktuellen Stand der Literatur zum Thema der virtuellen Unternehmensgründung wiedergeben. Dieser junge und noch wenig in der Literatur abgedeckte Bereich, wird auch „E-Venture“ genannt.22 Begonnen wird in der Literatur mit den „Typen der Unternehmensgründung“. In dieser Arbeit soll der Begriff der „unselbständig- originären Betriebsgründung“ gewählt werden. Diese Unternehmensgründung zeichnet sich dadurch aus, dass von einer bereits bestehenden Unternehmung eine neue abgrenzbare Wirtschaftseinheit, ein so genanntes „Spin-off“ geschaffen wird, welche durch die Entwicklung eines neuen innovativen Produktes eine separate Geschäftseinheit für Produktion und Vermarktung nötig macht.23 Ebenfalls wichtig ist, dass sich dieser Typus dadurch auszeichnet, dass weiterhin eine enge Verbindung zum Mutterunternehmen / größeren Unternehmen besteht und nicht 100%ig eigenständig agiert.24

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Die verschiedenen Gründungstypen.

Quelle: Kollmann, Tobias (2006), S. 2, E-Entrepreneurship.

In der zur Thematik vorhanden Literatur wird allerdings und fast ausschließlich der Bereich der selbst ä ndigen Unternehmensgr ü ndung eingegangen. Dieser unterscheidet sich dadurch, dass er die Gründung einer vollständigen neuen Wirtschafseinheit betrachtet.25 Der Gründer steht relativ isoliert da und kann auf keine Vorarbeiten und / oder existierenden Verbindungen aufbauen. Dies bedeutet, dass ein eigenständiges und rechtliches Unternehmen erst noch geschaffen werden muss. Definiert wird diese Art der Neugründung wie folgt: „ Unter einer „ Unternehmensgr ü ndung “ wird die Schaffung einer selbstst ä ndigen und origin ä ren rechtlichen Wirtschaftseinheit verstanden, innerhalb der die selbstst ä ndige(n) Gr ü nderperson(en) mit einem spezifischen Angebot (Produkt bzw. Dienstleistungen) einen fremden Bedarf decken m ö chte(n). “ 26

Der Autor wird nun ausführen, welche wichtigen Aspekte bei der virtuellen Gründung beachtet werden müssen, allerdings mit Bezug auf die in der Literatur diskutierten „selbständigen Unternehmensgründungen“, die nicht mit der eigentlichen Kernbetrachtung dieser Arbeit übereinstimmen. In Punkt 2.1.1.2 wird dann auf mögliche „weiße Flecken“ und Abweichung im Bezug auf originäre Betriebsgründungen und den Dienstleistungsaspekt hin eingegangen.

Um einen Überblick zu gewinnen, wo sich der Bereich der virtuellen Gründung einordnet, soll das Schalenmodell der Net Economy gewählt werden, welches für die Strukturierung und Klärung von Begriffen, Bereichen und Anwendungsgebieten der Net Economy entwickelt wurde.27

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Das Schalenmodell in der Net Economy. Quelle: Kollmann, Tobias (2004), S. 5, E-Venture.

Der Bereich der E-Ventures ist indirekt in dem Quadranten Net Economy zu finden. E- Business definiert sich, aus der Nutzung von digitalen Informationstechnologien zur Unterstützung von Geschäftsprozessen in der Vorbereitungs-, Verhandlungs- und Durchführungsphase. 28 „Dabei werden die dafür nötigen Bausteine Information, Kommunikation und Transkation zwischen den Beteiligen ökonomischen Partnern über digitale Netzwerke transferiert bzw. abgewickelt.“29 Wobei sich der Bericht der „Net Economy“ wie folgt definiert : “ Die „ Net Economy “ bezeichnet den wirtschaftlich genutzten Bereich von elektronischen Datennetzen und ist damit eine digitale Netzwerk ö konomie, welche ü ber verschiedene elektronische Plattformen die Abwicklung von Informations-, Kommunikations-und Transaktionsprozessen erlaubt “. 30

Grundlage für die E-Ventures / E-Entrepreneurship ist die Theorie über die so genannten Wertketten. Die klassische Wertkettendefinition lässt sich nicht mehr hinreichend für die Erklärung von Gründungen in der Net Economy heranziehen, da der Ansatz von Porter (1992) auf der Real Economy beruht. „ Die Wertkette gliedert ein Unternehmen in strategisch und technologisch unterscheidbare Wertaktivit ä ten, f ü r die der Kunde zu zahlen bereit ist.31 Die Wertkettenaktivitäten sind somit Bausteine, die ein Produkt von Stufe zu Stufe wertvoller machen, dieses Produkt ist dann die Basis von Unternehmensgründungen in der Real Economy. Informationen stellen hier einen entscheidenden Punkt für Wettbewerbserfolge dar, da mit ihnen die vorhandenen Prozesse besser analysiert und kontrolliert werden können.32

Die Wertkette in der Net Economy basiert auf Weiber/Kollmann33, hier wird die Information zu einer eigenständigen Quelle der Wettbewerbsvorteile, auch unabhängig von einer physischen Wertkette. Die jeweiligen Wertaktivitäten können z.B. in Sammlung, Systematisierung, Auswahl, Zusammenfügung und Verteilung von Informationen liegen. Durch die Einbindung in digitale Datennetze entstehen so „elektronische Wertketten“, die wiederum Grundlage für innovative Geschäftsideen sind und E-Ventures hervorrufen.34 Als Beispiel nennt Kollmann die Firmen autoscout24.de oder amazon.com, welcher, z.B. bei ersterem online Gebrauchtwagen verkaufen und sich der Preis nicht alleine durch den Gebrauchtwagenpreis generiert, sondern durch die Möglichkeit der Überblicks-, Auswahl- und Vermittlungsfunktion und der jeweiligen Verfügbarkeit unabhängig von zeitlichen und räumlichen Restriktionen.35 Die Wertschöpfung für den Kunden erfolgt hier auf elektronischer Ebene. Ähnlich verhält es sich bei amazon.com, wo nicht das einzelne Produkt, wie eine DVD den Mehrwert schafft, sondern die Art und Weise der elektronischen Auswahl im Internet.36 Reale Ressourcen werden bei beiden Beispielen natürlich auch benötigt, haben aber nur einen Unterstützungscharakter. Dies gilt nicht für normale onlineAutoherstellerauftritte, wie seat.com oder bmw.de, hier stellt dieser nur einen weiteren Distributionskanal dar und dadurch wird kein eigenständiger Wert geschaffen.37

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Das Konzept der elektronischen Wertkette in der Net Economy.

Quelle: Kollmann, Tobias (2004), S. 9, E-Venture.

Für Kollmann stellen vier Aspekte eine zentrale Position in der Betrachtung von virtuellen Gründungen, den E-Ventures dar: Der Gründungstyp, das Gründungsumfeld, der Gründungsbezug und die Gründungsbasis mit den wichtigen Aspekten Management, Risiko, Wachstumsbereiche und dem Kapitalbedarf.38 Laut Kollmann ist der Gr ü ndungstyp meist eine selbständige, originäre und innovative Unternehmensgründung. Das Gr ü ndungsumfeld, ist meist geprägt durch ein enormes Wachstumspotential-geartetes-E-Venture bei gleichzeitiger Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung und der Kapitalintensität der Informationstechnologien. Der Gr ü ndungsbezug beschreibt die Tatsache, dass die Geschäftsidee bei einem E-Venture erst durch die Nutzung innovativer IT-Technologie möglich wird und die Bedeutung des Faktors „Information“ einen Wettbewerbsfaktor darstellt. Der letzte Baustein, die Gr ü ndungsbasis eines E-Ventures basiert auf einem Unternehmenskonzept, mit einer elektronischen Kundenwertschöpfung, welche über eine elektronische Plattform der Net Economy angeboten und ständig weiterentwickelt und betreut werden muss.39 Diese vier Begriffe stellen somit die zentralen Merkmale einer Unternehmensgründung in der Net Economy dar, die auch mit den Begriffen virtuelle Gründung, E-Venture oder E-Entrepreneurship bezeichnet werden können.40

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Die Besonderheiten einer Unternehmensgründung in der Net Economy. Quelle: Kollmann, Tobias (2006), S. 11, E-Entrepreneurship.

Laut Kollmann ergibt sich somit für den Gründer folgende Fragestellung: „ Mit welchen Informationen kann ich ü ber welche elektronische Plattform einen Wert f ü r den Kunden erzeugen und wie stelle ich die Attraktivit ä t meines Informationsproduktes im Zeitverlauf so sicher, dass mein innovatives Unternehmen selbst ä ndig wachsen kann? “ 41

[...]


1 Heinrich von Pierer (2007), dt. Manager - Siemens AG. Pierer auf einer Tagung in Passau.

2 Vgl. Cunningham / Fröschl (1999), Vorwort S. 1.

3 Vgl. Kollmann, Tobias (2006), S. V-VII.

4 Vgl. Kollmann, Tobias (2004), S. XI.

5 Vgl. Kollmann, Tobias (2004), S. 5.

6 Vgl. Kollmann (2006), S. 13.

7 Vgl. Meyers Lexikon (2007) Hauptframe (siehe Internetverzeichnis).

http://lexikon.meyers.de/meyers/Dienstleistungsgesellschaft

8 Vgl. Kollmann (2006), S. 5-6.

9 Welch, Jack (2008), Hauptframe, (siehe Internetverzeichnis).

10 Gertz, J (2006), S. 19.

11 Picot/ Reichwald/ Wigand (1998), S. 445 ff..

12 Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg (2000), S 1, (siehe pdf. Dokument).

13 Vgl. Fischer, Klaus (1996).

14 Vgl. Herrmann, Nadine (2001), S.6, (siehe pdf. Dokument).

15 Rott / Kuhn / Weisheit (2007), S. 11 (siehe pdf. Dokument).

16 Ebenda.

17 Vgl. Rott / Kuhn / Weisheit (2007), S. 11 f. (siehe pdf. Dokument).

18 Trapp, Christian, et al., (2007) S. 17 ff. (siehe pdf. Dokument)

19 Ebenda.

20 Ebenda.

21 Schön, Max, Hauptframe, (siehe Internetverzeichnis).

22 Vgl. Kollmann, Tobias (2004), S. V.

23 Vgl. Kollmann, Tobias (2004), S. 2 f..

24 Vgl. Herr, Christian (2006), S. 21.

25 Vgl. Kollmann, Tobias (2004), S. 2 f..

26 Kollmann, Tobias (2004), S. 4.

27 Vgl. Kollmann, Tobias (2004), S. 4.

28 Vgl. Kollmann, Tobias (2001a) S. 64ff.

29 Vgl. Kollmann , Tobias (2002a) S. 883.

30 Kollmann, Tobias (2004), S. 8.

31 Vgl. Kollmann, Tobias (2006), S. 8.

32 Ebenda.

33 Vgl. Weiber, R. / Kollmann, T. (1998), S. 603 ff.

34 Ebenda.

35 Vgl. Kollmann, Tobias (2006), S. 9.

36 Ebenda.

37 Vgl. Kollmann, Tobias (2006) E-Entrepreneurship S. 10.

38 Vgl. Kollmann, Tobias (2006) , S. 10 ff.

39 Vgl. Kollmann, Tobias (2006), S. 11 ff.

40 Ebenda.

41 Kollmann, Tobias (2006), S. 12.

Ende der Leseprobe aus 60 Seiten

Details

Titel
Gründung einer virtuellen Dienstleistungsunternehmung
Hochschule
Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin  (Immobilienwirtschaft)
Note
1,7
Autor
Jahr
2008
Seiten
60
Katalognummer
V192382
ISBN (eBook)
9783668314740
Dateigröße
1659 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
gründung, dienstleistungsunternehmung
Arbeit zitieren
David Pieper (Autor:in), 2008, Gründung einer virtuellen Dienstleistungsunternehmung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/192382

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