Unternehmensnachfolge - ein Karriereziel für Studierende?

Studie der beruflichen Intention von Österreichs Hochschülern


Tesis, 2012

147 Páginas, Calificación: 1,00


Extracto


INHALTSVERZEICHNIS

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Hinweise

Kurzfassung

Abstract

Kapitel I
1.1. Problemstellung
1.2. Zielsetzung
1.3. Forschungsmethodik
1.4. Aufbau der Arbeit

Kapitel II
2.1. Untersuchungsobjekt
2.1.1. GUESSS
2.1.2. Befragte
2.2. Untersuchungsgegenstand
2.2.1. Begriffsbestimmung „Familienunternehmen“
2.2.2. Kleinere und mittlere Unternehmen (KMU)
2.2.3. Begriffsbestimmung „Unternehmensnachfolge“
2.2.4. Nachfolgeprozess
2.2.5. Theory of planned behavior

Kapitel III
3.1. Entrepreneurship-Kontext
3.2. Theory of planned behavior
3.2.1. Wahrgenommene Verhaltenskontrolle
3.2.2. Subjektive Norm
3.2.3. Einstellungen
3.2.4. Zusammenwirken der Überzeugungen
3.3. Wahrgenommene Verhaltenskontrolle
3.3.1. Selbstwirksamkeit
3.3.1.1. Entstehung der Selbstwirksamkeit
3.3.1.2. Quellen der Selbstwirksamkeit
3.3.1.3. Abgrenzung zur wahrgenommenen Verhaltenskontrolle
3.3.1.4. Einfluss der Selbstwirksamkeit
3.3.1.5. Selbstwirksamkeit - Studienergebnisse
3.3.2. Locus of control
3.3.2.1. Einfluss der Kontrollüberzeugung
3.3.2.2. Entstehung der Kontrollüberzeugung
3.3.2.3. Abgrenzung zur Selbstwirksamkeit
3.3.2.4. Abgrenzung zur wahrgenommenen Verhaltenskontrolle
3.3.2.5. Kontrollüberzeugung - Studienergebnisse
3.4. Subjektive Norm
3.4.1. Wahrnehmung der subjektiven Norm
3.4.2. Effekt der subjektiven Norm
3.5. Einstellung
3.5.1. Motive
3.5.2. Einfluss der wahrgenommenen Arbeitskonditionen der Eltern
3.6. Familie als Bezugsrahmen
3.6.1. Ausgeglichenes Familiensystem
3.6.2. Verbundenheit mit dem Familienunternehmen
3.7. Unternehmerische Erfahrung
3.7.1. Einfluss der unternehmerischen Vorerfahrung
3.7.2. Arbeitserfahrung im Familienbetrieb
3.8. Studienübersicht
3.9. Theoretischer Bezugsrahmen

Kapitel IV
4.1. Forschungsmethodik
4.1.1. Die quantitative Forschungsmethodik
4.1.2. Erhebungs- und Auswertungstechnik
4.1.3. Methodische Vorgehensweise
4.1.4. Struktur der Untersuchungsobjekte
4.1.5. Eigenschaft Familienunternehmen
4.2. Untersuchungsergebnisse
4.2.1. Wahrgenommene Verhaltenskontrolle
4.2.1.1. Selbstwirksamkeit
4.2.1.2. Kontrollüberzeugung
4.2.2. Subjektive Norm
4.2.3. Einstellung
4.2.4. Familiensystem
4.2.5. Identifizierung mit dem Familienunternehmen
4.2.6. Wahrgenommene Arbeitskonditionen der Eltern
4.2.7. Arbeitserfahrung im Familienunternehmen
4.2.8. Einflussfaktoren der Einstellung
4.2.9. Einflussfaktoren der subjektiven Norm
4.2.10. Einflussfaktoren der Selbstwirksamkeit
4.2.11. Einfluss der Arbeitserfahrung
4.3. Untersuchungsauswertungen
4.3.1. Wahrgenommene Verhaltenskontrolle
4.3.1.1. Selbstwirksamkeit
4.3.1.2. Kontrollüberzeugung
4.3.2. Subjektive Norm
4.3.3. Einstellung
4.3.4. Familiensystem
4.3.5. Identifizierung mit dem Familienunternehmen
4.3.6. Wahrgenommene Arbeitskonditionen der Eltern
4.3.7. Arbeitserfahrung im Familienunternehmen
4.3.8. Einflussfaktoren der Einstellung
4.3.9. Einflussfaktoren der subjektiven Norm
4.3.10. Einflussfaktoren der Selbstwirksamkeit
4.3.11. Einfluss der Arbeitserfahrung
4.4. Modell-Übersicht
4.5. Zusammenfassendes Ergebnis

Kapitel V
1.1. Diskussion
1.2. Limitationen
1.2.1. Inhaltliche Abgrenzung
1.2.2. Methodische Abgrenzung
1.2.3. Regionale Abgrenzung
1.3. Ausblick
1.3.1. Implikationen für die Theorie
1.3.2. Implikationen für die Praxis
1.3.2.1. Familie
1.3.2.2. Hochschule

6. Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1:Aufbau dieser Arbeit

Abbildung 2: F-PEC Skala des Familieneinflusses

Abbildung 3: Formen der Unternehmensnachfolge nach Pfannenschwarz

Abbildung 4: Intergenerational Transition Model nach Stavrou & Swiercz

Abbildung 5: The Intergenerational Transition Decision Process Model nach Stavrou & Swiercz, 1998, S. 23)

Abbildung 6: Theory of planned behavior nach Ajzen

Abbildung 7: Zusammenwirken der Überzeugungen in der TPB

Abbildung 8: Circumplex Model nach Olson

Abbildung 9: Model of prior family business exposure and entrepreneurial intent nach Carr & Sequeira

Abbildung 10: Theoretischer Bezugsrahmen

Abbildung 11: Studienfortschritt der Befragten

Abbildung 12: Studienrichtungen der Befragten

Abbildung 13: Stärke der Nachfolgetendenz

Abbildung 14: Berufliche Absichten der Befragten

Abbildung 15: Karriereabsichten der Studierenden unter Berücksichtigung der Studienrichtung

Abbildung 16: Branche des Familienunternehmens der Befragten

Abbildung 17: Selbstwirksamkeit der Befragten

Abbildung 18: Internale Kontrollüberzeugung

Abbildung 19: Subjektive Norm

Abbildung 20: Einstellung zur Selbstständigkeit

Abbildung 21: Motive für die Berufswahl

Abbildung 22: Familiensysteme

Abbildung 23: Verbundenheit mit dem Familienbetrieb abhängig von der beruflichen Intention

Abbildung 24: Wahrgenommene Arbeitsbelastung abhängig von der beruflichen Intention

Abbildung 25: Karriereabsichten im Vergleich zur Arbeitserfahrung im Familienbetrieb

Abbildung 26: Einfluss der wahrgenommenen Arbeitsbelastung auf die Einstellung zur Nachfolge

Abbildung 27: Einfluss der Verbundenheit mit dem Familienbetrieb auf die Einstellung zur Selbstständigkeit

Abbildung 28: Einfluss Familiensystem auf die Einstellung zur Selbstständigkeit

Abbildung 29: Einfluss der Arbeitserfahrung im Familienbetrieb auf die Einstellung zur Selbstständigkeit

Abbildung 30: Einfluss der Verbundenheit mit dem Familienbetrieb auf die subjektive Norm

Abbildung 31: Einfluss Familiensystem auf die subjektive Norm

Abbildung 32: Einfluss der Arbeitserfahrung im Familienbetrieb auf die subjektive Norm

Abbildung 33: Vergleich der Selbstwirksamkeit der Studierenden abhängig von besuchten Entrepreneurship-Kursen

Abbildung 34: Einfluss Familiensystem auf die Selbstwirksamkeit

Abbildung 35: Einfluss der Arbeitserfahrung im Familienbetrieb auf die Selbstwirksamkeit

Abbildung 36: Einfluss der Arbeitserfahrung im Familienbetrieb auf die Selbstwirksamkeit - im Detail

Abbildung 37: Einfluss der Arbeitserfahrung im Familienbetrieb auf die Verbundenheit mit dem Familienbetrieb

Abbildung 38: Einfluss Arbeitserfahrung auf das Verbundenheitsgefühl mit dem Familienbetrieb (mit Arbeitserfahrung im Familienbetrieb)

Abbildung 39: Einfluss der Arbeitserfahrung auf das Verbundenheitsgefühl mit Familienbetrieb (keine Arbeitserfahrung im Familienbetrieb)

Abbildung 40: Einfluss der Arbeitserfahrung auf die wahrgenommene Arbeitsbelastung der Eltern

Abbildung 41: Signifikante Untersuchungsergebnisse der Modellüberprüfung

Abbildung 42: Einflussfaktoren der familieninternen Nachfolgeintention

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Rücklauf (dargestellt nur Hochschulen mit Rücklauf > 1%)

Tabelle 2: Übersicht Definitionen für „Familienunternehmen“

Tabelle 3: Definition Kleinere- und Mittelereunternehmen in Österreich

Tabelle 4: Übersicht – Studien

Tabelle 5: Interne Konsistenz der Untersuchungseinheiten

Tabelle 6: Klassifizierung Korrelationskoeffizienten

Tabelle 7: Altersstruktur der Befragten

Tabelle 8: Übersicht Nachfolgeintention

Tabelle 9: Variablen-Übersicht

Tabelle 10: Ergebnis Korrelationsanalyse

Tabelle 11: Übersicht Untersuchungsergebnisse der vorliegenden Arbeit

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hinweise

In dieser Diplomarbeit sind aus Gründen der Textökonomie die personenbezogenen Bezeichnungen nur in der männlichen Form angeführt. Sie beziehen sich auf Frauen und Männer gleichermaßen. Aus Gründen der Vereinfachung und des Leseflusses wird auf Wortgebilde wie NachfolgerInnen, etc. verzichtet, womit keinesfalls eine Diskriminierung beabsichtigt ist.

Kurzfassung

In Österreich stehen rund ein Fünftel aller Klein- und Mittelunternehmen in den nächsten Jahren vor der Herausforderung der Unternehmensnachfolge. Erfolgten 1996 noch 75 Prozent aller Unternehmensübergaben innerhalb der Familie so waren es im Jahr 2006 nur noch 50 Prozent. Ein möglicher Grund für diese rückläufige Tendenz liegt in der verminderten Übernahmebereitschaft der Nachkommen. Die Übernahme eines Familienbetriebes resultiert nicht aus einem Reflex heraus, sondern ist vielmehr das Produkt eines bewussten Entscheidungsprozesses, der schon lange vor der tatsächlichen Übernahme beginnt.

Diese Arbeit hat das Ziel, jene Faktoren, die die Nachfolgeabsicht von Nachkommen eines Familienbetriebes beeinflussen, zu erheben und deren Wirkungsgefüge zu analysieren. Anhand der Untersuchung von 879 Studierenden an österreichischen Hochschulen wurde die Nachfolgeintention unter Anwendung der „Theory of planned behavior“[S1] untersucht und der beruflichen Intention ein Unternehmen zu gründen, einen familienexternen Betrieb zu übernehmen und einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, gegenübergestellt. Unterschiede konnten vor allem im Einfluss der Familie und der Verbundenheit mit dem Familienunternehmen festgestellt werden. Entgegen der in der Literatur verbreiteten Meinung konnte festgestellt werden, dass die Nachfolger eines Familienbetriebes dies nicht aus Zweifel an ihren eigenen Fähigkeiten tun, sondern vor allem weil sie wissen, dass sie die dafür notwendigen Fähigkeiten haben und sie diese Fähigkeiten einsetzen wollen, um das zu Erhalten was ihnen am Herzen liegt – das Familienunternehmen.

Abstract

In Austria, around a fifth of all small and medium-sized companies face the challenge of business succession in the coming years. In the year 1996 about 75 percent took over the family business but by 2006 it had dropped to just 50 percent. A possible reason for this downward trend is the decreased willingness of the offspring to take over a family business. This does not result out of a reflex, but is rather the product of a conscious decision-making process that begins long before the actual takeover. This work aims at the factors that influence the succession intention of descendants of a family business and analyzes the effect of interactive structure. Based on the studies of 879 students at Austrian universities, the intentions of taking over a business were investigated by using the „theory of planned behavior“ and compared the professional intentions between taking over a family enterprise and external self-employment. Differences were mainly found in the family influence and the ties established with the family business. Contrary to popular literature review it was found that successors of a family business do not doubt their own abilities. In fact they know very well that they have the necessary skills and the main reason why they want to use these skills is to obtain what is most important to them – the family business.

Kapitel I

1.1. Problemstellung

Laut einer Hochrechnung der KMU-Forschung Austria stehen mehr als 57.000 kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit insgesamt rund 501.000 selbstständig und unselbstständig Beschäftigten in der Dekade 2011 bis 2020 vor der Herausforderung der Unternehmens-nachfolge. Dies entspricht in etwa einem Fünftel der Unternehmen bzw. fast zwei Drittel der Arbeitsplätze der gewerblichen Wirtschaft in Österreich. Ob und wie sie die Herausforderung der Unternehmensnachfolge meistern, hängt insbesondere von einem geeigneten und gewillten Unternehmensnachfolger ab. Die Frage, ob diese Unternehmen einen Nachfolger finden oder nicht, ist nicht nur für den Fortbestand des Unternehmens und für die Sicherung der damit verbundenen Arbeitsplätze von Bedeutung sondern – in Anbetracht des gewaltigen anstehenden Übergabepotenzials der österreichischen KMUs – für die gesamte österreichische Wirtschaft (vgl. Voithofer, 2008, S.1f).

Kam der Übernehmer im Jahr 1996 noch zu 75 Prozent aus der Familie des Übergebers, so wurden im Jahr 2006 nur mehr 50 Prozent der Unternehmensübertragungen innerhalb der Familie durchgeführt. Als Gründe für den stark rückläufigen Trend werden neben der sinkenden Kinderzahl vor allem die mangelnde Übernahmebereitschaft der Nachkommen angeführt, die andere Berufe, der Nachfolge im Familienbetrieb, vorziehen (vgl. Mandl et al., 2008, S. 5f).

Was sind die möglichen Beweggründe die immer mehr Nachkommen davon abhalten den Betrieb ihrer Eltern zu übernehmen? Dass eine Unternehmensübernahme für den Übernehmer eine Herausforderung darstellt, ist unumstritten. Er muss sich auf ein etabliertes Unternehmen mit historisch (fest-)gewachsenen Strukturen einlassen. D.h. auf eine Organisation, die auf Seniorpersönlichkeit zugeschnitten ist und die den Nachfolger an den Leistungen des Übergebers misst. Dies erfordert vom Übernehmer Kompromissbereitschaft, Konfliktfähigkeit und vor allem Vertrauen in die eigenen unternehmerischen Fähigkeiten. Hinzu kommt die enge Verbindung des Unternehmens mit der Familie. Unstimmigkeiten, die bei der Übergabe zwischen Übergeber und Nachfolger entstehen können, belasten nicht nur das Unternehmen, sondern auch die Beziehungen in der Familie. Diese Problemfelder machen deutlich, dass die Unternehmensnachfolge in einem Familienbetrieb mit anderen Herausforderungen verbunden ist als beispielsweise eine Unternehmensgründung (vgl. Fueglistaller et al., 2010, S. 168ff).

Welche Motive und Einflussfaktoren die Nachkommen eines Familienunternehmens dazu bewegen die Nachfolge im Familienbetrieb anzutreten oder doch andere Berufsoptionen vorzuziehen wurde in der Entrepreneurship-Forschung noch kaum untersucht. Einige wenige Studien beschäftigen sich mit den Karrierebeweggründen von Jugendlichen, deren Eltern Unternehmer sind. Der überwiegende Teil dieser Studien untersuchte dabei nur die unternehmerische Intention und nicht die tatsächlichen beruflichen Absichten der Befragten. Die vorliegende Arbeit versucht diese Lücke zu schließen. Anhand der in dieser Arbeit durchgeführten empirischen Untersuchungen von Studierenden an österreichischen Hochschulen sollen die Determinanten identifiziert werden die die Nachfolgeintention von Nachkommen eines Familienbetriebes beeinflussen.

Durch die hohe Bedeutung von Familienunternehmen für die österreichische Wirtschaft liefert diese Arbeit einen wichtigen Beitrag zur eigenschaftsbezogenen, verhaltensbezogenen und ausbildungsorientierten Entrepreneurship-Forschung. Sie beschäftigt sich mit den Eigenschaften der potenziellen Nachfolger und mit deren Verhaltensintention den Familienbetrieb zu übernehmen. Durch die gewonnenen Erkenntnisse können Rückschlüsse auf die Unternehmerausbildung an Hochschulen gewonnen werden. Die Erkenntnisse zeigen, in welchen Bereichen die Hochschule ansetzen sollte, um die familieninterne Nachfolgeintention der Studierenden zu stärken.

1.2. Zielsetzung

Ziel dieser Arbeit soll es sein, einen Einblick in die Bildung der familieninternen Nachfolgeintention zu gewähren. Was führt zur Intention, den Familienbetrieb zu übernehmen? Was hält die Nachkommen davon ab, in die Fußstapfen ihrer Eltern zu treten?

Die Kernfrage dieser Arbeit lautet daher:

Unterscheiden sich Studierende, die die familieninterne Nachfolge bevorzugen, von Studierenden die andere berufliche Absichten verfolgen, und welche Einflussgrößen lassen sich gegebenenfalls identifizieren?

Zur Beantwortung dieser Frage sollen die möglichen Einflussgrößen, die sich hemmend oder fördernd auf das Nachfolgeinteresse von Studierenden auswirken, identifiziert und beleuchtet werden. Hauptaugenmerk liegt in dieser Arbeit auf der familieninternen Unternehmens-nachfolge. Die Nachfolge in einem familienexternen Betrieb wird als weitere Karrieremöglichkeit angesehen und dient in der Folge zur Abgrenzung der familieninternen Nachfolgeintention.

Von der Autorin werden folgende Detailfragen aufgestellt, die Rückschlüsse über mögliche Einflussgrößen der familieninternen Nachfolgeintention ermöglichen sollen:

- Stellt die Nachfolge im Familienbetrieb eine „Best Second Chance“ dar? Trauen sich Nachfolger eines Familienbetriebes keine Unternehmensgründung zu und sehen in der Übernahme des Familienunternehmens den leichteren Weg um sich selbstständig machen zu können?
- Kann die Hochschule die berufliche Intention der Studierenden beeinflussen?
- Welche unternehmerischen Motive verfolgen Studierende, die an einer Übernahme des Familienunternehmens interessiert sind?
- Beeinflusst die Familie das Nachfolgeinteresse der Jugendlichen?
- Nehmen Studierende die Herausforderungen, die mit einer Unternehmensnachfolge verbunden sind, anders wahr als jene, die für sich eine Übernahme des Familienbetriebes ausschließen?
- Übt das Familienunternehmen einen Einfluss auf das Nachfolgeinteresse aus?
- Fördert eine frühe Einbeziehung in das Familienunternehmen die Übernahmebereitschaft der Nachkommen?

Aufbauend auf diesen Detailfragen sollen theoretische Befunde und Ergebnisse vorherrschender Studien auf die möglichen Einflussfaktoren der Nachfolgeintention hin untersucht werden. Die Ergebnisse werden in einen theoretischen Bezugsrahmen gesetzt, um in der Folge jene Indikatoren untersuchen zu können, die für die Karrierewahl „familieninterne Nachfolge“ entscheidend sind. Ziel ist es, auf Basis dieses Bezugsrahmens ein Modell zu entwickeln, dass eine Einsicht erlaubt, wie welche Faktoren zusammenwirken und als Konsequenz daraus die familieninterne Übernahmebereitschaft formen.

1.3. Forschungsmethodik

In der vorliegenden Arbeit wird der Theorieteil durch die Ergebnisse einer empirischen Analyse untermauert. Zunächst wird im theoretischen Teil eine Einführung in die Thematik und ein Überblick über die herrschende Meinung der Fachliteratur gegeben. Im empirischen Teil werden die Ergebnisse eines quantitativen Fragekataloges zu den Nachfolgeintentionen von Studierenden untersucht.

1.4. Aufbau der Arbeit

Die vorliegende Arbeit ist in 5 Kapitel unterteilt. Abbildung 1 zeigt den Aufbau der Arbeit und die dabei behandelten Fragen. Nach der vorangehend aufgezeigten Problemstellung und der daraus abgeleiteten Zielsetzung dieser Arbeit werden in Kapitel 2 die wichtigsten Begriffe des Untersuchungsgegenstandes definiert und abgegrenzt. Es wird dabei das Untersuchungsobjekt vorgestellt und eine untersuchungsbezogene Definition aufgestellt für den Begriff „Familienunternehmen“. Des Weiteren wird aufgezeigt, in welchen Abschnitt des Nachfolgeprozesses der Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit einzureihen ist.

In Kapitel 3 wird zunächst die Bildung einer Karriereintention erläutert und darauf aufbauend die möglichen Determinanten vorgestellt. Dabei werden Ergebnisse aktueller Forschungsarbeiten zu diesem Thema aufgezeigt und gegenübergestellt. Darauf aufbauend wird der theoretische Bezugsrahmen für diese Arbeit abgesteckt und erörtert.

In Kapitel 4 erfolgt die empirisch gestützte Untersuchung des Bezugsrahmens. Dabei werden aus dem theoretischen Bezugsrahmen Hypothesen abgeleitet, überprüft und veranschaulicht.

Die dabei festgestellten Indikatoren, die die Nachfolgeintention der Studierenden beeinflussen, werden in ein Modell gesetzt und deren Zusammenwirken untersucht.

In dem abschließenden Kapitel 5 erfolgt die Diskussion und Interpretation der empirischen Ergebnisse. Neben der Schlussfolgerung wird auch der zukünftige Forschungsbedarf im Bereich der familieninternen Unternehmensnachfolge aufgezeigt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1:Aufbau dieser Arbeit (eigene Darstellung)

Kapitel II

Ziel dieses Kapitels ist es, das Untersuchungsobjekt abzugrenzen und eine untersuchungsbezogene Definition des Untersuchungsgegenstandes aufzustellen. Um ein einheitliches Begriffsverständnis gewährleisten zu können, werden die Begriffe Klein- und Mittelbetriebe (KMU) und Familienunternehmen definiert und abgegrenzt. In der Folge werden die möglichen Varianten der Unternehmensnachfolge skizziert und jene aufgegriffen, die in dieser Arbeit untersucht werden. Abschließend wird der Nachfolgeprozess beschrieben und aufgezeigt wo der Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit im Nachfolgeprozess angesiedelt ist.

2.1. Untersuchungsobjekt

2.1.1. GUESSS

Die Erhebungsdaten wurden der international durchgeführten GUESSS Studie 2011 entnommen. GUESSS steht für Global University Entrepreneurial Spirit Students‘ Survey und ist ein internationales Forschungsprojekt, welches von der Schweizer Universität St. Gallen initiiert wurde, um die unternehmerischen Absichten von Studierenden im geografischen und zeitlichen Vergleich systematisch erfassen zu können. Die erste Erhebung fand im Jahr 2003 in der Schweiz statt und wurde durch die Folgestudien im Jahr 2004 und 2006 unter dem Namen – International Survey on Collegiate Entrepreneurship (ISCE) – als internationales Forschungsprojekt lanciert. Seit der vierten Erhebungswelle, welche im Jahr 2008 durchgeführt wurde, wird die Studie als „GUESSS“ bezeichnet, um die globale Bedeutung zu unterstreichen (vgl. KMU-HSG University of St.Gallen, 2011). Die GUESSS-Studie 2011 stellt die fünfte Erhebungswelle dar und wurde in 26 Ländern an 93.265 Befragten durchgeführt (vgl. Sieger et al., 2011, S. 6ff).

Die Erhebung wurde in Form einer anonymen Online-Befragung durchgeführt, wobei sich an der Befragung im Jahr 2011 österreichweit 4.553 Studierende an österreichischen Hochschulen (Universitäten, Privatuniversitäten, Fachhochschulen) beteiligt haben. Tabelle 1 zeigt die Rücklaufquoten der österreichischen Hochschulen. Nicht enthalten sind in dieser Tabelle jene Hochschulen, deren Rücklaufquote weniger als 1 Prozent betrug.

Es wird angenommen, dass die Rücklaufquoten keinen maßgeblichen Einfluss auf die Erhebungsdaten haben. Aus diesem Grund hat sich die Autorin dazu entschieden, auch jene 122 Fragebögen von Studierenden in die Auswertung miteinzubeziehen, welche an einer österreichischen Hochschule studieren, deren Rücklaufquote aber unter 1 Prozent liegt. Ebenso wurden 45 Fragebögen aufgenommen, die keiner bestimmten Hochschule zugeordnet werden konnten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Rücklauf (dargestellt nur Hochschulen mit Rücklauf > 1%) (Quelle: Kailer et al., 2012)

2.1.2. Befragte

Basis dieser Untersuchung bilden jene 1.070 Studierende die angaben, dass ein Elternteil oder auch beide Eltern ein Unternehmen führen. Die Befragten sind im Durchschnitt 25,18 Jahre alt, überwiegend weiblich (63% der Befragten) und studieren mehrheitlich an einer Universität (963 Personen). Besonderes Augenmerk wird auf jene Studierende gelegt, die sich vorstellen können, dass sie fünf Jahre nach Abschluss ihres Studiums das Unternehmen ihrer Eltern übernehmen. Diese Erhebungsdaten werden von jenen Studierenden abgegrenzt die Angaben, dass sie sich nicht vorstellen können, den Familienbetrieb zu übernehmen. Anhand der Unterschiede, die sich aus dieser Gegenüberstellung ergeben, sollen die Determinanten, die die Nachfolgeabsichten von Studierenden beeinflussen, bestimmt werden.

2.2. Untersuchungsgegenstand

2.2.1. Begriffsbestimmung „Familienunternehmen“

Der Begriff wird in unterschiedlichen Kontexten verwendet. Sei es in der Öffentlichkeit, in der Politik oder in wissenschaftlichen Diskussionen. Jeder scheint ein gewisses „Gefühl“ dafür zu haben, was man darunter versteht. Eine bestimmte, allgemein anerkannte Definition ist in der Literatur nach wie vor nicht zu finden (vgl. Mandl & Obenaus, 2008, S. 2). Dies kann auf verschiedene Gründe zurückgeführt werden. Zum einen weisen Familienunternehmen einen heterogenen Charakter auf. Durch komplexe Interaktionen zwischen den Systemen „Familie“ und „Unternehmen“ können sehr unterschiedliche Ausprägungen von Familienunternehmen entstehen. Zum anderen widmen sich unterschiedliche Forschungsdisziplinen dem Thema Familienunternehmen (vgl. Schraml, 2010, S 9). Abhängig vom jeweiligen Zweck der durchgeführten Studie und vom Teilbereich in dem der Autor angesiedelt ist finden sich in der Folge unterschiedliche Definitionen für Familienunternehmen (vgl. Mandl & Obenaus, 2008, S. 2).

Bevor die unterschiedlichen Definitionen für den Begriff „Familienunternehmen“ aufgezeigt werden erfolgt zunächst eine Abgrenzung des Begriffes „Familie“.

Der Begriff „Familie“ wird umgangssprachlich sehr unterschiedlich definiert und kann verschiedene Lebensformen umfassen. So bilden – z.B. nach dem Kernfamilienkonzept – Personen, die in einer Paarbeziehung in einer Ehe oder Lebensgemeinschaft leben, eine Familie. Deren Kinder werden so lange zur Familie der Eltern gezählt, bis sie mit einem eigenen Partner bzw. mit eigenen Kindern in einem gemeinsamen Haushalt leben (Baierl & Neuwirth, 2011, S. 13). Andere Definitionen beziehen sich auf das interpersonale Beziehungsgefüge, wobei eine Familie von Personen innerhalb einer Familie eingegrenzt als auch gegenüber Einflüssen von außen abgegrenzt wird (vgl. Schneewind 2002, S. 107f).

Als Familie wird in der hier vorliegenden Arbeit in Anlehnung an Klein (2010) eine Gruppe von Menschen angesehen, die in einem direkten verwandtschaftlichen Verhältnis zueinander stehen und von einer definierten Ursprungsehe abstammen. Das Bestehen einer Hausgemeinschaft ist keine notwendige Bedingung, d.h., dass Kinder auch nach Erlangen der Volljährigkeit und einer bestehenden Partnerschaft als Familienmitglied der Herkunftsfamilie angesehen werden (vgl. Klein, 2010, S. 11).

Die Tabelle 2 gibt einen Überblick über die unterschiedlichen Definitionen für den Begriff „Familienunternehmen“:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Übersicht Definitionen für „Familienunternehmen“

(Quelle: eigene Darstellung)

Im Gegensatz zu den oben angeführten Definitionen, die zum Ziel haben, eine Abgrenzung zwischen Familien- und Nicht-Familienunternehmen herzustellen, gehen Astrachan et al. (2002) davon aus, dass es keine klare Trennlinie gibt. Sie versuchen deshalb mithilfe einer Skala festzustellen, ob und inwieweit eine Familie Einfluss auf ein beliebiges Unternehmen ausübt. Der Einfluss wird somit messbar und auch vergleichbar. In der Folge wird diese F-PEC - Skala näher erläutert (vgl. Klein et al., 2008, S. 322f).

Die F-PEC Skala des Familieneinflusses baut auf drei Säulen des möglichen Einflusses auf: Macht (Power), Erfahrung (Experience) und Kultur (Culture). F-PEC steht demnach für Family influence by Power, Experience and Culture. Dieses Konzept wird anhand einer genaueren Betrachtung dieser drei Kriterien (Säulen) erläutert (vgl. Klein et al., 2008, S. 323).

Eine Familie kann ein Unternehmen innerhalb der Säule „Power“ über Eigentum, Kontrolle und/oder Beteiligung an der Geschäftsführung beherrschen. Als Eigentum wird der Anteil der Stimmrechte, die von der Familie wahrgenommen werden, angesehen. Im Rahmen der Kontrollmöglichkeiten wird hinterfragt, ob in den entsprechenden Gremien Familienmitglieder vertreten sind oder auch ob der Amtsinhaber von der Familie direkt benannt wurde und er in ihrem Interesse handelt. Bei der Geschäftsführung wird analog verfahren. Insgesamt ergibt die Säule „Power“ die prozentuale Beteiligung der Familie an Eigentumsrechten und den daraus resultierenden Rechten zur Kontrolle und Führung des Unternehmens (vgl. Klein, 2010, S. 15).

Die Säule „Experience“ bezieht sich auf den Erfahrungszuwachs, den das Familienunternehmen durch erfolgreich durchgeführte Unternehmensnachfolge über Generationen hinweg gewonnen hat. Es wird also angenommen, dass eine Familie, die ein Unternehmen beeinflusst, mit jedem erfolgreichen Generationswechsel hinzulernt. Dabei wächst nicht nur die Erfahrung des Unternehmens, sondern auch die der Familie. Der F-PEC geht deshalb davon aus, dass der Einfluss der Familie mit jeder weiteren Generation wächst. Der Einfluss der ersten Generation wird mit 50% festgelegt. Jede weitere Generation wird mit der Hälfte des noch verbleibenden Mindereinflusses bewertet (vgl. Klein, 2010, S. 15).

Als das wichtigste System, das eine Generation an die nächste weitergibt, wird die Unternehmenskultur des Familienunternehmens angesehen. Die dritte Säule „Culture“ erfasst den Grad, mit welchem die Familie das Wertesystem des Unternehmens beeinflusst. Darüber hinaus wird auch danach bewertet, inwieweit die Familie hinter den Zielen und Visionen des Unternehmens steht und bereit ist dafür einzustehen (vgl. Astrachan et al., 2008, S. 172f).

Abbildung 2 stellt die F-PEC Skala zusammenfassend dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: F-PEC Skala des Familieneinflusses (vgl. Klein, 2010, S. 16)

Laut Klein (2010) stellt die F-PEC ein einfach anzuwendendes, statistisch validiertes Instrument dar um den Familieneinfluss auf jegliches Unternehmen erfassen zu können (Klein, 2010, S. 25). In Anbetracht der Datenverfügbarkeit sind der praktischen Anwendung der F-PEC-Skala aber Grenzen gesetzt (vgl. Schraml, 2010, S. 14).

Die Autorin der vorliegenden Arbeit definiert ein Familienunternehmen wie folgt:

Ein Unternehmen ist ein Familienunternehmen, wenn die Gründerfamilie am Unternehmen einen Kapitalanteil von mindestens 51 Prozent hält und die operative Geschäftsführung von einem oder mehreren Mitgliedern der Gründerfamilie ausgeübt wird. Als Gründerfamilie wird der Unternehmensgründer und sein Ehepartner als auch jene Menschen angesehen, die in einem direkten verwandtschaftlichen Verhältnis zueinander stehen und von der Ursprungsehe der Unternehmensgründer abstammen.

2.2.2. Kleinere und mittlere Unternehmen (KMU)

Kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) sind die typischen Erscheinungsformen für Familienunternehmen. Sie dominieren die österreichische Wirtschaft. Rund 99% aller Unternehmen sind KMU. Knapp 296.400 Unternehmen erwirtschaften einen Gesamtumsatz von 405 Mrd. EUR und beschäftigen 1,8 Mio. Menschen (vgl. KMU-Daten ÖNACE, 2011).

KMU können auf verschiedene Arten klassifiziert werden. Um eine einheitliche Abgrenzung gewährleisten zu können zählen alle Unternehmen, freie Berufe und sonstige selbstständig ausgeübte Tätigkeiten als KMU sofern sie eine bestimmte Größe nicht überschreiten (vgl. Fueglistaller et al., 2010, S. 25f). Nach einer Empfehlung der Europäischen Kommission werden seit dem 1. Jänner 2005 Unternehmen als KMU bezeichnet, wenn sie die folgend dargestellten Höchstgrenzen nicht überschreiten:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3: Definition Kleinere- und Mittelereunternehmen in Österreich

(vgl. Europäische Kommission – Mittelstandsportal

http://ec.europa.eu/enterprise/policies/sme/facts-figures-analysis/sme-definition/index_

en.htm. [Abfrage 9.8. 2011])

Kleinstunternehmen werden demnach definiert als Unternehmen die bis zu 9 Beschäftigte haben und deren Jahresumsatz oder Jahresbilanzsumme maximal 2 Mio. EUR beträgt. Ein Kleinunternehmen beschäftigt bis zu 49 Mitarbeiter und erwirtschaftet maximal einen Jahresgewinn oder eine Jahresbilanzsumme von 10 Mio. EUR. Mittlere Unternehmen haben bis zu 249 Beschäftigte und einen maximalen Jahresumsatz von 50 Mio. EUR oder eine Jahresbilanzsumme von maximal 43 Mio. EUR.

2.2.3. Begriffsbestimmung „Unternehmensnachfolge“

Jedes Unternehmen, das langfristig über Generationen hinweg bestehen will, ist über kurz oder lang mit einer Unternehmensnachfolge konfrontiert.

Es stehen dabei im Grunde zwei Fragen im Vordergrund:

- An wen soll das Unternehmen übertragen werden?
- Und in welcher Form soll dies geschehen?

Das Unternehmen kann an Familienmitglieder, an familienexterne Personen oder an sowohl familieninterne als auch familienexterne Personen übertragen werden. Die Form der Unternehmensnachfolge unterscheidet sich darin ob nur das Eigentum oder/und auch die Führung übertragen wird (vgl. Halter & Schröder, 2010, S. 64ff). Die Unternehmensnachfolge kann abhängig von einer eigentumsrechtlichen Nachfolge und einer Führungsnachfolge unterschiedlich stattfinden.

Folgende Matrix bietet einen Überblick über die verschiedenen Nachfolgemöglichkeiten:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Formen der Unternehmensnachfolge (Pfannenschwarz Armin, 2006a zit. nach Mertens, 2009, S. 89)

Im Rahmen dieser Arbeit werden die beiden Nachfolgevarianten „familieninterne Nachfolge“ und „familienexterne Nachfolge“ behandelt und deshalb im Folgenden vorgestellt.

Bei der familieninternen Nachfolge kommt es zu einem Generationenwechsel im Familienunternehmen. Dabei wird nicht nur Vermögen, sondern auch die unternehmerische Verantwortung an ein oder mehrere Familienmitglieder übertragen. Das Vermögen und die Unternehmensführung bleiben in der Unternehmerfamilie erhalten. Die Vermögensnachfolge kann durch Verkauf (mit Gegenleistung) oder ohne Gegenleistung in Form einer Schenkung oder durch Vererbung erfolgen (vgl. Fueglistaller et al., 2008, S. 170ff).

In der vorliegenden Arbeit wird als familienexterne Nachfolge jede Unternehmensnachfolge angesehen, bei der die Eigentums- und Führungsnachfolge durch eine Person erfolgt, die kein Familienmitglied der Gründerfamilie ist. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der Verkauf an unternehmensinterne Mitarbeiter (Management-Buy-out, MBO) oder an unternehmensexterne Personen (Management-Buy-in, MBI) erfolgt. Als Käufer des Unternehmens können aber auch andere Unternehmen der Branche, wie beispielsweise Partner oder Konkurrenzunternehmen, auftreten (vgl. Kailer & Weiß, 2005, S. 12).

2.2.4. Nachfolgeprozess

Bedingung für eine Unternehmensübernahme ist die Übernahmebereitschaft eines Nachfolgers. Stavrou & Swiercz (1998) beschreiben die Unternehmensnachfolge als einen langfristigen Prozess, der lange vor dem tatsächlichen Eintritt des Unternehmensnachfolgers in das Familienunternehmen beginnt (vgl. Stavrou & Swiercz, 1998, S. 20ff). Es ist ein bewusster Prozess, in welchem Bedingungen analysiert, Hinweise aus der Umgebung verarbeitet und erst dann die für die Unternehmensübernahme notwendigen Prozesse eingeleitet werden (vgl. Krueger et al., 2000, S. 411ff). Stavrou & Swiercz (1998) gliedern den Nachfolgeprozess in drei wesentliche Abschnitte:

1. Abschnitt: PRE-ENTRY
2. Abschnitt: ENTRY
3. Abschnitt: SUCCESSION

Die PRE-ENTRY Phase ist geprägt von der Sozialisierung des Nachfolgers. Bereits in der frühen Kindheit entwickeln sich die beruflichen Tendenzen und damit verbunden auch die Intention das Familienunternehmen später einmal übernehmen zu wollen oder nicht (vgl. Schröder et al., 2011, S. 305). In dieser Phase besucht der Nachkomme eine Schule bzw. Hochschule, er arbeitet auf Teilzeitbasis in einem Unternehmen oder geht seinen Hobbys nach. Erfahrungen über das Familienunternehmen, die Handlungsabläufe und Strukturabläufe werden hauptsächlich durch Gespräche mit den Familienmitgliedern, die im Familienunternehmen arbeiten, gesammelt (vgl. Stavrou & Swiercz, 1998, S. 22).

In der ENTRY-Phase steigt der potenzielle Nachfolger in das Familienunternehmen als Vollzeitangestellter ein. Er hat noch keine Führungsposition inne und kann sich noch genauso entscheiden, dass er keine Karriere im Familienunternehmen anstreben will (vgl. Stavrou & Schwiercz, 1998, S. 22f). Dies entspricht einer Studie der KMU-Forschung Austria, die zeigt, dass rund vier Fünftel der Übernehmer vor der Unternehmensübernahme zunächst im Familienunternehmen angestellt sind (vgl. Mandl et al., 2008, S. 5).

Stavrou & Swiercz (1998) nehmen an, dass zwischen der „PRE-ENTRY“ und der „ENTRY“ Phase ein Entscheidungsprozess stattfindet in welchem der Nachkomme sich für eine Beschäftigung im Familienunternehmen, für die Übernahme des Familienunternehmens oder für andere Beschäftigungsoptionen, wie der Gründung eines eigenen Unternehmens oder der Anstellung in einem anderen Unternehmen, entscheidet. Dieser Entscheidungsprozess findet bei Nachkommen meist im Alter zwischen 18 und 28 Jahren statt (vgl. Stavrou & Swiercz, 1998, S. 22f).

Sofern sich der Nachkomme für die Unternehmensnachfolge entscheidet, beginnt die dritte Phase des Nachfolgeprozesses = die Nachfolge (vgl. Stravrou & Swiercz, 1988, S. 22ff). In Österreich sind die Nachfolger zu diesem Zeitpunkt im Durchschnitt 37,40 Jahre alt (vgl. Mandl et al., 2008, S. 5). Abbildung 4 verdeutlicht die unterschiedlichen Abschnitte und ihren Zusammenhang.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Intergenerational Transition Model (Stavrou & Swiercz, 1998, S. 22)

In dieser Arbeit wird der Entscheidungsprozess genauer betrachtet. Bei der Entscheidung erwägen die potenziellen Nachfolger viele komplexe und verflochtene Faktoren, die sie in das Familienunternehmen führen oder davon abhalten. Diese Faktoren können zur Kategorisierung in vier verschiedene Dimensionen unterteilt werden: der Familien-, Unternehmens-, Persönlichkeits- und Marktdimension. Aber auch die Überzeugungen der Nachkommen, ihre Einstellungen und Wahrnehmungen beeinflussen ihre Übernahmeentscheidung. Gemeinsam mit den sozialen Rahmenbedingungen bilden sie den Kontext, in welchem die Intention zur Unternehmensübernahme gebildet wird (vgl. Stavrou & Swiercz, 1998, S. 22ff).

Die folgende Abbildung veranschaulicht das komplexe Wechselspiel der verschiedenen Einflussfaktoren, die zur Entstehung der Übernahmebereitschaft innerhalb der Familie führen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: The Intergenerational Transition Decision Process Model (vgl. Stavrou & Swiercz, 1998, S. 23)

Stavrou & Swiercz (1998) gehen in ihrem Model davon aus, dass die demografischen Merkmale der Familie, der derzeitigen Unternehmensführung, der Nachkommen und des Unternehmens sich direkt und indirekt auf die Übernahmebereitschaft auswirken. Indirekt beeinflussen sie das Entstehen von Einstellungen, Überzeugungen und Zielen, welche sich wiederum auf die Familien-, Persönlichkeits-, Unternehmens- und Marktdimension auswirken (vgl. Lang von Wins, 2004, S. 217).

Die Familiendimension beinhaltet Faktoren wie Familienzugehörigkeit, den Wunsch Zeit mit geliebten Personen zu verbringen, gegenseitiger Respekt und Unterstützung, das Bedürfnis die Familie zusammenzuhalten und sogar das Familienerbe aufrechtzuerhalten (vgl. Stavrou & Swiercz, 1998, S. 23f).

Die individuellen Bedürfnisse, wie die Verwirklichung eigener Ziele, die eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen nützen zu können und die Bildung der eigenen Identität kennzeichnen die Persönlichkeitsdimension. So werden Nachkommen entscheiden, dass sie in das Familienunternehmen eintreten, weil sie dadurch ihre eigenen Ziele verwirklichen können. Ebenso können sie sich dazu entschließen nicht in das Familienunternehmen einzusteigen, weil sie der Ansicht sind, dass sie ihre Fähigkeiten dort nicht am besten ausnützen können (vgl. Stavrou & Swiercz, 1998, S. 24)

Die Unternehmensdimension beinhaltet Handlungsabläufe im Familienunternehmen und die Geschäftspraktiken. Wie sicher oder unsicher wird die Zukunft des Familienunternehmens vom Nachfolger eingeschätzt? Wie denkt er über seine Fähigkeiten, dass er das Unternehmen so erfolgreich führen kann wie z.B. seine Mutter? In diese Dimension fällt auch die Planung der Nachfolge. Nach Ward (1987) kann eine sorgfältige Nachfolgeplanung die Nachfolgeintention des potenziellen Übernehmers steigern (vgl. Ward, 1987 zit. in Stavrou & Swiercz, 1998, S.24).

In die Marktdimension fließen Faktoren ein die mit der Situation am Arbeitsmarkt verbunden sind. Steht für die Nachkommen eines Familienbetriebes überhaupt eine andere Beschäftigungsoption zur Wahl? Bietet eine andere Beschäftigung eine vergleichbare Sicherheit und/oder ist sie auch so lukrativ wie die Unternehmensnachfolge? In Zeiten steigender Jugendarbeitslosigkeit gewinnt diese Dimension für die Unternehmensnachfolge zunehmend an Bedeutung (vgl. Stavrou & Swiercz, 1998, S. 24).

Wie bereits erwähnt, dienen diese Dimensionen zur Kategorisierung der Beweggründe, die die Nachfolgeintention der Nachkommen eines Familienunternehmens beeinflussen. Erklärung für das komplexe Wechselspiel der Einflussgrößen auf den Entscheidungsprozess der Nachfolge bietet die „Theory of planned behavior“ (TPB) von Ajzen (1991).

2.2.5. Theory of planned behavior

Sie bildet den zentralen Bezugsrahmen für diese Arbeit, mit deren Hilfe die Determinanten der Nachfolgeintention erforscht werden, und setzt sich aus folgenden motivationalen Konzepten zusammen:

- Einstellung zur Unternehmensnachfolge: Bezieht sich auf das Ausmaß, in welchem die Nachkommen die Unternehmensnachfolge als positiv oder negativ bewerten.
- Subjektive Norm: Stellen die Annahmen der Nachkommen dar, ob ihre jeweilige Referenzgruppe die Unternehmensnachfolge befürwortet oder ablehnet.
- Wahrgenommene Verhaltenskontrolle: Wie einfach oder schwierig wird die Unternehmensnachfolge von den Studierenden eingeschätzt?

Diese drei Determinanten beeinflussen die Nachfolgeintention der Nachkommen eines Familienbetriebes (vgl. Ajzen, 1991, S. 181ff).

Die Bedeutung der Nachfolgeintention im Nachfolgeprozess verdeutlicht die Aussage von Ajzen (1991): „ … intentions are indications of how hard people are willing to try, of how much of an effort they are planning to exert, in ordert to perform the behavior … “ (Ajzen, 1991, S.181). Er stellt dabei die allgemeine Regel auf: je stärker die Absicht ein Verhalten auszuführen ist, desto wahrscheinlicher wird es auch tatsächlich ausgeführt (vgl. Ajzen, 1991, S. 181).

In der psychologischen Literatur haben sich die Intentionen besonders dann als das beste Anzeichen von geplanten Verhalten bewährt, wenn das Verhalten zeitlich verzögert auftritt. Das bedeutet, dass eine starke Nachfolgeintention auch dann zur tatsächlichen Übernahme des Familienunternehmens führt, wenn die Unternehmensübernahme sich durch derzeitige Umstände, wie z.B. Studium, Kinder oder eine lukrative Anstellung, hinauszögert. Da der Nachfolgeprozess wie bereits erwähnt ein langfristiger Prozess ist, sind die intentionsbasierten Modelle eine ideale Möglichkeit, um zukünftige Unternehmensnachfolger analysieren zu können (vgl. Krueger et al., 2000, S. 411ff).

Sie bieten eine Erklärung, warum jemand ein Unternehmensnachfolger werden will, lange bevor er oder sie sich damit genauer befassen. Für den Nachfolger bedeutet der Einblick in seine eigene Intention, dass er seine Motive, warum er sich für die Unternehmensübernahme entschieden hat, besser verstehen und sich mit Berufswahl mehr identifizieren kann. Übergeber, Berater und Lehrer profitieren vom Wissen wie die Intention zur Unternehmensübernahme gebildet wird, in dem sie sich bewusst werden, wie spezifisch die Überzeugungen und Motive des Übernehmers sein können. Diese Einsicht bietet eine diagnostische Kraft, die dazu dient die Intention nicht nur besser verstehen zu können, sondern auch eine Ausbildung dieser Intention erlaubt (vgl. Krueger et al., 2000, S. 412).

Kapitel III

Die Frage, was die Nachkommen eines Familienunternehmens zur Unternehmensübernahme bewegt bzw. was sie davon abhält, wurde von einigen wenigen Autoren bearbeitet. Ziel dieses Kapitels ist es, die maßgeblichen Studien und Erklärungsansätze, die sich mit der Unternehmensnachfolgeintention beschäftigen, aufzuzeigen und in Beziehung zum zentralen theoretischen Bezugsrahmen dieser Arbeit der „Theory of planned behavior“ zu setzen. Da sich nur wenige Studien mit der Differenzierung von Nachfolgern, Gründern und Angestellten befassen, wird unter anderem auf Studien zurückgegriffen, die die Unterschiede zwischen unternehmerischer und nichtunternehmerischer Intention untersucht haben. Es wird dabei eine Selektion und Bestandsaufnahme der in der Literatur vertretenen Theorien vorgenommen.

3.1. Entrepreneurship-Kontext

Zunächst erfolgt eine Einbettung des Untersuchungsgegenstandes in die Entrepreneur-Forschung. In Anbetracht dessen, dass es nach wie vor in der Wissenschaft keine einheitliche Definition von Entrepreneurship gibt, wird auf folgende Gruppierung der Entrepreneurship-Definitionsansätze zurückgegriffen. Es können dabei folgende Gruppen unterschieden werden:

1) Funktionale Definitionsansätze
2) Verhaltensbezogene Definitionsansätze
3) Eigenschaftsbezogene Definitionsansätze

Die funktionalen Definitionsansätze konzentrieren sich auf die volkswirtschaftliche Funktion des Unternehmers. Sie untersuchen die Aufgaben, die der Unternehmer in der Marktwirtschaft zu erfüllen hat. Dazu zählt beispielsweise, dass am Markt Produkte zur Verfügung gestellt werden, dass ein Marktungleichgewicht entdeckt und durch Angebot beseitigt wird, dass Innovationen durchgeführt und unternehmerischen Gelegenheiten genutzt werden (vgl. Volkmann et al., 2010, S. 10).

Während die funktionalen Ansätze sich mit der Rolle und Funktion des Unternehmers in der Wirtschaft beschäftigen, konzentrieren sich die verhaltensbezogenen Definitionsansätze auf das „Tun“ des jeweiligen Unternehmers. Entrepreneurship wird als das Kontinuum von bestimmten Handeln oder Verhalten angesehen, welches als „unternehmerisch“ eingestuft wird (vgl. Volkmann et al., 2010, S. 11f).

Bei den eigenschaftsbezogenen Definitionsansätzen steht nicht das tatsächliche Handeln im Mittelpunkt der Betrachtung, sondern die Charaktereigenschaften und/oder Persönlichkeitsmerkmale des Unternehmers. Gesucht wird entweder die typische Eigenschaft die einen Unternehmer ausmacht oder jene Eigenschaft, die typisch für einen erfolgreichen Unternehmer ist. Dabei tritt auch die Frage auf, inwieweit die unternehmerischen Eigenschaften durch Bildung positiv beeinflusst werden können (vgl. Volkmann et al., 2010, S. 9f).

Der Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit lässt sich in den Kontext der eigenschaftsbezogenen Definitionsansätze in Verbindung mit den verhaltensbezogenen Definitionsansätzen eingliedern. Die Eigenschaften von angehenden familieninternen Nachfolgern werden bestimmt und von den Eigenschaften angehender Unternehmensgründer, angehender Übernehmer eines familienfremden Betriebes und angehender unselbstständig Erwerbstätiger abgegrenzt. Diese Eigenschaften werden in Verbindung mit der Nachfolgeintention untersucht. Welche laut Ajzen (1991) das beste und einzige Anzeichen für die Durchführung des Verhaltens, d.h. der Nachfolge, sind (vgl. Ajzen, 1991, S. 181). Aus diesem Grund liefert diese Arbeit neben der eigenschaftsbezogenen auch einen Beitrag zur verhaltensbezogenen Entrepreneurship-Forschung.

3.2. Theory of planned behavior

Ajzen hat mit der „Theory of planned behavior“ ein Instrument zur Vorhersage und Erklärung von menschlichem Verhalten in spezifischen Kontexten entwickelt. Sie stellt eine Weiterentwicklung der „Theory of reasoned action“ dar und hat ebenso wie diese die „Intention“ des Einzelnen, ein bestimmtes Verhalten auszuführen, als zentralen Faktor. Dabei wird angenommen, dass die Intention ein motivationaler Faktor ist, der das Verhalten beeinflusst (vgl. Ajzen, 1991, S. 181).

Abbildung 6 veranschaulicht die Einflussfaktoren einer Intention und ihre wechselseitigen Beziehungen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Theory of planned behavior (vgl. Krueger et al., 2000, S. 416)

Die „Theory of planned behavior“ geht von der Annahme aus, dass das Verhalten von drei Arten von Überzeugungen gelenkt wird:

- Kontrollüberzeugung (Control beliefs): den Überzeugungen, dass Faktoren vorhanden sind, die die Ausführung des Verhaltens, z.B. der Unternehmensübernahme, fördern oder verhindern.
- Normative Überzeugungen (Normative Beliefs): den Überzeugungen betreffend der normativen Erwartungen von anderen Personen
- Verhaltensbezogene Überzeugung (Behavioral beliefs): den Überzeugungen über die wahrscheinliche Konsequenz oder anderen Attributen des Verhaltens

Werden die jeweiligen Überzeugungen kumuliert, entwickeln sich daraus folgende Konstrukte:

- Kontrollüberzeugungen bilden die wahrgenommene Verhaltenskontrolle, d.h. die wahrgenommene Schwierigkeit oder Leichtigkeit mit der das Verhalten (die Unternehmensübernahme) ausgeführt wird.
- Normative Überzeugungen resultieren in dem wahrgenommenen sozialen Druck oder der subjektive Norm und
- Verhaltensbezogene Überzeugungen führen zu einer positiven oder negativen Einstellung dem Verhalten (der Unternehmensübernahme) gegenüber.

In Kombination führen die wahrgenommene Verhaltenskontrolle, die subjektive Norm und die Einstellung zum Verhalten zur Bildung einer Verhaltensintention, im vorliegenden Fall: der Nachfolgeintention. Schließlich bewirkt eine tatsächliche Kontrolle über das Verhalten, dass jemand das Verhalten ausführen wird, sobald sich die Gelegenheit dazu ergibt (Ajzen, 2002, S. 665). Generell gilt, je positiver diese drei Faktoren einem Verhalten gegenüber sind, desto stärker wird die Verhaltensintention, das Verhalten auch tatsächlich ausführen (Ajzen, 2002, S. 665).

Bevor die „Theory of planned behavior“ mit anderen Theorien in Beziehung gesetzt wird erfolgt eine genauere Betrachtung der einzelnen Konstrukte.

3.2.1. Wahrgenommene Verhaltenskontrolle

Aus der Kontrollüberzeugung resultiert die wahrgenommene Verhaltenskontrolle (Perceived Behavioral Control). Die Überzeugung, dass die Ausführung eines Verhaltens möglich und kontrollierbar ist, erlangt ein Individuum aus früheren positiven Erfahrungen mit diesem Verhalten. Aber auch Erfahrungen die Freunde mit diesem Verhalten hatten (Secondhand-Informationen) und andere Faktoren, von denen jemand glaubt, dass sie die empfundenen Hürden, die bei der jeweiligen Verhaltensausführung auftreten können, vereinfachen oder erschweren, beeinflussen die Kontrollüberzeugung. Je mehr Ressourcen und Möglichkeiten jemand zu besitzen glaubt, und je weniger Hindernisse und Schwierigkeiten wahrgenommen werden, desto größer ist das Ausmaß der wahrgenommenen Verhaltenskontrolle (Ajzen, 1991, S. 196). Die wahrgenommene Verhaltenskontrolle gibt somit an, wie einfach oder schwierig die Ausführung eines bestimmten Verhaltens von einer Person eingeschätzt wird. Sie differiert von Verhalten zu Verhalten und je nach Situation (vgl. Ajzen, 1991, S. 182f).

3.2.2. Subjektive Norm

Die normativen Überzeugungen resultieren in den subjektiven Normen (Subjective Norm), d.h. in dem wahrgenommenen sozialen Druck, den jemand bei der Ausübung oder Nichtausübung des Verhaltens verspürt (vgl. Ajzen, 1991, S. 188f). Was denken Personen, die für jemanden wichtig sind, über die Übernahme des Unternehmens? Erwartet die Familie, dass jemand Rechtsanwalt wird oder dass er das Familienunternehmen übernimmt? Diese normativen Überzeugungen werden von der Motivation diesen Erwartungen gerecht zu werden verstärkt (vgl. Krueger et al., 2000, S.417)

3.2.3. Einstellungen

Die Überzeugungen, die der Einstellungsbildung zugrundliegen, werden gebildet in dem die Unternehmensübernahme mit bestimmten Attributen in Verbindung gebracht wird, z.B. mit anderen Berufsoptionen oder anderen Ereignissen. Jede verhaltensbezogene Überzeugung wird geprägt und verstärkt von dem subjektiv erwarteten Ergebnis der Unternehmensnachfolge. Aber auch andere Attribute, wie beispielsweise der Verzicht, der mit der Unternehmensübernahme einhergeht, beeinflusst die Nachfolgeüberzeugung. Die subjektive Bewertung der Konsequenz, die sich aus der Unternehmensübernahme ergibt, bildet die Einstellung zur Nachfolge. Demzufolge wird die Unternehmensnachfolge bevorzugt, wenn man glaubt, dass es mit großteils erstrebenswerten Folgen verbunden ist. Umgekehrt kommt es zu einer negativen Einstellung der Unternehmensnachfolge gegenüber, wenn man die Nachfolge mit einem unerwünschten Ergebnis verbindet (vgl. Ajzen, 1991, S. 191).

Folgendes Beispiel soll das Zusammenwirken der Überzeugungen auf die jeweiligen Konstrukte veranschaulichen:

3.2.4. Zusammenwirken der Überzeugungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Zusammenwirken der Überzeugungen in der TPB (eigene Darstellung in Anlehnung an Fischer & Wiswede, 2002, S. 266 )

Direkter Einfluss = wahrgenommene Verhaltenskontrolle.

Gemeinsam beeinflussen die Einstellung, der wahrgenommene soziale Druck und die wahrgenommene Verhaltenskontrolle die Verhaltensintention. Im Gegensatz zu den anderen beiden Konstrukten kann die wahrgenommene Verhaltenskontrolle die Verhaltensausführung auch direkt beeinflussen (siehe gestrichelte Linie in Abbildung 6). Zum einen dann, wenn die wahrgenommene Verhaltenskontrolle als Ersatz für das Ausmaß der tatsächlich vorhandenen Kontrolle angesehen wird. Dies setzt voraus, dass die bei der Unternehmensnachfolge wahrgenommene Kontrolle halbwegs der tatsächlichen Kontrolle entspricht, und hängt deshalb von der Genauigkeit der Wahrnehmung ab. So wird die wahrgenommene Verhaltenskontrolle nicht realistisch sein, wenn eine Person nur wenige Informationen über die Nachfolge hat, wenn die Anforderungen und die verfügbaren Ressourcen sich geändert haben oder wenn neue und ungewöhnliche Faktoren in der jeweiligen Situation auftreten. Zum anderen führt der Umstand, dass eine Verhaltenskontrolle wahrgenommen wird, dazu, dass die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Verhaltensausführung steigt (Ajzen, 1991, S. 184f).

Nehmen wir folgendes Beispiel an: Romana und Simone hegen beide den gleich starken Wunsch die Nachfolge im Familienunternehmen antreten zu wollen. Nach erfolgreichen Gesprächen mit ihren Eltern treten beide die Unternehmensnachfolge an. Während Romana davon überzeugt ist, dass sie die Nachfolge bewältigen kann, fürchtet Simone, dass sie auf den Nachfolgeprozess wenig Einfluss hat, weil dieser von ihrem Vater geregelt (kontrolliert) wird. Beide verfügen über den gleichen starken Willen, das Familienunternehmen zu übernehmen.

Das kann durchaus der Fall sein. Wie eingangs erwähnt, hängt die Verhaltensintention nicht nur von der wahrgenommenen Verhaltenskontrolle ab, sondern auch von der subjektiven Norm und der (positiven) Einstellung der Unternehmensnachfolge gegenüber. In diesem Beispiel könnte Simone annehmen, dass ihre Freunde von der Unternehmensübernahme beeindruckt sein werden und sie deshalb einen gesteigerten subjektiven Druck wahrnimmt, die Nachfolge auszuführen. Simone kann aber auch eine positivere Einstellung zur Unternehmensübernahme haben als Romana. Hat Simone den Wunsch die Tradition des Familienunternehmens aufrechtzuerhalten und sieht sie die Unternehmensnachfolge als Möglichkeit dieses Ziel erreichen zu können, so wird sie eine positive Einstellung zur Unternehmensübernahme haben.

Romana, die überzeugt ist, dass sie den Übernahmeprozess bewältigen und regeln kann, wird auch tatsächlich erfolgreicher sein als Simone. Weniger wegen ihrer tatsächlichen Fähigkeiten, sondern weil Sie daran glaubt, dass sie die Fähigkeit besitzt, erfolgreich die Nachfolge ihrer Eltern antreten zu können. Sie wird sich auch bei auftretenden Schwierigkeiten nicht so leicht entmutigen lassen und auf die Unternehmensnachfolge beharren (vgl. Ajzen, 1991, S. 184f).

Nachdem die Grundsätze der „Theory of planned behavior“ erläutert wurden, werden in der Folge die Konstrukte dieser Theorie genauer betrachtet und die empirischen Untersuchungen dazu aufzeigt.

3.3. Wahrgenommene Verhaltenskontrolle

Das Konstrukt der wahrgenommenen Verhaltenskontrolle basiert auf dem Konzept der Selbstwirksamkeit von Bandura. Ajzen hat diesem Konzept noch die Kontrollierbarkeit/Regelbarkeit hinzugefügt, d.h. das Ausmaß, in welchem die Verhaltensausführung von einer Person kontrolliert und geregelt werden kann. Beide Konzepte, das Konzept der Selbstwirksamkeit und der Kontrollierbarkeit, ergeben die wahrgenommene Verhaltenskontrolle (Ajzen, 2002, S. 680). Damit das Konstrukt „wahrgenommene Verhaltenskontrolle“ auf den Untersuchungsgegenstand angewendet werden kann, werden deshalb in der Folge diese beiden Konzepte näher betrachtet.

3.3.1. Selbstwirksamkeit

Der Begriff der Selbstwirksamkeit stammt von Banduras sozialer Lerntheorie und „bezeichnet den Grad der Gewissheit, mit der eine Person sich die Lösung einer Aufgabe zutraut“ (Stangl, 2012). Kern dieses Konzepts ist die persönliche Einschätzung der eigenen Fähigkeit, die Schwierigkeiten und Hürden, die im täglichen Leben auftreten, meistern zu können (vgl. Stangl, 2011). Bandura (1997) stellte fest, dass ein hoher Grad an Selbstwirksamkeit die Person darin bestärkt, beharrliche Anstrengungen auf sich zu nehmen, um das gewünschte Ziel erreichen zu können. Bei Rückschlägen und Hindernissen zeigt sie mehr Ausdauer und erholt sich schneller als vergleichbare Personen, die über weniger Selbstwirksamkeit verfügen, mit der Konsequenz, dass sie effektiver arbeitet (vgl. Chen et al., 1998, S. 297 f). Wenn eine Person hingegen annimmt, dass ein bestimmtes Verhalten außerhalb ihrer eigenen Fähigkeiten liegt, wird diese Person nicht handeln, und zwar auch dann nicht, wenn dieses Verhalten mit sozialer Anerkennung verbunden ist (vgl. Boyd & Vozikis, 1994, S. 66). Nimmt beispielsweise jemand an, dass er nicht die Fähigkeit besitzt, den Familienbetrieb zum Erfolg zu führen, so wird er die Nachfolge auch dann nicht antreten, wenn mit der Übernahme sein soziales Ansehen steigen würde.

3.3.1.1. Entstehung der Selbstwirksamkeit

Selbstwirksamkeit entsteht durch Erfahrung. Menschen beobachten, kontrollieren und bewerten ihre eigene Leistung und ziehen daraus Rückschlüsse auf ihre eigenen Fähigkeiten. Die dabei gewonnenen Selbstwirksamkeitserfahrungen beeinflussen die Leistung wiederum durch Interesse, Beharrlichkeit und der Motivation eine Handlung auszuführen. Leistung und Selbstwirksamkeit bilden deshalb einen Kreislauf gegenseitiger Verstärkung. Es steht dabei jedoch weniger die vergangene Leistung im Mittelpunkt sondern viel mehr die Zuschreibung der Leistung. Wird beispielsweise der Erfolg externen, unbeeinflussbaren Quellen zugeschrieben (z.B. Glück) dann führt dieser Erfolg zu keinem gesteigerten Selbstwirksamkeitsgefühl. Deshalb ist es möglich, dass Personen mit ähnlichen Fähigkeiten und Erfahrungen ein anderes Selbstwertgefühl entwickeln (vgl. Chen et al., 1998, S. 297f). Nehmen wir folgendes Beispiel an. Eine Person leitet eine erfolgreiche Projektgruppe. Den Erfolg dieser Gruppe führt sie nicht auf ihre professionelle Führung zurück, sondern nur auf die Kompetenz der Projektteilnehmer. Diese Person wird aus dieser Erfahrung ihre Selbstwirksamkeit in Bezug auf das Führen von Projektgruppen nicht steigern.

3.3.1.2. Quellen der Selbstwirksamkeit

Der effektivste Weg um ein starkes Selbstwirksamkeitsgefühl zu erlangen ist durch eigene Erfahrungen aus vergangenen Leistungen, in denen Schwierigkeiten bewältigt werden konnten und die zum Erfolg geführt haben. Eine erfolgreich gemeisterte Aufgabe führt zur Selbstbestätigung und bringt eine positive Einschätzung zukünftiger Leistungen mit sich. Um ein stabiles und resistentes Selbstwertgefühl erlangen zu können, ist es notwendig, dass auch Erfahrungen mit Rückschlägen gemachten werden. Misserfolge lehren, dass durch Beharrlichkeit und Anstrengung Probleme überwunden werden können und Handlungen trotz Schwierigkeiten erfolgreich abgeschlossen werden können (vgl. Boyd & Vozikis, 1994, S 67).

Ein anderer nicht minder effektiver Weg um Selbstwirksamkeit zu erlangen, ist die stellvertretende Erfahrung. Durch Beobachtung eines kompetenten Vorbildes, das effektive Strategien zum Managen von Situationen anwendet, können stellvertretende Erfahrungen gemacht werden. Durch den subjektiven Vergleich mit dem Vorbild werden die eigenen Fähigkeiten beurteilt und Informationen über die eigene Selbstwirksamkeit gewonnen (vgl. Boyd & Vozikis, 1994, S 67). Der Effekt verstärkt sich, wenn zwischen dem Vorbild und dem Beobachter eine Ähnlichkeit wahrgenommen wird, z.B. aufgrund persönlicher Eigenschaften, wie dies häufig bei Eltern und Kindern der Fall ist. Kinder beobachten ihre unternehmerisch tätigen Eltern, nehmen sie als Vorbild wahr, machen dabei stellvertretende unternehmerische Erfahrungen und beurteilen demnach die eigene unternehmerische Selbstwirksamkeit (vgl. Zellweger et al., 2011, S. 525). Studien zeigen, dass unternehmerisch tätige Eltern, in ihrer Rolle als unternehmerisches Vorbild, ihre Kinder nicht nur in Form der unternehmerischen Selbstwirksamkeit beeinflussen, sondern auch ihre Berufswahl und die dafür in Kauf genommenen Bildungs- und Ausbildungsanstrengungen anregen. Selbst Eltern mit mangelnder unternehmerischer Vorbildwirkung erhöhen in ihren Nachkommen den Wunsch, unternehmerisch tätig zu sein. Diese Kinder verfügen zwar über eine weniger stark ausgeprägte unternehmerische Selbstwirksamkeit als Kinder, deren Eltern kompetente unternehmerisch tätige Vorbilder waren, aber dennoch bleibt das Bestreben eine unternehmerische Karriere einschlagen zu wollen. Unternehmerische Selbstwirksamkeit, die durch stellvertretende Erfahrungen erworben wird, verstärkt sich, wenn das unternehmerische Vorbild – die Eltern – den Kindern Zugang zu herausfordernden Arbeiten und sozialen Netzwerken gewährt und wenn eine positive Beziehung zwischen Mentor (Übergeber) und Protegé (Übernehmer) vorherrscht (vgl. Boyd & Vozikis, 1994, S. 67ff).

Man könnte leicht zu dem Schluss kommen, dass unternehmerisch tätige Eltern, immer eine Vorbildwirkung haben und deshalb immer die unternehmerische Intention der Nachkommen beeinflussen. Dem ist aber nicht so. Vorbilder wirken sich nur dann auf die Intention einer Person aus, wenn sie deren Einstellungen und Überzeugungen beeinflussen (vgl. Krueger et al., 2000, S. 412). So können zwei Personen die unter gleichen Umständen aufwachsen sehr unterschiedliche Auffassungen von der Selbstständigkeit haben. Ein Kind kann die Selbstständigkeit als eine positive und tolle Berufsoption ansehen, während das andere Kind die Selbstständigkeit als eine Option für jene ansieht, die nicht imstande sind einen Job behalten zu können. Nicht der familiäre Hintergrund beeinflusst die Verhaltensintention, sondern die spezifische Reaktion auf diese Umstände (vgl. Kolvereid, 1996, S. 48).

In einem weit geringeren Maß können soziale Aspekte die Selbstwirksamkeit beeinflussen. Menschen, die zu ihrer Leistung positives Feedback erhalten und die von anderen Personen ermutigt werden, die Handlung auszuführen, erlangen Zuversicht, dass sie die an sie gestellten Aufgaben erfolgreich bewältigen können. Sie werden infolgedessen mehr Anstrengungen auf sich nehmen, um das Verhalten ausführen zu können. Die positive Bestärkung sollte immer im Zusammenhang mit einer tatsächlichen positiven Leistung stehen, da andernfalls die Gefahr besteht, dass es zu einer Selbstüberschätzung kommt und die Selbstwirksamkeit unrealistische Ausmaße annimmt (vgl. Boyd & Vozikis, 1994, S. 67).

3.3.1.3. Abgrenzung zur wahrgenommenen Verhaltenskontrolle

Ajzen hat das Konzept der Selbstwirksamkeit um die Kontrollierbarkeit ergänzt. Gemeinsam bilden sie die wahrgenommene Verhaltenskontrolle, die gemeinsam in Verbindung mit der Einstellung und der subjektiven Norm zur Bildung einer Verhaltensintention führt. Im Unterschied zur Selbstwirksamkeit liegt bei der wahrgenommenen Verhaltenskontrolle das Hauptaugenmerk nicht auf der Einschätzung der Ausführbarkeit der Unternehmensnachfolge, sondern auf der wahrgenommenen Kontrolle über die Durchführung der Nachfolge (Ajzen, 2002, S. 678ff).

3.3.1.4. Einfluss der Selbstwirksamkeit

Die Selbstwirksamkeit lenkt die Berufswahl. Sie beeinflusst die Verhaltenswahl einer Person und damit auch den gewählten Beruf. Menschen tendieren dazu, jene Situationen zu wählen in welchen sie eine hohe Selbstwirksamkeit vermuten und jene Situationen zu meiden, welche sie als schwer kontrollierbar einschätzen. Werden die eigenen Fähigkeiten, den Anforderungen eines bestimmten Berufes gerecht zu werden, hoch eingeschätzt, so wird diese Karriereoption jenen Berufen vorgezogen in welchen sie ein niedriges Selbstwirksamkeitsgefühl haben (vgl. Chen et al., 1998, S. 296). Nach Boyd & Vozikis (1994) ist die Selbstwirksamkeit deshalb eine wichtige Variable zur Erklärung der unternehmerischen Karrierewahl (Boyd & Vozikis, 1994, S. 70). Sie begründen dies damit, dass das Ausmaß, in welchem sich eine Person imstande fühlt, erfolgreich unternehmerisch tätig sein zu können eine wichtige Bedingung für die unternehmerische Intention ist (vgl. Boyd & Vozikis, 1994, S. 66).

Die Selbstwirksamkeit beeinflusst nicht nur die Stärke der unternehmerischen Intention, sondern auch die Wahrscheinlichkeit, dass diese Intention zu einer unternehmerischen Handlung führt. Eine Person mit hoher unternehmerischer Selbstwirksamkeit glaubt, dass sie die Rollen und Aufgaben eines Unternehmers erfolgreich bewältigen kann. Sie verbindet eine herausfordernde Situation meist mit Belohnungen wie Gewinn, Anerkennung und persönlicher Befriedigung, wogegen eine Person mit einem niedrigeren Selbstwirksamkeitsempfinden in der gleichen Situation Misserfolg befürchtet und an Bankrott, Schande und psychischen Stress denkt. Aus diesen Gründen werden Menschen mit hoher unternehmerischer Selbstwirksamkeit eher Unternehmer werden (vgl. Chen et al., 1998, S. 301).

Selbstwirksamkeit ist aufgabenspezifisch und kann je nach Aufgabe unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Um die unternehmerische Selbstwirksamkeit feststellen zu können, ist es deshalb notwendig, dass die Aufgaben, die die Führung eines Unternehmens mit sich bringen, konkretisiert werden. Nach Miner (1990) zählen zu den charakteristischen Aufgaben eines Unternehmers fünf Rollenannahmen: Selbsterreichung, Vermeiden von Risiko, Feedback über das Ergebnis, eigene Innovation und Planung für die Zukunft. Er ist der Ansicht, dass ein Unternehmer alles tun wird, um Risiko vermeiden bzw. reduzieren zu können, da jeder Fehler zu einem Misserfolg führen kann, der zur Konsequenz hat, dass die angestrebten Ziele nicht erreicht werden und Chancen ungenützt bleiben (Miner 1990 zitiert nach Chen et al., 1998, S. 302). Chen et al. (1998) sehen Marketing, Innovation, Management, Risikobereitschaft und finanzielle Kontrolle als die fünf Aufgaben und Rollen, die mit einer typischen unternehmerischen Tätigkeit verbunden sind (Chen et al., 1998, S. 295). Anhand von diesen Aufgaben haben sie untersucht ob eine unterschiedliche Selbstwirksamkeit die Berufswahl „Unternehmer“ oder „Nicht-Unternehmer“ beeinflusst oder nicht.

3.3.1.5. Selbstwirksamkeit - Studienergebnisse

Die Studie von Chen et al. (1998) wurde an Studierende und an Berufstätigen durchgeführt. Bei den Berufstätigen zeigte sich ein signifikanter Unterschied zwischen Unternehmern und Nichtunternehmern in der Selbstwirksamkeitseinschätzung der „Innovationsfähigkeit“ und „Risikobereitschaft“. Bei den Studierenden konnten hingegen in diesen Bereichen keine Unterschiede festgestellt werden. Chen et al. (1998) führten dies darauf zurück, dass die Selbstwirksamkeit im Bereich der „Innovation“ und „Risikobereitschaft“ durch tatsächliche Erfahrung entwickelt wird und nicht im theoretischen Umfeld einer Universität (vgl. Chen et al., 1998, S. 307ff). Unter den Studierenden zeigte sich, dass die Studienrichtung und die damit verbundene Anzahl der besuchten unternehmerischen Kurse einen positiven Einfluss auf die unternehmerische Selbstwirksamkeit in den Bereichen „Marketing“, „Management“ und „Finanzkontrolle“ hatte (vgl. Chen et al., 1988, S. 307ff). Das Alter beeinflusste die Selbstwirksamkeit positiv im Bereich der Finanzkontrolle, wohingegen keine Auswirkung von unternehmerisch tätigen Eltern oder Geschwistern festgestellt werden konnte.

Während sich Chen et al. (1998) nur mit der Berufsoption Unternehmer und Kein-Unternehmer auseinandergesetzt haben, differenzierten Zellweger et al. (2011) die Berufsoption „Unternehmer“ weiter. Sie haben im Jahr 2011 eine Forschungsarbeit auf Basis der Erhebungsdaten der GUESSS-Studie 2006 durchgeführt. Untersucht wurden dabei die Determinanten die zur Intention der „Unternehmensgründung“, „Unternehmensnachfolge“ und „unselbstständige Erwerbstätigkeit“ von Studierenden, deren Eltern ein Unternehmen betreiben. Sie stellten dabei fest, dass eine hohe unternehmerische Selbstwirksamkeit mit dem Karrierewunsch „Unternehmensgründung“ einhergeht, eine niedrigere Selbstwirksamkeit zur Bevorzugung der Berufsoption „Anstellung“ führt und dazwischen die „Nachfolger“ angesiedelt sind. Sie begründen dies damit, dass Gründer mehr Vertrauen in ihre Fähigkeiten haben müssen. Sie müssen nicht nur neue Produkte entwickeln, neue Lösungswege entdecken und Netzwerke aufbauen, sondern auch mit Rückschlägen und Herausforderungen umgehen können, die eine Gründung eines Unternehmens mit sich bringen kann (vgl. Zellweger et al., 2011, S. 525).

Nachfolger hingegen können auf bewährte Managementmethoden der übergebenden Generation zurückgreifen. Sie erhalten finanzielle und personelle Unterstützung von der Familie und können die bestehenden Netzwerke der Familie in der Unternehmenssparte nützen. Die Unsicherheiten, mit denen ein Nachfolger zu kämpfen hat, sind geringer als bei einer Unternehmensgründung. (Zellweger et al., 2011, S. 525 ff).

3.3.2. Locus of control

Neben der Selbstwirksamkeit setzt sich die wahrgenommene Verhaltenskontrolle auch aus der Kontrollierbarkeit zusammen. Obgleich es von Ajzen stark angezweifelt wird, setzen viele Autoren die Kontrolle, die bei der Verhaltensausführung wahrgenommen wird, mit der Kontrollüberzeugung (locus of control) gleich. Im Folgenden wird deshalb die Kontrollüberzeugung erläutert und kritisch mit dem Konzept der wahrgenommenen Verhaltenskontrolle verglichen.

Bei Rotters Konzept „locus of control“ steht die Zuschreibung der Leistung im Mittelpunkt. Der Begriff „locus of control“ oder auch Kontrollüberzeugung genannt, bezeichnet das Ausmaß, in welchem eine Person glaubt, dass sie selbst für die Folgen einer Handlung verantwortlich ist, dass das Ergebnis einer Handlung also auf eigenes Verhalten zurückzuführen ist. Dabei wird unterschieden, ob der Ort der Kontrolle über die Handlungsfolge innerhalb (internal) oder außerhalb (external) eines Individuums liegt. Von External spricht man für gewöhnlich, wenn das Resultat auf Glück, Zufall, Schicksal oder auf das Wirken von mächtigen Anderen zurückgeführt wird, d.h. das Ergebnis wird unabhängig vom eigenen Verhalten wahrgenommen. Im Gegensatz dazu wird die Auswirkung bei internaler Ursachenzuschreibung der Kontingenz zwischen Handlungen und stabilen Persönlichkeitseigenschaften zugeschrieben (vgl. Stangl, 2012). So kann eine erfolgreiche Unternehmensübernahme dem Können des Übernehmers zugeschrieben (internaler Faktor) werden oder glücklichen Umständen (externaler Faktor) (vgl. Ajzen, 2002, S.675).

3.3.2.1. Einfluss der Kontrollüberzeugung

Die Ausprägung der Kontrollüberzeugung beeinflusst die Art der Wahrnehmung und in der Folge das Verhalten. Führt eine Handlung zum gewünschten Erfolg, so wird dadurch die Kontrollüberzeugung positiv verstärkt und umgekehrt, hat eine Person den Eindruck, dass ihr Handeln keinen Einfluss auf ein Ereignis hat, so wird die Kontrollüberzeugung negativ verstärkt. Ein internal Kontrollüberzeugter ist der Ansicht, dass er selbst der Verursacher von „guten“ Ereignissen in seinem Leben ist, während ein external Kontrollüberzeugter sich weder für die „guten“ noch für die „schlechten“ Ereignisse in seinem Leben verantwortlich fühlt (vgl. Ammon, 2006, S.100). Die Ausprägung der Kontrollüberzeugung beeinflusst damit auch die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Handlung. Eine internal kontrollüberzeugte Person, die der Ansicht ist, dass sie aufgrund ihrer Fähigkeiten, Anstrengungen oder Möglichkeiten einen persönlichen Einfluss auf den Erfolg des Familienunternehmens ausübt, wird mehr und beharrlichere Bewältigungsversuche auf sich nehmen als eine vergleichbare (externale kontrollüberzeugte) Person, die glaubt, dass die Ergebnisse nur zufallsabhängig sind (vgl. Zellweger et al., 2011, S. 524f).

3.3.2.2. Entstehung der Kontrollüberzeugung

Die Kontrollüberzeugung wird aus Erfahrungen mit Situationen und Handlungen in der Vergangenheit gewonnen, generalisiert und bleibt über verschiedene Situationen und Handlungen hinweg gleich (vgl. Stangl, 2012). „Auf diese Weise entstehen sehr allgemeine, situationsunspezifische Erwartungen, die in einer Vielzahl von Lebensbereichen wirksam sind“ (zit. nach Stangl, 2012).

3.3.2.3. Abgrenzung zur Selbstwirksamkeit

Im Gegensatz zum Konzept der Kontrollüberzeugung variiert die Zuschreibung der Handlung beim Konzept der „Selbstwirksamkeit“ von Situation zu Situation und von Aufgabe zu Aufgabe. Die Selbstwirksamkeit wird nicht durch Lebenserfahrung, sondern durch Leistung beeinflusst. Sie spiegelt die persönliche Überzeugung wider, dass man in einem bestimmten Aufgabenbereich etwas leisten kann (vgl. Zellweger et al., 2011, S. 524f). Deshalb kann eine Person zwar im Allgemeinen glauben, dass sie mit genügend Anstrengungen ein Unternehmen erfolgreich führen kann (internale Kontrollüberzeugung), jedoch gleichzeitig der Meinung sein, dass ihre Chancen ein erfolgreicher Nachfolger im Familienunternehmen zu werden sehr schlecht sind, weil sie ihrer Ansicht nach nicht über die notwendigen Fähigkeiten verfügt dieses spezielle Familienunternehmen führen zu können (niedrige Selbstwirksamkeit) (vgl. Ajzen, 1991, S. 182f).

Ein weiterer Unterschied liegt darin, dass sich die Kontrollüberzeugung nicht nur mit der verhaltensmäßigen Kontrolle, sondern auch mit der Ergebniskontrolle befasst, also damit ob das Ergebnis gewünscht oder unerwünscht ist. Das Konzept der Selbstwirksamkeit beschäftigt sich hingegen nur mit der verhaltensmäßigen Kontrolle (vgl. Chen et al., 1998, S. 299). Die Selbstwirksamkeit beschäftigt sich demnach mit der Frage „ kann ich das machen ?“ und nicht auch noch mit der Frage „ wenn ich das mache, was wird geschehen ?“ (vgl. Boyd & Vozikis, 1994, S. 68)

3.3.2.4. Abgrenzung zur wahrgenommenen Verhaltenskontrolle

Die Kontrollüberzeugung wird oftmals mit der wahrgenommenen Verhaltenskontrolle verwechselt. Ajzen sieht den Unterschied zwischen den beiden Ansätzen darin, dass die wahrgenommene Verhaltenskontrolle sich nur auf die wahrgenommene Kontrolle über die Ausführung eines Verhaltens bezieht, während die Kontrollüberzeugung sich damit befasst ob ein Ereignis als Folge einer eigenen Handlung zugeschrieben wird oder nicht. Ajzen führt dabei folgende Beispiele an:

fear of flying is an internal factor but people may nevertheless feel that they have little control over it. Conversely, cooperation by another person is external, yet we may believe that we would encounter little difficulty in securing the needed cooperation“(Ajzen, 2002, S. 675).

Die wahrgenommene Kontrolle über ein Verhalten ist deshalb laut Ajzen unabhängig vom internalen oder externalen Ort der Ursache. Sie beschäftigt sich viel mehr mit dem Ausmaß, in welchem jemand annimmt, dass er imstande ist, die Unternehmensnachfolge erfolgreich durchführen zu können, dem Ausmaß, in welchem er über die notwendigen Ressourcen verfügt und sein Vertrauen darauf, dass er auftretende Schwierigkeiten lösen kann. Ob diese Ressourcen und Hindernisse internaler oder externaler Natur sind, ist dabei vollkommen unwichtig (vgl. Ajzen, 2002, S. 675ff).

Um auf die Untersuchungsergebnisse vergleichbarer Studien eingehen zu können, wird in dieser Arbeit trotz der Kritik von Ajzen die Kontrollüberzeugung zur Erhebung der Kontrollierbarkeit verwendet und gemeinsam mit der Selbstwirksamkeit zur Bildung des Konstruktes „wahrgenommene Verhaltenskontrolle“ verwendet.

[...]

Final del extracto de 147 páginas

Detalles

Título
Unternehmensnachfolge - ein Karriereziel für Studierende?
Subtítulo
Studie der beruflichen Intention von Österreichs Hochschülern
Universidad
University of Linz  (Institut für Unternehmensgründung und Unternehmensentwicklung)
Calificación
1,00
Autor
Año
2012
Páginas
147
No. de catálogo
V192588
ISBN (Ebook)
9783656178972
ISBN (Libro)
9783656180012
Tamaño de fichero
3057 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
familienunternehmen, eine, karriereoption, studierende, analyse, nachfolgeintention, einflussfaktoren, beispiel, studierenden, österreichs, familieninterne Unternehmensnachfolge, familienintern, Familienbetrieb, Nachfolgeregelung, innerfamiliäre Nachfolge, GUESSS, Karriereintention, Berufswunsch, Nachfolgewunsch, Determinanten, familieninterne Nachfolge
Citar trabajo
Sonja Zainzinger (Autor), 2012, Unternehmensnachfolge - ein Karriereziel für Studierende?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/192588

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