In seinem Versuch, sich Girolamo Frescobaldis Toccaten analytisch zu nähern, kommt
Clemens Kühn in seinem Beitrag „Tagebuch einer gescheiterten Analyse“1 zu dem
resignierenden Schluss: „An den Toccaten gleitet Analyse ab; sie bleiben rätselhaft.“2
Auf welche Weise auch immer Kühn sich den Toccaten nähert, laufen die Untersuchungen
spezieller Passagen entweder ins Leere oder die Ergebnisse bleiben sehr allgemein.
Einerseits wirken die Toccaten wie Improvisationen, andererseits gibt auch wieder
Passagen, die offensichtlich genau „in kaum glaublicher Weise durchgearbeitet sind.“3 Dann
wieder scheint sich im Spielen eine gewisse Folgerichtigkeit der sehr abwechslungsreichen,
oft verwirrenden kompositorischen Gestalt einzustellen, um gleich darauf durch „Ähnlichkeit
... bis zum Gleichlaut der Noten“4 Verwirrung zu stiften. Am Ende jeden
Annäherungsversuches bleibt für Kühn die die ernüchternde Erkenntnis: „Eigentlich jede
Feststellung zu den Toccaten kann mit Widerspruch rechnen.“5
Bei der Durchsicht der Literatur zur vorliegenden Hausarbeit konnte ich diese latente
Nichtgreifbarkeit der Frescobaldischen Toccaten immer wieder feststellen. Einerseits finden
sich bei den unterschiedlichen AutorInnen große Übereinstimmungen in der Beurteilung der
Toccaten, so lange sie allgemeiner Natur bleiben, sobald man sich andererseits dem
Detailreichtum analytisch zu nähern beginnt, werden die Ergebnisse entweder
widersprüchlich oder so speziell, dass sie für die Gesamtheit des einzelnen Werkes an
Aussagekraft verlieren. Im Folgenden soll es also um die Darstellung dessen gehen, was an
unterschiedlichen Erkenntnissen der verschiedenen AutorInnen zu Frescobaldis Toccaten
und speziell zur Toccata Nona des Libro Primo gefunden werden kann. Zunächst wird anhand der einschlägigen Literatur ein kurzer Überblick über Ursprung und
Entwicklung der Toccata als Gattungsform gegeben, dann folgt eine zusammenfassende
Darstellung der Toccaten Girolamo Frescobaldis aus unterschiedlichen Blickwinkeln wie
kompositorische Struktur, formale Gestaltung, Harmonik und kompositionsgeschichtliche
Bedeutung. In einem dritten Abschnitt soll am Beispiel der Toccata Nona aus dem Libro Primo gezeigt
werden, wie unterschiedlich die Ergebnisse von Annäherungs-Versuchen an Frescobaldi
ausfallen können. Dazu wird der Versuch unternommen, die vorhandene und zugängliche
Literatur, die sich speziell mit der Toccata Nona beschäftigt, zu sichten und jeweils knapp
zusammengefasst nebeneinander zu stellen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Toccata
- Ursprung
- Entwicklung
- Die Toccaten Frescobaldis
- Die Toccata Nona - Verschiedene Deutungsversuche
- Willy Apel
- Heribert Klein & Frederick Hammond
- Andrea Lindmayr-Brandl
- Gottfried Scholz
- Martin Eybl
- Wolfgang Gratzer
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit den Toccaten von Girolamo Frescobaldi, insbesondere mit der Toccata Nona aus dem Libro Primo. Sie analysiert verschiedene Deutungsversuche und erforscht die Besonderheiten dieser Gattung in der musikalischen Entwicklung des 16. und 17. Jahrhunderts.
- Der Ursprung und die Entwicklung der Toccata als Gattung
- Die kompositorische Struktur und die formale Gestaltung der Toccaten Frescobaldis
- Die unterschiedlichen Annäherungsversuche an die Toccata Nona
- Die Bedeutung der Toccata im Kontext der Instrumentalmusik
- Die Herausforderungen und Möglichkeiten der Analyse von improvisatorischen Elementen in Frescobaldis Musik
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Problematik der Analyse von Frescobaldis Toccaten dar und führt die unterschiedlichen Herangehensweisen und Ergebnisse von verschiedenen Autoren vor. Das zweite Kapitel beleuchtet den Ursprung und die Entwicklung der Toccata als Gattung, von den frühen Improvisationen bis hin zur Entwicklung zu einem eigenständigen Instrumentalwerk. Das dritte Kapitel widmet sich der kompositorischen Struktur und den stilistischen Besonderheiten der Toccaten Frescobaldis, wobei Aspekte wie formale Gestaltung, Harmonik und kompositionsgeschichtliche Bedeutung im Vordergrund stehen. Das vierte Kapitel präsentiert verschiedene Deutungsversuche der Toccata Nona aus dem Libro Primo, indem es die Ansätze und Ergebnisse von Willy Apel, Heribert Klein & Frederick Hammond, Andrea Lindmayr-Brandl, Gottfried Scholz, Martin Eybl und Wolfgang Gratzer vergleichend darstellt.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Girolamo Frescobaldi, Toccata, Toccata Nona, Libro Primo, Improvisation, Instrumentalmusik, Gattungsentwicklung, Formale Gestaltung, Harmonik, Kompositionsgeschichte, Deutungsversuche, Analyseverfahren, Musikwissenschaft.
- Arbeit zitieren
- Kay Kankowski (Autor:in), 2010, Girolamo Frescobaldi, Toccata Nona di Libro Primo - Annäherungsversuche, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/192647