Nur wenige historische Polizeigruppen haben ein derart reges Interesse der Geschichtswissenschaft geweckt wie die Polizei Napoleons I. Die meisten Historiker sind sich darüber einig, dass das napoleonische Empire zur Geburtsstunde der modernen Polizei wurde. Allzu sehr wird aber in den Analysen der napoleonischen Polizei das Gewicht auf die Handlungen und Verdienste Napoleons und Fouchés für diesen Umstand gelegt. Obwohl in nahezu allen Analysen des napoleonischen Staats seine Bürokratie und Effizienz mit Blick auf die Finanz- und Verwaltungsreformen gepriesen werden, verschwinden gleichzeitig die bürokratischen Strukturen der Polizei vollkommen hinter dem „Mythos Fouché“ oder werden nur stark verkürzt wiedergegeben. Zugegebenermaßen kommt man bei einer Analyse der napoleonischen Polizei nicht an den Persönlichkeiten Napoleons und Fouchés vorbei, doch der Komplexität des napoleonischen „Sicherheitsstaates“ wird man mit der Ausarbeitung einer simplen Biographie Fouchés sicherlich nicht gerecht. Daniel Halévy kann – so sehr er offensichtlich die Bedeutung der Polizeistrukturen für das Regime Napoleons erkennt – auch nicht Recht gegeben werden, wenn er die Missachtung der Organisation der Polizei durch die Geschichtswissenschaft mit der schlechten Quellenlage entschuldigt. Historiker wie Jean Tulard und Ernest d’Hauterive haben in ihren hervorragenden Werken zur napoleonischen Polizei bewiesen, wie viel Quellenmaterial in den französischen Archiven wirklich erhalten blieb. Abgesehen von der latenten „Personifizierung“ der Polizei in der Gestalt Fouchés, haftet der napoleonischen Polizei hartnäckig das „Prestige“ an, allwissend und allmächtig gewesen zu sein. Dahingehend werden von den Historikern besonders häufig die geniale Aufarbeitung und Aufdeckung der verschiedensten Verschwörungen genannt, ohne dabei kritisch zu reflektieren, wie genau die Polizei diese Fälle löste. Doch war die napoleonische Polizei wirklich allmächtig? Verdiente sie ihr „Prestige“ und war sie dadurch systemrelevant?
Aufgrund der genannten Gefahren zur Fehlperzeption der napoleonischen Polizei und der aufgeworfenen Fragen will die vorliegende Arbeit mithilfe der aktuellen Forschungsliteratur einen näheren Blick auf ihre Organisation, Aufgaben und Wirkungen im napoleonischen Staat werfen. Die Analyse der Organisation und Kompetenzen soll der massiven bürokratischen Struktur hinter den Personen Napoleons und Fouchés gerecht werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Das Ministerium der Generalpolizei
- 1.1. Gründung, Entwicklung und allgemeiner Aufbau des Ministeriums
- 1.2. Die Polizeikommissariate und die Friedensoffiziere
- 1.3. Die gendarmerie impériale und die garde municipale
- 2. Die Pariser Polizeipräfektur und weitere Sonderpolizeigruppen
- 3. Stabilisierung oder Destabilisierung? Die Polizei im Zuge der Verschwörungen
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Organisation, Aufgaben und Wirkungen der französischen Polizei im Staat Napoleons zwischen 1799 und 1814/15. Sie beleuchtet die bürokratische Struktur der Polizei und untersucht ihre Effektivität bei der Bekämpfung von Verschwörungen gegen das napoleonische Regime.
- Organisation der napoleonischen Polizei (Ministerium der Generalpolizei, Pariser Polizeipräfektur, Sonderpolizeigruppen)
- Aufgaben der napoleonischen Polizei (Aufrechterhaltung der Ordnung, Bekämpfung von Kriminalität und Verschwörungen)
- Wirkung der napoleonischen Polizei (Stabilisierung oder Destabilisierung des napoleonischen Regimes)
- Die Rolle von Napoleon und Fouché bei der Gestaltung der Polizei
- Die Bedeutung der Polizei für die Integrität des napoleonischen Regimes
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung beleuchtet die Bedeutung der napoleonischen Polizei für die Geschichtswissenschaft und stellt die Forschungslücken und Diskussionspunkte der Arbeit dar. Sie kritisiert die übermäßige Fokussierung auf Napoleon und Fouché und die Vernachlässigung der bürokratischen Strukturen der Polizei.
- Kapitel 1 analysiert das Ministerium der Generalpolizei mit seinen zentralen und dezentralen Abteilungen. Es beleuchtet die Gründung, Entwicklung und den allgemeinen Aufbau des Ministeriums sowie die Kompetenzen der verschiedenen Abteilungen.
- Kapitel 2 befasst sich mit der Pariser Polizeipräfektur und weiteren Sonderpolizeigruppen. Es zeigt die spezifischen Aufgaben und Strukturen dieser Organisationseinheiten auf.
- Kapitel 3 untersucht die Rolle der Polizei bei der Bekämpfung von Verschwörungen gegen das napoleonische Regime. Es analysiert die Effektivität der Polizei und ihre Bedeutung für die Stabilität des Regimes.
Schlüsselwörter
Napoleonische Polizei, Frankreich, Napoleon I., Fouché, Ministerium der Generalpolizei, Pariser Polizeipräfektur, Sonderpolizeigruppen, Verschwörungen, Stabilität, Destabilisierung, Organisation, Aufgaben, Wirkung, Bürokratie, Effektivität, Sicherheit, innere Ruhe, Sicherheitsstaat.
- Citation du texte
- Bachelor of Arts (B.A.) Geschichte Tim Altpeter (Auteur), 2012, „Die machiavellistische Polizei eines gnadenlosen Mannes“, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/193141