Erneuerbare Energien

Mit neuer Energie in die Zukunft


Livre Spécialisé, 2010

212 Pages


Extrait


INHALT

1 Einleitung

2 Energieversorgung
2.1 Energiebedarf
2.2 Energieverbrauch
2.2.1 Primärenergieverbrauch
2.2.2 Stromverbrauch
2.3 Begrenzte zeitliche Verfügbarkeit
2.4 Umweltbelastung
2.4.1 Limitierte Emissionen
2.4.2 Nichtlimitierte Emissionen
2.4.3 CO2-Problematik
2.5 Kernenergie
2.6 Lastmanagement
2.7 Förderung
2.7.1 Erneuerbare-Energien-Gesetz
2.7.2 EEG-Novelle
2.7.3 Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz
2.7.4 Marktanreizprogramm
2.7.5 CO2-Gebäudesanierungsprogramm
2.7.6 Weitere Fördermaßnahmen
2.8 Entwicklung
2.8.1 Wirtschaft
2.8.2 Technik

3 Solarenergie
3.1 Solarthermie
3.1.1 Kollektoren
3.1.2 Kollektorentypen
3.1.3 Kollektorinstallation
3.1.4 Kollektorkosten
3.1.5 Solarthermiemarkt
3.2 Photovoltaik
3.2.1 Kristalline Solarzellen
3.2.2 Dünnschichtsolarzellen
3.2.3 Funktionsweise
3.2.4 Modulinstallation
3.2.5 Modulkosten
3.2.6 Photovoltaikmarkt
3.2.7 PV-Kraftwerk
3.3 Solarkraftwerk
3.3.1 Parabolrinnen
3.3.2 Heliostaten
3.3.3 Aufwind
3.3.4 Desertec
3.4 Solare Kühlung
3.5 Solare Wasserstoffwirtschaft

4 Windkraft
4.1 On-Shore
4.1.1 Technik
4.1.2 Umwelt
4.1.3 Windenergiemarkt Deutschland
4.1.4 Windenergiemarkt International
4.2 Off-Shore
4.2.1 Technik
4.2.2 Umwelt
4.2.3 Betrieb

5 Bioenergie
5.1 Biogas
5.1.1 Herstellung
5.1.2 Technik
5.1.3 Reinigung
5.1.4 Verstromung
5.1.5 Einspeisung
5.2 Biomasse
5.2.1 Holz
5.2.2 Holzpellets
5.2.3 Holzbriketts
5.2.4 Holzhackschnitzel
5.2.5 Feinstaub
5.2.6 Biomassevergasung

6 Wasserkraft
6.1 Technik
6.2 Markt
6.3 Gezeitenkraft
6.4 Wellenkraft

7 Geothermie
7.1 Tiefengeothermie
7.1.1 Technik
7.1.2 Markt
7.2 Oberflächennahe Geothermie

8 Energieeffizienz
8.1 Brennwerttechnik
8.2 Wärmepumpe
8.3 Kraft-Wärme-Kopplung
8.4 Brennstoffzelle
8.5 Energiesparmaßnahmen
8.5.1 Energiesparen im Haushalt
8.5.2 Energiesparen beim Hausbau
8.5.3 Energiesparen in Küche / Bad
8.5.4 Energiesparen im Auto

9 Zusammenfassung

10 Anhang
10.1 Tabellen
10.2 Abkürzungen
10.3 Einheiten
10.4 Elemente

1 EINLEITUNG

Der Energiesektor befindet sich derzeit in einem Wandlungsprozess. Die bestehenden zentral ausgerichteten Strukturen, basierend auf einer Energie- versorgung mit fossilen Energieträgern, werden nicht nur von wissenschaft- licher Seite, sondern mittlerweile auch von politischer Seite her in Frage gestellt. Zur Alternative steht ein eher dezentral orientiertes System, bei dem gesteigerte Effizienz und nachhaltige Energiewirtschaft im Mittelpunkt ste- hen. Dies ist keine Vision für morgen oder übermorgen, sondern bereits heute Realität.

Erneuerbare Energien haben mittlerweile einen festen Platz im Energiemix von heute. Das ist nicht erst so, seit die Preise für Öl, Gas und Strom rasante Berg- und Talfahrten vollführt haben. Inzwischen kann auf eine lang andauernde Epoche mit stetig steigenden Installationszahlen verwiesen werden. Damit einher gehend bahnen sich grundlegende Veränderungen ihren Weg zugunsten einer umweltbewussten und effizienteren Versorgung.

Dieser Umorientierungsprozess betrifft nicht nur Deutschland. Weltweit ist in den vergangenen Jahren die Erkenntnis gereift, dass die bisherige Energiepolitik führender Industrienationen aus unterschiedlichen Gründen nicht zukunftsfähig ist und daher abgelöst werden muss von einer auf Nach- haltigkeit basierenden Politik. Der steigende weltweite Energiebedarf, her- vorgerufen durch Bevölkerungswachstum, Industrialisierung und Globali- sierung, kann allein mit Mineralöl langfristig nicht gedeckt werden. Die derzeitige Ausbeutung der natürlichen Erdöl- und Erdgasvorkommen ver- ursacht bereits seit geraumer Zeit erhebliche Umweltprobleme, während die fossilen Ressourcen immer weiter dahinschmelzen und die Emissionen erhebliche Klimaprobleme verursachen. Hinzu kommt, dass die Abhängig- keit ölimportierender Länder von den Fördernationen ein zunehmendes Konfliktpotential birgt.

Eine Abkehr von diesen bestehenden Strukturen ist daher unvermeidlich. An ihre Stelle treten immer häufiger erneuerbare Energieträger und alternative Techniken. Das Schlagwort für diese neue energiepolitische Ära lautet: Nachhaltigkeit.

Eine nachhaltige Politik verlangt einen auch im Hinblick auf zukünftige Generationen verantwortungsbewussteren Umgang sowohl mit Energie als auch mit der Umwelt. Es geht dabei um einen möglichst effizienten Einsatz aller erneuerbaren Energien.

Zu den erneuerbaren Energien zählen Sonnen- und Bioenergie, Wind- und Wasserkraft sowie Erdwärme. Die Nutzung dieser Energieformen geht nach heutigem Erkenntnisstand nicht zu Lasten der Umwelt. Die Energiequellen sind regenerierbar beziehungsweise unter Berücksichtigung des menschlichen Zeithorizontes nicht endlich.

Eine Ablösung der heutigen konventionellen Energiepolitik, die auf fossilen Primärenergieträgern und Kernbrennstoffen basiert, durch eine nachhaltige Politik ist jedoch nicht so ohne weiteres möglich. Das Potential der erneuerbaren Energien ist zwar beträchtlich, steht aber heute noch nicht in vollem Umfang zur Verfügung. Insbesondere bei der Abdeckung der Lastspitzen und bei der Bereitstellung von Regelenergie (Lastmanagement) kann kurz- und mittelfristig noch nicht in Gänze auf die bisherige Energietechnik verzichtet werden. Umso wichtiger ist es, den Anteil der erneuerbaren Energien am Energiemix möglichst rasch zu vergrößern und die Techniken weiter zu optimieren.

Etwaige Maßnahmen zum Umweltschutz beziehungsweise Ressourcenscho- nung haben jedoch nur dann Sinn, wenn damit eine sinnvolle Energiesparpolitik einhergeht. Eine merkliche Effizienzsteigerung ist von maßgeblicher Bedeutung. Der derzeitige Gesamtwirkungsgrad bei der Energienutzung innerhalb Deutsch- lands liegt bei 30 %, weltweit liegt er lediglich bei 10 %. Eine derartige Ver- schwendung von insgesamt rund 90 % der nutzbar gemachten Energie kann sich die Menschheit nicht länger leisten. Hier ist noch ein sehr großes Entwick- lungspotential vorhanden, um den gesamten Energieverbrauch mit sinnvollen Einsparmaßnahmen zu reduzieren und die Effizienz signifikant zu erhöhen.

Dieses Buch soll dabei helfen, auf derartige energietechnische Probleme hin- zuweisen und etwaige Unklarheiten zu beseitigen, um somit einen bewussten Umgang mit Energien und eine nachhaltige Handlungsweise zu ermöglichen.

Dafür wird zunächst über die derzeitige Situation im Energiesektor aufgeklärt, wodurch die Notwendigkeit der Abkehr von den fossilen Energieträgern deut- lich wird. Im Weiteren werden die erneuerbaren Energien mit ihren Eigen- schaften sowie Vor- und Nachteilen vorgestellt. Dies umfasst sowohl die Her- stellungsverfahren unterschiedlicher Ausführungen als auch deren Markt- entwicklung und Einsatzgebiete. Im Mittelpunkt steht die nachhaltige Ver- sorgung, um Wärme und Strom auf weitestgehend umweltschonende Weise und gleichzeitig möglichst effizient erzeugen zu können. Im Anschluss folgt eine Auflistung zahlreicher Möglichkeiten der Energieeinsparung in verschie- denen Bereichen.

Nach der Lektüre dieses Buches werden Sie in der Lage sein, sich ein eigenes, fachlich fundiertes Bild von der aktuellen Situation im Energiebereich machen zu können. Sie werden dann selbst entscheiden können, wie Ihr persönlicher Beitrag für eine nachhaltige Zukunft aussehen kann, wobei Sie feststellen werden, dass diese nachhaltige Zukunft längst begonnen hat und keine utopische Vision von morgen mehr ist.

2 ENERGIEVERSORGUNG

Im Laufe der Jahrhunderte und Jahrtausende haben sich die Energiequellen der Menschheit gewandelt. In den Frühzeiten der Entwicklung wurde über Jahrtausende hinweg Holz verwendet. Anschließend in der Altsteinzeit wurde aus Holz die höherwertige Holzkohle hergestellt. Dann im Altertum wurden Braun- und Steinkohle entdeckt und nutzbar gemacht.

Der Vorteil der Kohle lag gegenüber dem Holz in ihrem höheren Brennwert, bedingt durch die Entstehungsgeschichte. Bei den Ausgangsprodukten von Kohle handelt es sich um ein Gemisch tierischer und pflanzlicher Substanzen. Diese verschiedenartigen Kohlenwasserstoff-Verbindungen lagerten über einen sehr langen Zeitraum unter der Erdoberfläche und wurden von den darüber befindlichen Erdschichten zusammengedrückt. Infolge dieser Kompression ist neben der Stoffdichte auch die Energiedichte besonders hoch.

Die Entstehungsgeschichte von Erdöl und Erdgas ist ganz ähnlich. Auch diese so genannten fossilen Primärenergieträger bedurften besonderer Voraussetzungen hinsichtlich Temperatur, Druck und katalytischer Wirkungsmechanismen für ihre Entstehung. Erdgas entstand vor ungefähr 600 Mio. Jahren aus abgestorbenen Kleinorganismen, Plankton und Algen, die sich auf dem Grund der Ozeane ablagerten und im Laufe der Zeit von Gesteins- und Erdschichten überdeckt wurden. Unter Luftabschluss und bei hohem Druck bildeten sich dann durch einen chemischen Prozess Kohlenwasserstoffe.

Die fossilen Energieträger entstammen somit längst vergangenen Zeiten und haben Jahrmillionen bis zu ihrer Entstehung zur heute vorliegenden Form benötigt. Der damals in der Atmosphäre befindliche Kohlenstoff wurde zu- nächst in Pflanzen und Tieren gebunden und im Laufe der Zeit in tiefer gele- genen Erdschichten eingeschlossen. Der atmosphärische Kohlenstoffanteil war somit ursprünglich noch um einiges höher als heute, aber da mehr und mehr Kohlenstoffverbindungen unter Tage eingelagert wurden, verringerte sich de- ren Anteil in der Atmosphäre, da er nach und nach dem oberirdischen Kreislauf entzogen wurde. Da dieser Prozess nur ganz langsam verlief, hatte die Natur Zeit genug, sich darauf einzustellen. Tiere und Pflanzen konnten ihren Stoffwechsel an die sich allmählich verändernden Umstände anpassen.

Organismen, die mit weniger Kohlenstoff in der Luft auskamen, überlebten, andere Organismen hingegen starben aus, bis sich eine Flora und Fauna entwickelte, wie wir sie heute kennen.

Seit kurzem werden diese Kohlenwasserstoffverbindungen nun aber wieder aus ihren Verstecken hervorgeholt und durch die Verbrennung zurück in die Atmosphäre entlassen. Im ursprünglichen Sinne ist dieser Vorgang also ganz natürlich. Das Problem ist nur, dass sich die heutigen Lebensformen auf der Erde nicht in einem angemessenen Zeitraum an die veränderten Lebensbeding- ungen mit dem plötzlich erhöhten Kohlenstoffanteil anpassen können, weil diese Rückführung zu schnell abläuft. Seit der industriellen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts sind lediglich 200 Jahre vergangen, was erdgeschichtlich betrachtet nur eine äußerst kurze Zeitspanne ist. Innerhalb von zwei Jahrhun- derten blies die Menschheit derart viel Kohlenstoff in Form von Kohlenstoffdi- oxid in die Atmosphäre, dass wir nun die Auswirkungen zu spüren bekommen.

Dass es tatsächlich zu Veränderungen kommt, ist unübersehbar. Klimazonen verschieben sich, und in vorher ruhigen Gebieten kommt es vermehrt zu Wetterextremen. Diese Erscheinungen sind jedoch mehr als verständlich, denn das komplizierte Gleichgewicht der Natur muss sich erst wieder an die neuen Rahmenbedingungen anpassen.

Eine Umkehrung dieses bereits vollführten Schritts ist heute nicht mehr möglich, aber wir können versuchen, die Auswirkungen abzumildern, indem nicht noch mehr Kohlenstoff in die Atmosphäre entlassen wird.

2.1 Energiebedarf

Die Erfolgsstory von Öl begann in den Jahren 1858/59. Fast zeitgleich wurde das so genannte „schwarze Gold“ sowohl in Celle, Deutschland, als auch in Pennsylvania, USA, entdeckt und gezielt gefördert. Einen Ölboom, wie er in Nordamerika in den darauf folgenden Jahren ausbrach, konnte Deutschland allerdings nicht verzeichnen. Damals wie heute förderten die Deutschen nur etwa drei Prozent ihres eigenen Ölbedarfs. Die Förderung von Erdgas begann erst in den 1970er Jahren. Bis dahin wurde das Gas als störend empfunden und sinnlos verbrannt (abgefackelt).

Es werden zwar immer wieder neue Erdölquellen und Erdgasfelder entdeckt, aber es ist nicht zu leugnen, dass die Gesamtvorkommen endlich sind. In unbestimmter Zeit werden ihre Reserven erschöpft sein. Hinzu kommt, dass die Emissionen grenzüberschreitend Probleme bereiten. Die Schadstoffe, die vorrangig in den Industrieländern verursacht werden, verursachen auch in Gegenden erhebliche Schäden, in denen weit und breit kein Auto fährt und kein Haus steht. Abgasemissionen verunreinigen über Ländergrenzen hinweg die Luft, undichte Öl- und Gas-Pipelines verseuchen Grundwasser und Böden, gekenterte Tankschiffe verdrecken Ozeane und Meeresbewohner. In vielen Fällen bezahlen unschuldige Lebewesen mit ihrer Gesundheit für die An- nehmlichkeiten der Industrienationen. Ebenso wie bei der Diskussion über die Kernenergie (s. Kap. 2.5) müssen wir uns daher fragen, ob wir unsere Hand- lungsweise gegenüber diesen Lebewesen - Mensch wie Tier - sowie nachfolgen- den Generationen rechtfertigen können.

Die zügellose Nutzung fossiler Energieträger (Kohle, Erdöl, Erdgas) beinhaltet somit zwei gravierende Nachteile:

1. Die natürlichen Ressourcen sind begrenzt (s. Kap. 2.3).
2. Die Verbrennungsprodukte sind umweltschädlich (s. Kap. 2.4).

Ein weiterer entscheidender Faktor bei der Betrachtung des Energiebedarfs ist das weltweite Bevölkerungswachstum. Die Weltpopulation nimmt seit den ersten Schritten des Homo sapiens stetig weiter zu. Momentan (6,6 Mrd.) wächst sie pro Jahr um 80 Mio. Erdenbewohner an. Im Jahr 2050 wird die Weltpopulation voraussichtlich bei fast neun Milliarden Menschen liegen.

In gleichem Maße aber, wie die Anzahl der Menschen auf diesem Planeten zunimmt, steigt auch die benötigte Energiemenge. Allein mit Holz können sich die Menschen schon lange nicht mehr versorgen, auch wenn Holz in vielen Regio- nen immer noch der Energieträger Nummer 1 ist. Neue Energiequellen sind da- her notwendig, damit das Leben und Überleben in der heutigen Zeit möglich ist.

Darüber hinaus nimmt auch der Energiebedarf pro Person immer wei- ter zu. In Zeiten der Globalisierung, in denen der Wunsch nach mehr Mobilität die Kilometerleistung der Fahrzeuge in die Höhe treibt und den Bewegungsradius jedes Einzelnen er- weitert, wird immer mehr Energie von jedem Menschen benötigt.

Weltweit schreitet die Industriali- sierung weiter voran. Die Millionen- bevölkerung Indiens und Chinas for- dert ebenso ihr Recht auf mehr Mobi- lität ein wie die Bewohner der Indus- triestaaten. Mit der gleichen Selbstver- ständlichkeit, wie Amerikaner und

ABB. 1: FRÜHESTE GEWÖHNUNG ANS AUTOMOBIL

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Ravensburger Buchverlag

Europäer für sich in Anspruch nehmen, frei und unabhängig zu sein, steht auch jedem anderen Erdbewohner das Recht auf Mobilität und damit auf ein Fortbewegungsmittel seiner Wahl inklusive der benötigten Energie zu.

Aktuelle Situation im Energiesektor:

- Der gesamte Verkehrssektor (inkl. Gütertransport, Flugzeug- und Schiffsverkehr) verbraucht fast die Hälfte des weltweit geförderten Erdöls; Tendenz steigend.
- Die Gesamtzahl aller Kraftfahrzeuge weltweit wird sich voraussichtlich von derzeit rund 800 Mio. bis zum Jahr 2030 mehr als verdoppeln (BRD: 2008: 49 Mio. Pkw).
- Die globale Autoflotte wächst doppelt so schnell wie die Weltbevölkerung.
- Die Passagierzahlen für Flüge aus der Bundesrepublik ins Ausland stiegen von 1990 (24,2 Mio. Passagiere) bis 2006 (65,7 Mio.) um 250 %.
- Die Emissionen bedingt durch den Flugverkehr verdoppelten sich weltweit von 1990 bis 2008. Der Luftverkehr bleibt jedoch weiterhin von der Mi- neralölsteuer und im internationalen Verkehr auch von der Mehrwertsteuer befreit.

Diese alarmierenden Zahlen belegen

ABB. 2: VERTEILUNG DES ENDENERGIEVER- BRAUCHS IN DEUTSCHLAND

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen, Sept. 2008

den unweigerlichen weiteren Anstieg des weltweiten Energiebedarfes. Im Jahr 2030 wird er voraussichtlich um 50 % über dem Wert von 2007 liegen. Noch verursacht ein Inder im Durch- schnitt nur ein Zehntel der CO2-Emis- sionen eines Deutschen. Mit fort- schreitender Industrialisierung und Mobilität wird die persönliche Ener- giebilanz aber bald auf westlichem Niveau angelangt sein. Vom energeti- schen Standpunkt aus betrachtet stellt dies eine ungeheure Aufgabe für die globale Energieversorgung dar.

Diesem Trend wirkt die technische Weiterentwicklung entgegen, den Wirkungsgrad der Energieverbraucher stetig zu verbessern. Hier anzusetzen, um weltweit Energie einzusparen, ist ein lohnenswertes Unterfangen, da die Effizienz im Energiesektor auf der gesamten Erde zurzeit gerade mal bei 10 % liegt. Mit anderen Worten: Es gehen rund neun von zehn Kohlen ungenutzt zum Schornstein als Abwärme heraus. In Deutschland ist die Gesamteffizienz zwar etwas höher, aber auch hier gehen sieben von zehn Litern Öl in Form von heißer Luft verloren (durchschnittlicher Wirkungsgrad: 30 %).

Trotz Wirkungsgradanhebungen steigt der Gesamtenergiebedarf weltweit drastisch weiter an. Über die vergangenen Jahre gesehen hat sich der gesamte Mineralölverbrauch seit 1960

- in den USA mehr als verdoppelt,
- in Europa mehr als vervierfacht,
- im pazifischen Raum versechsfacht.

Dabei muss berücksichtigt werden, dass zwischen den Industrie- und den Entwicklungsländern ein krasses Missverhältnis bezüglich des Energiever-

ABB. 3: VERGLEICH DES PRO-KOPF-ENERGIEVERBRAUCHS 2007 [Mio. t SKE pro Einwohner]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: BP Statistical Review of World Energy, Deutsche Stiftung Weltbev ö lkerung

brauches und des Bevölkerungsanteils besteht (s. Abb. 3). In den westlich orientierten Ländern wird deutlich mehr Energie pro Kopf verbraucht als in Afrika, Süd-Amerika oder Asien.

Lange Zeit war es sogar so, dass die westliche Welt mehr als die Hälfte der weltweiten Energievorkommen verbrauchte, obwohl sie lediglich ein Siebtel der Weltbevölkerung stellte. In den USA leben lediglich fünf Prozent der Weltbevölkerung, aber die konsumieren im weltweiten Vergleich am meisten Rohöl. In den vergangenen Jahren hat sich jedoch an den Rohstoffmärkten eine Zeitenwende vollzogen: Erstmals konsumierte der Rest der Welt mehr Energie als die Industriestaaten (s. Abb. 4).

Seit der Jahrtausendwende ist der Energieverbrauch der Schwellenländer steil angestiegen. Im Jahr 2008 nahm der Bedarf um 5,1 % (ohne Russland) zu. Dies geschah, obwohl die Energiepreise zeitweise enorm hoch waren. Die Industriestaaten zügelten jedoch infolgedessen ihren Verbrauch geringfügig. Ihre Abhängigkeit vom Erdöl ist nicht ganz so hoch, da sie bereits ein hohes Wohlstandsniveau erreicht haben. Sie sind bereits dort, wo die Schwellenländer noch hinwollen. Diese benötigen zum Aufbau ihrer Industrie noch mehr Öl als die so genannte Erste Welt.

ABB. 4: NICHT-OECD-LÄNDER VERBRAUCHEN MEHR PRIMÄRENERGIE

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: BP Statistical Review of World Energy

Die Einwohner der Bundesrepublik verbrauchen jährlich eine Energiemenge von rund 500 Mio. t Steinkohleeinheiten (SKE). Das entspricht der Energie, die bei der Verbrennung von rund sechs Millionen Eisenbahnwaggons voller Steinkohle entstehen würde. Diese Menge entspricht einem Zug voller Kohle mit einer Länge von 75.000 km. Dieser Zug würde fast zweimal um die gesam- te Erde reichen.

Es stellt sich daher die Frage, wie heute und in den kommenden Jahren der Weltenergiebedarf auf eine nachhaltige Art gedeckt werden kann. Zunächst aber noch einige Details über den aktuellen Stand bei der Energieversorgung.

2.2 Energieverbrauch

Bei der Betrachtung des heutigen Energieverbrauchs muss zunächst darauf hingewiesen werden, dass generell unterschieden wird in:

- Primärenergieverbrauch
- Stromverbrauch

2.2.1 Primärenergieverbrauch

Deutschland 2

Primärenergie ist nur in den seltensten Fällen direkt nutzbar. Zumeist müssen die Primärenergieträger einem verlustbehafteten Umwandlungsprozess unter- zogen werden, damit sie dann als Sekundärenergieträger vom Verbraucher ein- gesetzt werden können. Rohöl als Primärenergieträger muss zunächst raffiniert werden, damit beispielsweise Heizöl für die Wärmeerzeugung, Benzin für den Fahrzeugbetrieb oder Kerosin für den Flugzeugantrieb genutzt werden können.

In Deutschland nehmen die fossilen Primärenergieträger den größten Teil bei der Deckung des Gesamtenergiebedarfs ein, wenn auch mit abnehmender Tendenz (s. Abb. 5): Im Jahr 1990 lag ihr Anteil bei rund 88 %. 2008 waren es noch 81 %. Der wichtigste Primärenergieträger ist nach wie vor Mineralöl. An zweiter Stelle folgt Kohle (Braun- und Steinkohle zusammen 24 %), dahinter kommen Erdgas sowie Kernenergie.

ABB. 5: AUFTEILUNG UND ENTWICKLUNG DES PRIMÄRENERGIEVERBRAUCHS IN DEUTSCHLAND

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In den vergangenen Jahren hat es deutliche Veränderungen bei der Zusam- mensetzung des Energiemixes gegeben. Erdgas konnte zwischenzeitlich sei- nen Anteil innerhalb von 18 Jahren um mehr als 40 % vergrößern, während

Die Endenergie unterscheidet sich von der Primär- energie dadurch, dass die Primärenergie in Form von Erdöl, Erdgas, Kohle oder Uran zunächst noch aufbe- reitet werden muss, um dem Verbraucher in Form von Heizöl, Benzin, Gas oder Strom zur Verfügung gestellt werden zu können. Bei dieser Umwandlung (Veredelung) treten Verluste auf, so dass die dem Verbraucher zur Verfügung stehende Endenergie geringer ist als die eingesetzte Primärenergie.

der Anteil von Steinkohle um 18 % abgenommen hat. Braunkohle schwankt seit Jahren nach ihrem 50%igen Ein- bruch im vorigen Jahrzehnt um die 11-%-Marke. Mineralöl und Kern- energie gewannen von 1990 bis 2000 einige Prozentpunkte hinzu. Mittler- weile ist dieser Zugewinn aber wieder fast vollständig verlorengegangen.

Insgesamt werden heute in Deutsch- land weniger feste Energieträger eingesetzt als 1990, wovon insbesondere die Gaswirtschaft profitieren konnte. Diese Entwicklung ist vor allem durch die voranschreitende Substitution der Kohle durch Erdgas zu erklären, die unter anderem auf den Umbau von Industrie und Heiztechnik in den neuen Bundesländern zurückzuführen ist.

Einer der Hauptprofiteure war in den letzten Jahren zudem die Erneuerbare-Energien-Branche. Im Jahr 2000 gab die Bundesregierung das eher zögerli- che Ziel aus, den damaligen noch recht bescheidenen Anteil der erneu-

ABB. 6: AUFTEILUNG ERNEUERBARER ENERGIEN IN DER BRD

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

erbaren Energien am Primärenergie- verbrauch von 2,1 % bis zum Jahr 2010 verdoppeln zu wollen. Dieses Ziel wurde allerdings schon in der Hälfte der Zeit erreicht und sogar überschritten (2005: 6,6 %). 2008 lag der Anteil der erneuerbaren Energien über alle Sparten hinweg dann schon bei rund 9,6 %.

Europa

Innerhalb Europas ist die Bundesre- publik der größte Energieverbraucher

mit 3.950 TWh gefolgt von Frankreich (3.210 TWh) und Großbritannien (2.720 TWh). Aber obwohl der Lebensstandard und der Mobilitätsdrang weiter 2 steigen, wird in Europa mit einer Stagnation beim Energieverbrauch gerechnet, da sich die Effizienz bei vielen Prozessen stetig weiter verbessert. Als Folge des zwischenzeitlichen Ölpreisanstiegs nahm der Kraftstoffabsatz in den vergang- enen Jahren sogar geringfügig ab, wobei insbesondere ein verminderter Bedarf an Ottokraftstoff zu verzeichnen war (2004: 25,0 Mio. t 2006: 22,2 Mio. t).

Im Erneuerbare-Energien-Sektor konnten auf europäischer Ebene trotz der guten Vorarbeit Deutschlands die Ziele nicht erreicht werden. Die Europäische Union hatte im Jahr 1997 als Zielmarke vorgegeben, den Anteil erneuerbarer Energien am Brutto-Energieverbrauch auf 12 % bis zum Jahr 2010 zu erhöhen. Anfang 2007 musste die EU jedoch eingestehen, dass trotz eines deutlichen Anstiegs dieses Ziel nicht erreicht wird. Die EU verständigte sich daher auf das neue Ziel, den Anteil der erneuerbaren Energien am gesamten Energieverbrauch bis zum Jahr 2020 auf 20 % zu steigern.

Für den Kraftstoffsektor wurde zunächst ein Anteil von mindestens 10 % Biokraftstoff bis 2020 definiert. Im Rahmen der weltweit vehement geführten Diskussion über den Anstieg von Lebensmittelpreisen korrigierte die EU jedoch diese Vorgabe. Deswegen spricht sie mittlerweile etwas allgemeiner nur noch von einem 10%igen Anteil erneuerbarer Kraftstoffe.

Welt

ABB. 7: AUFTEILUNG ERNEUERBARER ENERGIEN IN DER EU

Der weltweite Energiebedarf wird voraussichtlich - abgesehen von kurzfristigen Schwankungen - weiter steigen. Es ist zu erwarten, dass er bis zum Jahr 2015 gegenüber dem Referenzjahr 1995 um über 50 % zunehmen wird. Wenn keine radikale Trendwende eintritt, wird der über- wiegende Anteil davon nach wie vor durch die Verbrennung fossiler Energieträger gedeckt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eurostat

Damit verbunden wäre:

- eine weitere Reduzierung der natürlichen Vorkommen,
- eine weitere Zunahme der Umweltbelastung und
- eine weitere globale Klimaerwärmung.

Der größte Beitrag zur weltweiten Primärenergieversorgung wird derzeit nach wie vor vom Erdöl geleistet (2005: 36 %), auch wenn einzelne Länder wie beispielsweise China rund 70 % mit Kohle und Frankreich fast 40 % mit Kernenergie abdecken. An zweiter Stelle folgt Kohle, deren weltweiter Anteil bedingt durch das Wirtschaftswachstum in Asien mittlerweile auf weit mehr als ein Viertel des Weltenergieverbrauchs angewachsen ist. Nach Erdgas (fast 25 % am PEV) folgt Wasserkraft, die Kernenergie inzwischen auf Platz 5 abdrängte.

In den Jahren bis zur Wirtschaftskrise 2008/2009 nahm der Weltenergiebedarf zu, insbesondere durch das rasante Wirtschaftswachstum in den bevöl- kerungsstarken Regionen der Erde.

China verdoppelte in der Zeit inner-

TAB. 1: WELTWEITER PRIMÄRENERGIEVER- BRAUCH 2008 IN ROHÖLÄQUIVALENZ

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[BP, 2009]

halb von zehn Jahren seinen Ölver- brauch und auch Indien legte um 50 % zu. Der zwischenzeitlich drasti- sche Anstieg des Rohölpreises bewirk- te jedoch eine Verlangsamung des Verbrauchsanstiegs. In den Jahren 2005 bis 2008 konnte man sogar erst- mals eine Stagnation der Ölförderung feststellen, was auch daran lag, dass die Raffineriekapazitäten in dieser Zeit an ihre Grenzen gelangten. Außerdem waren leicht erreichbare Ölquellen zur Mangelware geworden. Zu wenig war auch in die Entdeckung und Erschließung neuer Vorkommen investiert worden.

Die Folge war, dass sich Rohöl dramatisch verteuerte. Innerhalb von sechs Jahren verfünffachte sich der Preis für ein Fass Rohöl (159 Liter, engl.: Barrel).

Lag der Preis für ein Barrel Öl der Sorte Brent im November 2001 noch bei unter 20 US-Dollar, überschritt er Anfang 2008 erstmals die magische Grenze 2 von 100 US-$. Bis Juli 2008 stieg er noch auf knapp 150 US-$, bevor es zur weltweiten Rezession kam.

Europa war zu dieser Zeit noch in der glücklichen Lage, dass fast parallel zum Ölpreisanstieg auch der Euro gegenüber dem US-Dollar an Wert gewann. Notierte der Euro nach dem Euro-Start Ende 2000 zunächst am Tiefpunkt bei 0,82 US-$, so erreichte er Ende 2007 ein zwischenzeitliches Rekordhoch von fast 1,50 US-$. Auf diese Weise machte sich der hohe Ölpreis nicht ganz so stark bemerkbar, da Öl in US-Dollar gehandelt wird.

Der anschließende Absturz des Ölpreises war vornehmlich durch die welt- weit herrschenden Verunsicherungen geprägt. Innerhalb von nur sechs Monaten rutschte der Barrelpreis wieder auf unter 40 US-$ hinunter. Im wei- teren Verlauf stieg er allmählich wieder über die 50-US-$-Marke. Trotz aller ökonomischen Probleme erholte sich in der Zeit auch der Dollar wieder etwas.

ABB. 8: DER ÖLPREIS STEIGT UND FÄLLT

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Tecson

ABB. 9: ANTEIL VERSCHIEDENER ENERGIETRÄGER AN DER BRUTTOSTROMERZEUGUNG SEIT 1990

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quellen: Bundesministerium f ü r Wirtschaft und Technologie, Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, Statistik der Kohlenwirtschaft

Da mit der Erholung der Wirtschaft der weltweite Energiebedarf mittelfristig wieder steigen wird, ist absehbar, dass der Ölpreis nach und nach auch wieder in alte Höhen emporklettern wird. Die dramatischen Ausschläge von 2007/ 2008 gelten daher eher als Ausnahme auf den ansonsten deutlich stabileren Rohstoffmärkten. Kurzzeitige Förderengpässe in unterschiedlichen Ölförderregionen sowie Hurrikans und kriegerische Unruhen bewirken meist nur zeitlich begrenzte Preisschwankungen.

Die Situation bei den regenerativen Energien hat sich in den vergangenen Jahren auf dem Weltmarkt deutlich verbessert. Zunächst war die Lage lange Zeit noch etwas verhalten, aber mit der Kehrtwende in der US-amerikanischen Energie- und Klimapolitik, die unter Präsident Barack Obama vonstatten ging, ist weltweit Bewegung in den Markt gekommen. Die USA sind nicht länger der Bremser, sondern angesichts neuer Rekordzahlen bei der Installation von Windkraftanlagen ein treibender Motor.

Die Aufteilung bei der Energieversorgung mit erneuerbaren Energien ist auf- grund der unterschiedlichen landestypischen Begebenheiten in den verschie- denen Regionen weltweit sehr stark von den natürlichen Energievorkommen

2.2.2 STROMVERBRAUCH IN DEUTSCHLAND 29

ABB. 10: ENTWICKLUNG ERNEUERBARER ENERGIEN IN DEUTSCHLAND

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Geothermische Stromerzeugung auf Grund geringer Strommengen nicht dargestellt Quelle: BMU, Arbeitsgruppe Erneuerbare-Energien-Statistik (AGEE-Stat)

und geographischen Erscheinungsformen geprägt. Island verfügt beispiels- weise über Thermalquellen (Geothermie), während in Kanada Wasserkraft und in Chile Windenergie maßgebliche Rollen spielen. Global betrachtet liegt der Beitrag erneuerbarer Energien zur Deckung der Energienachfrage momen- tan bei rund 13 % bezogen auf den gesamten Primärenergieverbrauch.

2.2.2 Stromverbrauch

Deutschland

Ein maßgeblicher Anteil der Primärenergie wird für die Stromerzeugung auf- gewendet, wobei der Hauptanteil der deutschen Stromproduktion lange Zeit von Kernkraftwerken übernommen wurde. Sie lieferten Ende der 1990er Jahre fast ein Drittel der benötigten Elektrizität. Nachdem jedoch einige Meiler infolge des zwischenzeitlichen Atomausstiegs abgeschaltet wurden, ging deren Anteil 2007 zurück, so dass Braunkohle seitdem in Deutschland als Haupt- stromlieferant fungiert.

Die insgesamt erzeugte Strommenge wächst seit 2000 kontinuierlich weiter an. Im Jahr 2008 wurden etwa 639 Milliarden Kilowattstunden Strom inklusi-

ABB. 11: ZUSAMMENSETZUNG DES ÖKOSTROM-MIXES

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quellen: [AGEE, 2009] www.erneuerbare-energien.de , BDEW

ve der Einspeisung von Seiten Dritter produziert. Das waren ziemlich genau 100 Mrd. kWh mehr als 1995.

Der Anteil von erneuerbaren Energien nimmt bei der Stromerzeugung seit mehreren Jahren weiter zu (s. Abb. 10). Dieser Aufwärtstrend, der lediglich im Jahr 1996 (Liberalisierung des deutschen Strommarktes) einen Aussetzer ver- buchen musste, dauert mittlerweile über 18 Jahre an. Zunächst verlief dieser Anstieg infolge der Einführung des Stromeinspeisegesetzes (im Jahr 1991) eher langsam, seit 1999 jedoch recht zügig. Dies lag unter anderem an der Ein- führung des 100.000-Dächer-Solarstromprogramms sowie des Erneuerbare- Energien-Gesetzes (EEG, 2000).

Im Jahr 1990 betrug der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung lediglich 3 %. Innerhalb von zehn Jahren verdoppelte sich dieser Wert, und 2008 lag er bereits bei 15,3 %. Bis zum Jahr 2020 soll der alternative Anteil am Stromverbrauch in der Bundesrepublik auf 30 % erhöht werden.

Der größte Anteil beim nachhaltig erzeugten Strom entfällt auf die Wind- kraft (s. Abb. 10 & 11). Obwohl die Wachstumsrate bei den Aufstellungszahlen von Windrädern nicht mehr wie in den Jahren 1990 bis 2001 bis zu 60 % beträgt, liegt sie bei 10 bis 20 %. Dies ist eine Wachstumsrate, von der andere Wirtschaftszweige nur träumen können. Ähnliches gilt für die Bioenergie, de- ren Anteil sich inzwischen von ehemals 8 % (ohne Müll, 1990) mehr als ver- dreifacht hat. Der Solarstrom (Photovoltaik) hat es indes geschafft, den 2 Promillebereich zu verlassen (s. Abb. 11: 2008 rund 4 % = 4 Mrd. kWh). Aufgrund der hohen Wachstumsrate in diesem Sektor wurden in den letzten zehn Jahren beträchtliche Flächen mit Solarmodulen bestückt.

Wasserkraft war mit einem Anteil von über 90 % (1990) lange Zeit der wich- tigste regenerative Stromlieferant. Da jedoch die große Wasserkraft (> 5 MW) in der ursprünglichen Version des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2000) unberücksichtigt geblieben ist, geht ihr Anteil seit Ende der 1990er Jahre zurück. Das Manko in der Förderungspolitik ist allerdings in der Novellierung des EEG Anfang 2004 behoben worden. Als weiterer einschränkender Faktor kommt für diesen Sektor hinzu, dass die Standortpotentiale für größere Kraftwerke weitestgehend ausgeschöpft sind, so dass mittlerweile der Schwer- punkt der Ausbauarbeiten auf Kleinkraftwerken liegt. Die Wasserkraft musste 2004 die Spitzenposition zu Gunsten von Windkraft räumen und verliert

ABB. 12: STROMBEDARF EINES DEUTSCHEN DURCHSCHNITTSHAUSHALTS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: HEA

weiter an Bedeutung. Abnehmer dieses nachhaltig er- zeugten Stroms sind mehr und mehr die privaten Haushalte. Die Akzep- tanz von Ökostrom ist in der Bevölke- rung gegeben. 60 bis 70 % der Haus- halte waren Umfragen zufolge bereits vor Jahren theoretisch bereit, mehr für Strom aus erneuerbaren Energien zu zahlen. Es haperte jedoch zunächst noch an der praktischen Umsetzung. Die meisten Bundesbürger scheuten sich, einfach so den Stromversorger

zu wechseln. Der Marktanteil von Ökostrom lag daher 2007 gerade mal bei einem Prozent, weil vielen Kunden der Wechsel zu unsicher war. Nach der Liberalisierung des Strommarktes hatten Experten ursprünglich mit einer deutlich höheren Quote gerechnet. Infolge des drastischen Strompreisanstiegs im Jahr 2008 stieg die Wechselwillig-

ABB. 13: STROMVERBRAUCH DER EU-27

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[Neumann, 2007]

TAB. 2: AUFTEILUNG REGENERATIVE STROMERZEUGUNG WELTWEIT

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[Witt, 2005]

keit jedoch deutlich an. Hundert- tausende Privatkunden kündigten die Verträge bei ihren angestammten Energieversorgern und wechselten zu günstigeren Anbietern, häufig auch zu Produzenten grünen Stroms. 2008 lag die Anzahl der Ökostrom- kunden bereits bei etwa 1,6 Millio- nen, was einem Anteil von 3 % ent- spricht. Langfristige Prognosen gehen von einem Anteil von bis zu 20 % bei Privatkunden aus.

Europa

Bei der Stromversorgung in Europa nimmt die Kernenergie derzeit fast gleichberechtigt mit der Kohle die wichtigste Rolle ein. Ein Fünftel der Elektrizität wird zudem über Erdgas bereitgestellt, und 15 % steuern die erneuerbaren Energien bei. Mineral- öl ist bei der Stromversorgung hin- gegen eher unbedeutend.

Welt

Der Weltstrombedarf macht in etwa ein Sechstel (17 %) des Gesamtprimärener- giebedarfs aus. Pro Person liegt er weltweit im Durchschnitt bei jährlich 2.000 kWh. Die US-Amerikaner liegen mit etwa 11.000 kWh weit darüber. Auch die Skandinavier (Norweger, Finnen und Schweden) liegen oberhalb der 10.000-kWh- Marke. Ein Deutscher (6.100 kWh) verbraucht dreimal mehr Strom als der durchschnittliche Weltbürger, ähnlich wie ein Japaner (6.600 kWh). Die Chinesen benötigen verglichen damit jährlich nur ein Zehntel des Stroms (600 kWh).

Der Hauptenergielieferant für die Stromproduktion ist Kohle, die etwa ein Drittel des Strombedarfes abdeckt. Die Wasserkraft steuert einen Anteil von immerhin 2 rund einem Fünftel (ca. 19 %) bei. Demgegenüber ist die Bedeutung anderer erneuerbarer Energielieferanten global gesehen insgesamt recht niedrig (s. Tab. 2).

2.3 Begrenzte zeitliche Verfügbarkeit

„Das Ende des Ölzeitalters hat begonnen. Dieser Erkenntnis m ü ssen wir uns stellen.“

Dieses Zitat ist längst keine Forderung allein grüner Aktivisten mehr. Es wird mittlerweile auch von deutschen Politikern unterstützt, und auch die USA, die lange Zeit nichts von Klimawandel und erneuerbaren Energien wissen wollten, stimmen dem inzwischen zu.

Momentan ist es allerdings noch so, dass die fossilen Energieträger den weit- aus größten Anteil am Energieverbrauch ausmachen und der Gesamtenergie- bedarf weiter zunimmt. Daher ist absehbar, dass die natürlichen Vorkommen dieser Primärenergieträger immer schneller immer weniger werden. Durch neue Bohrungen werden zwar neue Öl- und Gasvorkommen entdeckt, aber die Neufunde sind längst nicht mehr so ergiebig wie noch vor einigen Jahren.

Die Diskussion über die genaue Bezifferung der zeitlichen Verfügbarkeit die- ser Öl-, Gas- und Kohlevorkommen ist ein fortwährender Kampf unterschied- licher Interessengruppen. Vertreter der Mineralölindustrie erklären seit Jahren, es seien ausreichend Reserven vorhanden, und in absehbarer Zukunft (30 Jahre) würde kein Mangel auftreten. Genau die gegenteilige Meinung vertreten Umweltverbände.

Im Jahr 2007 hieß es zunächst noch, es stünde so viel Öl wie nie zuvor zur Verfügung. Während sich 2006 die weltweiten Reserven gemäß der Studie Oeldorado 2008 von ExxonMobil auf 178.743 Mio. t beliefen, waren es 2007 schon 180.718 Mio. t. Demgegenüber beliefen sich die Zahlen für das Jahr 1957 lediglich auf einen Bruchteil: 36.062 Mio. t. Damals lag allerdings auch sowohl der Verbrauch als auch die Raffineriekapazität nur bei einem Viertel des heutigen Wertes.

Diese wundersame Vermehrung der Reserven hat unterschiedliche Ursachen: · Früher wurde Öl nur in Wassertiefen von bis zu 75 m gefördert. Heute arbei- tet man in bis zu 400 m tiefen Gewässern, mitunter sogar in 3.000 m Tiefe. · Früher wurde nur 35 % des vorhandenen Öls aus den Lagerstätten geför- dert. Heute ermöglicht die Technik eine Nutzung von bis zu 70 %. · Früher bei niedrigem Barrelpreis waren viele Lagerstätten nicht wirtschaft- lich ausbeutbar. Heute bei höherem Ölpreis lohnt sich auch der aufwändige Abbau von Ölschiefer und Ölsanden.

Wie viel Öl tatsächlich noch vorhanden ist, lässt sich nur schwer sagen. Anfang 2007 war im Brennstoffspiegel, dem deutschen Energiemagazin der Mineral- ölwirtschaft, zu lesen: „Nicht einmal die Ergiebigkeit der Quellen, aus denen heute Öl gefördert wird, ist wirklich bekannt.“ Weiter heißt es, dies liege daran, „dass die Mitglieder der OPEC auf Teufel komm raus schwindeln, wenn sie

nach ihren Ölreserven gefragt wer-

Als Reserven werden die Vorkommen bezeichnet, die

- durch Bohrungen bestätigt
- mit heutiger Technik förderbar
- bei heutigen Preisen wirtschaftlich gewinnbar sind. Demgegenüber sind die Ressourcen all die Vorkommen, die noch irgendwo lagern, aber derzeit nicht bekannt oder nicht wirtschaftlich förderbar sind.

den. Sie geben sie zu hoch an.“ [Ottlik, 2007]

Der Hintergrund ist, dass die Organisation Erdöl exportierender Länder (Organization of the Petro- leum Exporting Countries, OPEC) über die jeweilige erlaubte Förder- menge ihrer Mitglieder entscheidet. Für die Bestimmung der Förder- menge gibt es einen Berechnungs- schlüssel, der sich nach der Größe der im Land vorhandenen Reserven bestimmt. „Je größer die Reserve eines Landes, desto höher die ihm zugebilligte Förderquote. Deshalb werden die Zahlen geschönt, um es zurückhaltend zu formulieren.“ [Ottlik, 2007]

Von besonderer Bedeutung war daher zur Jahreswende 2003/2004 die Neubewertung des Mineralölkonzerns Shell, der nach eigenen Aussagen seine Reserven falsch eingeschätzt hatte und die Mengenangabe um ein Drittel reduzierte.

ABB. 14: DIE OFFIZIELL GRÖSSTEN ÖLLÄNDER 2007

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Reserven in Mrd. t (2007) Quelle: BP Statistical Review 2009, u.a.

Innerhalb der letzten Jahre sind die Ölpreise und damit auch die Spritpreise in zuvor nicht dagewesene Höhen geklettert. Im Zeitraum von Anfang 2002 bis Anfang 2008 verfünffachte sich der Preis für ein Barrel Rohöl. Ein Grund dafür dürfte die Tatsache gewesen sein, dass der Höhepunkt der weltweiten Ölproduktion immer näher rückt oder vielleicht inzwischen schon erreicht ist. Die Energy Watch Group geht davon aus, dass der Mid Depletion Point (der Punkt des größten Ölfördervolumens) bereits im Jahr 2006 überschritten wurde. Im Oktober 2007 gab die Wissenschaftlergruppe der Ludwig-Bölkow- Stiftung bekannt, dass die weltweiten Ölfördermengen mittlerweile mit eini- gen Prozentpunkten pro Jahr rückläufig sind. Laut Industriedatenbank HIS (2006) werden die Weltölreserven zwar auf 1.255 Giga-Barrel geschätzt, aber für die Wissenschaftler gibt es stichhaltige Gründe, diese Zahl für einige Regionen und Schlüsselländer nach unten zu korrigieren. Ihrer Schätzung nach belaufen sich die Reserven nur noch auf 854 Giga-Barrel.

Gestützt werden diese Annahmen unter anderem durch die Aussage König Abdullahs von Saudi-Arabien, dem größten Ölproduzenten der Welt, der dazu sagte: „Der Ölboom ist vorbei und wird nicht zurückkehren. Wir müssen uns alle an einen anderen Lebensstil gewöhnen.“ Ganz anderer Meinung war hin- gegen lange Zeit die Internationale Energie Agentur (IEA). Sie bestritt bis 2007, dass eine grundlegende Änderung der Energieversorgung in naher oder wei- terer Zukunft wahrscheinlich sei. Erst im World Energy Outlook 2008 skiz- zierte sie erstmals ein etwas anderes Bild: Ohne umfassende Investitionen in neue Fördervorhaben könnte es schon bald zu bedenklichen Engpässen kom- men, warnte die IEA.

Eng gekoppelt an den Mineralölhandel ist der Handel mit Erdgas. Die größten Lagerstätten von Erdgas liegen in Russland. Das riesige Land birgt Reserven von schätzungsweise 45.000 Mrd. Kubikmeter. Es folgen Iran (27.800 Mrd. m3 ) und Katar (25.600 Mrd. m3 ), dann kommt lange nichts, bevor auf Platz vier Saudi-Arabien (7.170 Mrd. m3 ) zu finden ist.

Braunkohle ist einer der wenigen in Deutschland heimischen Primärenergieträger. Würden weiterhin jährlich 175 Mio. t davon gefördert, könnten ihre Vorräte noch für rund 200 Jahre ausreichen. Angesichts neuer Technologien wird jedoch mittlerweile darüber nachgedacht, diese Vorräte nicht in Kohlekraftwerken zu verbrennen, sondern in Gas oder synthetische Treibstoffe umzuwandeln, um sie somit aufzuwerten. Ab einem Barrelpreis von 65 US-Dollar könnte dies wirtschaftlich möglich sein. Bekommen wir also vielleicht sogar einen Ausbau der Kohleförderung?

Wohl kaum. 2007 wurde entschieden, dass die Förderung von Steinkohle im Jahr 2018 auslaufen wird. Der Trend weg von den fossilen Energieträgern macht sich also auch hier bemerkbar, auch wenn Kohle noch auf viele Jahre hinaus einer der wichtigsten Energieträger für Deutschland bleiben wird.

Egal, wie viel Öl, Gas oder Kohle nun tatsächlich noch vorhanden ist, es bleibt eine unbestreitbare Tatsache, dass sich die Menge der natürlichen Energieträger mit jedem Tag verringert, an dem auch nur ein Fahrzeug mit Benzin fährt oder ein Haus mit Kohle geheizt wird. Die Frage muss demnach nicht lauten, wie lange die Vorkommen tatsächlich reichen werden. Stattdessen sollte sich jeder Einzelne fragen, wie die noch existierenden Primärenergieträger im Sinne einer nachhalti- gen Handlungsweise verantwortungsvoll und bewusst eingesetzt werden können.

Mineralöl, das „schwarze Gold“, gilt als so genannter hochwertiger Energieträ- ger, weil es für eine Vielzahl von Anwendungen, von der Textil- bis zur Phar- 2 maindustrie, geeignet ist. Deswegen spielt die Überlegung eine wichtige Rolle, ob es für die Verfeuerung in Heizkesseln oder den Antrieb von Kraftfahrzeugen nicht einfach zu schade ist, gerade weil es nicht endlos viel davon gibt.

Erdgas inklusive diverser Folgeprodukte (z. B. Propan, Butan) ist genau wie Mineralöl ein endlicher, fossiler Primärenergieträger, wobei er als nicht ganz so hochwertig angesehen wird. Die zeitliche Verfügbarkeit von Gas wird indes etwas höher angesetzt als bei Öl. Der Vorteil von Gas gegenüber dem schwar- zen Gold besteht darin, dass Erdgas als Übergangsprodukt fungieren kann für eine allmähliche Abkehr vom Mineralöl. Erdgas und auch Flüssiggas verursa- chen bei der Verbrennung deutlich weniger Schadstoffe und eignen sich daher gut für den Einsatz in Kraftfahrzeugen. Außerdem können praktische Erfahr- ungen mit diesen Gasen bei der Anwendung von gasförmigem Wasserstoff als Energieträger genutzt werden.

Ein Wechsel zu alternativen Energieträgern hat somit gleich in mehrfacher Hinsicht Sinn, nicht nur wegen der befristeten zeitlichen Verfügbarkeit. Der Ölminister Saudi-Arabiens hat in diesem Sinne einmal gesagt: „Die Steinzeit ist nicht zu Ende gegangen wegen des Mangels an Steinen, und so wird auch die Erdöl-Ära nicht allein wegen des Mangels an Erdöl zu Ende gehen.“ Man kann also sagen, die Mineralöl-Ära ist aus strategischer, energetischer und auch umweltpolitischer Sicht abgelaufen.

2.4 Umweltbelastung

Die Probleme mit fossilen Energieträgern gehen weit über deren zeitliche Verfügbarkeit und den steigenden Energieverbrauch hinaus und beinhalten noch einen weiteren wichtigen Punkt: die Umweltbelastung. Was aber bedeutet eigentlich Umweltbelastung?

Mit der Umwelt ist neben den Menschen auch die gesamte Tier- und Pflanzenwelt gemeint inklusive der Luft, die wir atmen, und des Bodens, auf dem wir gehen. Alle Einflüsse, die diese Umwelt negativ beeinflussen, werden als Umweltbelastung bezeichnet.

Am offensichtlichsten sind die Einschnitte in die Natur beim Braunkohleabbau, wie er beispielsweise in der Lausitz durchgeführt wird. Der Obertageabbau ist zwar finanziell sehr viel günstiger als der Untertageabbau von Steinkohle, hat aber auch beträchtliche Umweltschäden zur Folge:

- gravierende Einschnitte ins Landschaftsbild
- großräumige Grundwasserabsenkungen · Erschwerung der Trinkwassergewinnung · Bodenabsenkungen
- schwere Schäden an Pflanzen- und Tierwelt

Auch für die Menschen hat dies drastische Auswirkungen. Ganze Siedlungen müssen umgesetzt werden. Allein bei Garzweiler II mussten zwölf Dörfer mit 8.000 Menschen umgesiedelt werden. Im Saarland wurde mittlerweile der Kohleabbau bis zum Jahr 2012 befristet, da es in der Vergangenheit durch wiederholte und häufigere Bodenabsenkungen zu einer ernsthaften Gefähr- dung von Gebäuden und auch Men- Emissionen sind Einflüsse auf die Umwelt, egal ob negativer oder positiver Natur. Dabei kann es sich um stoffliche Emissionen handeln, also um die Frei- setzung bestimmter Substanzen, es können aber auch Geräuschemissionen (z. B. Lärm) sein.

Schadstoffe hingegen sind per Definition negativ. Die meisten Schadstoffe sind in ihrer Häufigkeit und Menge vom Gesetzgeber durch die Angabe von Grenzwerten begrenzt (limitiert).

schen kam.

Nicht ganz so offensichtlich geht es bei den Schadstoffen zu. Umweltbe- lastende Emissionen treten meist als Gase auf, so dass sie für das mensch- liche Auge nur schwer sichtbar sind. Trotzdem haben sie zum Teil einen großen umweltschädigenden Ein- fluss. Deswegen gibt es Bestim- mungen, die Grenzwerte für alle Emissionen festlegen gemäß dem Motto: „Ob etwas giftig ist, entscheidet allein die Dosierung!“ Die Emissionen, die auf diese Weise in ihrer Häufigkeit und Menge begrenzt (limitiert) sind, werden als „Schadstoffe“ bezeichnet. Wohlgemerkt handelt es sich hierbei lediglich um die gesetzlich reglementierten Emissionen. Dass andere Substanzen ebenfalls die Umwelt belasten, steht außer Frage.

ABB. 15: RIESIGE BAGGER BEACKERN RIESIGE BRAUNKOHLEFELDER

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: obs/Kabel 1

Die Emission vieler Schadstoffe findet bei der Verbrennung fossiler Energie- träger statt. Bei dieser Reaktion (Oxidation) verändern die Ausgangsprodukte ihre chemische Struktur und es entstehen Verbrennungsprodukte. Bei diesen Produkten muss es sich jedoch nicht gezwungenermaßen um Schadstoffe han- deln. Solange eine vollständige Verbrennung von Kohlenwasserstoffen stattfin- det (s. Formel), werden lediglich für die Umwelt unbedenkliche Reaktions- produkte erzeugt. Inwieweit Kohlendioxid als schädlich oder unschädlich bezeichnet werden kann, wird im nachfolgenden Kapitel behandelt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Weil aber nicht nur die Kohlenwasserstoffe als Reaktionspartner für Sauerstoff zur Verfügung stehen, sondern auch große Mengen Stickstoff (79 % der Umge- bungsluft sind Stickstoff), entstehen auch Stickoxide, die als Schadstoffe ange- sehen werden. Noch problematischer wird es, wenn es zu einer unvollständi- gen Verbrennung infolge von Sauerstoffmangel kommt, so dass Kohlenmonoxid, unverbrannte Kohlenwasserstoffe, Schwefeloxid und Ruß entstehen. In der Praxis findet eigentlich nie eine vollständige Verbrennung statt. Demzufolge entstehen tatsächlich bei jedem Verbrennungsprozess, bei dem fossile Energieträger beteiligt sind, gewisse Mengen an Schadstoffen: limitierte und nichtlimitierte Emissionen.

2.4.1 Limitierte Emissionen

- Kohlenwasserstoff (CnHm): Allgemeine Bezeichnung für organische Verbin- dungen, die aus verschiedenen Anteilen Kohlenstoff und Wasserstoff bestehen.
- Kohlenmonoxid (CO): Reiz-, farb- und geruchloses Gas, das bei der unvoll- ständigen Verbrennung von organischen Verbindungen entsteht. Es wirkt betäubend und gesundheitsgefährdend, da es die Sauerstoffaufnahme des -lutes behindert.
- Stickoxid (NOX): NOX umfasst Stickoxid (NO) und Stickstoffdioxid (NO2). Es entsteht insbesondere bei hohen Verbrennungstemperaturen. NO greift die Schleimhäute der Atmungsorgane an und begünstigt Atemwegser- krankungen. In Luft reagiert das Oxid in Verbindung mit Wasser zu Salpetersäure (HNO3) und ist für den sauren Regen mitverantwortlich. Stickoxid trägt außerdem zur Smog-Bildung bei.
- Ruß (C): Reiner, unverbrannter Kohlenstoff. Er wird vornehmlich in Dieselaggregaten erzeugt. An den Kohlenstoffpartikeln können polyzykli- sche, aromatische Kohlenwasserstoffe angelagert sein, denen eine karzino- gene (krebserzeugende) Wirkung nachgesagt wird.

2.4.2 Nichtlimitierte Emissionen

- Schwefeldioxid (SO2): Farbloses, stechend riechendes Gas. Es entsteht über- wiegend als unerwünschtes Nebenprodukt bei der Verbrennung schwefel- haltiger, fossiler Energieträger wie beispielsweise Kohle oder Öl. Reaktions- produkte von Schwefeldioxid führen vermischt mit Wasser und Salpeter- säure zur Bildung des sauren Regens, der für das Waldsterben mitverant- wortlich ist.
- Kohlendioxid (CO2): Farbloses, nicht brennbares, geruchloses und ungifti- ges Gas, das mit ca. 0,03 % natürlicher Bestandteil der Erdatmosphäre ist 2 (s. auch Kap. 2.4.3 CO2-Problematik).
- Polyzyklische, aromatische Kohlenwasserstoffe (PAH): Einige besitzen karzino- gene und auch mutagene Eigenschaften (Krebs und Mutationen auslösend).

- Benzol, Toluol, Xylol (BTX): Leicht flüchtige, aromatische Einzelkohlen- wasserstoffe in ringförmiger chemischer Anordnung; Benzinbestandteile. Benzol gilt als krebserzeugend. Toluol kann in erhöhter Konzentration Schleimhautreizungen, Störungen des Nervensystems sowie Schädigungen an Leber, Niere und Gehirnzellen verursachen.

- Formaldehyd (HCHO oder CH2O): Wasserlösliches, sehr reaktionsfreudi- ges, säuerlich stechend riechendes, farbloses Gas, karzinogen. Es gehört zur Gruppe der Aldehyde und kommt meist in 35%iger wässriger Lösung als

Formalin in den Handel. Es entsteht als Nebenprodukt bei fast allen Verbrennungsprozessen.

2.4.3 CO2-Problematik

Beim Thema Kohlendioxid scheiden sich die Geister, wie diese Substanz treffend tituliert werden kann:

- als Schadstoff
- als Treibhausgas
- als natürliches Umweltgas

Kohlendioxid ist ungiftig und ein natürlicher Bestandteil der Erdatmosphäre. Bei der Photosynthese wird es von Pflanzen mit Hilfe der Sonnenenergie und Wasser in energiereichere Kohlenhydrate überführt, wobei Sauerstoff freigesetzt wird. Pflanzen benötigen Kohlendioxid also für ihr Wachstum. Menschen und Tiere brauchen wiederum den auf diese Weise erzeugten Sauerstoff für ihren Stoffwechsel und die Kohlenhydrate als Nahrung. Sie produzieren ihrerseits CO2 und Wasser und geben diese über die Atmung an die Außenluft ab, wobei ein Teil davon in Biomasse umgewandelt wird. Auf diese Weise schließt sich ein Kreislauf, von dem alle profitieren und bei dem jeder auf den anderen angewiesen ist.

Vor einigen Jahren waren sich die Wissenschaftler noch uneins darüber, ob Kohlendioxid einen Einfluss auf das Klima hat. Mittlerweile stimmen über 90 % der Wissenschaftler darin überein, dass die verstärkte Emission von Treibhaus- gasen (inklusive Kohlendioxid) einen globalen Klimawandel bewirken kann.

Worum geht es eigentlich bei der CO2 -Problematik?

Die Erdatmosphäre ist weitestgehend durchlässig für einfallendes, sichtbares Sonnenlicht. Die Rückstrahlung von langwelliger Infrarotstrahlung wird hin- gegen erschwert, weil einige in der Atmosphäre befindliche Substanzen dies teilweise verhindern. Damit verhält sich die Luftschicht der Erde ähnlich wie das Glasdach eines Treibhauses, woher dieses Phänomen auch seinen Namen bekommen hat: Treibhauseffekt. Diese natürliche Eigenschaft der Erdatmos- phäre hebt die durchschnittliche Temperatur der Erdoberfläche um etwa 30 °C. Ohne diese Eigenschaft wäre es also um einiges kälter auf diesem Planeten.

Wird heute vom Treibhauseffekt gesprochen, ist damit eine über das natürli- che Maß hinausgehende Erwärmung der Erde gemeint. Einige Klimamodelle sagen in den nächsten 50 Jahren eine globale Temperaturerhöhung um 1,5 bis 4,5 °C voraus. Diese rasche Erwärmung wird der Konzentrationszunahme von Koh- lendioxid, Methan, FCKW, Distickstoffoxid sowie anderen Spurengasen zuge- schrieben, die auf die fortschreitende Industrialisierung zurückgeführt wird.

Den größten Einfluss auf die natürliche Erwärmung der Atmosphäre hat aller- dings kein Industriegas, sondern der in hohen Luftschichten befindliche Was- serdampf. Zu zwei Dritteln trägt dieser zur verminderten Rückstrahlung der Sonnenstrahlen bei. Bei Kohlendioxid ist der Einfluss ein Viertel. 2 % steuern zudem Methan und zudem noch einige andere klimawirksame Substanzen bei.

Seit dem Klimagipfel in Rio de Janeiro im Jahr 1992 diskutieren die Teil- nehmerstaaten über ein gemeinsames Vorgehen, um die vom Menschen verur- sachte (anthropogene) fortschreitende Klimaveränderung einzudämmen. Nachdem es damals neben anderen wichtigen verabschiedeten Dokumenten (Agenda 21) noch keine konkreten diesbezüglichen Vereinbarungen gegeben hatte, einigten sich im Jahr 1997 insgesamt 160 Staaten in der japanischen Stadt Kyoto auf eine Verringerung ihres Schadstoffausstoßes. Die beteiligten Länder verpflichteten sich, ihre Emissionen von Kohlendioxid und Treibhausgasen bis zum Zeitraum 2008 bis 2012 um durchschnittlich 5,2 % gegenüber dem Ver- 2 gleichsjahr 1990 zu senken. Von dieser Vereinbarung distanzierten sich damals jedoch die Vereinigten Staaten. Im Sommer 2001 gelang in Bonn den anderen Teilnehmern dennoch eine Einigung auf konkrete Angaben. Offiziell in Kraft getreten ist das Kyoto-Protokoll allerdings erst 2005.

Die Europäische Union (EU) sicherte im Zuge dieser Vereinbarung zu, ihre CO2-Emissionen um 8 % bis zum Zeitraum 2008 bis 2012 zu reduzieren. Wegen der unterschiedlichen Lastverteilung innerhalb der EU hat die Bundes- republik 21 % übernommen, während anderen europäischen Ländern ein Anstieg ihrer Zahlen zugestanden wurde (z. B. Griechenland: + 25 %). Weitere Vorgaben sahen ursprünglich vor, mittelfristig (bis zum Jahr 2020) eine Emis- sionsreduktion von 30 % und langfristig (bis 2040) von 70 % anzupeilen. Diese Zielsetzung wurde jedoch in zahllosen Verhandlungen aufgegeben. Ende 2008 stimmte das EU-Parlament stattdessen dafür, 20 % Treibhausgasemissionsver- minderung bis 2020 anzupeilen. Darüber hinausgehend hatte die Bundesregie-

ABB. 16: ENTWICKLUNG DER KOHLENDIOXIDEMISSIONEN WELTWEIT

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: UNFCCC, IEA

[...]

Fin de l'extrait de 212 pages

Résumé des informations

Titre
Erneuerbare Energien
Sous-titre
Mit neuer Energie in die Zukunft
Auteur
Année
2010
Pages
212
N° de catalogue
V193215
ISBN (ebook)
9783656228790
ISBN (Livre)
9783656229117
Taille d'un fichier
16168 KB
Langue
allemand
Annotations
von Dipl.-Ing. Sven Geitmann, Fach-Journalist, Verleger, Autor, Vorwort von Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker, Träger des Deutschen Umweltpreises 2008
Mots clés
Energie, erneuerbar, Solar, Sonnenenergie, Windkraft, Windenergie, Bioenergie, Wasserkraft, Brennstoffzelle, Geitmann, Energiesparen, Effizienz, Energietechnik, Geothermie, Wärmepumpe, Biomasse, Biogas, Holz, Pellets, Solarenergie, Wind
Citation du texte
Sven Geitmann (Auteur), 2010, Erneuerbare Energien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/193215

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