Herausforderung "Ehrenamt" in Non-Profit-Organisationen

Die NPOs im Gefüge von Gewinnwirtschaft und Gemeinnützigkeit


Bachelorarbeit, 2011

39 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Einleitung

Problemstellung und Zielsetzung

Methodik/Aufbau der Arbeit

Teil 1: Die Non-Profit-Organisation
1.1 Zum Begriff der NPO´s
1.2 Eine spezifische Problemstellung: Der Einsatz von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern
1.2.1 Hauptamtlichkeit
1.2.2 Ehrenamtlichkeit
1.2.3 Mögliche Konflikte
1.3 Das Technische Hilfswerk
Zwischenfazit (Auswirkungen bzw. Lösungsansätze bezüglich der Mitgliederstruktur von NPO im THW)

Teil 2: Die Unternehmenskultur
2.1 Begrifflichkeit und Wirkungsweise
2.2 Entstehung und Einführung - Eine Auswahl an Methoden
2.3 Unterstützende Instrumente
2.3.1 Leitbild, Mission, Vision
2.3.2 Angewandte Instrumente im THW
2.4 Das Führungsverhalten als Determinante der Unternehmenskultur
2.4.1 Rahmenbedingungen
2.4.2 Kontrolle versus Vertrauen - zwei Alternativen für die Führungsriege
Zwischenfazit (Das spezifische Führungsverhalten im THW)

Teil 3: Schlussbetrachtung: Manifestation der Zusammenhänge

Teil 4: Persönliche Erkenntnisse

Literaturverzeichnis

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1.1: Dreipoliger Aktionsraum von NPO´s - Quelle: Badelt 2007, S.

Abbildung 1.2: Warum man sich freiwillig engagiert (2009) - Quelle: Freiwilligensurvey 2009 des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, S.

Abbildung 3.1: Führungsverhalten als gelebte Unternehmenskultur - Quelle: Sackmann 2004, S. 212.

Einleitung

Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit

„Wettbewerb spornt an…“ Johann Heinrich Jung-Stilling (1740-1817)

Egal, ob es sich um eine gewinnorientierte Unternehmung handelt, die mit dem Verkauf von Brötchen und Kaffee ihr Geld verdient oder um eine Non-Profit-Organisation (im folgenden NPO), die ein ge- meinnütziges Ziel verfolgt: die Begründungen in der aktuellen Literatur, warum es gerade jetzt so wichtig ist, mit „neuen“ Erfolgsfaktoren wie der Unternehmenskultur die Wettbewerbsfähigkeit der eigenen Unternehmung zu sichern oder zumindest zu verbessern, laufen im allgemeinen auf das Gleiche hinaus. Häufig genannt werden die sich immer weiter verstärkende Globalisierung, die Finanzkrise mit all ihren Folgen, die Kürzung von staatlichen Geldern und vor allen Dingen der vermehrte Rückzug des Staates aus der sozialen Verantwortung.

Um diesen Szenarien nicht nach einiger Zeit zu erliegen, ist es zu einer der Hauptaufgaben jeglicher Organisation geworden eine Resistenz gegenüber außerbetrieblichen Einflüssen zu entwickeln. Bereits in den 80er Jahren waren wissenschaftliche Untersuchungen in diesem Themenbereich in den Betrachtungswinkel von einigen Autoren aufgenommen worden und auch heute ist die Thematik nicht mehr wegzudenken. Jedoch besteht bezüglich der NPOs immer noch ein Rückstand des wissenschaftlichen Standards. Es bietet sich geradezu an die Unternehmenskultur mit all ihren Facetten speziell in dieser Organisationsform zu analysieren, da sich nur hier diese Art der Mitgliederstruktur finden lässt, welche den Faktor Mensch wesentlich in den Mittelpunkt der Unternehmung stellt.

Im Rahmen dieser Arbeit soll davon ausgegangen werden, dass eine auf den Menschen ausgerichtete Unternehmenskultur und Führung langfristig die Grundlage für den unternehmerischen Erfolg bilden. Dadurch wird außerdem eines der grundlegende Ziele avisiert, eine Unternehmung aufzubauen, die trotz instabilen und schwierigen äußeren Rahmenbedingungen ihre eigene innere Stabilität und Kontinuität nicht verliert und so an langfristiger Überlebensfähigkeit gewinnt.

Welchen Stellenwert die Unternehmenskultur in einer Non-Profit-Organisation einnehmen kann, und welche Rolle dabei das einzusetzende Personal übernimmt, soll anhand der folgenden Forschungsfrage genauer untersucht werden:

Lassen sich Auswirkungen durch den gleichzeitigen Einsatz von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern in Non-Profit-Organisationen im Bereich der Unternehmenskultur feststellen?

Zur praxisnahen Verdeutlichung der theoretischen Untersuchungen wird das Technische Hilfswerk (im Folgenden THW) als Beispielorganisation dienen. Zur Wahl dieser nicht eindeutigen Non-Profit- Organisation sei im Vorfeld folgendes gesagt: Es handelt sich beim THW um eine Bundesbehörde, die somit formal dem staatlichen Sektor zuzurechnen ist und aufgrund dessen die Grundvoraussetzung nicht erfüllt, um als Non-Profit-Organisation zu gelten. Dem entgegen steht die Tatsache einer 99- prozentigen ehrenamtlichen (freiwilligen) Beteiligung, womit eines der prägnantesten Merkmale dieser speziellen Organisationsform erfüllt ist. Hinzu kommt das Verfolgen eines gemeinnützigen Zweckes und das Einhalten des sogenannten nonprofit oder nondistribution constraint. Die Abgrenzung beziehungsweise Einordnung ist äußerst schwammig. Jedoch sind mit Ehrenamtlichkeit, sowie mit Gemeinnützigkeit in Zweck und Finanzierung meiner Meinung nach die wichtigsten Merkmale einer Non-Profit-Organisation in den Bereichen vorhanden, die die Untersuchungen dieser Arbeit betreffen.

Warum ich dieses Thema für meine Bachelor-Arbeit gewählt habe, hat verschiedene Gründe. Zum einen ergab sich diese Thematik aufgrund meiner vorherigen Seminararbeit („Visions- und Leitbildentwicklung als Grundlage der Strategieentwicklung in Non-Profit-Organisationen“) und stellt somit eine Weiterentwicklung dar. Insbesondere aber erscheint mir die wissenschaftliche Literatur zur Problematik der Unternehmenskultur speziell in Non-Profit-Organisationen schwach ausgeprägt. Daher versuche ich mit dieser Arbeit einen Beitrag für dieses Fachgebiet zu leisten.

Nicht zuletzt greife ich auf eigene Erfahrungen zurück, die ich vor dem Eintritt in die Bundeswehr in meinem Berufsleben sammeln konnte und die schon damals einige Fragen hinterlassen haben. Während einer Überbrückungsphase bis zum damaligen Studienbeginn war ich als Telefon-Agentin in einem Callcenter angestellt. Ich ging dieser Beschäftigung ausschließlich aus extrinsischen Motiven nach und stellte schon nach kurzer Zeit fest, dass ich mich nicht im Entferntesten mit der vorhandenen Unternehmenskultur arrangieren konnte. Es gab kein formuliertes Leitbild oder ähnliches, das heißt die Unternehmenskultur wurde innerhalb der Unternehmung nur für die Mitarbeiter sichtbar beziehungsweise spürbar; zum Beispiel in Form von tagtäglichen Handlungsweisen der Vorgesetzten, dem Verhältnis zu ihrem unterstellen Bereich oder der gewünschten Arbeitsmentalität. Keine Mitbestimmung, kein eigener Verantwortungsbereich, geschweige denn ein Handlungsspielraum wurde den Telefonisten aus dem Bereich der Auftragsaufnahme zugesprochen. Durch eine spezielle Sparpolitik gelangten die Kunden nach nicht selten zwanzig Minuten Warteschleife in einer kostenpflichtigen Hotline an einen freien Mitarbeiter und „Verwechselten“ die gewählte Nummer mit der der Beschwerdehotline. Uns waren mehr oder weniger die Hände gebunden und wir wurden dazu angehalten die aufgebrachten Kunden mit Notlügen zu vertrösten. Durch die Unzufriedenheit der Mitarbeiter (ich inbegriffen), welche meiner Meinung nach durch eine Nicht-Identifikation mit der Unternehmung entstanden war, konnte man sich als Telefonist sehr gut mit dem Unmut des Kunden identifizieren und ihm mit großem Vergnügen den hilfreichen Rat geben den Internet- und Telefonanbieter schnellstmöglich zu wechseln.

Damals waren mir die Zusammenhänge aus wissenschaftlicher Sicht nicht bekannt, weswegen es jetzt noch zufriedenstellender ist, dass das Unternehmen sich selbst in die heute noch vorhandene schlechte Position manövriert hat und es dafür sogar eine wissenschaftlich belegte Theorie gibt.

Methodik und Aufbau der Arbeit

Im Vorfeld sei darauf hingewiesen, dass die Begriffe Organisationskultur und Unternehmenskultur in allen folgenden Texten synonym verwendet werden, so wie es in der einschlägigen Literatur üblich ist. Daraus lässt sich ableiten, dass dieses ebenso für die basisbildenden Begriffe Unternehmen und Organisationen gilt, da es sich hier nicht um eine Betrachtung und Analyse der Zielsetzungen am Markt handelt, sondern das soziale System und Umfeld von Non-Profit-Organisationen im Vordergrund der Untersuchung steht.

Um die Forschungsfrage beantworten zu können, wird die vorliegende Arbeit wie folgt aufgebaut: Im Vorfeld wird eine Begriffsbestimmung der speziellen Organisationsform erfolgen, um einen identischen Kenntnisstand sicherzustellen. Daraus ergibt sich die spezifische Problemstellung des Einsatzes ver- schiedener Mitarbeitergruppen. Hier werden die Begrifflichkeiten Haupt- und Ehrenamt erläutert und die daraus entstehenden Konfliktfelder genauer betrachtet. Es folgt eine Darstellung des THW und ein Zwischenfazit, welches sich mit den personalbezogenen Schwierigkeiten des Beispielunternehmens beschäftigt. Zwar sind keine empirischen Untersuchungen durchgeführt worden, doch standen aufgrund verschiedener Quellen genügend Informationen zur Verfügung, um zumindest ein grobes praxisnahes Bild der Thematik entsprechend aufzubauen. Unter anderem gab es ein Interview mit der Referatsleiterin des Bereiches Helfer und Personal aus Bonn. Als weitere Quellen standen zum einen der Internetauftritt mit seinen ausführlichen Darstellungen zur Verfügung und zum anderen eine Dissertation, die sich speziell mit der Bindung der Mitglieder an das THW beschäftigt.

Im zweiten Teil der Arbeit wird die Unternehmenskultur aus einem allgemeinen (nicht NPO-bezogenen) Blickwinkel betrachtet. Nach einer Begriffsbestimmung wird unter anderem auf die Wirkungsweise und die Entstehung eingegangen, bevor die zur Verfügung stehenden Instrumente erläutert werden, allgemein wie auch praxisbezogen im THW. Daraufhin folgt die Untersuchung bezüglich des Einflusses des Führungsverhaltens auf die Unternehmenskultur, bevor ein weiteres Zwischenfazit die Situation im THW darstellt.

Der dritte Teil der Untersuchung beinhaltet die Schlussbetrachtung, in welcher sich neben der Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse ebenfalls ein resümierendes Fazit wiederfindet. Abgeschlossen wird die Arbeit mit dem Aufzeigen der persönlichen Erkenntnisse In der vorliegenden Arbeit wird ausschließlich von „Mitarbeitern“ oder „Mitgliedern“ die Rede sein. Damit sind selbstverständlich die weiblichen, wie auch die männlichen Personen gemeint, nur wird aus Gründen der Leserfreundlichkeit auf eine Differenzierung verzichtet.

Teil 1: Die Non-Profit-Organisation

Obwohl gewisse Basiskenntnisse in diesem Themenbereich vorausgesetzt werden, findet sich hier an erster Stelle eine Einführung bezüglich des wichtigsten Parameters, der speziellen Organisationsform, wieder. Ein Fokus, der immer wieder in den Betrachtungen auftauchen wird, bildet die nur in diesem Bereich auftretende Schwierigkeit des gleichzeitigen Einsatzes von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern. Um nicht nur in diesem Abschnitt als Beispielunternehmen zu dienen, wird ferner das THW vorgestellt und im Hinblick auf die erwähnte Problemstellung näher bertachtet.

1.1 Zum Begriff der NPO´s

Non-Profit-Organisationen, oder auch wie allgemein in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur an- erkannt der „dritte Sektor“, umfassen den Teil der Volkswirtschaft, der sich nicht dem öffentlichen oder dem privaten gewinnorientierten Sektor zu ordnen lässt, aber ebenfalls am Marktgeschehen teilnimmt. Die spezifischen Ziele werden hauptsächlich mit gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen in einem Handlungsbereich verfolgt, der sich, so Badelt (2007, S. 158), irgendwo zwischen Markt und Staat befindet.

Abb. 1.1: Dreipoliger Aktionsraum von NPO´s

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Badelt 2007, S. 159.

Trotz der Abgrenzung dieser speziellen Organisationsform gibt es keine allgemein akzeptierte Definition, so dass jeder Autor, der sich mit dieser Materie auseinandersetzt, im Allgemeinen seine eigene Begriffserklärung formuliert und verwendet. Ausführlich beschäftigt haben sich speziell mit diesem Bereich der Thematik Peter Schwarz (2001), Uwe Hanf (2011) oder Anette Zimmer (2007), um nur wenige Autoren aktueller Untersuchungen zu nennen. Diese Problematik wird unter anderem auch dadurch unterstützt, dass es nicht nur unterschiedliche Definitionen gibt, sondern bereits die Bezeichnung an sich mehrere Synonyme besitzt, die verschiedene Abgrenzungsmerkmale aufweisen und so nicht als grundsätzlich übereinstimmend angesehen werden dürfen. So wird teils der Dritte Sektor in seinen Feinheiten anders erklärt als die typische NPO. Weitere Begriffe in diesem Zusammenhang wären Nongovernmental Organisations (NGO) oder gemeinnützige Organisationen. Jedoch haben alle erwähnten Organisationsformen gemeinsame Eigenschaften, die in dieser Konstellation nur hier auftauchen. Laut Schwarz (2001, S. 13 ff.) zählen dazu:

1. Zweckorientierte (Dienst-)Leistungsproduktion
2. Mitgliedschaftliche Struktur (Milizsystem)
3. Profis als Ergänzung des Milizsystems
4. Komplexität der Strukturen und
5. Das Fehlen von Märkten.

Diese Strukturmerkmale führen dazu, dass in NPO´s ein besonderes Management von Nöten ist; besonders im Personalbereich (auf diesen Punkt wird weiter unten vertieft eingegangen).

Gemäß Badelt (2007, S. 158) bieten Non-Profit-Organisationen so genannte gesellschaftliche Funktionsleistungen an, die weder vom Staat noch von dem verbleibenden privaten gewinnorientierten Sektor bereitgestellt werden. Von Wohlfahrtsverbänden bis hin zum Sportverein ist somit fast jede Branche (im sozialen Bereich) vertreten und uns allen bekannt. Nur um ein paar wenige Beispiele zu nennen: UNICEF, Amnesty International, DRK oder Das Alsterdorf Hamburg. Nur ist nicht grundsätzlich jedem klar, dass es sich bei diesen Unternehmen um solche handelt, die sich nicht an erster Stelle am Gewinn orientieren.

Dieses Merkmal, fachspezifisch nonprofit constraint genannt, sei noch einmal ganz deutlich beleuchtet: Es werden bewusst Gewinne erwirtschaftet und nicht, wie oft fehlerhaft angenommen, ein „Kostendeckungs- system“ angewendet. Die Überschüsse jedoch dürfen nicht, wie in For-Profit-Unternehmen, an Mitglieder und Mitarbeiter ausgeschüttet werden, sondern müssen in Form von Investitionen, die auch für NPO überlebensnotwendig sind, in die Organisation reinvestiert werden (vgl. Zimmer 2007, S. 180).

Bei diesen zweckorientierten Systemen, die grundsätzlich gemeinnützige Ziele verfolgen, ist jedoch die Verwendung der erwirtschafteten Gewinne nicht das einzige elementare Unterscheidungsmerkmal. So kann ebenfalls der Personalbereich von NPO als Beispiel angeführt werden, da der gleichzeitige Einsatz von fest angestellten Mitarbeitern und freiwilligen Helfern in kaum einem anderen Bereich in dieser Art praktiziert wird. Gerade dieser Schnittstelle, zwischen ehrenamtlichen unbezahlten und den festangestellten bezahlten Mitarbeitern, muss besondere Beachtung geschenkt werden, damit das Einsetzen von diesen unterschiedlichen Personalarten nicht zu Konflikten bezüglich der Führungsform führt (vgl. Sander 2006, S. 46). Womit wir nun genau bei der Kernproblematik von NPO angelangt wären:

1.2 Eine spezifische Problemstellung: Der Einsatz von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern

„Das Zusammenwirken von Ehrenamt und Vollamt ist eines der zentralen Charakteristika von Non-Profit- Organisationen, aber auch eines der grundlegendsten Managementprobleme“ (Schwarz 1992, S. 23).

Nicht nur die verschiedenen Einstellungen, Werte und Normen, die zu den jeweiligen Motiven führen, stellen einen möglichen Konflikt zwischen Haupt- und Ehrenamt dar, sondern auch die vorhandenen abweichenden Qualifikationen und Einsatzmöglichkeiten.

Um dieses Spannungsfeld bestmöglich untersuchen zu können, werden im Vorfeld die beiden Gruppen voneinander abgegrenzt, verglichen und anschließend bezüglich der konfliktträchtigen Bereiche wieder in den zu untersuchenden Zusammenhang gebracht.

1.2.1 Hauptamtlichkeit

Mitarbeitern dieser Kategorie wird grundsätzlich eine extrinsische Motivation unterstellt - die Notwendig- keit der Existenzsicherung. Nach Pradel (1993, S. 1) geben sie Zeit, Wissen und Arbeitskraft und erhalten als Gegenleistung die (finanziellen) Mittel zur Befriedigung der individuellen Bedürfnisse. Dem gegenüber stehen die Tatsachen der verhältnismäßig geringen Vergütung und den außergewöhnlichen Arbeitszeiten in vielen Einsatzbereichen der NPO. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass es neben dem Anteil der extrinsischen Motivation ebenfalls einen intrinsischen geben muss. Ganz treffend zitiert Pradel Rauschenbach (1988, S. 225, Hervorhebung hinzugefügt): „Unbezahlt für andere arbeiten kann nur, wer erstens materiell gesichert ist und wer zweitens über Zeit verfügt. […] Basis der unentgeltlichen Arbeit für andere ist die individuelle, familiäre oder sozialstaatliche Absicherung der eigenen Existenz.“

1.2.2 Ehrenamtlichkeit

Ehrenamtliche Mitarbeiter sind auf einer freiwilligen Basis und ohne Bezahlung tätig. Es wird überwiegend von einer intrinsischen Motivation ausgegangen, die in weiten Teilen so stark ausgeprägt ist, dass die „Betroffenen“ ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit bei Bezahlung nicht mehr nachgehen würden (vgl. Wehner 2006, S. 27). Das handlungsmotivierende Merkmal findet sich in der Grundidee des Gebens und Nehmens bezogen auf das Gemeinwohl der Menschen wieder. „Ich helfe den Menschen während einer Hoch- wasserkatastrophe ihr Hab und Gut zu retten und erhalte dafür Dankbarkeit, Kontakt mit verschiedensten Menschen, erfahre Selbstbefriedigung bzw. ich sehe einen Sinn in meiner Hilfstätigkeit“ - um nur ein paar Beispiele zu nennen (vgl. unten stehende Tabelle). Hier spiegelt sich eine normative Einstellung wider, was bemerkenswerter Weise im Gegensatz zum sonst in der BWL unterstellten Homo oeconomicus steht.

Eine Eigenschaft, die gerade in der betrachteten Konfliktsituation bedacht werden muss, beschreibt Schwarz (2001, S. 28) folgendermaßen: Da sich der Ehrenamtliche nur nebenberuflich mit den Geschäften der NPO, welcher er angehört, beschäftigt, wird er gegenüber den hauptamtlichen Mitarbeitern immer einen Rückstand bezogen auf Informationen, Sachverstand und Erfahrungen haben - er gilt als Amateur.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1.2: Warum man sich freiwillig engagiert (2009), Quelle: Quelle: Freiwilligensurvey 2009 des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, S. 111.

1.2.3 Mögliche Konflikte

Das Zusammentreffen beider vorgestellter Gruppen verursacht Probleme in verschiedenen Bereichen, kann sogar so weit führen, dass potenzielle Mitarbeiter vom freiwilligen Mitwirken abgehalten werden. Zum einen können hier konfliktträchtige Kooperationen mit den hauptberuflichen Mitarbeitern genannt werden, die immer wieder zu Unzufriedenheit auf beiden Seiten führen können; ausgelöst durch den Umstand, dass es häufig gegenüber den Tätigkeiten der ehrenamtlichen Mitarbeiter an Respekt mangelt. Die Folge dessen ist meist eine Unzufriedenheit auf Gefühlsebene, die durch nichtbefriedigte Erwartungen und nicht-erfahrene Anerkennung ausgelöst wird, so Pradel (1999, S.3). Graeff (1999, S. 120) beschreibt es als Unterbewertung der ehrenamtlichen Arbeit, obwohl vermutlich allen Mitgliedern der Organisation bewusst ist, dass auf die Hilfe oder Mitarbeiter der freiwillig Engagierten nicht verzichtet werden kann.

Dies wird unterstützt durch die Tatsache, dass es durch unterschiedliches Empfinden und Abschätzen von Krisensituationen und den dadurch entstehenden Hilfebedürftigen durch die beiden Gruppen zu Komplikationen kommen kann.

Graeff (1999, S.121) beschreibt ein weiteres Spannungsfeld als Verantwortungsdiffusion, welches durch ein nicht eindeutiges Vorgesetzten-Mitarbeiter-Verhältnis entstehen kann. Das Einsetzen eines ehrenamtlichen Vorstands in Verbindung mit hauptamtlichen Fachkräften führt häufig zu Problemen, da eine unterstellte fehlende fachliche Kompetenz auf ehrenamtlicher Seite zu fehlerhaften strategischen Überlegungen und Entscheidungen führen kann. Folge dessen ist eine vermehrte Kontrolle durch den hauptamtlichen Teil, welche wiederum ein Gefühl der Gelähmtheit auslösen kann. Die Ursache liegt zum Teil in den Unklarheiten bezüglich der Abgrenzung der Aufgabenfelder und Verantwortlichkeiten.

Ein weiterer konfliktträchtiger Punkt, der bereits vom THW sehr ernst genommen wird (siehe Kapitel 2.3.2) betrifft die Ebene der Gesetzgebung. Die Organisation geht einem gesetzlichen Auftrag nach, so dass bestimmte Vorschriften und Regeln eingehalten werden müssen, zum Beispiel in verwaltungstechnischen Bereichen oder bezüglich des Einsatzes der ehrenamtlichen Mitglieder. Ebenso die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für gemeinnütziges Engagement, z.B. durch Komplikationen im Umgang mit dem Arbeitgeber, sollten verbessert beziehungsweise erleichtert werden (vgl. Bock 1999, S. 31).

[...]

Ende der Leseprobe aus 39 Seiten

Details

Titel
Herausforderung "Ehrenamt" in Non-Profit-Organisationen
Untertitel
Die NPOs im Gefüge von Gewinnwirtschaft und Gemeinnützigkeit
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2011
Seiten
39
Katalognummer
V193603
ISBN (eBook)
9783656185833
ISBN (Buch)
9783656186021
Dateigröße
667 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
NPO, ehrenamtliche Mitarbeiter, THW, hauptamtliche, Non-Profit-Organisation, Unternehmenskultur
Arbeit zitieren
Maylin Fröhlich (Autor:in), 2011, Herausforderung "Ehrenamt" in Non-Profit-Organisationen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/193603

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