Die Ausgestaltung des Wahlrechts ist Grundlage und ein wesentlicher Bestandteil der Demokratie. Das deutsche Grundgesetz bestimmt, dass alle Staatsgewalt vom Volk ausgeht (Art. 20 Abs. 2 GG). In Art. 38 GG sind die Anforderungen an die demokratische Wahl festgehalten: Diese sind allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim durchzuführen. Weitere Ausgestaltungen zu Wahlen auf Bundesebene finden sich im Bundeswahlgesetz.
Nach einer Wahlprüfungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht im Juli 2008 Teile dieses Gesetzes für verfassungswidrig erklärt. So verstößt nach Ansicht des Gerichts das mögliche Auftreten eines negativen Stimmgewichts gegen die Grundlagen der unmittelbaren und gleichen Wahl. Dem Gesetzgeber wurde eine Frist bis zum 30. Juni 2011 eingeräumt, die Verfassungswidrigkeit zu beheben.
Ziel dieser Arbeit soll sein, das Zustandekommen der Änderung des Bundeswahl-gesetzes, die im September 2011 vom Bundestag verabschiedet wurde, unter Ein-beziehung der Vetospielertheorie nach Tsebelis zu untersuchen. Die zentrale Fra-gestellung lautet hierbei: Ist die Vetospielertheorie auf die Wahlrechtsreform an-wendbar und das erzielte Ergebnis der Gesetzesänderung mit dieser zu erklären?
Hierzu werden in einem ersten Schritt das theoretische Konzept der Vetospieler-theorie sowie die in der BRD vorherrschenden Vetospieler kurz umrissen, bevor eine Genese zur Entstehung des bis zum Dezember 2011 gültigen Wahlrechts erfolgt. In einem weiteren Schritt werden das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Juli 2008 und die darauf folgenden Reaktionen skizziert. Anschließend wird der Verlauf der Entscheidungsphase bis zum Gesetzesbeschluss im Dezember 2011 im Lichte der Tsebelischen Theorie nachgezeichnet. Als Untersuchungsebe-ne wird hierbei vor allem auf die bei Bundestagswahlen auftretenden Überhang-mandate abgestellt. Diese bildeten sowohl das Zentrum der politischen Diskussion als auch den machtpolitischen Kern der am Ende beschlossenen Änderung. Den Abschluss der Arbeit bildet schließlich ein Fazit, in dem die Erkenntnisse unter Berücksichtigung der Fragestellung bewertet werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Vetospielertheorie nach Tsebelis
- Theorie und Erweiterung
- Vetospieler im politischen System der BRD
- Die Verfassungswidrigkeit des bundesdeutschen Wahlsystems
- Die Wahlrechtsreform
- Der 16. Deutsche Bundestag: Große Koalition
- Der 17. Deutsche Bundestag: Schwarz-Gelbe Koalition
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Wahlrechtsreform 2011 in Deutschland unter Einbeziehung der Vetospielertheorie nach Tsebelis. Sie analysiert, ob diese Theorie auf die Reform anwendbar ist und das erzielte Ergebnis der Gesetzesänderung damit erklärt werden kann.
- Das Konzept der Vetospielertheorie
- Vetospieler im politischen System der BRD
- Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit des deutschen Wahlsystems
- Die Entscheidungsphase der Wahlrechtsreform im Lichte der Vetospielertheorie
- Die Rolle von Überhangmandaten bei der Wahlrechtsreform
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Bedeutung des Wahlrechts als Grundlage der Demokratie dar und führt in die Thematik der Wahlrechtsreform 2011 ein. Kapitel 2 präsentiert die Vetospielertheorie nach Tsebelis, erläutert ihre Grundannahmen und beschreibt die wichtigsten Vetospieler im deutschen politischen System. Kapitel 3 skizziert die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit des Wahlsystems und beleuchtet die damit verbundenen Reaktionen. Kapitel 4 analysiert die Entscheidungsphase der Wahlrechtsreform bis zum Gesetzesbeschluss im Dezember 2011 unter Einbezug der Tsebelischen Theorie. Der Fokus liegt dabei auf der Rolle von Überhangmandaten.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit der Wahlrechtsreform 2011 in Deutschland, der Vetospielertheorie nach Tsebelis, dem Bundesverfassungsgericht, dem deutschen Wahlrecht, Überhangmandaten, Politikwechsel, Policy-Wechsel, institutionellen Vetospielern, parteipolitischen Vetospielern, sowie der Großen Koalition und der Schwarz-Gelben Koalition.
- Quote paper
- Benjamin Käflein (Author), 2012, Die Wahlrechtsreform 2011, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/193833