Mae West - Die Komödiantin der Spitzenklasse


Livre Spécialisé, 2012

55 Pages


Extrait


Ernst Probst

Mae West

Die Komödiantin der Spitzenklasse

Eine der besten Komödiantinnen der Welt dürfte die amerikanische Schauspielerin Mae West (1893–1980) gewesen sein. Selbstbewusst sagte sie einmal von sich: „Es wird nie wieder einen Star wie mich geben“, womit sie nicht ganz unrecht hatte. Denn sie war eine der ausgefallensten Komödiantinnen, eine Diva der Kinoleinwand, der größte Vamp der frühen Tonfilmzeit und der erste Sexstar des amerikanischen Films. Ihre Spitznamen hießen „Queen of the World“ und „The Statue of Libido“.

Mary Jane („Mae“) West erblickte am 17. August 1893 im New Yorker Stadtteil Brooklyn das Licht der Welt. Als Geburtshelferin betätigte sich eine Tante, die Hebamme war. Die Eltern von Mary Jane hatten am 18. Januar 1889 in Brooklyn geheiratet. Ihr Vater John Patrick West (1866–1935) besaß irisch-katholische Vorfahren. Er kämpfte als Preisboxer im Federgewicht unter dem Namen „Battlin Jack West“. Zeitweise arbeitete er als Mietstallbesitzer, „spezial policeman“ und Privatdetektiv. Ihre Mutter Matilda („Tillie“) Doelger (1870–1930) stammte aus einer jüdischen Bierbrauerfamilie in München. In der Literatur findet man auch den Vornamen Mathilda sowie die Familiennamen Decker, Delker oder Doelker. Sie war 1886 aus Deutschland in die USA eingewandert. Vor ihrer Heirat arbeitete sie als Schneiderin und Fotomodell. Irgendwann nahmen die Eltern von Mae den evangelischen Glauben an.

Mae West war nicht das einzige Kind ihrer Eltern. Ihre ältere Schwester Katie starb früh. Außerdem hatte sie eine Schwester namens Mildred Katherine (1898–1982), genannt Beverly, und einen Bruder namens John Edwin (1900­–1964). Ihre Schwester hieß später Beverly Arden und wurde Sängerin. Während der Kindheit von Mae zogen ihre Eltern mehrfach in New York City um.

Bereits mit fünf Jahren trat Mae vor einem größeren Publikum in einer kirchlichen Veranstaltung auf. Angetrieben von ihrer ehrgeizigen Mutter stand sie in diesem frühen Alter auf Bühnen von Vaudeville-Theatern. Als Siebenjährige schloss sie sich der „Hal Clarendon’s Stock Company“ an und wurde in New Yorker Vorstadtrevuen als „Baby-Vamp“ ein Kinderstar. Sie imitierte berühmte Schauspieler und spielte klassische Kinderrollen wie beispielsweise den „kleinen Lord“. Oft gewann sie Preise bei lokalen Wettbewerben. Die Schule besuchte sie nur zeitweise, statt dessen erhielt sie Privatunterricht und schloss mit 13 Jahren die Schulausbildung ab.

Als Teenager reiste Mae West mit einer wandernden Varietétruppe durchs Land. Auf der Bühne trat sie damals unter dem Künstlernamen „Baby Mae“ auf.

Am 11. April 1911 heiratete die 17 Jahre alte Mae West in Wisconsin (Milwaukee) ihren wenige Jahre älteren Gesangs- und Tanzpartner Frank Wallace (geboren 1889/1890), eigentlich Frank Szatkus, den sie 1909 kennen gelernt hatte. Sie trennte sich aber schon nach einer Tournee wieder von ihm, weil er ihre „feineren Instinkte“ nicht ansprach. Lange Zeit hielt sie diese erste und wohl einzige Ehe geheim. Ihre Heiratsurkunde wurde 1935 entdeckt, was die Presse prompt publizierte. 1937 erklärte Mae bei einem juristischen Verhör, sie habe Wallace 1911 geheiratet. Erst am 23. Juli 1942 erfolgte die offizielle Scheidung. Dabei erwähnte Mae, sie habe nur einige Wochen lang mit Wallace zusammengelebt.

1911 trat die damals noch ranke und schlanke Mae West in „A la Broadway“ erstmals am New Yorker Broadway auf. Nach weiteren kleinen Broadwayrollen ging sie erneut mit einer Varietétruppe auf Reisen. In ihrer Anfangszeit als Theaterschauspielerin trug sie bei Auftritten wegen ihrer geringen Körpergröße spezielle Schuhe mit rund 15 Zentimeter hohen Absätzen.

Als junge Frau hielt sich Mae West an starke Männer wie Boxer und Agenten sowie zeitweise sogar an Gangster. Leibwächter, die später für sie tätig wurden, prüfte sie gern selbst auf ihre Tauglichkeit. Abstinent blieb sie, was Alkohol, Tabak und Drogen betraf.

Von 1914 bis 1920 hatte Mae West eine Affäre mit dem aus Italien stammenden Künstler Guido Deiro (1886–1950), der als Pionier des Pianoakkordeons gilt. Mit ihm hat sie sich Ende 1913 oder Anfang 1914 „verlobt“. Eine Zeitlang trat sie mit ihm gemeinsam auf. Der Sohn von Deiro behauptete später, sein Vater habe 1914 Mae West geheiratet. Die Braut habe unter der Bedingung der Geheimhaltung in die Heirat eingewilligt und bei der Trauung den Namen „Catherine Mae Belle West“ angegeben. West soll Deiro 1916 verlassen haben und von ihm am 9. November 1920 geschieden worden sein.

1915 verfasste Mae West ihren ersten Song, den sie in ein Leopardenfell gehüllt vortrug. Allmählich entwickelte sie ihren Stil als „Femme fatale“ und Urbild eines Sexstars. Unter einer „Femme fatale“ versteht man – laut „Duden-Lexikon“ – „eine Frau mit Charme und Intellekt, exzessivem Lebenswandel und betörendem Wesen, die ihren Partnern oft zum Verhängnis wird“.

Als erste weiße Tänzerin trat Mae West 1918 in „Shuberts Theatre“ auf und wurde ein Star. Das französische Filmstudio „Pathé Frères“ bot ihr eine Rolle an, aber sie lehnte ab.

Unter dem Namen „La West“ machte Mae West 1918 den lasziven Tanz „Shimmy“ am Broadway in New York City populär. Typisch für den „Shimmy“ sind das ständige Schütteln der Schultern, das Beugen des gesamten Körpers und die X-Beine. Dagegen erfordert dieser Tanz kaum noch Bewegung der Füße.

Für die 1,52 oder 1,55 Meter große, inzwischen dralle Blondine mit Doppelkinn und wogendem Busen kam der Durchbruch, als sie mit 33 Jahren unter dem Namen „Jane West“ die Komödie „Sex“ (1926) über eine New Yorker Hafennutte schrieb und inszenierte. Davon gab es im New Yorker „Daly’s Theatre“ insgesamt 375 Vorstellungen, ehe die „Gesellschaft zur Bekämpfung des Lasters“ eine polizeiliche Schließung erreichte. Mae West wurde wegen „Verderbung der Moral Jugendlicher“ zu einer achttägigen Gefängnisstrafe verurteilt. Man warf ihr frivole Dialoge und einen unzüchtigen Bauchtanz vor, der angeblich einen Liebesakt suggerierte. Ihr Verteidiger wies in seinem Plädoyer erfolglos darauf hin, dass ihr Verhalten „für die Gesamtbevölkerung und ihre zivilisierten Umgangsformen“ unschädlich sei. Mae traf im Frühling 1927 mit Armen voller Rosen auf der Strafinsel von New York City ein. Während der Haft durfte sie ihre seidene Unterwäsche tragen. Wegen guter Führung entließ man sie einen Tag früher. Später erklärte Mae: „Wenn man überlegt, was „Sex“ mir gebracht hat, sind ein paar Tage im Gefängnis und 500 Dollar Buße kein schlechter Deal“.

Das zweite Theaterstück „The Drag“ von Mae West über die Probleme eines Homosexuellen konnte 1926 nur zwei Wochen lang in Paterson (New Jersey) aufgeführt werden. Umstrittener Höhepunkt jeder Aufführung war ein Tanz von 40 Transvestiten. Dieses Theaterstück hatte Mae dem Deutschen Karl Heinrich Ulrichs (1825–1895) gewidmet, der früh die „Liebe zum eigenen Geschlecht“ propagiert und 1867 auf dem „Deutschen Juristentag“ die Abschaffung aller gegen Homosexuelle gerichteten Paragrafen gefordert hatte.

Auch das dritte Theaterstück „The Wicked Age“ („Das böse Zeitalter“) von Mae West sah man 1927 nicht lange. Dagegen lief ihr Stück „Diamond Lil“ (1928) zwei Jahre lang am Broadway in New York City. Ein weiteres Stück mit dem Titel „The Pleasure Mann“ (1928) wurde am Broadway sofort polizeilich abgesetzt.

1929 ging Mae West mit „Diamond Lil“ und 1930 mit „Sex“ auf Tournee durch die USA. Von 1931 bis 1932 wurde ihr Stück „The Constant Sisters“ am Broadway in New York City gezeigt.

Im Sommer 1932 schloss Mae West einen Vertrag mit dem Filmstudio „Paramount Pictures Corporation“ und ging nach Hollywood. Als 39-Jährige feierte sie in „Night After Night“ (1932) ihr Debüt auf der Kinoleinwand. Darin raufte sie mit einem noblen Gangster um Gratisdrinks und Diamanten. Eine Szene machte sie berühmt: Als ein Garderobemädchen ausrief „Goodness! What lovely diamants!“, antwortete Mae „Goodness had nothing to du with it“ Bei den folgenden Streifen hatte sie oft Regie und Hauptrolle inne.

Im Privatleben von Mae West spielte Alkohol keine Rolle. In der Mitte der 1930-er Jahre erschienenen Autobiografie des fundamentalischen Predigers Billy Sunday sind Sunday und West zu sehen, wie sie eine Flasche Bier in einen Fluss schütten.

1932 mietete Mae West ein Apartment in der Rossmore Avenue in Hollywood. Dort empfing sie männliche Besucher, die aus unterschiedlichen Gründen zu ihr kamen. Zum Interieur gehörten weiß und gold getönte Möbel im Louis-Quatorze-Stil, darunter ein Doppelbett mit kunstvoller Spitzendecke, Polstern und einem mit Ornamenten geschmückten Baldachin sowie einem riesigen Spiegel.

Vor manchen Besuchern erschien Mae West im Neglige, das sie mit einer Hand zuhielt, die andere lag auf ihrer Hüfte. Ohne große Umstände sank sie auf das Bett, verschränkte die Arme hinter dem Kopf, schlug die Beine übereinander und fragte den Besucher, was sie für ihn tun könne.

In dem Film „She Done Him Wrong“ („Sie taten ihm unrecht“, 1933), der die Filmversion ihres Theaterstückes „Diamond Lil“ war, spielte Mae West an der Seite von Cary Grant (1904–1986) die Nachtclub-Besitzerin „Lady Lou“, die eine junge Frau vor der Prostitution bewahrte. Dieser Streifen brach weltweit Kassenrekorde und rettete damals das Filmstudio „Paramount“ vor dem Verkauf an „Metro-Goldwyn-Mayer“ („MGM“). Mae erhielt für ihre überzeugende Rolle eine Nominierung für den „Oscar“.

Für Mae West begann jeder Drehtag angeblich mit einem Besuch in der Kirche. Ansonsten verhielt sie sich aber nicht immer christlich. Sie duldete keinen Widerspruch und vor allem keine jüngeren Frauen im Bild. Zeitweise beauftragte sie einen Privatdetektiv damit, ihr den neuesten Klatsch am Set zu hinterbringen.

1934/1935 schuf der spanische Maler, Bildhauer und West-Verehrer Salvador Dalí (1904–1989) das Bild „El rostro de Mae West que puede ser usado apartamento“ („Gesicht der Mae West das als Wohnung benutzt werden darf“) sowie weitere Gemälde zu ihren Ehren. 1938 vergrößerte Dalí ein Foto der Lippen von Mae und entwarf ein „Mae-West-Sofa“.

Mitte der 1930-er Jahre galt Mae West, deren Filme große Publikumserfolge waren, als bestbezahlte Schauspielerin in den USA. Für die zehn Wochen Dreharbeit bei „Night After Nigth“ (1932) erhielt sie 50.000 US-Dollar, für „She Done Him Wrong“ (1933) 130.000 US-Dollar, für „I’m No Angel“ (1933) 300.000 US-Dollar und für „Belle oft the Nineties“ (1934) 400.000 US-Dollar. 1935 verdiente sie bereits 480.833 US-Dollar. In „I’m No Angel“ schob sie ihren Kopf in einen Löwenrachen.

Ihren Durchbruch in Hollywood kommentierte sie mit den Worten: „Ich bin keineswegs ein kleines Mädchen aus einer Kleinstadt, das sich die Großstadt erobern will. Ich bin ein großes Mädchen aus der Großstadt, das sich eine Kleinstadt erobert“. Dies sagte sie über Hollywood, nachdem sie bereits ein Star auf Bühnen in New York City gewesen war.

Durch ihren Erfolg geriet Mae West damals ins Visier amerikanischer Sittenwächter, die regelrecht eine Hetzkampagne gegen sie betrieben. Man betrachtete sie als eine Gefahr für die Moral und rief zum Boykott ihrer Filme auf.

Um zu verhindern, dass sie ein Opfer der Zensur wurde, drehte Mae West etwas harmlosere Filme. Diese trugen Titel wie „Klondike Annie“ (1936), „Go West Young Man“ („Auf in den Westen“, 1936) oder „Every Day’s a Holiday“ (1937). „Die Zensoren waren schon sauer, wenn ich auf dem Schoß eines Mannes saß. Dabei war ich bei mehr Männern auf dem Schoß als eine Serviette“, erklärte Mae einmal.

[...]

Fin de l'extrait de 55 pages

Résumé des informations

Titre
Mae West - Die Komödiantin der Spitzenklasse
Auteur
Année
2012
Pages
55
N° de catalogue
V193949
ISBN (ebook)
9783656194200
ISBN (Livre)
9783656194361
Taille d'un fichier
2811 KB
Langue
allemand
Annotations
Mots clés
Filmstars, Schauspielerinnen, Filmschauspielerinnen, Kurzbiografien, Frauenbiografien, Biografien, Mae West
Citation du texte
Ernst Probst (Auteur), 2012, Mae West - Die Komödiantin der Spitzenklasse, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/193949

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