Die optimal gestaltete Hausarztpraxis nach Service-Gesichtspunkten

Eine empirische Analyse


Tesis (Bachelor), 2012

98 Páginas, Calificación: 1,7


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einfuhrung
1.1. Problemstellung - Warum Patienten zufrieden sein mussen?
1.2. Ziel und Motivation
1.3. Aufbau

2. Theoretische Grundlagen
2.1. Merkmale und Definition des Dienstleistungsbegriffes
2.1.1. Merkmale
2.1.2. Definition
2.2. Dienstleistungsqualitat und Kundenzufriedenheit
2.2.1. Definition der Dienstleitungsqualitat
2.2.2. Definition der Kundenzufriedenheit
2.2.3. GAP-Modell
2.2.3.1. Kundenkriterien und Dimensionen der Dienstleistungsqualitat
2.2.3.2. Beschreibung des GAP-Modells
GAP 1 - Falsche Vorstellungen uber Kundenerwartungen
GAP 2 - Festlegen falscher Dienstleistungsnormen
GAP 3 - Falsche Umsetzung festgelegter Dienstleistungsnormen
GAP 4 - Diskrepanz zwischen versprochenem und tatsachlichem Service
GAP 5 - Diskrepanz zwischen Kundenerwartungen und -wahrnehmungen
2.3. SERVQUAL-Ansatz
2.3.1. Entwicklung des SERVQUAL-Ansatzes
2.3.2. SERVQUAL-Methodik
2.3.3. Erstellung des SERVQUAL-Fragebogens
2.3.4. Befragungsdurchfuhrung
2.4. Kritische Betrachtung von GAP-Modell und SERVQUAL

3. Auswertung der Daten
3.1. Auswertung der sozio-demografischen Daten
3.2. Patientenzufriedenheit
3.2.1. Analyse der erwarteten Servicequalitat
3.2.1.1. Dimension „Einfuhlungsvermogen"
3.2.1.2. Dimension „Leistungskompetenz"
3.2.1.3. Dimension „Erscheinungsbild"
3.2.1.4. Dimension „Patientenorientierung"
3.2.1.5. Dimension „Zuverlassigkeit"
3.2.1.6. Zusammenfassung
3.2.2. Analyse derwahrgenommenen Servicequalitat
3.2.2.1. Dimension „Einfuhlungsvermogen"
3.2.2.2. Dimension „Leistungskompetenz"
3.2.2.3. Dimension „Erscheinungsbild"
3.2.2.4. Dimension „Patientenorientierung"
3.2.2.5. Dimension „Zuverlassigkeit"
3.2.2.6. Zusammenfassung
3.2.3. Analyse der Erfullung der Kundenerwartungen
3.2.3.1. Dimension „Einfuhlungsvermogen"
3.2.3.2. Dimension „Leistungskompetenz"
3.2.3.3. Dimension „Erscheinungsbild"
3.2.3.4. Dimension „Patientenorientierung"
3.2.3.5. Dimension „Zuverlassigkeit"
3.2.3.6. Zusammenfassung
3.2.4. Analyse der Gesamtzufriedenheit

4. Ergebnisdiskussion und Handlungsempfehlungen
4.1. Ergebnisdiskussion
4.1.1. Dimensionen und Items
4.1.2. Selbstreflektion
4.2. Handlungsempfehlungen
4.2.1. Schritt I: Allgemeine Handlungsempfehlungen
4.2.2. Schrittll: Steigerung derServicequalitat
4.2.3. Schritt III: Konkrete Handlungsempfehlungen
4.2.3.1. Handlungsempfehlung fur Aussage 18
4.2.3.2. Handlungsempfehlungen fur Aussage 10
III
4.2.3.3. Handlungsempfehlungfur Aussage
4.2.3.4. Handlungsempfehlungen fur Aussage 4
4.2.3.5. Handlungsempfehlungen fur Aussage 6

5. FazitundPrognose

Literaturverzeichnis

Anhang A

Anhang B

Anhang C

Anhang D

Anhang E

Anhang F

Anhang G

ABBILDUNG 1: ERWARTUNGSBILDUNG

ABBILDUNG 2: DAS GAP-MODELL

ABBILDUNG 3: BEISPIELHAFTE DARSTELLUNG DER ITEMS E7 BZW. W7

ABBILDUNG 4: FRAGE NACH DER GESAMTZUFRIEDENHEIT

ABBILDUNG 5: ERWARTUNGEN „EINFUHLUNGSVERMOGEN“

ABBILDUNG 6: ERWARTUNGEN „LEISTUNGSKOMPETENZ“

ABBILDUNG 7: ERWARTUNGEN „ERSCHEINUNGSBILD“

ABBILDUNG 8: ERWARTUNGEN „PATIENTENORIENTIERUNG“

ABBILDUNG 9 : ERWARTUNGEN „ZUVERLASSIGKEIT“

ABBILDUNG 10: ERWARTUNGEN UBER ALLE DIMENSIONEN

ABBILDUNG 11: WAHRNEHMUNGEN „EINFUHLUNGSVERMOGEN“

ABBILDUNG 12: WAHRNEHMUN GEN „LEISTUNGSKOMPETENZ“

ABBILDUNG 13: WAHRNEHMUN GEN „ERSCHEINUNGSBILD“

ABBILDUNG 14: WAHRNEHMUN GEN „PATIENTENORIENTIERUNG“

ABBILDUNG 15: WAHRNEHMUNGEN „ZUVERLASSIGKEIT“

ABBILDUNG 16: WAHRNEHMUNGEN UBER ALLE DIMENSIONEN

ABBILDUNG 17: ERFULLUNG „EINFUHLUNGSVERMOGEN“

ABBILDUNG 18: ERFULLUNG „LEISTUNGSKOMPETENZ“

ABBILDUNG 19: ERFULLUNG „ERSCHEINUNGSBILD“

ABBILDUNG 20: ERFULLUNG „PATIENTENORIENTIERUNG“

ABBILDUNG 21: ERFULLUNG „ZUVERLASSIGKEIT“

ABBILDUNG 22: DIMENSIONSSCORES UND GESAMTER SERVQUAL-SCORE

ABBILDUNG 23: WICHTIGKEIT-ERFAHRUN GS-MATRIX

ABBILDUNG 24: WICHTIGKEIT-ZUFRIEDENHEITS-MATRIX

TABELLE 1: DIMENSIONEN UND KRITERIEN DER SERVICEQUALITAT

TABELLE 2: VERTEILUNG DER ITEMS AUF DIE FUNF DIMENSIONEN

TABELLE 3: BEWERTUNG DER GESAMTZUFRIEDENHEIT

TABELLE 4: AUSSAGEN MIT HOHER ERWARTUNG

TABELLE 5: AUSSAGEN MIT HOHER UNZUFRIEDENHEIT

1. Einfuhrung

1.1. Problemstellung — Warum Patienten zufrieden sein mussen?

„Qualitat beginnt damit, die Zufriedenheit des Kunden in das Zentrum des Denkens %u stellen.“[1]

Gewiss bezog John F. Akers diese Aussage nicht auf die Beziehung zwischen Arzten und Patienten oder auf die Zufriedenheit deutscher Patienten mit ihren Hausarztpraxen. Jedoch ist der Leitsatz des ehemaligen IBM-Managers auch auf das Dienstleistungsmanagement, speziell den Bereich des medizinischen Service, zu ubertragen. Der Prozess, den Akers beschreibt, ruckt auch in Deutschland zunehmend in den Fokus.

Kaum ein Teil des offentlichen Lebens wurde in den vergangenen vier Dekaden haufiger umgebaut als die medizinische Versorgung.[2]Dies gilt nicht nur fur Veranderungen in politischer, wirtschaftlicher, technischer, finanzieller und moralischer Ausrichtung des Gesundheitswesens durch zahlreiche Reformen, sondern auch, und insbesondere, dafur, wie die arztliche Versorgung von den Patienten wahrgenommen wird. Noch bis vor wenigen Jahrzehnten glich der Arzt als „Gott in WeiB“ einer unantastbaren Autoritatsperson. Das Arzt-Patienten-Verhaltnis wurde durch eine erhebliche Informations asymmetrie gepragt. Diese war aufgrund der Komplexitat der Informationsgewinnung in der Medizin starker als in anderen Dienstleistungsbereichen (Schreyogg 2006, S. 152).

Das Beziehungsgefuge zwischen Arzt und Patient unterliegt jedoch seit Ende der 1970er Jahre, zunachst in den USA, spater auch in Deutschland, einem fortlaufenden Wandlungsprozess. Es besteht nach wie vor ein Informationsgefalle zwischen Arzten und Patienten. Dieses flacht jedoch zunehmend ab. Patienten besitzen, nicht zuletzt durch vermehrte Eigenbeteiligungen, Zuzahlungen und kostenintensive Zusatzversicherungen, ein gesteigertes Interesse daran, den Prozess ihrer medizinischen Versorgung zu verstehen und selbst in diesen einzugreifen. Das Gefuge „Arzt bestimmt — Patient gehorcht“ verschiebt sich. Wer bezahlt, hat mitzuentscheiden. Dies fuhrt zu einer veranderten Wahrnehmung der Patienten bezuglich ihrer Rolle im Gesundheitssystem. Auf diese Veranderungen mussen Leistungserbringer eingehen.

Der Marketingberater Bernd Probstl (Dipl.-Kaufm.) formuliert die Aufgabe von Arzten wie folgt: „Prakti%ierende Argte mussen sich als Dienstleister verstehen. Patienten sind nicht nur Patienten, die mediginisch versorgt werden wollen — es sind Kunden, die ein Recht auf eine freundliche, guvorkommende Betreuung haben.“ (Bantle 1998, S. 364) Arzte und andere Leistungserbringer (Pfleger, Schwestern, Arzthelferinnen etc.) mussen die Patienten als informierte und mundige Kunden betrachten, auf diese zugehen und die Qualitatsanforderungen, die an eine optimale Dienstleistung gestellt werden, erfullen. Patienten sind heutzutage in der Lage, eine erhebliche Menge an Informationen aus diversen Quellen zu beziehen. Im Zuge der rasanten Entwicklungen der Informations- und Kommunikationstechnologien seit Ende des 20. Jahrhunderts ist es der Menschheit moglich, Wissen unabhangig von schulischen und universitaren Strukturen zu erlangen. Dies strahlt in besonderem MaBe auf den medizinischen Bereich aus. Zahlreiche Internetplattformen, Blogs, Selbsthilfegruppen und nicht zuletzt mobile Gesundheitsapplikationen (m-Health) helfen Patienten, detaillierte Informationen uber Krankheitsbilder, Therapien und Leistungserbringer immer und uberall einzuholen (Hultenschmidt 2011, S. 8). Das erlaubt ihnen, Anforderungsprofile zu entwickeln, die oft uber die einfache medizinische Behandlung hinausgehen.

Wer diese Erwartungen erfullt, schafft Zufriedenheit und langfristige Kundenbindung. (Hultenschmidt 2011, S. 8). Zufriedene Kunden garantieren daruber hinaus ein positives word-of-mouth[3]und erhohen die Chancen, weitere Kunden zu gewinnen. (Meffert 2009, S. 102)

1.2. Ziel und Motivation

Theoretisch betrachtet ist ein Arzt ein Dienstleister. Diese Feststellung lasst sich anhand der einfuhrenden Erlauterungen belegen. Qualitat, Kundenzufriedenheit und Kundenbindung sind fur moderne Gesundheitsdienstleister ebenso entscheidend, wie fur Friseure, Kfz-Mechaniker und IT-Unternehmen. Aber wie schon Goethe richtig wusste: „Grau, teurerFreund, istalle Theorie.“

Diese Arbeit unterliegt der Motivation, zu untersuchen, ob der theoretische Dienstleistungsgedanke bereits umfassend in der hausarztlichen Versorgung der Bevolkerung angekommen ist. Sind Arzte tatsachlich moderne Gesundheitsdienstleister? Praktizieren sie einfuhlsam, kunden- bzw. patientenorientiert und schaffen sie ein ansprechendes Umfeld? Kurzum: Erfullen sie die Anforderungen, die Patienten an sie stellen?

Die vorliegenden Betrachtungen basieren auf der These, dass Patienten tendenziell unzufrieden mit den untersuchten Dienstleistungsmerkmalen bezuglich ihrer hausarztlichen Versorgung sind. Grundlage fur diese These sind andere Untersuchungen, die sich gleichsam mit der Thematik Patientenzufriedenheit beschaftigen. Zum einen ist das die Studie ,..Assessing the Quality of Health Care: A Consumerist Approach“ von AHMED A. SOLIMAN. Darin wendet der Autor den so genannten SERVQUAL-Ansatz auf zwei Patientengruppen verschiedenen Alters an (Soliman 1992) und kommt dabei zu negativen Ergebnissen in Bezug auf die Servicequalitat. Weiterhin wird die Untersuchung von FIGEN YESILADA und EBRU DIREKTOR (,.Health care service quality: A comparison of public and private hospitals“) herangezogen (Yesilada 2010). Die Verfasser betrachten hier speziell den Bereich der stationaren Versorgung in offentlichen und privaten Krankenhausern. Auch sie kommen bezuglich der Dienstleistungsqualitat zu unbefriedigenden Ergebnissen. Zuletzt bilden die Analysen von ANJA KLINGENBERG, OTTOMAR BAHRS und JOACHIM SZECSENYI eine Saule der formulierten These (Klingenberg, 1999). Diese sehen zwar eine durchaus vorhandene Zufriedenheit bei den Patienten, finden aber auch vermehrt Kritikpunkte.

1.3. Aufbau

Nach der Einfuhrung werden im zweiten Teil zunachst alle wichtigen theoretischen Grundlagen definiert, erlautert und mithilfe von Beispielen veranschaulicht. Zu den betrachteten Konzepten und Methoden gehoren unter anderem der Dienstleistungsbegriff an sich, die Dienstleistungsqualitat, die Kundenzufriedenheit, deren Messung und der SERVQUAL-Ansatz. Weiterhin wird naher auf die Fragebogenerstellung und die Durchfuhrung der dieser Arbeit zugrunde liegenden Umfrage eingegangen. Das Ende des zweiten Abschnitts bildet eine kritische Betrachtung, insbesondere der SERVQUAL- Theorie.

Der dritte Teil der Arbeit wertet die erhobenen Daten aus, veranschaulicht sie und formuliert Ergebnisse. Dabei wird sowohl auf die sozio-demografische Struktur, als auch auf einzelne Dienstleistungsdimensionen eingegangen. Eine Aufteilung der Analyse in Erwartungs-, Wahrnehmungs- und Erfullungsebene erlaubt eine detaillierte Betrachtung der Resultate.

Kapitel vier beinhaltet Handlungsempfehlungen fur Hausarztpraxen auf Grundlage der Ergebnisse aus Abschnitt drei. Des Weiteren werden mogliche Probleme innerhalb der Ergebnisstruktur diskutiert.

In Abschnitt funf wird ein Fazit gezogen und auf die zuvor aufgestellte Hypothese eingegangen. Zudem wird ein Ausblick uber die moglichen zukunftigen Entwicklungen der Dienstleistungswahrnehmung in der hausarztlichen Versorgung und im gesamten Gesundheitswesen gegeben.

2. Theoretische Grundlagen

Im zweiten Teil der Arbeit werden die wichtigsten theoretischen Konstrukte und Methoden, die fur die in Abschnitt drei vorgenommenen Untersuchungen notwendig sind, eingefuhrt und erlautert. In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur werden die Begriffe Dienstleistung, Dienstleistungsqualitat und Kundenzufriedenheit sehr unterschiedlich beschrieben (Lovelock 2007, S. 58). Des Weiteren befassen sich zahlreiche Veroffentlichungen mit dem Thema Zufriedenheitsmessung und SERVQUAL (Zeithaml 1990; Bruhn 2008; Meffert 2009). Aus diesem Grund findet eine abschlieBende Darstellung aller Definitionen und Sichtweisen an dieser Stelle nicht statt.

2.1. Merkmale und Definition des Dienstleistungsbegriffes

In den letzten zwei Jahrhunderten fand ein starker wirtschaftlicher Transformationsprozess statt. Vom vorindustriellen Agrarzeitalter entwickelte sich uber die industrielle Revolution die Dienstleistungsgesellschaft. Die 1990er Jahre waren das Jahrzehnt der Dienstleistungen (Jorg Rieder, Digital Equipment) und nicht zuletzt revolutionierte die Service-dominant Logic die Sichtweise vieler Wissenschaftler in den Bereichen Dienstleistung und Marketing (Vargo 2004). Beleg dafur ist die Tatsache, dass Dienstleistungen mit ca. 70% den groBten Teil der Bruttowertschopfung in Deutschland (Bundesregierung Online 21.11.2011) erbringen. Es drangen sich jedoch essentielle Fragen auf. Was ist eine Dienstleistung? Und was unterscheidet sie von Gutern? So einfach es sein mag, ein Beispiel fur eine Dienstleistung zu nennen, so schwer ist es, einen begrifflichen Definitionsansatz zu finden. Besonders im Bereich medizinische Versorgung ist es mitunter kritisch, die erbrachten Leistungen als reine Dienste zu definieren.

Merkmale

Zunachst mussen Dienstleistungen klar von Sachleistungen abgegrenzt werden (Bruhn, 2008 S. 19). Dazu bietet es sich an, einen Merkmalsvergleich zwischen Diensten und Gutern vorzunehmen und wichtige Unterschiede zu identifizieren.

Dienstleistungen besitzen, im Gegensatz zu Gutern, einen tendenziell immateriellen Charakter (Bruhn 2008, S. 20). Das fuhrt oftmals zu Intangibilitat („man kann es nicht anfassen“ (ugs.)) und die „Greifbarkeit“ der Kernleistung ist nicht gewahrleistet. Dennoch ist die Erstellung vieler Dienstleistungen nicht ohne die Verwendung von Sachleistungen moglich (Impfung, Operationen) (Bruhn 2008, S. 21). Die Intangibilitat fuhrt zum Problem der Qualitatsbewertung. Diese ist nur bedingt vor, wahrend oder nach der Erstellung moglich, da eine qualitative und quantitative Bewertung anhand von Faktoren wie GroBe, Gewicht, Farbe usw. nicht moglich ist.[4]Weiterhin ist der Konsum einer Dienstleistung, anders als bei Sachleistungen, untrennbar mit dem Erstellungsprozess verbunden (Uno- Actu-Prinzip) (Meffert 2009, S. 44). Die Gleichzeitigkeit von Erstellung und Verwendung fuhrt zu Nichtlagerbarkeit (Meffert 2009, S. 44) von Dienstleistungen (Ausnahmen: z.B. Erstellen einer Patientenakte, Gutachten, Ergebnisse von Studien).

Wichtig fur die Dienstleistungserstellung ist weiterhin die Integration des externen Faktors (Meffert 2009, S. 42). Keine Dienstleistung kann erstellt werden, ohne die Einbeziehung des Kunden selbst (Arztbesuch) oder eines ihm gehorenden Objektes (Kfz- Reparatur) (Bruhn 2008, S. 22). Der externe Faktor ist unerlasslich, da die Dienstleistung auf ihn ausgerichtet ist und auf ihn einwirkt (Meffert 2009, S. 42). Eng verbunden mit der Integration des externen Faktors ist die Standortgebundenheit von Dienstleistungen. Es ist nicht moglich, Dienste zu transportieren. Hochstens Leistungsergebnisse konnen in bestimmten Fallen den Standort wechseln (z.B. Patientendaten weiterreichen) (Bruhn 2009, S. 22). In der arztlichen Versorgung ist seit einigen Jahren die Telemedizin auf dem Vormarsch. Mittels IT konnen Patientendaten ausgetauscht und Leistungen erbracht werden — trotz raumlicher und zeitlicher Distanz zwischen Arzt (Telearzt), Apotheker, Patient und Therapeut (Vogl 2002).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Nicht zuletzt ist die Individualitat von Dienstleistungen ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zu Sachleistungen. Wird ein Gut (bspw. ein Ultraschallgerat) maschinell produziert, gleicht eines dem anderen. Wird das Ultraschallgerat hingegen eingesetzt, um eine Dienstleistung zu erbringen, ist diese unter Einbezug des externen Faktors hochst individuell. Keine erstellte Dienstleistung gleicht der anderen, da kein externer Faktor dem anderen gleicht.

2.1.2. Definition

Nachdem die wesentlichen Merkmale von Dienstleistungen im Vergleich zu Sachleistungen beschrieben sind, wird im Folgenden eine Definition des Dienstleistungsbegriffes vorgenommen. Die wissenschaftliche Literatur grenzt den Begriff nur sehr uneinheitlich ab (Corsten 2007, S. 21). In dieser Arbeit wird nicht naher auf die verschiedenen Erklarungsansatze (potentialorientierte, prozessorientierte, ergebnisorientierte Definition) eingegangen (Corsten, 2007, S. 21 ff.). Vielmehr schlieBt sich diese Arbeit der Definition durch Meffert und Bruhn an, welche die Ansatze kurz und bundig zusammenfassen:

Dienstleistungen sind selbststandige, marktfahige Leistungen, die mit der Bereitstellung[5][...] und/oder dem Einsatz von Leitungsfahigkeiten[6][...] verbunden sind (Potenzialorientierung). Interne[7][...] und externe[8]Faktoren [...] werden im Rahmen des Erstellungsprozesses kombiniert (Prozessorientierung). Die Faktorenkombination des Dienstleistungsanbieters wird mit dem Ziel eingesetzt, an den externen Faktor, an Menschen [...] und deren Objekte [...] nutzenstiftende Wirkungen [...] zu erzielen (Ergebnisorientierung). (Meffert 2009, S. 19)

Nachdem nun der Begriff der Dienstleistung eingefuhrt wurde, beleuchtet der folgende

Abschnitt die Qualitat einer Dienstleistung und die daraus resultierende Zufriedenheit bzw.

Unzufriedenheit des Kunden.

2.2. Dienstleistungsqualitat und Kundenzufriedenheit

Zwei zentrale Begriffe fur die Beurteilung von Dienstleistungen sind die Dienstleistungsqualitat und die Kundenzufriedenheit. Durch deren engen Zusammenhang, ist eine Abgrenzung schwierig (Kaiser 2002, S. 20 ff.). Vielmehr wird die Dienstleistungsqualitat als eine Voraussetzung fur die Kundenzufriedenheit betrachtet. Der Konsument einer Dienstleistung wird umso zufriedener sein, je hoher er die Qualitat der erbrachten Leistung einschatzt (Nerdinger 2011, S. 532).

2.2.1. Definition der Dienstleitungsqualitat

Bereits ZEITHAML, PARASURAMAN und BERRY standen wahrend ihrer Forschungsarbeit zum Thema „Delivering Quality Service“ vor dem Problem, herauszufinden, wie sich die Qualitat einer Dienstleistung bewerten lasst (Zeithaml 1990, S. 15). Nach Nelson stehen dem Kunden zwei Alternativen zur Qualitatsbeurteilung von Gutern und Dienstleistungen zur Verfugung (Nelson 1970, S. 327): Zum einen hat der Konsument die Moglichkeit auf die Suche nach validen Fakten zu gehen (Prufqualitat). Denkbar sind hier z.B. das Aussehen, der Preis, die Passgenauigkeit oder die in Anspruch genommene Zeit (Zeithaml 1981, S. 186). Die Qualitat wird also vor dem Konsum bewertet. Auf der anderen Seite kann der Kaufer auf Grundlage seiner Wahrnehmung die Qualitat abschatzen (Erfahrungsqualitat). Die Leistung oder das Produkt muss also zunachst erlebt bzw. wahrgenommen worden sein, bevor man dessen Qualitat bestimmen kann (Nerdinger 2011, S. 532).

Zusatzlich zur Pruf- und Erfahrungsqualitat lasst sich eine sogenannte Vertrauensqualitat definieren (Darby 1973, S. 68). Demnach hat der Kunde im Normalfall nicht die Moglichkeit, vor, wahrend oder nach der Inanspruchnahme der Leistung die Qualitat adaquat zu beurteilen (Darby, 1973, S. 68 f.). Beispielsweise kann ein Zahnarztpatient nicht herausfinden, ob er aufgrund der regelmaBigen Kontrolluntersuchungen gesund geblieben ist oder ob dies auch ohne diese der Fall gewesen ware. Mit dieser Informationslucke muss der Konsument im Regelfall leben. Das Besorgen der notwendigen Informationen zur Qualitatsbewertung ist meist mit sehr hohem Aufwand (z.B. zweite arztliche Meinung einholen) und hohen Kosten (z.B. Kfz-Gutachter bestellen) verbunden (Darby 1973, S. 69).

Vergleicht man Pruf-, Erfahrungs- und Vertrauensqualitat miteinander, wird deutlich, dass Produkte vorwiegend durch Prufqualitat gekennzeichnet sind, wahrend bei Dienstleistungen die Erfahrungs- und Vertrauensqualitat dominieren (Nerdinger 2011, S. 532).

Die Vertrauensqualitat kann, wie bereits erlautert, nur schwer bis gar nicht bestimmt oder gemessen werden. Damit die Qualitat von Dienstleistungen dennoch definiert werden kann, muss dies auf Basis der Erfahrungsqualitat geschehen. Es ist somit von zentraler Bedeutung, wie ein Konsument eine Dienstleistung wahrnimmt. Unter Betrachtung dieses Aspekts kann Dienstleistungsqualitat folgendermaBen definiert werden:

„Dienstleistungsqualitat ist die Fahigkeit eines Anbieters, die Beschaffenheit einer primar intangiblen und der Kundenbeteiligung (externer Faktor, Anm. des Verf) bedurfenden Leistung gemaB den Kundenerwartungen auf einem bestimmten Anforderungsniveau zu erstellen. Sie bestimmt sich aus der Summe der Eigenschaften bzw. Merkmale der Dienstleistung, bestimmten Anforderungen gerecht zu werden.“ (Bruhn 2000, S. 29).

Aus dieser Definition geht hervor, dass die Qualitat einer intangiblen Leistung einen sehr subjektiven Charakter aufweist. Durch die individuellen Anspruche eines Kunden an eine Dienstleistung, ist eine allgemeingultige Definition des Begriffs nicht zielfuhrend (Bruhn 2008, S.38). Sie wurde den einzelnen Anforderungen jedes Konsumenten an die Beschaffenheit einer Einheit (Bruhn 2008, S. 38) nicht gerecht werden. Die oben eingefuhrte Begriffsdefinition muss demzufolge immer im Kontext von Erwartungen und Wahrnehmungen des individuellen Konsumenten betrachtet werden. Diese Individualitat ist nicht zuletzt im Bereich der Gesundheitsdienstleistungen stark ausgepragt (Helmchen 2006, S. 99).

Die Qualitat von Gesundheitsdienstleistungen wird in verschiedenen Untersuchungen thematisiert. Wahrend SOLIMAN in seiner Studie „Assessing the Quality of Health Care: A Consumerist Approach“ (Soliman 1992,) vor allem die Wahrnehmung der Patienten durch die Arzte kritisiert (Soliman 1992, S. 139), untersuchen POPE, VAN ROYEN und BAKER 2002 unter dem Titel „ Quality and Safty in Health Care“ (Pope 2002) diverse Methoden, die Qualitat von Gesundheitsdienstleistungen zu messen.

2.2.2. Definition der Kunden%ufriedenheit

Wie in der Einleitung zu Abschnitt zwei festgehalten, ist die Kundenzufriedenheit zwar eng mit der Dienstleistungsqualitat verbunden (Bruhn 2008, S. 61), eine sich ersetzende Verwendung der Begriffe ist dennoch nicht zufriedenstellend. Die Unterscheidung hangt vor allem von den Faktoren ab, die uber Zufriedenheit und Qualitat bestimmen (Nerdinger 2011, S. 523).

Folgender Zusammenhang erlautert kurz die Unterscheidung: Die Hohe des Preises einer Dienstleistung hat direkten Einfluss auf die Zufriedenheit. Je niedriger er ist, desto positiver ist sein Einfluss auf die Zufriedenheit der Konsumenten. Eine Aussage uber die Qualitat vermag der Preis jedoch nicht zu geben. Kontrar dazu kann der Konsument Informationen uber die Dienstleistung sammeln und versuchen, sich so ein Qualitatsurteil zu bilden. Seine Zufriedenheit wird dies nicht beeinflussen. Letztendlich entsteht Zufriedenheit durch emotionales Erleben, Qualitat jedoch durch Beobachten, Analysieren und Bewerten (Nerdinger 2011, S. 532). Empfindet eine Schwangere trotz Betaubung Schmerzen bei der Entbindung, ist die Qualitat der ausgefuhrten Dienstleistung — also die Anasthesie — nicht optimal. Wird das Kind aber gesund geboren, fuhrt dieser stark positive emotionale Moment in der Regel zu einer hohen (Patienten-)Zufriedenheit.

Doch wie entsteht die Zufriedenheit eines Kunden? Die Antwort auf diese Frage liefert das Confirmation/Disconfirmation-Paradigma 9 (Homburg 2008, S. 19). Laut Homburg entsteht Kundenzufriedenheit aus einem Vergleichsprozess. Wahrend diesem stellt der Kunde seine Erwartungen dem wahrgenommenem Leistungsniveau gegenuber (Kaiser 2002, S. 48). Es wird also ein Soll-Ist-Vergleich durchgefuhrt.[9]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Soll-Komponente ist ein personlicher Vergleichsstandard (Meffert 2009, S. 201). Er gibt die Erwartungen des Kunden an die Dienstleistung wieder. Die Erwartungsbildung speist sich aus vier grundlegenden Quellen, wie Abbildung 1 verdeutlicht.

Quelle eins ist das word-of-mouth. Kunden nehmen Empfehlungen von Personen aus ihrem Umkreis auf und bilden anhand derer ihre Erwartungen (Zeithaml 1990, S. 19). Des Weiteren besitzt jeder Mensch individuelle Bedurfnisse, welche durch den Konsum der Dienstleistung befriedigt werden sollen (Zeithaml 1990, S. 19). Das ist die zweite Quelle der Erwartungsbildung. Als dritte wichtige Quelle identifizierten ZEITHAML et al. die Efahrungen, die Konsumenten bereits mit einer entsprechenden Dienstleistung gesammelt haben (Zeithaml 1990, S. 19). Quelle vier bezieht sich auf die Kommunikation des Dienstleisters nach aufen. Die Unternehmen mussen auf verschiedenen Wegen versuchen, ihren Kunden die angebotenen Leistungen zu vermitteln (Zeithaml 1990, S. 19).

Der Soll-Komponente steht die Ist-Komponente gegenuber. „Unter ihr wird die Leistung eines Produktes oder einer Dienstleistung verstanden.“ (Homburg 2008, S. 21). Bei Produkten besitzt der Ist-Zustand einen objektiven Charakter. Bei Dienstleistungen hingegen ist er stark subjektiv gepragt (Homburg, 2008, S. 22).

Wahrend des Vergleichs stellt der Konsument der Soll-Komponente intuitiv die Ist- Komponente gegenuber und bildet sich so ein Urteil uber die Qualitat der Dienstleistung (Homburg 2008, S. 22). Auf deren Grundlage bestimmt sich dann die Zufriedenheit.

Entsprechen sich die Soll- und die Ist-Komponente, werden die Erwartungen bestatigt (engl. confirmed). Dann spricht man vom Konfirmationsniveau der Zufriedenheit (Homburg 2008, S. 20). Neben dieser Gleichgewichts situation haben CHURCHILL und SURPRENANT zwei Zustande der Diskonfirmation identifiziert:

Die Ist-Komponente kann hinter der Soll-Komponente zuruckliegen. In diesem Fall spricht CHURCHILL von einer negativen Diskonfirmation (Churchill 1982, S. 492). Das Zufriedenheitsniveau befindet sich unter dem Konfirmationsniveau (Homburg 2008, S. 20). Der Kunde ist mit der erbrachten Dienstleistung unzufrieden. Die Ist-Komponente kann jedoch die Soll-Komponente auch ubertreffen. Es resultiert eine positive Diskonfirmation (Churchill 1982, S. 492). Bei Eintreten dieser Konstellation, liegt das Zufriedenheitsniveau oberhalb des Konfirmationsniveaus (Homburg 2008, S. 20) und der Kunde ist von der erbrachten Dienstleistung begeistert.

Ahnlich der Dienstleistungsqualitat ist die Kundenzufriedenheit also keine einheitliche GroBe, sondern variiert von Kunde zu Kunde. Am nachsten kommt dieser Tatsache die Definition von OLIVER:

„ Zufriedenheit ist die Reaktion des Konsumenten auf eine Erfullung (seiner Erwartungen, Anm. d. Verf). Es ist die Beurteilung, dass ein Teil eines Produkts/einer Dienstleistung oder das Produkt oder die Dienstleistung an sich ein akzeptables MaB an konsumbezogener Erfullung geboten hat (oder bietet), wobei (verschiedene Ebenen der, Anm. d. Verf) Unter- oder Ubererfullung eingeschlossen sind.“[10](Oliver 2009, S. 8)

Eben jenes akzeptable MaB, von dem OLIVER, spricht ist es, das jeder Konsument individuell festlegt. Aus diesem Grund muss ein Dienstleister die Anforderungen und Erwartungen seiner Kunden kennen. Denn nur dann ist er auch in der Lage, diese zu erfullen (Zeithaml 1990, S. 51). Mit den Kenntnissen der Kundenerwartungen und weiteren Voraussetzungen fur erstklassige Servicequalitat beschaftigt sich der folgende Abschnitt.

2.2.3. GAP-Modell

Welche Grunde existieren fur eine Differenz zwischen den Kundenerwartungen und der wahrgenommenen Dienstleistung? Was muss getan werden, um diese Differenz zu minimieren? Um Antworten auf diese Fragen zu geben, haben ZEITHAML, PARASURAMAN und BERRY ein Konzept entwickelt, das den Prozess zur Entstehung von Dienstleistungsqualitat aus Kunden- und Unternehmenssicht darstellt (Meffert 2009, S. 191). Das als GAP-Modell bezeichnete Konstrukt wird im Folgenden naher erlautert. Zunachst werden Kriterien und Dimensionen beschrieben, die Kunden nutzen, um ihre Erwartungen zu bilden und die Dienstleistung zu bewerten. Es folgt eine Beschreibung der funf Lucken des GAP-Modells und abschlieBend eine Beurteilung und kritische Betrachtung.

2.2.3.I. Kundenkriterien und Dimensionen der Dienstleistungsqualitat

Bereits in Abschnitt 2.2.2. (Abbildung 1) wird beschrieben, aus welchen Quellen Kunden ihre Erwartungen bilden. Es stellt sich nun jedoch die Frage, welche Eigenschaften herangezogen werden, um Erwartungen zu bilden und die Dienstleistung zu bewerten. Bereits ZEITHAML, PARASURAMAN und BERRY haben sich dieser Frage angenommen. Sie fanden zunachst zehn wesentliche Kriterien, nach denen Kunden ihre Erwartungen aufstellen und die sie spater wahrend der Dienstleistung bewerten (Zeithaml 1990, S. 20 ff.). Diese Kriterien sind Materielles, Zuverlassigkeit, Entgegenkommen (im Folgenden als Reaktionsfahigkeit bezeichnet), Kompetenz, Zuvorkommenheit, Vertrauenswurdigkeit, Sicherheit, Erreichbarkeit, Kommunikation und Kundenverstandnis (Zeithaml 1990, S. 20 ff.). In weiteren Untersuchungen[11]konnten diese zehn IKriterien zu funf Dimensionen zusammengefasst werden (Zeithaml 1990, S. 24 f.). Tabelle 1 verdeutlicht dies. Beschrieben werden konnen diese funf Dimensionen wie folgt (Meffert 2009, S. 193), (Zeithaml 1990, S. 26):

Materielles („tangibles

Beschreibt das Erscheinungsbild des Dienstleisters und das tangible Umfeld, in dem die Leistung erbracht wird. Dazu gehoren unter anderem Einrichtung, Ausrustung, Personal und Kommunikationsmittel (Flyer, gedruckte AGB, Rechnungen).

Zuverlassigkeit (,reliability"):

Beschreibt die Fahigkeit des Dienstleisters, die versprochene Leistung verlasslich und exakt auszufuhren.

Reaktionsfahigkeit (,responsiveness"):

Kennzeichnet die Bereitschaft, auf die Kunden zuzugehen und ihnen unmittelbar zu helfen. Hierzu gehort auch, die Wunsche, Anregungen und Probleme der Kunden anzunehmen und umzusetzen bzw. im Sinne beider Parteien zu losen.

Leistungskompetenz („assurance‘):

Beschreibt die Fahigkeit des Dienstleisters, die Leistung fachlich korrekt, hoflich und vertrauenswurdig auszufuhren.

Einfuhlungsvermogen („empathy‘):

Bezieht sich auf die Fahigkeit des Leistungsanbieters, jeden Kunden als Individuum zu betrachten und ihn aufmerksam und fursorglich zu behandeln.

Aus der Untersuchung von Zeithaml et al. geht hervor, dass diese funf Dimensionen ausreichen, damit Kunden die Qualitat einer Vielzahl von Dienstleistungen adaquat bewerten konnen (Zeithaml 1990, S. 26).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.2.3.2. Beschreibung des GAP-Modells

Aus den Abschnitten 2.2.1. und 2.2.2. ist deutlich geworden, dass sowohl Servicequalitat als auch Kundenzufriedenheit aus einem komplexen Vergleichsprozess von Erwartungen und Wahrnehmungen resultieren (Homburg 2008, S. 20). Erfullt der Dienstleistungsanbieter nicht die Erwartungen des Kunden, wird dieser die Qualitat als tendenziell schlecht bewerten und unzufrieden sein. ZEITHAML et al. haben in den 80er Jahren einen Ansatz entwickelt, mit dem untersucht werden kann wie es dazu kommen kann, warum ein Kunde die Qualitat einer Dienstleitung als schlecht empfindet — ein Dienstleister die Kundenerwartungen also nicht erfullt (Meffert 2009, S. 191). Dieser Ansatz geht davon aus, dass vier aufeinanderfolgende Lucken (GAPs) im Erstellungsprozess der Dienstleistung letztlich zu einem Auseinanderfallen der Erwartung und Wahrnehmung des

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Kunden fuhren (Zeithaml 1990, S. 36). Die Differenz zwischen erwarteter und wahrgenommener Qualitat wird als GAP 5 bezeichnet (Zeithaml 1990, S. 36). In dem als GAP-Modell bekanntgewordenen Konstrukt wird zwischen der Dienstleister- und der Kundenebene unterschieden (Bruhn 2008, S. 103). Die folgenden Beschreibungen der Lucken 1 bis 5 konnen anhand von Abbildung 2 nachverfolgt werden.

GAP 1 — Falsche Vorstellungen uber Kundenerwartungen

Damit eine exzellenten Dienstleistung erstellt werden kann, ist es fur ein Unternehmen von groBer Bedeutung, zu wissen, was Kunden erwarten (Zeithaml 1990, S. 51). Fur den Unternehmenserfolg ist es demnach fatal, wenn durch das Management falsche Kundenerwartungen wahrgenommen und dem Erstellungsprozess zugrunde gelegt werden (Rieck 2011, S. 38). Selbst noch so kleine Abweichungen zwischen den Vorstellungen des Kunden und vermuteten Erwartungen des Managements konnen den Verlust von Zeit, Geld und Ressourcen bedeuten. Im schlimmsten Fall fuhren Fehlwahrnehmungen uber Kundenerwartungen zum Ausscheiden eines Unternehmens aus einem hart umkampften Markt (Zeithaml 1990, S. 51).

GAP 1 entsteht durch drei grundlegende Ursachen. Erstens ist oftmals eine fehlende Orientierung an Markforschungsergebnissen (Zeithaml 1990, S. 52) ursachlich fur falsch verstandene Kundenwunsche. Die betroffenen Unternehmen betreiben beispielsweise zu wenig Marktforschung oder nutzen die Ergebnisse aus Forschungsprojekten nur ungenugend. Zusatzlich besteht oft ein mangelnder Kontakt zwischen Kunden und Management (Zeithaml 1990, S. 52). BRUHN beschreibt beispielsweise, dass auch das Top-Management eine Beziehung zum Kunden aufbauen und Erfahrungen zur Dienstleistungserstellung sammeln muss (Bruhn 2008, S. 94).

Der zweite Grund fur das Auftreten von GAP 1 ist die ungureichende Kommunikation vom Kundendienspersonal zum Topmanagement (Zeithaml 1990, S. 52). Mitarbeiter, die im direkten Kundenkontakt stehen, besitzen Informationen, die dem Topmanagement zunachst nicht zur Verfugung stehen. Nur durch eine funktionierende Aufwarts kommunikation konnen Manager uber die Kundenerwartungen unterrichtet werden (Bruhn 2008, S. 95).

Die letzte wichtige Ursache fur GAP 1 liegt in der Aufbauorganisation eines Dienstleistungsuntemehmens. Ist diese sehr hierarchisch, hemmt das die Kommunikation zwischen unteren und oberen Unternehmensebenen. Als Faustregel kann festgehalten werden, dass „GAP 1 umso groBer ist, je mehr Hierarchiestufen zwischen dem Personal mit Kundenkontakt und den Topmanagern liegen.“ (Bruhn 2008, S. 96) Zu viele Hierarchiestufen konnen als eigenstandigen Grund fur GAP 1 betrachtet werden, wie zum Beispiel durch Bruhn. Es ist jedoch unverkennbar, dass auch die Anzahl der Stufen im Aufbau eines Unternehmens direkten Einfluss auf die Aufwartskommunikation hat (Zeithaml 1990, S. 65).

Damit ein Unternehmen GAP 1 minimieren kann, muss es die oben genannten Probleme losen. Um die fehlende Orientierung an der Marktforschung zu beseitigen, mussen Unternehmen ihre Marktforschungsbemuhungen intensivieren (Rieck 2011, S. 38). Die Palette zur Erforschung der Kundenerwartungen ist breit und bietet, wie ZEITHAML et al. beschreiben fur Unternehmen jeder GroBe und Finanzkraft ein passendes Instrument. (Zeithaml 1990, S. 52 ff.). Von einer strategischen Nutzung der Kundenbeschwerden, uber die Feststellung des Bedarf der Hauptkunden, bis hin zur umfassenden Ermittlung der Kundenerwartungen (Zeithaml 1990, S. 55). In manchen Fallen ist es auch angebracht, dass Manager und andere Entscheidungstrager bereits bestehende Forschungsergebnisse nutzen oder sich in regelmaBigen Abstanden mit Kunden unterhalten und nach ihren Wunschen, Anregungen und Problemen fragen (Zeithaml 1992, S. 68).

Eine funktionierende Aufwartskommunikation ist ebenso entscheiden fur das SchlieBen von GAP 1. Kundenbezogene Informationen mussen ans Top-Management weitergereicht werden, damit Manager die Probleme und Forderungen der Kunden erkennen und losen bzw. umsetzen konnen (Zeithaml 1990, S. 63). Kommt es zum Verstopfen der Kommunikationskanale, ist die Leitungsebene auf Dauer von notwendigen Erkenntnissen zu Kundenerwartungen abgeschnitten (Zeithaml 1990, S. 63 f.). Nur wenn das oberste Management mit den unteren Hierarchiestufen in regelmaBigem und engem Kontakt bleibt, ist eine erfolgreiche Aufwartskommunikation moglich (Zeithaml 1990, S. 64). Wie oben beschrieben, steht die Unternehmenshierarchie in direktem Zusammenhang mit der Aufwartskommunikation. Ein Dienstleister sollte die Anzahl der Hierarchiestufen so gering wie moglich halten (Rieck 2011, S. 38). Nur dann ist ein kontinuierlicher Fluss der wichtigsten Informationen zwischen unteren und oberen Ebenen gewahrleistet (Zeithaml 1990, S. 65 f.).

GAP 2 — Festlegen falscher Dienstleistungsnormen

Hat ein Unternehmen die Erwartungen seiner Kunden wahrgenommen, sollten diese Vorstellungen und Wunsche in den Erstellungsprozess der Dienstleistung eingebaut werden (Meffert 2009, S. 191 f.). Es mussen Standards definiert werden, die es ermoglichen die Erwartungen des Kunden zu erfullen (Zeithaml 1990, S. 71). Dies gelingt vielen Firmen aber nur sehr unzureichend. „Gap 2 is a wide gap in many companies. “ (Zeithaml 1990, S. 71). Es existieren vier entscheidende Grunde fur das Auftreten der zweiten Lucke im Prozess der Dienstleistungserstellung:

Haufig konnen oder wollen Manager nicht auf Kundenwunsche eingehen und verharren zu lange in alten Ablaufen und Vorgehensweisen (Zeithaml 1990, S. 71). Es besteht ein mangelnder Wille des Managements gu Dienstleistungsqualitat. Die Unternehmensfuhrung fokussiert sich hauptsachlich auf kurzfristige Gewinnziele und strenge Kostenreduktion. Diese Vorhaben sind leichter umzusetzen und einfacher zu messen (Zeithaml 1990, S. 72). Dieses Problem macht auch vor dem Feld der Gesundheitsdienstleistungen keinen Halt (QuePNet 2003, S. 7).

Oftmals sind Manager von Serviceunternehmen der Meinung, es sei nicht moglich, die Kundenerwartungen gu erfullen (Zeithaml 1990, S. 76). Dies ist der zweite Grund fur das Auftreten von GAP 2. In der Untersuchung von Zeithaml et al. nennen Manager verschiedene Ursachen, warum Kundenwunsche angeblich nicht erfullbar sind (Zeithaml 1990, S. 76 f.). Es ist in einigen Fallen sicher denkbar, dass technische oder finanzielle Hurden dazu fuhren, dass die Qualitat der angebotenen Dienstleistung nicht verbessert werden kann. Dazu kommen auch Kundenerwartungen, die durch das Unternehmen tatsachlich nicht erfullt werden konnen, da sie zu starr und unrealistisch sind (Zeithaml 1990, S. 77). Zahlreiche Manager schieben solche Grunde aber nur vor. In Wirklichkeit ist es oftmals das engstirnige, wenig kreative Festhalten am Status quo (Zeithaml 1990, S. 77), durch das Kundenwunsche fur nicht umsetzbar deklariert werden.

Als dritter Grund fur GAP 2 ist die haufig fehlende Standardisierung von Dienstleistungserstellungsprogessen (Zeithaml 1990, S. 79) zu nennen. Verantwortliche in Unternehmen sind haufig der Meinung, dass eine Dienstleistung nicht standardisiert werden kann. Sie ist in ihren Augen zu sehr vom individuellen Kunden abhangig (Zeithaml 1990, S. 79). Wie in vorangegangenen Abschnitten beschrieben, sind Dienstleistungen tatsachlich in hohem MaBe vom individuellen Konsumenten gepragt. Nichtsdestotrotz konnen auch sehr personliche Dienstleistungen, zum Beispiel im Gesundheitswesen, standardisiert werden. Arzten ist es beispielsweise moglich, verschiedene Tatigkeiten der Patientenaufnahme einheitlich zu gestalten. Daten wie Name, Anschrift, Gewicht, GroBe, Korpertemperatur und Blutdruck konnen auch durch nicht- arztliche Mitarbeiter aufgenommen werden. Damit hat der Arzt mehr Zeit fur die eigentliche Behandlung der Patienten (Bruhn 2008, S. 98), und somit wird auch die Qualitat der Dienstleistung verbessert und die Kundenzufriedenheit gesteigert. HELMCHEN befasst sich in seiner Untersuchung „Das Arzt-Patient-Verhaltnis zwischen Individualisierung und Standardisierung“ (Helmchen 2006) mit eben dieser Problematik. Unternehmen, die ihre Ziele an reibungslosen internen Ablaufen und nicht an Kundenerwartungen orientieren, konnen keine zufriedenstellende Dienstleistungsqualitat anbieten. Das ist der vierte Grund fur das Festlegen falscher Dienstleistungsnormen (Zeithaml 1990, S. 83). Fur die Dienstleistungsanbieter ist es wichtig, klare Ziele zu formulieren. Daruber hinaus muss das Unternehmen regelmaBig prufen, ob die gesetzten Ziele erreicht wurden bzw. ob man sich auf dem richtigen Weg befindet (Bruhn 2008, S. 97). Zur Realisierung von Vorhaben mussen alle Mitarbeiter auf die Kernziele des Unternehmens eingeschworen werden (Kamiske 2006, S. 63). Ist dies nicht der Fall, ist eine zufriedenstellende Umsetzung von Vorgaben nicht moglich.

Unternehmen konnen die zweite Lucke des GAP-Modells nur schlieBen, wenn sie es schaffen, ihre Dienstleistungsnormen so nah wie moglich am Kundenwunsch zu orientieren. Ziele dienen nicht der Erfullung innerbetrieblich gunstig erscheinender Prozesse, sondern dazu, den Kunden zufriedenzustellen (Zeithaml 1990, S. 73). So mussen zum Beispiel ausreichend Ressourcen zur Verfugung gestellt werden, um die Servicequalitat zu verbessern (Zeithaml 1990, S. 73). Manager haben die Pflicht, den Status quo standig infrage zustellen, zu uberdenken und Innovationen offen gegenuberzustehen. Nur so konnen Prozesse verbessert werden (Zeithaml 1990, S. 77). Der Weg zur Standardisierung erfordert den Einsatz von harter und weicher Technik, wie beispielsweise Selbstbedienungskassen im Supermarkt (hart) und Anderungen in der Ablauforganisation (weich).

GAP 3 — Falsche Umsetzung festgelegter Dienstleistungsnormen

Im Folgenden wird beschrieben, welche Grunde dazu fuhren, dass es trotz korrekter Erkenntnisse uber die Erwartungen der Kunden und dem Einsatz kundenorientierter Servicenormen zu einer fehlerhaften Dienstleistungserstellung kommt (Meffert 2009, S. 191). GAP 3 besitzt eine Vielzahl von Ursachen (Bruhn 2008, S. 99). An dieser Stelle werden die aus Sicht des Autors wichtigsten naher erlautert.

Ein haufiger Grund fur schlechte Servicequalitat ist eine ungenugende Qualifikation der Mitarbeiter (Bruhn 2008, S. 99). ZEITHAML et al. fuhren das auf einen einfachen Zusammenhang zuruck: Die direkte Arbeit am Kunden wird zumeist von kaum ausgebildeten und gering bezahlten Arbeitskraften ausgefuhrt (in Deutschland wird haufig vom Niedriglohnsektor gesprochen). Diesen fehlen wichtige Eigenschaften und Fahigkeiten im Umgang mit Kunden. Zudem besitzen sie kaum einen personlichen Bezug zum Unternehmen und verlassen es, sobald sie eine besserbezahlte Anstellung gefunden haben. In dieser Situation muss das Unternehmen unverzuglich neue Mitarbeiter einstellen, die ebenfalls wieder gegen geringes Entgelt arbeiten und damit wenig Unternehmensbindung besitzen. So entsteht ein Teufelskreis (Zeithaml 1990, S. 99).

Aber nicht nur die menschliche Komponente, sondern auch die technische Ausstattung kann erhebliche Mangel aufweisen. Die Erstellung einer qualitativ hochwertigen Dienstleistung ist nur mit einer an den Erstellungsprozess angepassten Technik moglich (Bruhn 2008, S. 100). Ein Mitarbeiter kann noch so gut ausgebildet sein — wenn er mit veralteter oder storanfalliger Technik arbeiten muss, sinkt die Qualitat des Services (Zeithaml 1990, S. 99). Nicht zuletzt muss die Technik auch auf die Mitarbeiter, die Mitarbeiter auf die Technik und beides zusammen auf die spezifische Dienstleistung abgestimmt sein.

[...]


[1]John F. Akers (*1934), amerikanischer Topmanager, bis 1993 Vorstandsvorsitzender bei IBM.

[2]Mehr oder minder bedeutende Reformen des Gesundheitswesens in Deutschland in den Jahren 1976 - 1983, 1986, 1993 - 2002, 2003, 2004, 2007 und 2011.

[3]Siehe Abschnitt 2.2.2.

[4]Siehe Abschnitt 2.2.1.

[5]Z.B. Versicherungsleistungen.

[6]Z.B. Friseurleistungen.

[7]Z.B. Geschaftsraume, Personal.

[8]Liegen nicht im Einflussbereich des Anbieters.

[9]Engl. confirmation — Bestatigung; engl. disconfirmation — Widerruf (i.S.v. nicht bestatigen).

[10]

,Satisfaction is the consumer's fulfillment response. It is a judgement that a product/service feature, or the product or service itself, provided (or is providing) a pleasurable level of consumption-related fulfillment, including levels of under- or overfulfillment.“ (Oliver 2009, S. 8)

[11]Siehe Abschnitt 2.3.1.

[12]Sowohl die Dimension als auch das Kriterium Kundenorientierung wurden von ZEITHAML, PARASURAMAN und BERRY ursprunglich mit Entgegenkommen (engl. responsiveness) bezeichnet. Besser ist jedoch die Verwendung des Begriffs Kundenorientierung, bzw. in dieser Arbeit Patientenorientierung.

Final del extracto de 98 páginas

Detalles

Título
Die optimal gestaltete Hausarztpraxis nach Service-Gesichtspunkten
Subtítulo
Eine empirische Analyse
Universidad
University of Leipzig
Calificación
1,7
Autor
Año
2012
Páginas
98
No. de catálogo
V194215
ISBN (Ebook)
9783656210702
Tamaño de fichero
3733 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
analyse, Hausarzt, Dienstleistungsqualität, Gesundheitsdienstleistung, Servqual bei gesundheitsdienstleistungen, Servqual, empirische Analyse, Hausarztpraxis, Allgemeinmedizin, Qualität von Gesundheitsdienstleistungen, Patientenzufriedenheit, dienstleistung, medizin, qualität, bessere Hausarztpraxis, zufriedene Patienten, unzufriedene patienten, arzt-patient-verhältnis
Citar trabajo
Benjamin Kreller (Autor), 2012, Die optimal gestaltete Hausarztpraxis nach Service-Gesichtspunkten, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/194215

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